III. Varjag:
Besonderes Interesse hat in den Medien der Erwerb der erst zu etwa 70 % fertig gestellten Varjag gefunden. Nicht nur, dass die Chinesen für den “als Schrott” gekauften Träger einen dreifach überhöhten Preis bezahlten — die Kauf- und Überführungskosten nach China beliefen sich auf über 30 Mio. US-$ — über die chinesische Regierung wurde zugleich eine Sicherheitsleistung über mehrere Millionen US-$ für die Passage des Bosporus zugesagt. Daneben wurde vereinbart, dass künftig Touristen aus China die Türkei besuchen dürfen — was für die Türkei ein Potential von mehreren 100 Mio. US-$ im Jahr darstellt.
Newsletter — “Great China” — (www.huang-jaumann.de)
Varjag in Dalian — dritter Liegeplatz Source: www.china-defense.com Click to enlarge |
Angeblich sollte die Varjag mit einer Investition von rd. 60 Mio. US-$ zu einem im Macao stationierten Kasino umgebaut werden — allerdings hat sich die neue Besitzerin des Schiffes weder für eine Kasinolizenz in Macao beworben, noch ist das bei Macao sehr flache Meer für eine Aufnahme eines Schiffes mit dem Tiefgang der Varjag geeignet. Die Varyag müsste weit vor dem Hafen im offenen Meer ankern, was wegen der Stürme, die in diesem Gebiet auftreten können, nicht ratsam ist.
Tatsächlich ist die Varjag — nach mehrjähriger Liegezeit unter militärischer Bewachung mit Foto-Verbot an einem Pier in Dalian (erster Liegeplatz — s.u.) — zwischenzeitlich für kurze Zeit im neuen Trockendock der Dalian Shipyard verholt worden (die auch große Tanker und für die PLAN Zerstörer und Landungsschiffe baut) und mit frisch sandgestrahltem und in den Farben der PLAN gestrichenen Rumpf an die Ausrüstungspier neben dem Trockendock (zweiter Liegeplatz — s.u.) gelangt. Dort werden aus der Ferne weitere Anstricharbeiten beobachtet. Was im Schiff passiert lässt sich aber nicht erkennen. Berichte aus China deuten darauf hin, dass der gesamte Innenbereich des Schiffs überholt bzw. von Grund auf erneuert wurde. Nach einer Verlegung in einen zweiten, längeren Trockendockaufenthalt — dort erhielt die Varjag u.a. eine neue Insel, die zur Aufnahme eines “AEGIS-ähnlichen” Radars ausgerüstet ist — lag die Varjag über Jahre erneut an einer neuen Pier. Beide Trockendocks — das ein Detail am Rande — wurden neu gebaut, und die Varjag war jeweils eines der ersten Schiffe, die dort eingedockt wurden.
Inzwischen (Stand Juli 2011) ist das Schiff faktisch fertig gestellt. Neben einem umfangreichen Waffenarsena wie FL 3000 N, zwei Type 1030 CIWS auf beiden Seiten im Heckbereich (mit Feuerleitradar vom Typ 347G (Rice Bowl) sind auch diverse Antennenanlagen installiert worden. Im Juli 2011 wurde zugleich das neue Unterstützungsschiff Nr. 88 vor die Varjag an die Pier gelegt — offenbar ein Hotelschiff, das auch der Aufnahme der neuen Crew dienen kann.
Und Anfang August 2011 folgte die seit Jahren erwartetete Meldung:
DALIAN, Aug. 10 (Xinhua) — China’s refitted aircraft carrier left its shipyard at Dalian Port in northeast Liaoning Province on Wednesday morning to start its first sea trial.
Military sources said that the first sea trial was in line with schedual of the carrier’s refitting project and would not take a long time. After returning from the sea trial, the aircraft carrier will continue refit and test work.
… (Zitat Ende)
Diskutieren Sie mit: Chinas Trägerprogramm
Die verschiedenen Spekulationen lassen den Schluss zu, dass die Varjag — deren militärische Verwendung vertraglich ausdrücklich ausgeschlossen wurde — nach einer “Rundumerneuerung” (die fast als “Neuaufbau” bezeichnet werden müsste) als Schulschiff für die Dalian-Marineakademie dienen könnte. Dort werden auch bisher schon die Piloten der PLAN-AF geschult.
Ein Schulschiff, das gleichzeitig der Ausbildung von Piloten, des Bodenpersonals (Deckoffiziere, Wartungsspezialisten usw.) und der Marinecrew dient, könnte China recht schnell den Aufbau einer eigenen Trägerflotte ermöglichen — jeder neu gebaute Träger könnte so mit einer frisch ausgebildeten Crew bemannt werden.
Quellen (externe links):
Aircraft Carrier for PLA Navy — (www.newsmax.com)
Varyag World — (www.varyagworld.com)
Weitere Information:
Zum chinesischen Träger-Programm finden sich im Internet z.B. unter
Aircraft Carrier Project — (www.globalsecurity.org)
Wei Sheng class small seaplane tenders — (hazegray.org)
News From 15–30 December 1998 — (www.users.bigpond.com)
B) Geleitschiffe, Hubschrauber und Flugzeuge:
Geleitschiffe für den Träger?
China verfügt nun über zwei neue Typen von Flugabwehrzerstörern, die mit Raketen bewaffnet sind (051 C und 052 C), von denen der in Dalian gebaute Typ 051 C zwar eine Landeplattform, aber nicht einmal einen Hubschrauber-Hangar hat.
