Westeuropa (Einführungsdossier)

Wirtschaftliche Basis:
Die Europäis­che Union ist aus wirtschaftlich­er Zusam­me­nar­beit her­vorge­gan­gen. Den Anfang machte die Mon­ta­nunion (1951), mit der die wirtschaftliche Rival­ität zwis­chen Deutsch­land und Frankre­ich unter Beteili­gung von Ital­ien, Bel­gien, den Nieder­lan­den und Lux­em­burg aufge­hoben wurde und die für den Rüs­tungs­bere­ich wichti­gen Indus­tries­parten in gemein­samer Kon­trolle geführt wer­den soll­ten. Dieser Union fol­gte 1957 die Europäis­che Wirtschafts­ge­mein­schaft EWG. Die Grün­der­staat­en der EWG grün­de­ten eben­falls EURATOM, um mit den USA und UdSSR auf dem Gebi­et der Kernkraft­forschung und Nutzung konkur­ri­eren zu kön­nen.  1965 wur­den EURATOM und WEG ver­schmolzen. 1987 fol­gte die Ein­heitliche Europäis­che Akte (EEA), mit der das Europäis­che Par­la­ment zu Las­ten des Europäis­chen Rats, dem gemein­samen Organ der Regierungschefs de Mit­glied­slän­der, gestärkt wurde; die Europäis­che Union (EU) ging 1992 mit dem Maas­trichter Ver­trag aus der EWG her­vor. In diesem Ver­trag vere­in­barten die Mit­glieder eine gemein­same Währung – den €uro -, eine Kop­per­a­tion für eine gemein­same Außen- und Sicher­heit­spoli­tik, bei der Ein­wan­derungs- und Asylpoli­tik sowie ein ein­heitlich­es Staats­bürg­er­recht. Mit dem Ver­trag von Ams­ter­dam (1997) wurde diese Zielset­zung fort­ge­führt. Die Union verpflichtet sich zum Ein­tritt für die Men­schen­rechte und ver­langt von den Bewer­bern die Ein­hal­tung der Europäis­chen Men­schen­recht­skon­ven­tion (EMPK). Die EU wird ermächtigt, über­all in ihrem Zuständigkeits­bere­ich gegen Diskri­m­inierun­gen wegen des Geschlechts, der Rasse, Reli­gion, eth­nis­ch­er Zuge­hörigkeit oder Alter vorzuge­hen, den gemein­samen Arbeits­markt zu regeln und gesund­heit­spoli­tis­che Stan­dards aufzustellen. Die Kon­ferenz von Niz­za (2000) brachte eine weit­ere Abkehr vom „Ein­stim­migkeit­sprinzip“ und eine Stärkung der kleineren Län­der. Den Abschluss dieses Inte­gra­tionsprozess­es soll eine Europäis­che Ver­fas­sung bilden. 

- Nach­frage, nicht Kosten entschei­den —
Der Prä­si­di­ent der Europäis­chen Kom­mis­sion, Jaques Delors hat in logis­ch­er Weit­er­en­twick­lung der bish­eri­gen Koop­er­a­tion der Europäis­chen Staat­en bere­its in den 80er Jahren die bei­den wichtig­sten Pro­jek­te der Europäis­chen Vere­ini­gung aus­gerufen

