Singapurs Wirtschaft:
Als Singapur 1965 eigenständig wurde, überlebte der Kleinstaat ohne Bodenschätze nur dank seiner verkehrsgünstigen Lage an den Schnittpunkten der Luft- und Seeverkehrswege zwischen Europa und Australien sowie ziwschen Ostasien und dem indischen Ozean als Handelsplatz — sowie aufgrund einer starken Produktion von Billigwaren. Diese Produktion ist inzwischen verlagert worden — nach China und in die benachbarten asiatischen Tigerstaaten.
Rund vierzig Jahre später präsentiert sich Singapur stattdessen als Metropole der Forschung und als Dienstleistungs- und Finanzzentrum Südostasiens. Rund 60 % des BIP von 100 Mrd. € (Stand 2006) wurde zu 60 % von Dienstleistungen, aber nur zu etwa 30 % von der verarbeitenden Industrie erzeugt. Zur gesellschaftlichen und ökonomischen Stabilität des autoritär geführten Staates kommen gut ausgebildete, hoch motivierte Fachkräfte und ein effizientes Rechtssystem, das vor allem dem Rechtsschutz der Unternehmen im Schutz von Patenten und Urheberrechten große Bedeutung beimisst.
Singapur präsentiert sich als Alternative zu China, wenn es um den Aufbau von Forschungs- und Entwicklungsstandorten und den Schutz von Urheberrechten geht ‑und steht in heftiger Konkurrenz zu Hongkong, das sich ebenfalls um die Führung im südostasiatischen Handels- und Finanzgeschäft bemüht.
Für den Bereich der Biotech- und Pharmaindustrie wurde ein eigenes Stadtviertel (Biopolis) errichtet, das mit jährlichen Investitionen rund 125 Mio. € unterstützt wird. Dieses neue Wirtschaftsstandbei trägt mit 9 Mrd. € und 10.000 Beschäftigen (Stand 2005) bereits knapp 10 % zum BIP bei — und wird bei einem weiteren Durchschnittswachstum von knapp 25 % noch an Bedeutung zunehmen. Neu hinzu kommt die Fertigung im Bereich de Solarenergie. Das Unternehmen Solar Energy Power (Deutschland) hat im Mai 2007 mit der Fertigung von Solarzellen begonnen. Norwegens Renewable Energy Corporation hat über 6 Mrd. $ in den Bau der größten Solarzellenfabrik der Erde gesteckt. Die Regierung des Stadtstaates gewährt jährlich über 600 Studenten ein umfangreiches Stipendium von rund 3.00 Singapur-$ monatlich, mit dem sämtliche Studien- und Lebenshaltungskosten incl. Auslandsstudien an den weltbesten Eliteuniversitäten vom Schulabschluss bis zur Promotion getragen werden können. Die Stipendiaten müssen sich nur verpflichten, die ersten fünf Jahre in den Laboren der in Singapur tätigen Unternehmen zu arbeiten.
Rund 4 Mrd. Euro wurden 2006 und weitere 8 Mrd. Euro wurden 2007 in der verarbeitende Industrie des Landes investiert — und dabei wurden etwa 30.000 hoch qualifizierte Arbeitsplätze geschaffen. Sinapur muss mit den “Billiglohnländern” der Umgebung auf andere Weise konkurrieren als über Niedriglöhne. Dies geschieht durch hochqualifizierte Fachkräfte, die etwa in China zur “Mangelware” werden. Über 2/3 der neu geschaffenen Arbeitsplätze sind für solche Fachleute ausgelegt. Der Anteil der verarbeitenden Industrie am BIP hat 2007 knapp 12 Mrd. $ erreicht und soll im Jahr 2008 auf knapp 20 Mrd. $ steigen.
Ein weiteres neues Standbein ist die Banken- und Finanzwirtschaft. Singapur entwickelt sich zur “Schweiz Südostasiens”. Auch die Finanzdienstleistungen wachsen mit über 10 % mehr als die restliche, ohnehin kräftig steigende nationale Wirtschaft. Im Jahre 2006 verwalteten Singapurs Banken ein Anlagevermögen von rund 360 Mrd. €, das zu mehr als 80 % aus ausländischen Anlagen stammt. Die Zentralbank ist mit der “Goverment of Singapore Investment Corporation” (GIC) — einer staatlichen Anlagegesellschaft — verbunden, die von 1980 bis 2005 durchschnittliche Renditen von knapp 10 % erwirtschaftete.
Der Anteil der Europäer an den Neuinvestitionen hat sich von 2005 auf 2007 mit nun über 50 % verdoppelt. Auch chinesische und indische Unternehmen investieren zunehmend in der überwiegend chinesisch besiedelten Stadt mit dem indischen Namen. Fast 10.000 asiatische Unternehmen (ohne Singapur selbst und ohne Japan) haben inzwischen Produktionsbetriebe in dem Stadtstaat mit seinen rund 4 Mio. Einwohnern.
