Wirtschaft:
Dem wirtschaftlichen Leistungsvermögen der Vereinigten Staaten von Amerika nähert man sich als Europäer wohl am Besten im Vergleich mit europäischen Staaten.
Kalifornien ist der wirtschaftlich stärkste Bundesstaat und damit Deutschland innerhalb der EU vergleichbar — sowohl was die wirtschaftliche “Führung” wie auch das BIP der beiden Staaten betrifft. Großbritannien — Europas zweitmächtigste Wirtschaftsmacht — entspricht dem Bundesstaat New York jenseits des Atlantik, allerdings mit einem deutlich höheren BIP. Das französische BIP ist doppelt so groß wie das von Texas, der drittstärksten Wirtschaftskraft in den Vereinigten Staaten, und auch Italien als viertstärkste Wirtschaftsmacht Europas übertrifft das BIP von Florida, dem viertstärksten Staat der USA. Spanien übertrifft Illinois, die Niederlande übertreffen New Jersey, Schweden übertrifft den Staat Washington usw.; die USA liegen in der Summe vor Europa — aber nur, weil sich dort die Wirtschaftskraft von wesentlich mehr Staaten summiert als das in der Europäischen Union der Fall ist.
In den USA konzentriert sich die Wirtschaftskraft zudem auf eine Region, die sich über rund 750 km von Boston bis Washington erstreckt. In dieser eng begrenzten Region, die nur 3 % der gesamten Staatsfläche der USA aufweist, leben 20 % der US-Amerikaner, die zusammen genommen ein BIP von 2,3 Billionen Dollar erwirtschaften. Dieses Kerngebeit der Vereinigten Staaten ist das wirtschaftliche Herz Amerikas. Der Großraum Michigan mit Cleveland, Detroit, Indianapolis, Chicago und Minneapolis folgt mit 1,683 Bio. $, und das kanadische Ontario und Toronto mit Buffalo (USA) schließt die Verbindung zum Wirtschaftsgroßraum Ostküste. Hier treibt die Nachfrage von Millionen den Konsum und den Absatz der Unternehmen, hier summiert sich die Kreativität von Millionen im Wettbewerb um die Kundschaft, hier wird über den wirtschaftlichen Niedergang — oder die Wachstumsrate — der ganzen Nation entschieden.
Einen vergleichbaren Wirtschaftsgürtel findet man in Europa — von England (1,225 Bio. $) über Paris (327, 4 Mrd. $), die Benelux-Staaten und das eng verflochtene Ruhrgebiet mit Köln (1,668 Bio. $) mit Verbindung nach Hannover, Bremen und Hamburg sowie Frankfurt, Mannheim, Stuttgart und München in Süddeutschland (622,85 Mrd. $) und weiter nach Norditalien (Mailand, Turin), Rom und Neapel (1,272 Mrd. $).
Die USA sind also in vielem der EU vergleichbar — schneiden aber im Einzelvergleich dann auch schlechter ab als — summarisch — die EU. Die Wirtschaft der USA ist dazu von zwei strukturellen Schwächen belastet: einem jährlich immer mehr steigenden gigantischen Defizit in der Handelsbilanz und einem immer mehr ausufernden Rüstungsetat, was zu einer immer stärkeren Auslandsverschuldung führt. Trotz desaströser wirtschaftlicher Daten (FTD 29.08.2008) “war es für sie (die USA) auch kein Problem, über die vergangenen zehn Jahre ein Leistungsbilanzdefizit von kumuliert 5.177 Mrd. $ zu stopfen.” Die US-Regierung ist so inzwischen nur mehr zahlungsfähig, wenn Drittländer — und dazu gehören immer mehr die Schwellenländer China und Indien, aber auch Japan und Russland — ihre Bilanzüberschüsse in amerikanischen Anleihen anlegen, oder wenn die Druckereien angeworfen werden, um neue Dollar zu produzieren. Beides ist für eine Wirtschaftsmacht auf die Dauer nicht durchzuhalten. Die Abhängigkeit von ausländischen Krediten schwächt die eigene Wirtschaft, schränkt die Bewegungsfreiheit gegenüber den “Kreditgebern” ein, macht erpressbar — zumal mit dem Euro eine attraktive Reservewährung zur Verfügung steht. Der Druck neuer Dollar heizt aber die Inflation an.