„Gemein­samer Bin­nen­markt“
und „Gemein­same Währung­sunion“.
Mit sein­er Bevölkerung ist Europa (noch vor den USA, nur übertrof­fen von Chi­na und Indi­en) der größte Bin­nen­markt der Welt – und im Gegen­satz zu den hier vorne liegen­den asi­atis­chen Staat­en ver­fügt Europas Bevölkerung auch über entsprechen­des Einkom­men, das sich als Nach­frage im Markt nieder­schlägt. Gemessen am BIP ste­ht Europa heute – noch knapp vor den USA – an weltweit erster Stelle. Mit der Kom­bi­na­tion von Kun­den­zahl und Sozial­pro­dukt ist Europa inzwis­chen der wichtig­ste weltweite Markt. Kein Unternehmen kommt weltweit an diesem Wirtschaft­skoloss vor­bei. Bevölkerung und Kaufkraft verteilen sich dabei auf eine ver­gle­ich­sweise geringe Fläche. In Europa leben rund 150 Men­schen auf einem km², in den USA sind das nur 30 Per­so­n­en. Nur in Japan und Indi­en wird diese Bevölkerungs­dichte übertrof­fen, selb­st Chi­na liegt mit durch­schnit­tlich 138 Menschen/km² zurück. Dazu ver­fügt Europa – im Gegen­satz zu Indi­en und Chi­na (das aber inzwis­chen aufholt) über eine her­vor­ra­gende Infra­struk­tur. Die Trans­portwege zum Kun­den sind schnell – und kostengünstig.Wer auf diesem Markt erfol­gre­ich sein will, kann nicht von Chi­na, Indi­en oder den USA aus operieren. Das ist auch der Vorteil ger­ade der vie­len europäis­chen „Mit­tel­ständler“, die in der EU aus­drück­lich gefördert wer­den (Europäis­che Char­ta für kleine Unternehmen, 2000 beschlossen), und die sich zunehmend zu europäis­chen Spiel­ern entwick­eln – dank ein­er europäis­chen Markt- und Wet­tbe­werb­sor­d­nung, die den Verzicht auf nationale Schutzwälle bein­hal­tet. Es gibt keine nationale Währungspoli­tik mehr, die Kap­i­tal- und Finanzmärk­te sind europäisch. Der europäis­che Aktienin­dex EURO STOXX ver­drängt bei den Anlegern den DAX, der Markt für Unternehmen­san­lei­hen ist nur noch europäisch und im Markt für kurzfristige Schuld­ver­schrei­bun­gen von Unternehmen (Euro-Com­mer­cial-Paper Markt) hat der Euro einen Mark­tan­teil von 48 % — ver­glichen mit nur 29 % für den US-Dollar.

Lon­don, das nicht zur Euro-Zone gehört, ver­fügt über 31,3 % Anteil am Welt­fi­nanz­markt (2006), zusam­men mit Paris und Frank­furt ist Europa immer noch das Finanzzen­trum der Welt. New York fol­gt mit 19,2 % Anteil, und selb­st Hongkong — Finanzzen­trum für das boomende Chi­na — hat nur 4,1 % Umfang des Welt­fi­nanz­mark­tes auf seine Banken vere­ini­gen können.

Der wirtschaftliche Wet­tbe­werb führt zu immer mehr Fusio­nen, von den kleinen lokalen Volks- und Raif­feisen­banken bis hin zu den größten nationalen Bankge­sellschaften. Die großen nationalen Banken fusion­ieren oder führen zumin­d­est entsprechende Ver­hand­lun­gen – Grupo San­tander (Spanien) und Abbey Nation­al (Eng­land), Ban­co Bil­bao Viz­caya Argen­taria (Spanien) und Ban­ca Nazionale del Lavoro (Ital­ien), ABN Amro (Hol­land) und Anon­vene­ta (Ital­ien), Uni­Cred­it (Ital­ien), HypoVere­ins­bank (Deutsch­land) und Bank Aus­tria (Östere­ich); die aus der let­zt­ge­nan­nten Fusion her­vorge­gan­gene Uni­Cred­it ist keine ital­ienisch-öster­re­ichisch-deutsche Bank mehr, son­dern eine Europäis­che Bank mit dem geschäftlichen Schw­er­punkt in Öster­re­ich, Nordi­tal­ien und Süd­deutsch­land – ein­er der wohlhabend­sten Regio­nen Europas – sowie in Zen­tral- und Osteu­ropa, den europäis­chen Wach­s­tumsmärk­ten. Die Uni­Cred­it ist die ver­größte Bank der Euro-Zone und die neunt­größte Bank in der EU ins­ge­samt, und weit­ere Fusio­nen wer­den nicht ausbleiben.

