Der Aufstieg der Vereinten Staaten von Amerika zur Weltmacht ist zugleich mit dem Aufstieg seiner Wirtschaft verbunden. Sichtbares Zeichen dieser Wirtschaftsblüte ist der Wert, den die nationale Währung — der US-Dollar ($) als internationales Zahlungsmittel und in den Augen internationaler Anlieger hat. Nichts belegt dieses Vertrauen mehr als die Entwicklung nach 1914, als der Dollar das britische Pfund als international führende Währung ablöste. Den Höhepunkt seiner Wertschätzung erreichte der US-Dollar am Ende des Zweiten Weltkrieges, der die etablieren Handels- und Wirtschaftsmöchte Europas wortwörtlich “ruinierte”.
Im Juli 1944 wurde von 44 Staaten auf der Konferenz von “Bretton Woods” (USA) ein internationales Währungssystem beschlossen, das durch zwei markante Charakteristika gekennzeichnet war: die enge Bindung der teilnehmenden Staaten und ihrer Währungen an den US-$ — und die Golddeckung des Dollars. Dieses System stabiler Wechselkurse hatte 25 Jahre lang die Führungsrolle des US-Dollar bestätigt und zugleich eine sichere Handlungsgrundlage für den globalen Waren- und Dienstleistungsaustausch gegeben. Die US-Zentralbank hatte sich verpflichtet, je 35 Dollar in eine Unze Gold, dem seit Menschengedenken gefragten Edelmetall, einzulösen. Die USA waren völlig autonom in ihrer Währungs- und Geldpolitik, während alle anderen Mitglieder des Bretton-Woods-Systems ihren Wechselkurs gegenüber dem Dollar durch Devisenmarktinterventionen sicherstellen mussten. Als Instrumente für diese Eingriffe wurden der Internationale Währungsfonds (IWF) und die Internationale Bank für Wiederaufbau und Entwicklung (Weltbank) gegründet, die heute Kredite für Entwicklungspolitik bereitstellt und ihren Sitz in den USA haben.
Über Jahrzehnte hin war der US-$ die Leitwährung der Welt. Ein leichtes Hüsteln in der Wall-Street brachte kleinere schwächere Volkswirtschaften an den Rand einer lebensbedrohlichen Krise. Täglich wurden bis zu 2 Mrd. $ in den USA angelegt, denn die damals größte Volkswirtschaft der Welt galt als Hort der Stabilität und Sicherheit, als Standort für lukrative Geschäfte, höchste Renditen und garantiert hohe Wachstumsraten. Die US-Amerikanische Volkswirtschaft lebte von diesen Einlagen — “auf Pump”. Der Konsumrausch der breiten Bevölkerung, die Verschwendung von Ressourcen, das Verfeuern von Erdöl in unzureichend isloerten Häusern und großen Straßenkreuzern wurde durch immer wieder neu nachströmendes Kapital aus dem Ausland finanziert.
In Folge des Vietnamkrieges — der durch die US-Notenbankdruckereien finanziert wurde — geriet dieses System aus den Fugen. Dies zeigte sich, als Frankreich 1969 seine Dollar-Reserven in Gold umwechseln wollte. Die Goldlager in Fort Knox reichten nicht einmal aus, die Forderungen eines einzigen Mitgliedsstaates zu befriedigen. 1971 kündigte Präsident Nixon also die Verpflichtung, US-$ in Gold einzulösen. Dies führte zur ersten internationalen Finanzkrise der Nachkriegszeit.