Amerikas Verhältnis zum Kapital ist dabei unbelastet von den sozialethischen Maßstäben in Europa. Der Reichtum wird als Ergebnis harter Arbeit gewertet — die jedermann zur Verfügung steht. Wer es also nicht “vom Tellerwäscher zum Millionär” schafft, hat mehr oder weniger “selbst schuld”. Aus dieser Einstellung reduziert ein völlig unzureichendes rudimentäres Sozialsystem, das einen Großteil der US-Bürger ohne effektive Krankheits- und Altersvorsorge lässt.
Dazu kommt eine massive Verschuldung auch der privaten Haushalte — der eine auf “Null” tendierende Sparquote gegenüber steht. Persönliche Krisen können dadurch schwer aufgefangen werden, zugleich fehlt das Investitionskapital, das Banken in Form von Krediten zur Verfügung stellen können. Erst in der Krise nach der Jahrtausendwende wurden private Sparkontenaufgebaut — derzeit (2010) rund 5,8 Prozent des Durchschnittseinkommens.
Die Top-Manager erzielen Spitzengehälter, die das 360-fache des Durchschnittslohnes ausmachen. Die “Superreichen” 1 %o der Amerikaner verfügte 1929 über genauso viel Vermögen wie die 46 % am unteren Ende der Einkommenspyramide. 0,1 % der Spitzenverdiener des Landes haben ein höheres Einkommen, als 120 Millionen US-Amerikaner vom unteren Ende der Einkommenspyramide. Die Einkommensentwicklungen der Mehrheit der US-Bürger halten nicht einmal mehr mit der Inflationsrate mit. Während Kapitalerträge nur mit 15 % besteuert werden, wird das Arbeitseinkommen — also das Einkommen der Mehrheit der Bevölkerung — mit 35 % geschröpft. Rund 46 Millionen US-Bürger leben ohne Krankenversicherung. Die derzeitige wirtschaftliche Situation in den USA (Stand: Sommer 2008) erinnert an die Zeit vor dem Börsencrash 1929. Auch damals fiel der Anstieg der Löhne geringer aus als der Produktivitätsanstieg. Erst durch die massiven Investitionen der Regierung Roosevelt (ab 1932) konnte die US-Wirtschaft wieder Schritt fassen. Der “New Deal” verschaffte den USA über 651.000 Meilen neuer Straßen, über 124.000 neue Brücken, über 8.000 Parks und über 850 neue Flugplätze.
Von 1987 bis 2006 erlebte Amerika den größten Boom seiner Geschichte. Das BSP verdoppelte sich Der Wirschaftsboom war aber nicht nachhaltig. Er war nicht auf die langfristige Entwicklung gerichtet, sondern auf den schnellen Finanzgewinn, der nicht durch langfristige rentierliche Investitionen sondern durch das schnelle Ausschlachten von Betrieben, das “Verramschen von Tafelsilber” und die Entlassung von Beschäftigten erreicht wird. Dabei müssten die USA monatlich mindestens 100.000 Arbeitspltätze schaffen, um den jungen Erwachsenen zu einem eigenen Einkommen zu helfen. Das Gegenteil ist der Fall. Fast 6 Millionen Arbeitsplätze sind in den ersten zehn Jahren dieses Jahrhunderts verloren gegangen — und zugleich entstand die größte Finanz- und Immobilienblase. Nach dem Ende des “Dotkom-Booms” an der Computerbörse Nasdaq wurde in Immobilien investiert — gefördert vom Staat, der mit jährlich rund 100 Milliarden Dollar Subventionen auch den ärmeren Bevölkerungsschichten den “Traum vom eigenen Haus” ermöglichen wollte. Wer sich im Vertrauen auf immer steigende Preise verschuldete, um vom erhöhten Wiederverkauspreis zu profitieren, musste spätestens mit dem Ende dieser Immobilienpreisentwicklung auf einem Berg von Schulden sitzen bleiben. Vielfach sind die Schulden auf Immobilien größer, als die Marktpreise. Das Ende der Immobilienblase führte damit zwangsläufig zum Finanzdebakel. Scheinbar gesunde Finanzinstitute mussten Bankrott anmelden. Die Kreditkrise Ende 