Marinestreitkräfte (PLAN):
Erst mit der Machtergreifung der Kommunisten auf dem Festland wurde die Schaffung einer starken Marine zur politischen Prioritätsfrage.
Zunächst galt es zwei Ziele im Auge zu behalten:
1. Beherrschung der küstennahen Gewässer und
2. Niederringen – bis hin zu einer Invasion – der Nationalisten auf der Insel Taiwan.
Operationsgebiet:
Noch bis in die achtziger Jahre war Chinas Marine allenfalls zum Küstenschutz „Braun-Wasser-Streitkräfte“) geeignet. Die Flotte betrieb hunderte Torpedoboote, rund fast aussschließlich konventionelle U‑Boote und landgestützte Marineflieger mit begrenzter Kapazität.
Das änderte sich, als China in den 70er Jahren zusehen musste, wie Vietnam im südchinesischen Meer einige Inseln der „Spratley-Gruppe“ besetzte, ohne dass Chinas VBM dies zunächst verhindern konnte.
Allerdings gelang es 1974, mehrere der von Vietnam beanspruchten und besetzten Paracel-Inseln durch chinesische Streitkräfte besetzen zu lassen.
Inzwischen hat China auf der Yong-Xing-Insel des Paracel-Archipels eine über 2.500 m lange Landebahn errichtet, auf der auch schwere Bomber und Großraumtransporter starten und landen können. Diese Basis beherbergt umfangreiche Treibstoff- und Waffendepots und wird ständig von mindestens 2 Flugzeugstaffeln mit Kampf- und Bomberflugzeugen genutzt.
Sovremenny-Klasse Zerstörer Quelle: FAS |
Die 1980 eingeführte Marineinfanterie wurde zwar 1988 überraschend von 56.000 Mann auf 6.000 Personen reduziert. Die „verringerten“ 50.000 Mann fanden aber in den neu gebildeten 8 Reservedivisionen eine Heimat – sicher mit hervorragender Einsatzbereitschaft.
Chinas Strategie wurde seit 1989 darauf gerichtet, im „Grünen Wasser“ defensive und (re-)aktive Verteidigungspolitik zu leisten. Zunächst war damit der Schutz der 200-Meilen-Zone verbunden.
Dazu erklärte der Oberbefehlshaber der Marine, Admiral Liu Huaquing, noch zum siebten 5‑Jahresplan (1986 bis 1990), die wichtigste Mission der Marine liege darin, „Widerstand gegen die imperialistische und hegemonistische Aggression auf See zu leisten, zur Wiedervereinigung des Vaterlandes beizutragen, die Souveränität über die Hoheitsgewässer zu verteidigen, die Seerechte Chinas zu wahren, zur Nutzung bzw. Erschließung der Meeresressourcen und zum Bau von Seehäfen beizutragen.“
Dieser Anspruch wurde aber 1992 nochmals deutlich ausgeweitet, als China durch die Verabschiedung des „Territorialgewässererlasses“ Ansprüche auf die Senkaku‑, Pescadore- und Spratley-Inseln erhob. Geografisch ist die „Grün-Wasser-Zone“ im Norden durch Wladiwostok, im Süden durch die Straße von Malakka begrenzt. Die östliche Grenze bildet die westliche Inselkette des Pazifik, die einen Bogen von Japan über Okinawa nach Taiwan spannt und dann das südchinesische Meer bis zu den Philippinen und Borneo umfasst. Ziel ist es, einen Gegner bereits auf hoher See mit eigenen Streitkräften zu konfrontieren und sein Vordringen in Küstengewässer gar nicht erst zuzulassen.
Diese Gewässer sollten noch bis zum Ende des letzten Jahrtausends beherrscht werden, wobei China nicht nur in Konflikt mit Taiwan sondern auch mit den angrenzenden ASEAN-Staaten und Japan geriet.
Im Oktober und November 1987 führte die chinesische Ostflotte erstmals weiträumige Seemanöver im westlichen Pazifik und dem südchinesischen Meer mit weiträumig angelegten kombinierten See-Luft-Operationen durch.
1988 eroberte Chinas PLAN sechs Atolle der Spratley-Inseln, wobei drei vietnamesische Schiffe versenkt und 75 vietnamesische Matrosen getötet wurden.
Seit 1994 finden mehr oder weniger regelmäßig Seemanöver im Bereich der umstrittenen Spratley-Inseln statt, die zunehmend von chinesischen Truppen besetzt werden.
Inzwischen errichtete China auf dem Flery-Cross-Riff eine Frühwarnradaranlage.
Im Zuge dieser Expansion besetzte China das (allgemein als philippinisches Gebiet angesehene) unbewohnte Mischief-Riff, errichtete dort Bunker, Radaranlagen und Satellitenempfangsstationen als „Hütten chinesischer Fischer.“
Von Juli 1995 bis März 1996 führte China Raketentests durch, die auf ein Zielgebiet im östlichen chinesischen Meer vor Taiwans Haupthäfen gerichtet waren.
Im Februar 1996 machte Peking im Streit zwischen Südkorea und Japan um die „Tokdo“ bzw. „Takeshima-Inseln“ seine Ansprüche auf diese Inseln geltend.
Seit 1994/1995 führt China größere Militärmanöver durch, die teilweise massive Landungsoperationen mit neuesten Landungsschiffen und Luftkissenbooten enthalten (Fotos).