Trotz der umfang- und erfolgreichen Privatinvestitionen verfügt Singapur auch über Staatskonzerne, die aber wie Privatunternehmen effizient und erfolgsorientiert betrieben werden. Neben der GIC gilt die Staatsholding “Temasek Holdings” — eine Beteiligungsgesellschaft unter der Führung der Ehefrau des Ministerpräsidenten — als weiteres “Kronjuwel” unter Singapurs Instituten — mit einem Reingewinn von 6,4 Mrd. € im Jahre 2005. Auch die Staatsbanken Chinas kooperieren zunehmend mit den Finanzinstituten des Stadtstaates.
Singapurs Firmen nutzen Freihandelszonen auf den benachbarten indonesischen Inseln sowie in Malaysia zur Produktion, denn die Fläche des Stadtstaates ist beschränkt. Durch Aufspülungen wurde die Landfläche von 1960 bis 2000 um rund 80 km² auf 660 km² ausgedehnt — allerdings gerät auch dieses Wachstum an die Grenzen: die bestehenden internationalen Grenzen zu den benachbarten Territorien von Malaysia und Indonesien ändern sich dadurch nicht, so dass die Flächenexpansion auf Widerstände dieser benachbarten Staaten stößt. Indonesien — und auch China — haben inzwischen (2007) einen entsprechenden “Ausfuhrstop” von Sand nach Singapur verhängt, so dass dem Flächenwachstum des Landes — und seiner Bauindustrie — Grenzen gesetzt werden.
Singapur ist die wichtigste regionale Logistikzentrale und nach wie vor einer der wichtigsten Zwischenstatinen und Umschlagplätze im weltweiten Passagier- und Warenverkehr und deshalb an einem reibungslosen Handelsverkehr interessiert. Der Containerhafen Singapurs — seit 2005 vor Hongkong der größte Containerterminal der Welt — liegt an einer idealen Warendrehscheibe zwischen Ostasien, Australien und dem Nahen Osten und erwirtschaftet durch den Umschlag von Containern zwischen verschiedenen Schifffahrtslinien derzeit (2006) jährlich rund 200 Mrd. $. Daher versteht sich Singapur als Ordnungsfaktor vor allem in den angrenzenden Seegebieten, wie der von Piraten verseuchten Straße von Malakka zwischen Malaysia und der indonesischen Insel Sumatra. Dies erklärt die Ausrüstung der Streitkräfte mit Waffensystemen, die weit über den Bedarf eine Verteidigung der eigenen Insel hinaus gehen. Dazu kommt eine enge Koordination der Patroullienboote aus Singapur, Malaysia und Indonesien. Seit der Flutkatastrophe im Indischen Ozean und der politischen Einigung um die indonesische Provinz Aceh geht die Zahl der Piratenüberfälle auch kontinuierlich zurück — von 28 (2003) auf 12 (2005), wobei sich die Überfälle auf kleine Schiffe und Tanker im Umfeld des indonesischen Ölhafens Dumai auf Sumatra konzentrierten.
Straße von Malakka:
Fast 60.000 Schiffe haben im Jahr 2005 die 800 km lange Straße von Malakka mit ihren 17.000 Inseln zwischen dem indischen und dem pazifischen Ozean passiert. Ein Drittel des weltweiten Frachtschiffverkehrs — und über die Hälfte aller weltweiten Öltransporte machen dieses “Nadelör der Weltwirtschaft” zu einem der strategisch wichtigsten Meeresstraßen.
Japan und Südkorea (80 % des nationalen Ölbedarfs) sowie China (75 % des Ölimports) sind auf die reibungslose Passage angewiesen, und mit dem zunehmenden Ölbedarf Chinas (1993 noch Ölexporteuer, derzeit 100 Mio. t.Import, bis 2020 wird ein Importbedarf von 250 Mio. t. erwartet) wird die Meeresstraße für Chinas Wirtschaft immer unverzichtbarer. China hat auch aus diesem Grund sowohl im südchinesischen Meer auf den Spratley-Inseln die eigenen Stützpunkte bis in die Nähe der Straße vorgeschoben und zugleich am Nordende der Straße in Myanmar weitere Basen errichtet. Der Ausbau der chinesischen Marine zu einer “Blue-Water-Navy” ist wohl auch in Zusammenhang mit der notwendigen Sicherung der Schifffahrtsrouten für Chinas Wirtschaft zu begründen.
Für die USA ist die Straße von militärstrategischer Bedeutung ‑als kürzeste Verbindung zwischen den pazifischen Marinestützpunkten und den Einsatzgebieten am Golf und dem Stützpunkt Diego Garcia im indischen Ozean.
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STRASSE VON MALAKKA
Externer Link:
Weiterführende Literatur zur Straße von Malakka — (www.wiwo.de)