Der Weg zur Weltmacht:
Der Beginn des $-Jahrhunderts und der von den USA gewonnene zweite Weltkrieg, der die USA als westliche Führungsmacht und letztendlich einzige verbliebene Supermacht etablierte, markiert nur das Ende eines langen Weges. Dieser Weg begann 1776 mit der Unabhängigkeitserklärung (Declaration of Independence), der Verabschiedung der Verfassung (Constituion) 1789 und der ergänzenden Inkraftsetzung der amerikanischen Grundrechte (Bill of Rights) im gleichen Jahr.
Der überaus modern wirkende Grundrechtskatalog galt primär für die “eigentlichen”, die “weißen” Amerikaner. Noch Jahrzehnte später war die Sklaverei weit verbreitet, und bis zur endgülitgen Besiedlung des “Wilden Westens” wurden die eigentlichen Ureinwohner, die Indianer mit missionarischem Eifer verfolgt und verdrängt.
Seit der Unabhängigkeitserklärung ist die Politik der USA von drei sich ergänzenden und sich teilweise widersprechenden Tendenzen geprägt. Dem missionarischen Eifer der ersten weißen Amerikaner, der aus religiösen Gründen vertriebenen und verstoßenen stand ein unilaterialer Imperialismus im Bereich der eigenen, selbst definierten Hegemonialsphäre und ein Isolationismus gegenüber den Gebieten außerhalb dieser Sphäre gegenüber. Bereits George Washington — der erste US-Präsident — warnte 1796 in seiner Abschiedsrede die US-Amerikaner davor, sich in die Händel anderer — Dritter — verwickeln zu lassen, ein Appell, den Thomas Jefferson erneut an seine Landsleute richtete. Dies hinderte die USA aber nicht, sind innerhalb der selbst gesteckten Grenzen der eigenen Interessenssphäre offensiv zu betätigen.
1. Phase: Go West
Die kontinentale Ausdehnung zwischen Atlantik und Pazifik erschien schon in der Phase, die mal als “nation building” bezeichnen kann, als offenkundige Bestimmung (manifest destiny) der Nation. In nicht mehr als drei Generationen wurde dieses Ziel durch die USA erreicht.
1803 wurde das Louisiana-Territorium von Frankreich erworben und damit das eigene Hoheitsgebiet verdoppelt, 1819 Florida von Spanien gekauft. Mit dem Monroe-Doktrin (02.12.1823) von Präsident Monroe wurde Neutralität und Nichteinmischung gegenüber den europäischen Weltmächten erklärt, zugleich aber der eigene Hegemonialanspruch auf Nord- und (!) Südamerika angedeutet. Die europäischen Mächte sollten ihre Finger aus dem amerikanischen Kontinent lassen. Sollten europäische Mächte in der “amerikanischen Hemisphäre” intervenieren, so “betrachten wir dies als gefährlich für unseren Frieden und unsere Sicherheit.” Waren die Monroe-Doktrien noch als Echo auf die Unabhängigkeitsbestrebungen der Kolonien auf dem Kontinent zu verstehen — in einer “panamerikansichen Solidarität gegen die europäischen Kolonialmäche” — zeigte sich doch zugleich bei der Umsetzung dieser Dokrien auch das Vorrangbestreben der anordmerikanischen Nation.
In Umsetzung dieser Doktrien wurde zunächst das eigene Territorium arrondiert — mit dem Vorstoß zum Pazifik und der Besetzung des mexikanischen Texas (1845). Der nachfolgenden Krieg gegen Mexiko (1846) führte zum Gewinn der heutigen Staaten Arizona, Colorado, Kalifornien, Nevada, New Mexiko Utah und Wyoming.
Ihren Höhepunkt — und zugleich ein erstes Ende — fand diese frühe Expansionsphase in den fünfziger Jahren dieses Jahrhunderts, als amerikanische Kriegsschiffe die Beendigung der Selbstisolation Japans erzwangen, als in den sechziger Jahren die unbewohnten Midway-Inseln besetzt und — kurz nach dem US-Bürgerkrieg — das heutige Alaska (1867) käuflich von Russland erworbene wurde. Mit dem Bruch des am 4. Sept. 1886 mit den Chiricahue-Apache (Geronimo) abgeschlossenen Friedensvertrages war die Eroberung des “eigenen Kontinents” abgeschlossen.
