Amerika — EMBRAER — Flugzeughersteller auf dem Weg zur Weltspitze

Brasilien Brazil

 

Das brasil­ian­is­che Unternehmen „EMpre­sa BRasileira de AERonáu­ti­ca, S. A.“ mit Haupt­sitz in São José dos Cam­pos im Bun­desstaat São Paulo gehrört zu den wichtig­sten Unternehmen Brasiliens. Mit immer schnelleren Aus­liefer­ungszahlen hat sich der brasil­ian­is­che Flugzeugher­steller im Region­alflugzeug­markt etabliert. Mit über 23.000 Mitar­beit­ern hat der südamerikanis­che Flugzeug­pro­duzent nach Air­bus und Boe­ing inzwis­chen weltweit den drit­ten Rang unter den Her­stellern von Verkehrs­flugzeu­gen (Stand 2008) erre­icht und damit sog­ar die tra­di­tionelle rus­sis­che Flugzeug­in­dus­trie über­holt. Jährliche Bestel­lun­gen von über 20 Mrd. $, zu über 95 % aus anderen Län­dern, zeigen, wie wichtig der Her­steller inzwis­chen für die brasil­ian­is­che Wirtschaft und für den brasil­ian­is­chen Export ist. Die Wurzeln  von EMBRAER reichen bis zum am 20. Jan­u­ar 1941, als unter den Ein­flüssen des Zweit­en Weltkrieges das brasil­ian­is­che Luft­fahrt­min­is­teri­um mit dem Ziel gegrün­det wurde, eine eigene Luft­fahrtin­dus­trie aufzubauen. Unter Regie des Min­is­teri­ums wur­den das tech­nis­che Luft­fahrtzen­trum (CTA) und das tech­nis­che Luft­fahrtin­sti­tut (ITA) gegrün­det, die ihre Arbeit­en unter mil­itärisch­er Führung in São José dos Cam­pos auf­nah­men. 1954 fol­gte das Forschungs- und Entwick­lungsin­sti­tut (IAE).
Das erste selb­st entwick­elte und „Ban­deirante“ (Pfadfind­er) getaufte Flugzeug kon­nte im Okto­ber 1968 seinen Jungfer­n­flug absolvieren.

Als Fer­ti­gung­sun­ternehmen wurde unter Mitwirkung der CTA und ITA und auf Grund­lage der bish­eri­gen Entwick­lun­gen am 19. August 1969 der staatliche Flugzeugher­steller Embraer gegrün­det, der ab 1972 die Serien­fer­ti­gung der “Ban­deirante” pro­duzierte und zur Aus­liefer­ung brachte.

EMBRAER LEGACYDen entschei­den­den Schritt zur Weit­er­en­twick­lung machte Embraer im Jahre 1989/90: nach ständi­gen Kla­gen kleiner­er Flugge­sellschaften, man könne nur umge­baute Geschäft­sreise­flieger erwer­ben schuf Embraer eine Rei­he von Region­alflugzeu­gen mit 37 bis 50 Sitzen (ERJ 135, ERJ 140 und ERJ 145) und den großen Verkehrs­flugzeu­gen ver­gle­ich­barem Kom­fort. Nicht ohne Wider­stände: auf­grund der fehlen­den Mit­tel wurde aus der Brasil­ia mit geän­derten Tragflächen und gestreck­tem Rumpf die EMB-145 (Erst­flug am 11. August 1995) entwick­elt. Dabei stand Embraer 1995 kurz vor der Pleite. Das eins­ma­lige Staat­sun­ternehmen war nach 25 Jahren frisch pri­vatisiert und hat­te in der Jahres­bi­lanz einen Ver­lust von mehr als 300 Mio. $ zu verkraften. Der einzige Hoff­nungss­chim­mer war das 50sitzige Mod­ell des Region­alflugzeuges ERJ-145. Die fehlen­den Mit­teil hät­ten fast die Weit­er­en­twick­lung des Flugzeuges ver­hin­dert. Nach­dem aber mit der spanis­chen Game­sa ein Part­ner gefun­den wor­den war, kon­nte (in nur 16 Monat­en nach dem Erst­flug) die erste Aus­liefer­ung (Dezem­ber 1996) des neu entwick­el­ten Region­al­jets erfolgen.