2007 führte zu einem massiven Einbruch im Immobilienmarkt und zwang die US-Zentralbank, die Kreditzinsen niedrig zu halten um weitere Zahlungsausfälle zu vermeiden. Die Regierung Bush jr. hat 700 Milliarden Dollar im Irak-Krieg verfeuert, und dieselbe Summe zur Stabilisierung der Wall Street Banken in der Finanzkrise 2008 bereit gestellt.Die US-Bürger leisten sich im Schnitt einen hohen Lebensstandard, die Konsumgüter werden aber nicht der eigenen Wirtschaft produziert sondern stammen aus dem Ausland — vorwiegend und zunehmend aus Ostasien und den südlichen Nachbarstaaten (Mexico und Venezuela — Öl). Die Zahl der Industriebeschäftigten sank von 18,7 % (1980) auf nicht einmal 12 % (2010). Amerika lebt “über seine Verhältnisse”. Solange der US-$ die einzige “Weltwährung” war, die einzige “Anlagewährung” war das zu schultern — der durch das Handelsdefizit ausgelöste und verstärkte Wertverfall des Dollar führt aber zu Umorientierung der Anleger auf dem internationlanen Finanzmarkt.
Und heute (2008)?
“Stromausfälle, einstürzende Brücken, berstende Deiche: Seit Jahrzehnten geben die Amerikaner zu wenig Geld für die Infrastruktur aus. Eine Gefahr für die Wirtschaft — und für Leib und Leben.”
(FTD — 20.06.2008)
1.600 Mrd. $ müssten von 2009 bis 2014 investiert werden — so die Financial Times — um die Infrastruktur, die Lebensadern des Landes wieder in Schuss zu bringen. Während sich aber China “den Aufbau von Transport‑, Strom- und Datennetzen neun Prozent seines BIP kosten” lasse, “Indien fünf Prozent”, seien es in den USA seit zwei Jahrzehnten nur noch zwei Prozent. Diese Investitionen würden nicht einmal ausreichen, den bestehenden Zustand zu erhalten. Tatsächlich wird aber in diesen Bereichen nicht investiert.
Exemplarisch — die Eisenbahn?
Anfang des 20. Jahrhunderts war die Eisenbahn das Verkehrsmittel Nummer 1 in den USA und das Schienennetz breitete sich rasend aus. Während aber in anderen Regionen — etwa in Japan oder Europa — die Eisenbahn auch und gerade im Personenverkehr nie an Bedeutung verloren hat, sich mehrere Hersteller ein “Wettrennen um den schnellsten Zug” lieferern und sich auch aufstrebende Mächte wie China internationale Spitzentechnologie einkaufen, hat die Bedeutung des Bahnverkehrs in den USA stark nachgelassen. Die großen Entfernungen zwischen den Bevölkerungszentren und der billige Treibstoff machten es möglich: an die Stelle der Eisenbahn traten Fluglinien und der Individualverkehr. Die gewaltigen Bahnlinien dienen heute fast ausschließlich dem Güterverkehr. Lediglich in den Ballungsräumen — etwa in New York oder Chicago wird ein rumpelndes Pendlernetz für die Personenbeförderung unterhalten. Echte “Fernverkehrszüge”, die den Vergleich mit europäischen Hochgeschwindigkeitszügen standhalten, gibt es in den USA praktisch nicht. Lediglich zwischen Washington, New York und Boston wird mit dem Acela (auf Basis des französischen TGV) ein entsprechender Verkehr aufrecht erhalten. Darüber hinaus hat der (kanadische!) Hersteller Bombardier zusammen mit der Federal Railroad Administration im Oktober 2002 in Washington eine Lokomotive für den Hochgeschwindigkeitsverkehr vorgestellt, den Jet-Train. Die nicht mit Strom aus der Oberleitung versorgte Lokomotive wird durch eine Jet Turbine dieselelektrisch angetrieben. Damit sollen die vielen nicht elektrifizierten Strecken der US-Bahngesellschaft AMTRAK für den HGV-Verkehr erschlossen werden. Dazu müssten aber auch die Gleisanlagen umfassend erneurt werden. Die USA haben einen “Milliardenmarkt” verschlafen.