Wirtschaftliche Grundlage für diese und die nachfolgenden Expansionen war die Industriealisierung, die zwischen dem Ende des amerikanischen Bürgerkriegs bis zur Jahrhundertwende das ländliche, dezentral orientierte Nordamerika in eine Wirtschaftsmacht verwandelte. Das Bruttosozialprodukt (BSP) versechsfachte sich, die Industrieproduktion stieg auf das fünffache an. Die Produktion von Steinkohle erhöhte sich zwischen 1860 und 1900 um das zweiundzwanzigfache, die von Rohöl um das neunzigfache und der Stahlausstoß wurde sogar mit dem Faktor 500 gesteigert. Zur Jahrhundertwende erzeugten die USA mehr als ein Drittel der weltweiten industriellen Produktion — und damit mehr als die großen europäischen Mächte (Deutschland, Frankreich und Großbritannien) zusammen genommen. Die Erfindungen der industriellen Frühzeit — Telegrafendraht (346.000 km) zur Kommunikation, Telefon und elektrisches Licht, und nicht zuletzt ein über 300.000 km langes Eisenbahnnetz (eine Steigerung um fast das 6‑fach in nur vier Jahrzehnten) trugen zur Bildung eines gewaltigen, funktionierenden und stabilen Binnenmarktes bei. Die daraus entstandene Größe der Industriekonzerne führte auch zu neuen Managementmethoden: dezentrale Firmenstrukturen mit hierarchisch abgestuften Kompetenzen für Spezialisten, moderne Buchführung und eine schnelle Kommuniaktion von Unternehmensentscheidungen machten die US-Konzerne wie die des Stahlbarons Andrew Carnegie zu einem völlig neuen Unternehmenstyp. “Big Business” ist in dieser Zeit in den USA geboren.
Der bereits von George Washington angedeutete Expansionsdrang richtete sich nun, nach der Eroberung des eigenen Kontinents und mit den entsprechenden industriellen Ressourcen, nach Übersee.
2. Phase: Hegemonialmacht im Süden:
Mit den kontinentalen Vorstößen war zugleich die Grundlage für eine weitere Expansion verbunden — die vom Marineoffizier Alfred Thayer Mahan theoretisch aufbereitet wurde: Amerika begann, seine Interessenssphäre durch eine starke Seemacht zu schützen und damit zugleich das Potential für eine weitere Expansion aufzubauen. Diese zweite Expansionswelle richtete sich nun auch endgültig gegen europäische Mächte: 1898 (Kuba-Zwischenfall — der Untergang des US-Kriegsschiffes “Maine”, das mit dem Auftrag, US-Bürger auf Kuba zu schützen, nach Havanna ausgelaufen war und das damit die spanische Souveränität missachtete, führte zu einem “Rache-Feldzug der USA) kam es zum Krieg mit Spanien, der dazu führte, dass die USA die spanischen Kolonien Kuba, Puerto Rico und die Philippinen erhielten. Bereits in der ersten Kriegswoche wurde die spanische Pazifikflotte im Hafen von Manila versenkt, was den USA den Zugriff auf diesen von den USA begehrten Stützpunkt für die Handels- und Kriegsschiffe ermöglichte. Puerto Rico ist auch heute noch von den USA abhängig. Gleichzeitig wurden Guam, die Hawaii-Inseln und Wake erworben und als Marine-Stützpunkte ausgebaut.
1903 wurde auf Betreiben der USA das Gebiet Panama um den gleichnamigen Kanal von Kolumbien abgetrennt und von den USA verwaltet. Präsident Roosevelt erweiterte die Monroe-Doktrin auch ausdrücklich um den Anspruch, in lateinamerikanischen Ländern polizeiliche Interventionen durchführen zu dürfen. Sein Nachfolger — Präsident Wilson — mischte sich dementsprechend intensiv in Mexico, Nicaragua, in Haiti und der Dominikanischen Republik ein — und übernahm endgültig die Macht in Panama.