Als 1971 die Währungsordnung der Nachkriegszeit zusammen brach, und die festen Wechselkurse zum Doller zu einem ersten Absturz des $-Kurses und einer massiven Aufwertung der europäischen Währungen führte, fürchtete Europas neu entstande Exportwirtschaft um ihre Absatzmärkte in Übersee. Einer Delegation frustrierter Finanzpolitiker aus Europa konnte der damalige US-Finanzminister John Connally einen berühmten Satz entgegen halten: “Der Dollar ist unsere Währung, aber euer Problem.” Tatsächlich konnte der US-Dollar weitere gut 30 Jahre lang seine Rolle als Weltwährung behaupten. Das Vertrauen auf die Wirtschaftsleistung der USA hatte die Goldbindung ersetzt — und bis zur Regierung Clinton gelang es den USA auch immer wieder, den Staatshaushalt zu stabilisieren und hohe — wenn auch oft auf Kredit finanzierte — Wachstumsraten zu erwirtschaften. Mit dieser “Kreditfinanzierung” ist zugleich ein großes Risiko verbunden. Nach Irving Fisher (dem “Entdecker” der Quantitätstheorie als Modell zur Bestimmung von Preisniveaus) war die “Überschuldung” der Auslöser für die drei größten ökonomischen Krisen der USA von 1837, 1873 und 1929. Tatsächlich erreichte die Verschuldung von Privathaushalten, Unternehmen und Staat in den USA im Jahre 1929 eine Spitze von 256 % des BIP. Davor — und danach, sogar während des zweiten Weltkrieges — war die Verschuldung maximal mit etwa 160 % des BIP erreicht. Seit 1975 (Verschuldung etwa 150 % des BIP) steigt der “Verschuldungsgrad” der USA gewaltig — auf über 350 % des BIP (2007). Auf die Privathaushalte entfällt alleine ein Schuldenanteil von rund 220 % des BIP — während dieser “Verschuldungsgrad” 1950 noch bei rund 10 % des BIP lag. Im Rahmen dieses “Debt Bubble” erfolgt eine Überbewertung des Vermögens (“Bubble”). Diese Überbewertung gibt den Schuldnern die Möglichkeit, (im Vertrauen auf weiter steigende Preise) die Verschuldung noch mehr auszudehnen. Sobald der Markt aber “zusammen bricht”, also die Vermögenswerte in größerem Umfang realisiert werden, stellt sich die Überbewerbung heraus. Dies führt zum “Deleveraging” — die Verkaufserlöse decken die Verschuldung nicht mehr ab. Die Deckungslücke führt zur Reduzierung von Investitionen und Konsum — und im Endeffekt, wenn die Schulden nicht mehr abgetragen werden können, zu einer Finanzkrise.
In dieser Situation kommt ein fataler “Geburtsfehler” der US-Notenbank, der Fed, zum tragen. Die US-Banken haben die Fed (Federal Reserve System) 1913 gegründet, und bis heute stehen die 12 regionalen Zentral-Banken im Eigentum der (rund 3.000) privaten US-Banken. Diese Privatbanken bestimmen über die Besetzung von sechs der neun Direktoren jeder regionalen Zentralbank. Damit bestimmen die Privatbanken über ihe eigenen Aufseher. Und noch fataler: die Privatbanken können damit — im Gegensatz zur EZB — indirekt auf die Zinspolitik der Notenbankzentrale Einfluss nehmen. Denn die Direktoren sind an der Wahl des Präsidenten der regionalen Zentralbank beteiligt, und der Präsident entscheidet im “Offenmarkt-Ausschuss” über die Geld- und Zinspolitik der Zentralbank. Die Geldpolitik der Fed ist damit zwangsläufig auf das Wohlergehen der Privatbanken und nicht auf das Gesamtwohl der Gesellschaft hin orientiert. Die PRivatbanken haben aber nur ein wesentliches Interesse — möglichst ungestört möglichst viel Gewinn zu erwirtschaften, was sich in spekulativen Finanzmarktgeschäften und riskanten Kreditvergaben nieerschlägt. Darüber hinaus wird aus diesem Gremium bestimmt, welche notleidende Privatbank unterstützt — oder fallen gelassen wird. Dazu kommen die Wünsche der Politik: der Zentralbank-Präsident und ein Vize werden vom US-Präsidenten für vier Jahre (mit der Option der Wiederwahl) bestellt, die anderen Direktoren werden einmalig für 14 Jahre ernannt. Damit hat sich der US-Präsident eine massive Einflussnahme gesichert — und die Spitze der Zentralbank muss sich regelmäßig im Parlament und beim US-Präsidenten zum Rapport einfinden. Nun mag man einwenden, damit würde der Einfluss der Privatbanken zugunsten eines politischen (und damit am Gesamtwohl orientieren) Einflusses zurück gedrängt, aber: auch die Politik ist — zumal vor Wahlen — vor tagesaktuellen Strömungen und populistischen Forderungen nicht gefeit.