Exemplarisch — Automobilindustrie:
Die US-Automobilindustrie steht exemplarisch für die amerikanische Industriegesellschaft. Die “Big Three” kommen seit Jahren nicht mehr aus den negativen Schlagzeilen.
Ford hatte im Jahr 2006 ein Minus von 12,6 Mrd. $ zu verkraften, bei General Motors waren es 1,9 Milliarden, und auch die Bilanzen von Chrysler schauen nicht rosig aus. Dementsprechend haben die Automanager reagiert wie alle anderen Unternehmer auch: Kosten sparen durch Stellenstreichung!
Ford hat von 1990 bis 2006 die Zahl der Mitarbeiter von 370.000 auf 245.000 reduziert, 44.000 waren es 2007 — und 13.000 sollen im Jahr 2008 folgen. GM hat von 1990 bis 2006 die Zahl der Stellen von 767.000 auf 266.000 reduziert — und will 2008 weitere 46.000 Stellen streichen. Und Chrysler hat seinen Beschäftigtenstand von 110.000 auf 71.600 zusammen gestrichen. Die US-Konzerne bewegen sich damit entgegen gesetzt zu globalen Trends. Der US-Anteil am KFZ-Markt sinkt immer weiter, während sich europäische und ostasiatische Konzerne vor allem in Brasilien, China, Indien und Russland immer neue Werke gönnen. Ursächlich ist sicher auch eine verfehlte Modellpolitik. Die amerikanischen Hersteller reagieren nicht mit geringeren Verbrauchskosten und Alternativenergien auf steigende Ölpreise, sondern drängen die US-Regierung unter der Führung von Politikern, die ihre Wirtschaftserfahrungen in der Ölindustrie gemacht haben, für noch mehr “billiges Öl” zu sorgen. Damit sind die spritfressenden US-Automobile im Rest der Welt aber immer weniger absetzbar. Die Kreditkrise, die allgemeine Konjunkturabschwächung und die auch in den USA immer mehr ansteigenden Kraftstoffpreise treiben die Käufer aber nicht gerade in rauhen Mengen zu den heimischen Autohändlern.
Die Privathaushalte in den USA sind überschuldet — genauso wie die US-Staatsfinanzen. Der letzte von Präsident Bush jr. vorgelegte Etatentwurf würde für 2008 mit 410 Milliarden Dollar ein mehr als doppelt so großes Defizit wie 2007 aufweisen, als es 163 Milliarden Dollar betrug. Die Gelder werden aber nicht investiert, um neue Wirtschaftsinvestitionen anzukurbeln.
Der Zerfall der Autostadt Detroit steht wie ein Sinnbild für die zunehmenden Probleme der Weltwirtschaftsmacht USA.
Allerdings zeichnet sich inzwischen (2013) “Licht am Horizont” ab. Im März 2014 erklärte BMW die Absicht, seine Fabrik in Spartanburg mit einem Investitionsvolumen von 1 Mrd. $ auszubauen und die jährlichen Produktionskapazitäten bis 2016 von 300.000 Fahrzeugen auf 450.000 Fahrzeuge zu erhöhen. Seit 1994 hat BMW damit insgesamt 6,3 Mr. $ in diesen Standort gesteckt — und sich damit von steigenden Euro-Kursen unabhängig gemacht. Spartanburg ist “das globale Zentrum” für die Fahrzeuge der X‑Reihe — und damit in dem Bereich, der gerade in den USA einen Absatzboom erlebt.