Seither sieht sich Nordamerika als “großer Bruder” der Südamerikanischen Staaten, der sich das Recht heraus nimmt, lenkend und kontrollierend auf die politische Entwicklung in Südamerika Einfluss zu nehmen. Dabei wurden auch demokratisch gewählte Regierungen mit dem aktiven Eingreifen der USA konfrontiert. Guatemala (1953–1990), Britisch Guiana / Guyana, (1953–64), Brasilien (1961–64), Dominikanische Republik (1963–66), Chile (1964–73) und Bolivien (1964–1982), Peru (1975), Argentinien (1976), Nicaragua (1978–89) und letztendlich Venezuela (11. April 2002) markieren entsprechende Schritte in den meisten südamerikanischen Staaten — die letztendlich dazu beigetragen haben, dass die Akzeptanz der USA in diesen Staaten stark gelitten hat und die Bevölkerung dort inzwischen eher zu linken Regierungen neigt.
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US-Interventionen immer für Demokratie ???
Alba, Mercosur, Telesur u.a. — gegen Nordamerikanische Dominanz
Die Phasen der Expansion, in denen die selbst gesteckten Interessensgebiete immer weiter ausgedehnt wurden, wurden unterbrochen von Zeiten der Konsolidierung. Der Erste Weltkrieg, der die Kräfte der USA fast überstrapaziert hatte, führte zu einer solchen Cäsur, die erst mit dem Engagement im Zweiten Weltkrieg beendet wurde. Dieser Krieg führte zu einer Umkehrung im Machtgefüge.
3. Phase: Weltweites Engagement
Waren vor dem Zweiten Weltkrieg die europischen Staaten immer noch die maßgeblichen weltweit agierenden Kolonialmächte, so waren die USA mit dem Kriegsende 1945 militärisch, politisch und wirtschaftlich an der Weltspitze. Die Vorkriegsarmee von 185.000 Mann war nach dem Angriff Japans auf Pearl Harbour innerhalb von 5 Jahren auf insgesamt 16 Millionen Soldaten unter Waffen angewachsen. Die USA waren die einzige Atommacht, und die Wirtschaft der europäischen Staaten von England und Spanien bis weit nach Russland, bis zur Wolga und vor die Tore Moskaus war kriegszerstört. Der Marshall-Plan (1947) und der Nordatlantik-Pakt (1949) sowie eine imperialistische Sowjetunion gaben den USA die Möglichkeit, ihr internationales Engagement bis in das Herz Europas auszudehnen. Theoretische Grundlage für das weltweite Engagement der USA waren die “Truman-Doktrin”, die Präsident Truman am 12. März 1947 dem US-Kongress verkündete: “Es muss die Politik der Vereinigten Staaten sein, die freien Völker zu unterstützen, die sich Unterdrückungsversuchen von bewaffneten Minderheiten oder Druck von außen widersetzen.” Damitwar der Anspruch auf globales Engagement der USA verkündet.
Die USA haben Westeuropa vor der Expansion eines kommunistischen Sowjetreiches bis zu den Küsten des Atlantiks bewahrt — was nicht nur zu einer nachhaltigen Dankbarkeit der Europäer — der einstigen Verbündeten und erst recht der ehemaligen Feinde aus dem Krieg — gegenüber der transatlantischen Supermacht geführt hat, sondern letztendlich die Konsolidierung der kriegszerstörten Wirtschaft Europas ermöglichte — und damit den Grundstock für die Stärke der Europäischen Union gelegt hat.
In der Abwehr gegen echte oder scheinbare kommunistische Bedrohungen engagierten sich die USA auch in Asien (Korea 1945–53, Vietnam 1950–73 mit Kambodscha 1955–73 und Laos) sowie — erneut — die Philippinen (1945–53) markieren diese Eppoche amerikanischer Aussenpolitik, und der zunehmende Durst der amerikanischen Industrien nach Energie führte zur starken Präsenz der USA in den ölreichen Staaten am Golf (Iran, Saudi-Arabien). Auch hier scheuten die USA vor aktiven Eingriffen nicht zurück. Griechendland (1947–49) und der Iran (1953) markieren zwei Beispiele, die zeigen, dass sich der amerikanische Herrschaftsanspruch nach dem zweiten Weltkrieg auch auf Europa und den Mittleren und Nahen Osten ausdehnte — und zwar im Zweifel auch gegen die Intentionen der örtlichen Bevölkerung.