Seit einigen Jahren ist in den USA der kreditfinanzierte Wachstumsmotor “ins Stottern” geraten. Innerhalb weniger Jahre gelang es der US-Regierung unter G.W. Bush jr., die von der Vorgängerregierung geordnete Staatsfinanzen übernommen hatte, ein gigantisches Haushaltsdefizit aufzubauen. Während unter der Vorgängerregierung noch ein Haushaltsüberschuss von 236 Mrd. $ verzeichnet wurde ist bis 2007 ein Defizit von 250 Mrd. $ zu verzeichnen. Die gesamte US-Staatsverschuldung hat inzwischen die 5.000 Mrd. $ Hürde erreicht, wovon nur etwa die Hälfte aus US-Mitteln finanziert ist. Die Auslandsschulden der US-Regierung sind derzeit (Stand 2007) auf 1/3 des Bruttoinlandsprodukts gestiegen. Entscheidenden Anteil an diesem Finanzdebakel haben die Kriegskosten für Irak und Afghanistan, die von 2002 bis 2008 den stolzen Betrag von 1.600 Mrd. $ verschlingen — knapp 21.000 $ für jeden US-Bürger. Deren private Verschuldungen haben von 2001 (7,6 Billionen $) bis 2007 auf 13,3 Bio. $ oder 13.300 Mrd. $ zugelegt — mit einer Steigerungsrate von 1 Billion jeweils alle 15 Monate, und das bei einem steil ansteigenden Handelsbilanzdefizit von 80 Mrd. $ (1990) auf über 700 Mrd. $ (2007), also 6 bis 7 % des amerikanischen BIPs. Dieses Geld wird aber nicht investiert, sondern in den genannten Kriegen “verbrannt”, also verbraucht.
Zum Stand vom November 2008 hatten die USA alleine bei der VR China mit 681 Milliarden Dollar einen gewaltigen Schuldenberg angehäuft, bei einer Gesamtverschuldung von 3085,9 Mrd. $ (gegenüber 2335 Mrd. im Novemebr 2007) also ein gewaltiger Anstieg (Quelle).
Die Amerikaner leben nicht nur auf Kredit — sie erzeugen die verbrauchten Güter auch nicht mehr im eigenen Land. Während von den Spielwaren bis hin zu Apple- und IBM Computern inzwischen “Made in China” die US-Märkte beherrscht werden immer mehr US-Arbeiter arbeitslos. Die privaten Schuldner versuchen, ihre Vermögenswerte zu versilbern — und stellen plötzlich eine Überbewertung dieses Vermögens fest. Die Folge — Immobilien, Banken- und Finanzkrise — sind bekannt.
Der US-Ökonom Francis Fukuyama Professor für internationale politische Ökonomie an der Johns-Hopkins-Universität in Washington bewertet die Bush-Jahre in einem Interview in der Süddeutschen Zeitung (18./19. Oktober) wie folgt: “SZ: Was lief in der Ärea George Bush falsch? Fukuyama: Oh je, wo soll ich da anfangen? Eine desaströse Außenpolitik, das muss man gar nicht weiter ausführen. Es gibt aber noch ein anderes Thema: Die Nachlässigkeit der Republikaner mit Budgetdefiziten, wenn es um Steuersenkungen geht. Man ist eher bereit, ein Defizit bei niedrigen Steuern als einen ausgeglichenen Haushalt bei höheren Steuern zu akzeptieren. Und das hat in ein Desaster geführt. Alles wurde über Schulden finanziert. Das makroökonomische Management der Bush-Jahre war schrecklich.” Und zu den Folgen dieser “schrecklichen Politik” meint Fukuyama: “Eine Ära geht zu Ende, in der Asien ein auf Dauer unhaltbares Ausgabenniveau in Amerika finanziet hat — zwei Kriege, ein riesiges Budgetdefizit, negative Ersparnisse der privaten Haushalte, entsprechend hoher Konsum. Der Überhang zu einem niedrigeren Konsumniveau wird die gesamte wirtschaftliche Nachfrage auf lange Zeit dämpfen. …”
Inzwischen wird der Dollar auch zu einem Problem der US-Amerikaner. Schuld daran ist nicht nur der “Krieg gegen den Terror”, der zu verlustreichen und teuren US-Interventionen in Afghanistan und Irak geführt hat. Eine Staatsverschuldung, die in jeder Bananenrepublik zur Intervention des IWF führen würde, wird in der US-Regierung allerdings noch kaum als Problem wahrgenommen — und auch die Sparquote der Privathaushalte ist von 3 % (2000) auf nunmehr 1 % abgesunken (2006), alles andere als vorbildlich. Die USA leben “auf pump”. Amerika verschuldet sich, aber nicht um zu investieren sondern um die aufgenommenen Kredite zu konsumieren. Die Aktionäre schäffeln (noch) Gewinne, aber knapp 50 Mio. US-Bürger leben inzwischen ohne Krankenversicherung, die traditionell als Privatversicherung konzipiert und vielfach als Betriebskrankenkasse konstituiert ist.