Die Nordea-Bank (2001 aus der schwedis­chen Nord­bank, der finnis­chen Mer­i­ta­bank, der dänis­chen Uni­bank und der nor­wegis­chen Chrs­tiana Bank gebildet) ist als führen­des Finanzin­sti­tut in den skan­di­navis­chen Län­dern, Polen und dem Baltikum ein Pen­dant auf skan­di­navis­ch­er Ebene. 

Die pri­vatwirtschaftliche Banken­struk­tur Europas gibt also eine Region­al­isierung vor, die sich poli­tisch (s.u.) erst halb­herzig entwickelt.

Vierzehn der weltweit 20 größten kom­merziellen Banken der Welt kom­men aus Europa, zu den ersten vier gehör­den die Deutsche Bank, Cred­it Suisse und BNP Paribas.In der chemis­chen Indus­trie gehören neben dem Spitzen­re­it­er BASF zwei weit­ere europäis­che Konz­erne zu den sechs größten Konz­er­nen. Bei Bau­un­ternehmen, Lebens­mit­teln und dem glob­alen Ver­sicherung­we­sen haben die Europäer „die Nase vorn“. Acht der zehn größten Rück­ver­sicher­er – mit der Münch­n­er Rück und der Swiss Re auf Platz eins und zwei der Wel­tran­gliste – kom­men aus Europa, bei Kranken- und Lebensver­sicherun­gen bele­gen europäis­che Gesellschaften die fünf ersten Plätze der weltweit­en Ran­gliste, bei den Sach- und Unfal­lver­sicherun­gen ist Allianz Mark­t­führer – und auf den näch­sten acht Plätzen sind weit­ere vier Europäer vertreten. In der Kraft­fahrzeug­in­dus­trie hat Europa (nach zwei US-Konz­er­nen) mit Daim­ler­Chrysler (Platz 3), Volk­swa­gen, Peu­geot, BMW und Renault fünf von weltweit einem Dutzend „Glob­al Play­ers“ her­vorge­bracht, und Air­bus – aus dem Zusam­men­schluss mehrer nationaler Fir­men her­vorge­gan­gen – hat Boing als weltweit wichtig­stem Her­steller von zivilen Verkehrs­flugzeu­gen über­holt.   Europa ist auf dem Weg zu noch mehr Inte­gra­tion, ein­er Inte­gra­tion aller europäis­chen Staat­en und ihrer Wirtschaft in der Europäis­chen Union – und ein­er Inte­gra­tion im Inneren.  Ein ein­heitlich­er Markt ver­langt ein­heitliche Wet­tbe­werb­s­grund­la­gen. Damit zieht die wirtschaftliche Inte­gra­tion auch eine Vere­in­heitlichung des Wirtschafts- und Sozial­rechts der einzel­nen Nation­al­staat­en nach sich. 

Die wirtschaftliche Stärke eines Staates oder ein­er Staaten­gruppe wird wohl kaum so deut­lich wie in der Machtverteilung im IWF. Ökonomis­che Größen wir Wirtschaft­sleis­tung, Han­delsver­flecht­tung und Währungsre­ser­ven der Volk­swirtschaft bes­tim­men in ein­er kom­plex­en Berech­nung — in der das BIP derzeit mit etwa 30 % gewichtet wird — über die Stim­man­teile der Mit­glieder.
Der Stim­man­teil der USA mit 17,08 % (Stand August 2006) gilt um knapp 0,6 Prozent­punk­te als übergewichtet. Die “asi­atis­chen Boom­staat­en” — Chi­na mit 2,94 % oder Indi­en mit 1,92 % sind dage­gen unter­repräsen­tiert, aber auch nur um wenige Prozent­punk­te (Chi­na um 2,22 %, Indi­en um 0,75 %). Chi­na würde also bei ein­er kon­se­quenten Umset­zung der Berech­nungs­formel 5,16 % der Stim­man­teile zuste­hen.
Bere­its die wichtig­sten Mit­glieder der €-Zone haben aber eine stärkere Gewich­tung als die USA.
Deutsch­land (5,99 %), Frankre­ich (4,95 %), Ital­ien (3,25 %), die Nieder­lande (2,38 %) und Bel­gien (2,13 %) erre­ichen zusam­men einen Stim­man­teil von 18,7 %. Wenn man dann die Stim­man­teile der EU-Mit­gliedsstaat­en berück­sichtigt, die (noch) nicht der €-Zone ange­hören — wie etwa GB mit 4,95 % — dann wird deut­lich, dass die Europäer wirtschaftlich stärk­er als die USA sind.
Während aber die USA und die EU wirtschaftlich in ein­er ver­gle­ich­baren Liga spie­len sind die asi­atis­chen Wirtschaftsmächte — selb­st Japan mit seinen 6,13 % Stim­menan­teil, die als um 1,3 % über­repräsen­tiert gew­ertet wer­den — noch um Klassen von der Europäis­chen Wirtschaft­skraft ent­fer­nt.
(Quelle der Angaben zur Stim­mverteilung im IWF: FTD, 08.09.2006)