Der Sturz in die Rezession:
Die Vereinigten Staaten erleben seit Jahrzehnten eine “Umverteilung” der Einkommen. Nach Berechnung des US-Wirtschaftswissenschaftlers Lester C. Thurow steig das reale BIP von 1973 bis 1994 um 33 % pro Einwohner. Der durchschnittliche Wochenlohn für Arbeiter und Angestellte in nicht leitenden Positioen fiel im gleichen Zeitraum aber um fast 20 %. Das Einkommen dieser Bevölkerungsgruppe — der Mittelschicht — entsprach 1994 wieder dem Sand der fünfziger Jahre. Inflationsbereinigt lag das Durchschnittseinkommen von Männern in den USA im Jahr 2007 (gegenüber 1978) bei 45.113 $ — gegenüber 45.879 $ im Jahr 1978. Damit geht zugleich eine massive Zunahme der “working poor” Arbeitsverhältnisse einher, also der Arbeitsverhältnisse, die trotz Vollbeschäftigung nicht genug Einkommen ergeben, um die Armutsgrenze zu überschreiten. Fast 45 Millioneen Amerikaner galten zu Beginn des Jahres 2010 als arm — der Zuwachs betrug im Vorjahr 2009 rund 4 Millionen Menschen. Da die staatliche Sozialhilfe maximal nur zwei Jahre lang gezahlt wird — in den USA ist die Bezugsdauer der Sozialhilfe zugleich auf 5 Jahre während des gesamten Lebens begrenzt — besteht ein Zwang, solche Arbeitsverhältnisse einzugehen, und damit in die “programmierte Armut” zu schlittern. Gleichzeitig ist in diesem Zeitraum das Einkommen der “Spitzenverdiener” auf ein Vielfaches angestiegen. Zu Beginn der siebziger Jahre verdienten US-Manager im Schnitt etwa das 25-fache der Industriearbeiter — nach nicht einmal 30 Jahren aber war diese Relation auf das 500-fache gestiegen. Damit aber bricht die Massennachfrage, die “Binnennachfrage” weg, die den eigentlichen Motor der Wirtschaft bildet. Billiganbieter und Schulden können für einige Zeit noch eine entsprechende Konjunktur aufrecht erhalten — aber hierbei handelt es sich um ein “Feuer”, dem immer mehr der Brennstoff der Nachfrage ausgeht. Eine Studie von Michael Kumhof und Romain Rancière, Mitarbeiter des Internationalen Währungsfonds (IWF), kommt anhand von Modellrechnungen zum Ergebnis, daß die wachsende Ungleichheit der Einkommen in den USA die beiden schwersten Finanz- und Wirtschaftskrisen der letzten 100 Jahre durch die Schaffung unhaltbarer Ungleichgewichte ausgelöst hat.
Das Platzen der IT-Blase (2000) und spektakuläre Pleiten (Enron, einst siebtgrößtes Unternehmen der USA — Ende 2001; Worldcom, weitgrößter Telefonanbieter der USA — Mitte 2002) und die dabei zutage tretenden Bilanzfälschungen waren ein Menetekel vor Beginn der großen Krise, die durch die desaströse Haushaltspolitik von Präsident Bush jr. nicht aufgehalten sondern wohl eher noch bechleunigt wurde. Im Juli 2008 erreichte die Arbeitslosenquote in den USA einen Stand von 5,7 %. Nur ein halbes Jahr später stieg die Quote von 6,8 Prozent im November auf 7,2 Prozent im Dezember 2008. 2009 wurde schon eine offizielle Quote von 10 % gezählt — und Experten vermuten, dass nur etwa die Hälfte derjenigen, die einen Arbeitsplatz brauchen, auch gemeldet sind. In der offiziellen Statistik sind diejenigen, die sich aufgegeben haben, nämlich nicht erfasst. Im Laufe des Jahres 2010 wird die offizielle Arbeitslosenquote in den USA die 15 % Hürde überschreiten.
Das Bruttoinlandsprodukt sank von Oktober bis Dezember 2008 mit einer auf das Jahr hochgerechneten Rate von 6,2 Prozent. Nach Angabe der Süddeutschen Zeitung vom 10./11.01.2009 sind schon mehr als 30 Millionen Menschen auf Lebensmittelhilfe angewiesen. Dabei erhält der Empfänger von Lebensmittelhilfe im Schnitt monatlich — so die Süddeutsche Zeitung — 109 $, eine vierköpfige Familie erhalte im Höchstfall 588 $, obwohl eine solche Familie nach Berechnung des US-Landwirtschaftsministeriums selbst bei sparsamster Lebensführung 652 $ benötigen würde.