Die USA traten dabei aber überwiegend nicht als Hegemonialmacht auf, sondern als Verbündete — die den von Kommunisten oder einer feindlichen Umwelt (Israel) bedrohten Staaten kooperativ und multilateral beistanden. Mit dem IWF und der Weltbank wurden politisch-wirtschaftliche Instrumentarioen geschaffen, die das Engagement der USA flankierend unterstützten sollten. Mit dem Ende der Sowjetunion waren die USA weltweit als Supermacht präsent. Das Ende der sowjetischen Bedrohung führte aber zugleich zu einer zunehmenden Konzentration der US-Verbündeten auf die eigenen Interessen — die bisweilen auch den Interessen der Supermacht USA widersprachen. Auch bei scheinabr sicheren Verbündeten und einer über Jahrzehnte hin treuen Gefolgschaft wie in Deutschland wird plötzlich die Führungsqualität der USA hinterfragt. Diese befinden sich politisch scheinbar in der Defensive — der unumschränkte Führungsanspruch ist verloren, der Einfluss der USA auf die Politik der Gefolgsstaaten wird zunehmend hinterfragt und zurück gedrängt. Die US-Präsidenten Reagan, Clinton und zuletzt auch Bush jr. versuchten, dem entgegen zu wirken. So wurde schrittweise begonnen, die NATO zu “Entpolitisieren” und ihr einen “neuen Sinn” zu geben — nicht als Verteidigungsbündnis gegen die (nicht mehr vorhandene) sowjetische Bedrohung sondern als Instrument der amerikanischen Außenpolitik.
Die Spitze dieses Hegemonialstrebens wurde im September 2002 durch die Erklärung der “nationalen Sicherheitsstrategie der USA” der Regierung Bush jr. deutlich. Darin wurde der Anspruch der USA formuliert, unter Übergehung des Gewaltverbotes der UN-Charta weltweit präventive Kriege zu führen — und gleichzeitig der Anspruch erhoben, für alle Zukunft an der militärischen Vorherrschaft der USA fest zu halten. Die Voraussetzungen für einen solchen Präventivkrieg sind dabei sehr unklar gehalten. Die dem Irak mittels gefälschter “Beweise” zugeschriebenen “Massenvernichtungswaffen” haben — wider besserem Wissen — ausgereicht, um Washington (und in Nibelungentreue auch London) in das irakische Kriegsabenteuer zu verwickeln. Im Endeffekt erweist sich damit das von den USA in Anspruch genommene Recht zum Präventivkrieg als Rechtfertigung, die eigene Vormachtstellung zu stabilisieren und — wenn Öl oder andere Schätze locken — auszuweiten.
Inzwischen haben die USA in 150 Ländern Truppen stationiert. Die US-Trägerflotten beherrschen die Weltmeere.
Die dadurch entstehenden Kosten führen aber zugleich zu einer massiven Schwächung der amerikanischen Wirtschaft, die seit Jahrzehnten “auf Pump” lebt.
Die US-Staatsschulden stiegen von 1 Billion Dollar (1981) auf über 15 Billionen Dollar (Prognose der US-Regierung) für 2011 an, die Verschuldung von 32,5 % des BIP im Jahr 1981 auf knapp 100 % im Jahr 2011. Eine solche gigantische Schuldenlast lässt sich nur auf zweierlei Weise tilgen — entweder mit einem massiven Wirtschaftswachstum, wovon die USA aber weit entfernt scheinen, oder mit der Notenpresse — Inflation droht. Mit einem Leitzings von 0 bis 0,25 % (Stand Oktober 2010) versucht die US-Notenbank, die Fed, die Wirtschaft zu stimulieren.
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