Wirtschaftliche Stärken:
Europa ist ein Kon­ti­nent, dessen wirschaftlich­er Wohl­stand vor allem auch auf dem Export von hochw­er­ti­gen Pro­duk­ten beruht. Die Europäer beherrschen etwa den glob­alen Maschi­nen­bau­markt, der weltweit etwa 1/10 der gesamten Exportwirtschaft aus­macht. Weltweit gibt es nur knapp 20 Län­der, die mehr Maschi­nen exportieren als selb­st importiert wer­den. Beim Export von Druck­maschi­nen, Motoren, Pumpen oder Tur­binen führen Deutsch­land, die Schweiz, Öster­re­ich, Ital­ien und Großbri­tan­nien den Liefer­an­ten­markt an. Selb­st die USA — und auch Rus­s­land — fall­en hin­ter diese “Spitzen­ex­por­teure” zurück.

Dementsprechend ist Europa daran inter­essiert, dass diese Exportwirtschaft weit­er boomt. Das set­zt entsprechende Pros­per­ität bei den anderen Län­dern, den Impor­teuren, voraus.

Wirtschaft­sprob­leme:
Seit Jahren (Stand 2008) wird Europa von wirtschaftlichen Schwächeer­schei­n­un­gen erschüt­tert. Neben nationalen Beson­der­heit­en — wie den Belas­tun­gen durch die deutsche Ein­heit — kom­men auch struk­turelle Ungle­ichgewichte im glob­alen Ver­gle­ich, und die Erschüt­terung durch die glob­ale Finanz- und Wirtschaft­skrise von 2008/2009.

Dies hat die ZEIT am 19.03.2009 Nr. 13, zu einem bemerkenswerten Kom­men­tar geführt: “Wenn es die Europäis­che Union nicht gäbe, müsste sie heute erfun­den wer­den. Am Beginn des 21. Jahrhun­derts gefährdet die EU nicht die nationale Sou­veränität, son­dern ermöglicht diese erst. In der Wel­trisiko­ge­sellschaft sind isolierte Nation­al­staat­en wed­er hand­lungs­fähig noch über­lebens­fähig, noch souverän. 

Europa braucht nicht weniger, Europa braucht mehr Europa. Ger­ade die glob­ale Krise zeigt: Die Währung­sunion ist ohne das Ziel ein­er poli­tis­chen Union unmöglich. Jedoch, es gibt bis­lang keine gemein­same Finanzpoli­tik, keine gemein­same Steuer­poli­tik, keine gemein­same Indus­triepoli­tik, keine gemein­same Sozialpoli­tik, um den Fol­gen der Finanzkrise mit der gebün­del­ten Sou­veränität der EU wirkungsvoll zu begeg­nen.

Tat­säch­lich lässt sich diese — anlässlich der glob­alen Finanzkrise erar­beit­ete — Aus­sage auch an weit­eren konkreten Einzel­beispie­len belegen.