Damit fehlt zugleich ein essentieller Schritt — die Möglichkeit zur Altersvorsorge. Denn anders als in Deutschland mit der umlagefinanzierten staatlich garantierten Altersrene oder etwa beim “Schweizer Modell” (das staatliche Grundrente, Betriebsrente und Eigenvorsorge als dreisäulige Basis der Altersvorsorge vorsieht) ist in die USA die Altervorsorge überwiegend auf die Eigeninitiative ausgelegt. Die umlagefinanzierte staatliche Rentenversicherung, Social Security, deckt vielfach nicht einmal die Grundbedürfnisse ab. Sie sichertnur etwa 40 Prozent des Lebensunterhalts im Alter. Und 90 Prozent aller amerikanischen Rentner beziehen Leistungen aus der Social Security. Zur Vermeidung von Altersarmut wird in den USA eine Form der privaten Altersvorsorge gefördert, bei denen die monatlichen Beiträge, nicht aber die Endergebnisse feststehen. Das Risiko tragen also die Arbeitnehmer. Diese Form der Sparpläne heißt in Amerika “401(k)-Plan”, nach dem entsprechenden Paragraphen 401, Abschnitt k im Steuergesetz, der die Abzüge für die Sparbeiträge regelt.
“Viele Arbeiter und Angestellte haben (deshalb) über Sparpläne, vor allem die lange Zeit so beliebten 401-(k)-Pläne, vorgesorgt. Diese 401-(k)-Sparpläne ermöglichen es Arbeitnehmern, aus ihren laufenden Einkommen einen Teil steuerfrei zur Anlage für das Alter abzuzweigen. 1983 hatten 62 Prozent aller Arbeitnehmer mit einer betrieblichen Altersversorgung eine traditionelle Betriebsrente, nur 12 Prozent legten Geld im Rahmen von 401-(k)-Plänen zur Seite. Heute hat nur noch ein Fünftel hat die Zusage für eine Betriebsrente, aber zwei Drittel zahlen in die Investitionssparpläne ein — ohne garantierte Rentenhöhe.” (Quelle: FAZ 07.02.2009 )
Tatsächlich kann ein Arbeitnehmer mit seiner Vorsorge, anders als bei der Riesterrente, mehr oder weniger machen, was er will — mit mehr oder weniger Sachkenntnis in Finanz- und Investmentmärkten investieren, zum Beispiel. Und viele investieren einen wesentlichen Teil ihres Geldes in Aktien des eigenen Arbeitgebers.
“Es bestehen eine Reihe von Anlageoptionen, zumeist Investmentfonds, die in Aktien‑, Anleihe- und Geldmarkt investieren. Nicht selten gibt es auch die Möglichkeit, in Aktien des eigenen Unternehmens zu investieren — und bei sinkenden Aktienkursen, schlimmstenfalls einer Insolvenz der Firma, ist nicht nur der Arbeitsplatz gefährdert — auch die eigene Altersvorsorge schmilzt dahin. Die Turbulenzen an den Finanzmärkten haben auf den 401-(k)-Konten tiefe Spuren hinterlassen: Fidelity Investments, einer der führenden Anbieter dieser Sparpläne, hat bei einer Analyse von etwas mehr als 17.000 Sparplänen mit mehr als 11 Millionen Sparern herausgefunden, dass das durchschnittliche Guthaben dort vergangenes Jahr um 27 Prozent auf 50.200 Dollar geschmolzen ist. Damit werden ältere Arbeitnehmer gezwungen, weiter im Erwerbsleben zu bleiben — was natürlich die Berufschancen der jüngeren erschwert.
Der Bankrott der Rentenkasse ist absehbar, wenn sich an den aktuellen Parametern nichts ändert.”
“Das heißt auch, dass die US-Verbraucher nicht mehr zur Verfügung stehen, um die Weltwirtschaft mit ihrer Nachfrage aus der Rezession zu ziehen.”
(Quellen: FAZ 07.02.2009 und SZ )