Die ERJ-Fam­i­lie mit den drei Mustern ERJ 135, ERJ 140 und !RJ 145 (zwis­chen 37 und 50 Sitzen) ist die Grund­lage für den Auf­schwung des Unternehmes, das sich vom “Under­dog der Luft­fahrt­szene” (FLUGREVUE, 04/2005) zu einem der ersten Flugzeugher­steller entwick­elt hat und auf dem Weg ist, sich nach AIRBUS und BOEING zum drittgrößten Flugzeugher­steller der Welt (Welt am Son­ntag, 23.10.2005) zu entwicheln.
Der brasil­ian­is­che Pro­duzent, der mit die Lizen­zfer­ti­gung oder gemein­samen Entwick­lung von kleinen Mil­itär­jets (EMB-326 Xavante und AMX‑T) für die nationalen Luft­stre­itkräfte, die FORCA AERA BRASILEIRA, bekan­nt wurde, hat­te sich bere­its seit Mitte der 70er Jahre mit viel­seit­ig nutzbaren Tur­bo­props wie dem 19sitzer EMB-110 Ban­deirante und dann mit der 30-sitzi­gen EMB-120 Brasil­ia auf dem Region­alflugzeug­markt etabliert.

Bere­its 1998 wurde an die pol­nis­che Flugge­sellschaft LOT die 100ste “Ipane­ma” aus­geliefert, jew­eils in Jahress­chrit­ten erfol­gten die näch­sten “Hun­dert Aus­liefer­un­gen”, aber schon 2001 kon­nte mit der 400sten und der 500sten Mas­chine ein “Dop­pel­hun­dert­er” gefeiert wer­den. Die 600ste Mas­chine (2002 — SWISS), die 700ste (2003 — ALITALIA), doe 800ste (2004 — DELTA) und die 900ste (LUXAIR) fol­gten mit gle­ich­bleibend stark­er Aus­las­tung.
Diese Flugzeu­grei­he wurde von Embraer aber auch weit­er entwick­elt — so ist das Geschäft­sreise­flugzeug Lega­cy (als Lega­cy Shut­tel für 16 bis 37 Pas­sagiere) oder als Lega­cy Exec­u­tive mit Busi­ness-Jet-Ausstat­tung ein “Abkömm­ling” der ERJ 135.