Eines der gröten Prob­leme der Europäer ist die Ver­sorgung mit fos­silen Energien wie Gas und Öl., die nur gemein­sam gesichert wer­den kann. Der Wirtschafts- und Indus­triegi­gant Europa ver­fügt nicht über aus­re­ichende eigene Energier­es­sourcen. Der europäis­che Erdgasver­brauch wird nach Experten­schätzun­gen vo derzeit (2007) jährlich 550 bis zum Jahr 2030 auf 770 Mrd. cbm steigen. Vom Jahr 2000 bis Anfang 2008 hat sich der Bedarf an Flüsig­gasim­porten nach Europa fast ver­dop­pelt. 2006 mussten bere­its 11 % des Gas­beb­darfs von Quellen ausser­halb der EU gedeckt wer­den. Bis 2015 wird mit eine weit­ern Ver­dreifachung des Imports gerech­net. Größtes europäis­ches Erdgasvorkom­men ist das Gas­feld “Ormen Lange” zwis­chen Schot­t­land und Nor­we­gen, das seit 2007 mit der “Lan­geled-Pipeline”, ein­er 1200 km lan­gen Unter­wass­er-Pipeline von Nor­we­gen nach Eng­land für britis­che Ver­brauch­er aus­ge­beutet wird. Mit der Förderung von jährlich 20 Mrd. cbm Gas wer­den 1/5 des britis­chen Ver­brauchs gedeckt.

Darüber hin­aus muss sich der Kon­ti­nent von Nach­bar­län­dern ver­sor­gen lassen:

  • etwa 1/4 der europäis­chen Importe stam­men aus Rus­s­land. Deutsch­land, das 22 % seines Energiebe­dar­fes mit Gas deckt, ist zu 35 % auf rus­sis­che Gasliefer­un­gen angewiesen (Stand 2007), und je höher die Abhängigkeit von einem Expor­teuer ist, desto höher ist auch die poli­tis­che Abhängigkeit von diesem Land. Deshalb sucht Europa weit­ere Quellen, ohne auf rus­sis­ches Gas verzicht­en zu können.

  • Derzeit (2008) kön­nen bere­its jährlich 38 bcm Gas aus Alge­rien nach Europa gepumpt werden,

  • im Jahre 2009 soll die Gasleitung “Megaz” aus dem algerischen Hass-Rmel Gas­feld (einem der fün­fzehn größten Gas­felder der Welt) sollen ab 2009 über Marokko und Spanien jährlich rund 8 Mrd. cbm Gas nach Europa gepumpt werden;

  • im Jahre 2012 sollen “Gal­so” (von Alge­rien über Sar­dinien nach Mit­telital­ien mit weit­eren 8 Mrd. cbm und Transmed (von Alge­rien über Tune­sien nach Sizilien mit 33 Mrd. cbm) folgen;

  • 2013 sollen die Ost­seepipeline “North Stream” von Rus­s­land nach Deutsch­land (55 Mrd. cbm) und die South Stream Pipeline von Südrus­s­land über das Schwarze Meer, Bul­gar­ien und Griechen­land bis Ser­bi­en und Ungarn sowie bis Ital­ien (31 Mrd. cbm) in Betrieb genom­men wer­den (2011 wurde die Leitung fer­tig gestellt, im April/Mai 2012 begann Rus­s­land eine Erweiterung mit ein­er zweit­en Pipeline zu sondieren)

  • und ab 2020 soll “Nabuc­co” u.a. vom aser­baid­sch­a­nis­chen Gas­feld “Shah Denitz” im kaspis­chen Meer über Georgien, die Türkei, Bul­gar­ien, Rumänien und Ungarn zunächst 8 — 12 Mrd. cbm und — nach ein­er Ver­längerung durch das Kaspis­che Meer bis Turkem­nistan und Kasach­stan — bis zu 31 Mrd. cbm Gas nach Europa liefern (2012 ist die Ver­wirk­lichung des Pro­jek­ts immer noch unsich­er. Möglicher­weise wird die Leitung nur zwis­chen Istan­bul und Wien neu gebaut, und beim Trans­fer durch Georgien und die Türkei auf die beste­hende “Tanap-Pipeline” zurück gegriffen).