Die USA konnten sich dank einer leistungsfähigen Volkswirtschaft in ihrer eigenen Währung verschulden und die Rohstoffrechnungen — etwa für den überwiegend in $ abgewickelten Ölmarkt — mit selbst gedrucktem Geld begleichen. Dank eines effektiven Kapitalmarkts haben die Industrie- und Schwellenländer — allen voran Japan und China — ihre Deviseneinnahmen in die USA getragen. Die chinesische und die japanische Notenbanken sind (noch) die größten Geldgeber der US-Regierung. Vor allem in Krisenzeiten schien die Geldanlage im US-$ eine Versicherung gegen die Risiken der internationalen Währungskrisen zu sein. Das hat sich geändert. Die anhaltende Dollarschwäche — der US-Doller, der in meiner Jugend noch mit einem Kurs von grob gerechnet 1 : 4 gegenüber der D‑Mark gehandelt wurde — stünde Ende Oktober 2007 bei einem Kurs von 1,35 Mark für einen Dollar. Die Geldanlage im US-Dollar stellt sich also zunehmend als Risiko für die internationalen Geldanleger dar. Diese beginnen, sich um zu orientieren.
Wie wir in unserem EU — Einführungsdossier darlegen, ist dem US-$ seit 2002 auch eine internationale Konkurrenz entstanden. Der €uro scheint immer mehr die Funktion einer zweiten internationalen Leitwährung zu übernehmen. Die Abhängigkeit der Weltwirtschaft vom US-$ reduziert sich in gleichem Maße, in dem die Europäische Gemeinschaftswährung an Reputation und Anziehungskraft gewinnt. Zum Stand vom November 2007 sind lediglich etwas über 60 % der weltweiten Devisenvorräte sämtlicher Zentralbanken noch in US-Dollar angelegt. Der Euro macht dagegen bereits 30 % der internationalen Devisenvorräte aus. Jeweils etwa 5 % können das britische Pfund und der Yen für sich verbuchen. Russlands “Stabilisation Fond” und die Quatar Investment Authority haben Euro und Dollar sogar gleichgewichtig im Portfolio aufgenommen — bei Quatar mit jeweils 40 %, bei Russland mit jeweils gut 45 % der Devisenbestände. Der Kursverfall des US-$ stellt zunehmend — bei zudem noch sinkenden Zinssätzen und unter Berücksichtigung der Inflation — ein Verlustrisiko für die Besitzer von Dollar-Guthaben dar.
Zwischenzeitlich (Meldung offiziöser russischer Quellen vom Dezember 2006) soll sogar der Rubel als Anlagewährung lukrativer als der US-Dollar sein. Die Schwellenländer verfügen über 70 % der weltweiten Devisenreserven. Dementsprechend steigt auch der Wert dieser Währungen gegenüber dem US-Dollar weiter an. Wenn der US-$ ein sichtbares Zeichen der Blüte der amerikanischen Weltmacht war — stellt sich dann im Umkehrschluß die Frage, ob die Dollarkrise „Der Anfang vom Ende des amerikanischen Imperiums“ ist?
In einem provokanten Statement schreibt Paul Craig Roberts, unter Präsident Ronald Reagan stellvertretender Finanzminister und Wirtschaftswissenschaftler “The US is not a superpower. It is a banrupt farce …” und stellt die Frage: “President Bush, Will You Please Shut Up?”
“Die US-Wirtschaft, die vom Import billiger Rohstoffe abhängig ist, wird in eine veritable Krise geraten, wenn es den “Hütern der US-Währung” und verantwortungsvollen Finanzpolitikern in den USA nicht gelingt, diesen Trend zu stoppen.” - so schrieben wir vor Jahren bei der Erstfassung dieser Zeilen. Inzwischen ist die Krise eingetreten. Der neue Präsident der USA, Obama, wird mit der Bewältigung der Wirtschaftskrise eine gewaltige Aufgabe zu lösen haben.
“Selbst mit einer optimalen Politik wird das Binnenwachstum der USA wahrscheinlich der globalen Wirtschaft hinterherhinken.” (George Soros, Chairman von Soros Fund Managemen in der FTD vom 07.02.2009).
Externer Link:
Eurasisches Magazin: Weltwirtschaft im Dollar-Sumpf (www.eurasischesmagazin.de)
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