Drei Jahre nach der Pri­vatisierung und ger­ade erst finanziell gene­sen erfol­gte der Pro­gramm­start für die näch­ste Gen­er­a­tion der 70- bis 110sitzer. Mit dem Erst­flug der Embraer 170 Ende 2001 und der Embraer 195 am 7. Dezem­ber 2003 wurde nun das Tor für eine weit­ere, erfol­gre­iche Flugzeurei­he aufgestoßen. Die von Embraer als “E‑Jets” beze­ich­nete Flugzeug­fam­i­lie Embraer 170 (70 bis 78 Pas­sagiere, seit März 2004 zuge­lassen), 175 (75 bis 86 Pas­sagiere, Erstzu­las­sung der brasil­ian­is­chen CTA und der europ. EASA im Dez. 2004), 190 (100 bis 108 Pas­sagiere) und 195 (110 bis 118 Pas­sagiere) soll an den Erfolg der “Ipane­ma” anknüpfen. Die Flugzeuge sollen ein Mark­t­seg­ment abdeck­en, das zwis­chen den typ­is­chen Region­alflugge­sellschaften und den großen Net­zw­erk­be­treibern liegt — und das von Branchenken­nern auf einen Absatz­markt von rund 6000 Flugzeu­gen in den näch­sten 20 Jahren mit einem Auf­tragsvol­u­men von 170 Mrd. Dol­lar tax­iert wird. Die E‑Jets sollen zu große und alte Verkehrs­flugzeuge ablösen (wie z.B. bei US-Air­ways), bei entsprechen­der Nach­frageen­twick­lung kleinere Region­alflugzeuge erset­zen (wie z.B. bei LOT) und den Fluglin­ien dabei zu eienr Vere­in­heitlichung der Flot­ten ver­helfen. Die paname­sis­che Flgge­sellschaft COPA sieht die Embraer 190 wohl schon als Ersatz für die ver­al­tete Boe­ing 737.Flotte, und der amerikanis­che Bil­lig-Car­ri­er “Jet Blue” ist bere­its mit ein­er Bestel­lung von 100 Embraer 190 AR (Reich­weite 4.260 km) “im Geschäft”.
Embraer ist — nach dem Konkurs von Fairchild Dornier — neben Bom­bardier der einzige große Her­steller in dem von Embraer genutzten Mark­t­seg­ment. Der Auf­trags­be­stand beläuft sich (Okt. 2005) auf über 400 Maschi­nen, dazu kom­men noch Optio­nen auf weit­ere 600 Flugzeuge. Mark­tken­ner erwarten, dass Embraer (voraus­sichtlich 145 Aus­liefer­un­gen) bere­its im Jahre 2006 den Konkur­renten Bom­bardier (etwas über 100 Aus­liefer­un­gen) über­holen wird. Dabei kommt Embraer die niedrige Kosten­struk­tur eines Entwick­lungs­lan­des zu Gute — und die Tat­sache, dass sich Air­bus (370 Ausleifer­un­gen 2005) und Boe­ing (320 Aus­liefer­un­gen 2005) auf die großen Maschi­nen konzentrieren. 

Mit mod­ern­ster Tech­nolo­gie (z.B. Fly-by-Wire) hält Embraer dabei auch den Anschluss an die Welt­spitze — und hat dazu einen ertäglichen Geschäft­szweig — als zweitweilig größter Expor­teur des Lan­des — aufgebaut. 

Alleine im 2. Quar­tal 2005 machte Embraer bei einem Umsatz von 812 Mil­lio­nen $ einen Gewinn von 83 Mio. $, die Gewin­n­marge des Unternehmens liegt also bei knapp 10 %. Der Auf­trags­be­stand liegt bei 10,9 Mrd. Dol­lar. Embraer hat also Geld, um zu investieren — und in den näch­sten Jahren sind Investi­tio­nen in Höhe von 235 Mio. $ geplant.

Heute (2009) wird das Basis­mod­ell der Embraer Region­al-Jet Fam­i­lie, die ERH 145 (mit zwi Rolls-Royce/Al­li­son AE 3007 A — Tur­bo­fans am Heck) nur noch in dem 2003 eröffneten Zweig­w­erk in Harbin in Serie gefer­tigt. In rund 30 Län­dern im Ein­satz — und mit rund 13 Mil­lio­nen Flugstun­den und knapp 400 Mil­lio­nen Pasagieren haben die über 1.000 Maschi­nen (Okto­ber 2007 in Harbin gefer­tigt) weltweite Erfolge erzielt.

Mil­itärisch­er Ein­satz ist Embraer nicht fremd. Die ERJ-145 dient als AWACS EMBRAER R‑99 mit einem einem hochau­flösenden EASA-Radar “Eri­eye” auf dem Rumpfrück­e­nals luft­gestütztes Früh­warn­flugzeug. Das Radar — wohl vom Typ PS 890 der Fir­ma Eric­son — kann Ziele in Flugzeug­größe auf Ent­fer­nun­gen von 350 Kilo­me­tern und Marschflugkör­p­er in 150 Kilo­me­tern Ent­fer­nung erken­nen. Von den etwa fünf in Dienst befind­lichen Maschi­nen (Stand 2008) waren während der brasil­ian­is­chen CRUZEX-Übung Anfang Novem­ber 2008 — zu der Brasilien alle südamerikanis­chen Luft­waf­fen ein­ge­laden hat­te — per­ma­nent zwei Maschi­nen im Ein­satz. Ein weit­eres Aufk­lärungs­flugzeug ist die mit zahlre­ichen elek­tro­n­is­chen und elek­tro-optis­chen Überwachungssys­te­men aus­ges­tat­tete EMB 145 RS/AGS sowie die speziell für die Aufk­lärung auf See und den Kampfein­satz gegen U‑Boote entwick­elte EMB 145 MP/ASW. Mit allen drei Maschi­nen wur­den wichtige Exporter­folge erzielt. Ob Chi­na — mit dem Embraer ein Joint ven­ture betreibt — seine auf der KJ-200 AEW “Gaox­in 5” “Eri­eye-Radare” allerd­ings von Brasilien, Pak­istan oder doch vom Her­steller Eric­son direkt erwor­ben hat, ist noch nicht offiziell bekan­nt gegeben worden.