  • In ein­er weit­eren Phase sind für “Nabuc­co” Ver­längerun­gen nach Iran, Irak oder sog­ar Ägypten denkbar.

  • Darüber hin­aus wird durch Flüsig­gas­tanker aus Ägypten, dem Jemen, aus Katar, Äqua­toiral­guinea, Nige­ria, Trindad und Tobage die Ver­sorgung gesichert.

  • Durch neue För­der­meth­o­d­en kann zudem die Aus­beu­tung von geschätzt weltweit über 1.700 Bil­lio­nen Kubik­me­ter Erdgasvorkom­men (davon 240 Bil­lio­nen Kubik­me­ter in kon­ven­tionell förder­fähi­gen Vorkom­men) immer real­is­tis­ch­er eingeschätzt wer­den. Mit Flüs­sig­gas­tankern (Liq­ue­fied Nat­ur­al Gas — LNG) wer­den diese Vorkom­men auch glob­al immer mehr vermarktet.

Zur Abhil­fe arbeit­en europäis­che Inge­nieure an regen­er­a­tiv­en Energien. So hat die britis­che Regierung Ende Dezem­ber 2007 angenküdigt, die Stromerzeu­gung aus Wind­kraft bis Ende 2020 zu ver­fün­fzehn­fachen (!). Woher die Fer­ti­gungska­paz­itäten — bis hin zur Bere­it­stel­lung der notwendi­gen Ver­sorgungss­chiffe für off­shore-Anla­gen kom­men soll, ist allerd­ings fraglich. In diese Lücke stoßen chi­ne­sis­che Her­steller — auch in Europa — vor.

Tat­säch­lich gibt es aber Unter­suchun­gen, wonach ein Kom­bi­nataion von Wind­kraft, Solaren­ergie und Bio­gasan­la­gen einen erhe­blichen Anteil des Strombe­dar­fes deck­en kön­nte. Und der Bere­ich der erneuer­baren Energien entwick­elt sich zum “Job­mo­tor”. Alleine von 2004 bis 2006 stieg die Zahl de Beschäftigten in diesem Bere­ich in Deutsch­land um 47 % auf ins­ge­samt 235.000 Arbeit­nehmer. Wenn man dann noch die Wasserkraftwerke (Beispiel: Öster­re­ich) und das Poten­tial von geot­er­mis­chen Quellen aus dem süd­deutschen Alpen­vor­land berück­sichtigt, dann kann diese Abhängigkeit von aus­ländis­chen Liefer­an­ten dur­chaus eingeschränkt werden. 

Allerd­ings haben diese regen­er­a­tiv­en Energien einen Nachteil: an wind­stillen Tagen sind Wind­kraftwerke rel­a­tiv nut­z­los, und bei bewölk­tem Him­mel lässt auch die Stromgewin­nung durch Solar­mod­ule stark nach. Diese Kraftwerke sind daher vor allem in den entsprechen­den “begün­stigten Stan­dorten” (also an den Küsten bei Win­dan­la­gen oder im mediter­ra­nen Bere­ich bei Son­nenkollek­toren) ertra­gre­ich. In Deutsch­land wird mit erhe­blichen Schwankun­gen bei der Ver­sorgung durch solche Energiean­la­gen gerech­net. Dies ver­langt dann entwed­er Investi­tio­nen in abgele­generen Stan­dorten und ein entsprechen­des europäis­ches Ver­sorgungsnetz, oder örtliche Kraftwerke, die inner­habl kürzester Zeit hochfahren und in der Leis­tung reduziert wer­den kön­nen. Hier­bei sehen die Ver­fechter von Gaskraftwerken den großen Vorteil — als Ergänzung der regen­er­a­tiv­en Stromerzeu­gung zum Aus­gle­ich der dort zwangsläu­fig auftre­tenden starken Schwankungen.