Hubschrauber für den Träger
Nichts scheint leichter, als dass China ein Kriegsschiff mit Hubschraubern ausstattet. China verfügt über die in Lizenz gebaute Hubschrauber vom Typ Z‑8 und Z‑9 sowie den selbst entworfenen Kampfhubschrauber WZ-10, die inbseondere bei amphibischen Operationen und bei der U‑Boot Abwehr (ASW) eine gewichtige Rolle spielen können.
Darüber hinaus hat China aus dem Falkandkrieg von 1982 ebenfalls Lehren gezogen. Seinerzeit war de Verlust der birischen Zerstörer “Coventry” und “Sheffield” auch der fehlenden Frühwarnung vor tieffliegenden Angriffen geschuldet. Russland hatte zur Abwehr dieser Bedrohungen (und als Ersatz für ein bordgestütztes AWACS wie die projektierte Jak-44 E) den Bordhubschrauber KA-27 bzw. Ka-29 als eine fliegenden Radarstation (Ka-31) entwickelt. Das System wird vollautomatisch betrieben und kann 30 +/- 10 Ziele gleichzeitig erfassen — unabhängig von den Witterungsverhältnissen. Im September 2006 berichteten russische Quellen, China beabsichtige den Kauf von rund 40 Transporthubschraubern des Typs Ka-29 und von mehr als 20 Frühwarnhubschraubern Ka-31. Da China über eine langestützte Flotte von Frühwarnflugzeugen verfügt macht der Kauf von Frühwanrhubschraubern im Prinzip nur für die Marine Sinn — für Schiffe, die weitab von der heimischen Küste operieren. Der Erwerb so vieler Frühwarnhubschrauber kann mit der Zerstörerflotte alleine nicht begründet werden. Der Einsatz von einem Flugzeugträger und von amphibischen Docklandungsschiffen würde aber die Beschaffung einer größerer Zahl solcher Hubschrauber begründen. Fotos belegen, dass China mehrere Hubschrauber des Typs erworben und zum Einsatz gebracht hat.
Asien — Chinas in Lizenz gebaute Hubschrauber | ||
Asien — Chinas neuer Kampfhubschrauber WZ-10 |
Flugzeuge für den Träger?
Vor diesem Hintergrund geraten die Spekulationen über eine militärische Verwendung der Varjag — zumindest in Form eines Studienobjekts — nicht zum Stillstand. So berichtete die renommierte deutsche Fachzeitschrift “MARINEFORUM” auf ihrer Internetseite, das Schiff könnte den Namen SHI LANG erhalten und unter der Nummer 83 der Dalian-Marineakademie zugewiesen werden, die für die Ausbildung der chinesischen Marinepiloten verantwortlich ist. Im Jahr 2011 konnte die ex-Varjag — nach jahrelangen Fertigstellungs‑, Überholungs‑, und Ausrüstungsarbeiten tatsächlich voll ausgerüstet mit Waffensystemen zu mehreren Erprobungsfahrten auslaufen.
Dazu hat China nach offiziösen Quellen im September 2008 mit der Ausbildung der ersten 50 Trägerpiloten in der Militärakademie begonnen. Nicht nur wir stellen uns die Frage, welche Flugzeuge China für einen solchen Träger einsetzen könnte.
Ein erstes Ergebnis ist inzwischen klar. Der aus der J‑7 (chin. MiG-21) entwickelte JiaoLian‑9 Advanced Jet Trainer (Exportversion FTC-2000 Mountain Eagle) wurde inzwischen mehrfach mit Fanghaken fotografiert. Es ist also offensichtlich, dass dieser Trainer auch für die Marineluftwaffe angeboten wird. Darüber hinaus ist das neu entwickelte Konkurrenzprodukt — die mit zwei Triebwerken bestückte (J)L‑15 — immer wieder als künftiges Navy-Flugzeug im Gespräch. Gerade die Ausstattung mit zwei Triebwerken gibt Flächenflugzeugen beim kritischen Start von kurzen Flugdecks eine zusätzliche Sicherheit (Triebwerksausfall). Beide Trainer sind auch mit Waffenaufhängungen versehen und können daher für leichte Erdkampfeinsätze verwendet werden. Sie würden in der Einsatzrolle und im Gewicht in etwa den brasilianischen Skyhawks entsprechen.
Ausserdem soll China Interesse an der SU-33 bekundet haben. Dabei wird auch immer wieder darauf verwiesen, dass die Varjag für Varianten der Flugzeuge des Typs SU 27 (bzw. SU 30) gebaut wurde, die von China inzwischen in Lizenz (vgl. Su-27 Air-Superiority Fighter Aircraft — (www.sinodefence.com)) produziert werden.
Tatsächlich verdichten sich seit Sommer 2010 die Informationen, wonach China aus der J‑11 B ein trägerfähiges Flugzeug entwickelt hat, das als “J‑15” bezeichnet wird.
Interner Link: Asien — Chinas Einstieg in den Bau moderner Kampfflugzeuge: die J‑11 — Varianten und Serien
Bildersammlung
Varjag auf dem Schlepp durch den Bosporus | Varjag in Dalian — erster Liegeplatz - | Varjag in Dalian — zweiter Liegeplatz — Quelle: www.jeffhead.com |
Mögliche Flugzeuge für einen chinesischen Carrier Quelle: www.sinodefence.com | Varjag 2011 Click to enlarge | Varjag 2011 Click to enlarge |
Varjag 2011 Click to enlarge | Varjag 2011 Click to enlarge | Varjag 2011 Click to enlarge |
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