Hier­bei han­delt es sich aber nicht um die ersten mil­itärischen Flugzeuge. Aus dem Train­er Tucano wurde die Super-Tucano (A‑29) entwick­elt, die bei 15 Luft­waf­fen (mit über 600 Flugzeu­gen —  Stand 2008) im Ein­satz ste­hen und immer noch gebaut wird. Die Pro­duk­tion von Strahltrain­ern begann mit der Lizen­zfer­ti­gung der Aer­ma­chchi M.B.326 GB als A‑26-Xavante für die brasil­ian­is­chen Luft­stre­itkräfte. Bis zum Früh­jahr 1997 wur­den über 120 Flugzeuge des Typs als Aufk­lär­er und leichte Erd­kampf­flugzeuge sowie Train­er in Brasilien gefer­tigt. Nach­fol­ger wurde das von Embraer und Aer­i­talia entwick­elte leichte Erd­kampf­flugzeug AMX . Ob Brasilien im Rah­men der derzeit laufend­en Auss­chrei­bun­gen für ein neues Jagdflugzeug der eige­nen Luft­waffe auch die Lizen­zfer­ti­gung mod­ern­ster Fight­er im Lande anstrebt muss momen­tan noch offen gelassen werden.

Wenn die aktuell laufend­en Pro­gramme — Mod­ernisierung der F‑5 und der A‑1 M (AMX) sowie der au Brasiliens Flugzeugträger einge­set­zten Sky­hawks — abgeschlossen sind, hofft Embraer aber, zumin­d­est auf dem Markt für Mil­itär­trans­porter Fuß zu fassen. Mit dem KC-390 soll die brasil­ian­is­che Luft­waffe ab 2015 die alten C‑130 Her­cules Trans­porter erset­zen. Die ursprünglich auf der Region­al­jet­fam­i­lie Embraier 170/190 basierende Entwick­lung hat im Jahr 2008 deut­liche konzep­tionelle Änderun­gen erfahren. Mit ein­er Nut­zlast von rund 19 Ton­nen solle eine max­i­male Reich­weite von fast 6.000 km erzielt wer­den. Die KC-390 kann im Flug betankt und zugle­ich als Betankungs­flugzeug für andere Jets einge­set­zt wer­den. Ein Umbau des Frach­traums für MEDE­VAC-Ein­sätze ist möglich.

 

Still­stand ist Rückschritt: Man darf ges­pan­nt sein, welche Entwick­lun­gen bei Embraer weit­er angestoßen wer­den.
Wird Embraer nach zwei erfol­gre­ichen Region­al­jet-Rei­hen auch in den Bere­ich der größeren Maschi­nen ein­steigen?
Oder wird sich Embraer — back to the roots — wieder mehr im Markt für Geschäft­sreise­flugzeuge und Mil­itär­jets engagieren?
Und — wie wer­den sich die run­dum erneuerten Flugzeug­in­dus­trien Chi­nas und Rus­s­lands der Konkur­renz auf dem Welt­markt stellen?

Interne Links:

Ostasien Chi­na — COMAC Zivil­flugzeug­bau — neuer Anlauf

Extern­er Link:

Home­page von Embraer (englisch)

Team GlobDef

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