Im März 1996 – wenige Tage vor den Präsidentenwahlen auf Taiwan – übte Chinas Marine im Bereich der Insel Pingtang (nahe Taiwan) unter Beteiligung aller Teilstreitkräfte die Eroberung einer Insel mit Landungsschiffen und Hubschrauberoperationen.
Im September / Oktober 1996 gab es massive Auseinandersetzungen mit Japan um die Diaoyu-Inselgruppe (jap. Senkaku), in deren Umgebung „eines der größten Öl- und Gasfelder der Erde“ vermutet wird. Dieser Streit eskalierte noch im Mai 1997 mit einer Schiffskollision zwischen einem Boot von Aktivisten aus Hongkong mit einem Schiff der japanischen Küstenwache. Im Januar 2009 hat Japan nach chinesischen Angaben Patrouillenboote vom Typ PLH in den Gewässern der Insel stationiert, um “die Insel vor einer “Invasion chinesischer ozeanografischer Forschungsschiffe” zu schützen.
Chinesische Militärflugzeuge haben schon den Luftraum über diesen Inseln überflogen – sind aber vor japanischen F‑15 Jägern (noch) abgedreht.
Seit 2005 hat China den 11. Juli als “Tag der Seefahrt” und nationalen Feiertag gekürt. Damit wurde am 600. Jahrestag des Beginns der Weltreisen von Admiral Zheng He — die eine gewaltige Chinesische Flotte mit rund 28.000 Mann und gewaltigen Schiffen bis nach Afrika führte — die Bedeutung des Meeres landesweit in das Bewusstsein der Bevölkerung gerückt. China macht mit der Erinnerung an Admiral Zheng He auch deutlich wo es seine maritimen Interessen hat: in der Sicherung der maritimen Verbindungswege bis Afrika, von wo zur Jahrtausendwende viele der 600 chinesischen Öltanker das “Blut der Wirtschaft” nach China transportieren.
- Der Bau und die Indienststellung eines eigens gebauten Hospitalschiffs (Nr. 866) macht zudem deutlich, dass sich die Marine Chinas auch außerhalb des eigenen Hoheitsgebietes engagieren will.
Schon die Zahl und Größe der Werften, die — auch im Binnenland am Fluß gelgen — zeigt, welche Bedeutung die Regierung inzwischen dem Aufbau einer modernen Marine beimisst:
Shipyard No. 424 Shanghai Zhonghua / Changxing Shipyard — u.a. für die Zerstörer Typ 052 C und die LPDs Typ 071
Shipyard No. 425 Wuhu Xinlian (Anhui)
Shipyard No. 426 Dalian — u.a. für die Zerstörer Typ 051 C und die Fertigstellung der ex-Varjag
Shipyard No. 427 Guangzhou Huangpu
Shipyard No. 431 Huludao Bohai
Shipyard No. 432 Fuling Shipyard — im Binnenland am Yangtze gelegen, baute u.a. U‑Boote vom Typ “Romeo“
Shipyard No. 433 Guangzhou
Shipyard No. 434 Liuzhou Xijiang (Guangxi)
Shipyard No. 436 Shanghai Jiangnan
Shipyard No. 437 Shanghai Hudong
Shipyard No. 438 Wuhan Wuchang — im Binnenland gelegen, U‑Boote
Shipyard No. 449 Wuzhou Guijiang (Guangxi)
Ergänzt wird diese Werftenliste durch eine noch größere Reihe von Fabriken, z.B. für die Maschinenanlagen und andere Schiffssystem:
Factory No. 403 — Yichang Marine Diesel Engine
Factory No. 404 — Jiangxia Marine Diesel Engine
Factory No. 424 — Hudong Zhonghua Shipyard
Factory No. 425 — Wuhu Shipyard
Factory No. 426 — Dalian Shipbuilding Heavy Industry
Factory No. 427 — Guangzhou Huangpu Shipyard
Factory No. 427 — Dalian Marine Diesel Engine
Factory No. 429 — Chongqing Shipyard
Factory No. 431 — Bohai Shipbuilding Heavy Industry
Factory No. 432 — Chuandong Shipyard
Factory No. 433 — Guangzhou Shipyard International
Factory No. 434 — Liuzhou Xijiang Shipyard
Factory No. 435 — Jiujiang Shipyard
Factory No. 436 — Jiangnan Shipyard
Factory No. 437 — Shanghai Qiuxin Shipyard
Factory No. 438 — Wuchang Shipbuilding Industry
Factory No. 449 — Guangxi Guijiang Shipyard
Factory No. 461 — Wuhan Marine Equipment
Factory No. 476 — Nanjing Marine Auxiliary Machinery
Factory No. 491 — Jiujiang Marine Machinery
Factory No. 4808 — Qingdao, Qianjin Shipyard, baute u.a. 4 Patroullienboote für die Marine Ghanas
Factory No. 4811 — Qingdao, wurde später als Factory 7811 bezeichnet
Factory No. 4812 — Anqing
Factory No. 4813 — Xuzhou
Factory No. 4819 — Ex. Xiangshan Repair yard (inzwischen Xiangshan Haishen Machinery & Electronic Works)
Factory No. 4307 — Repair yard at Guangzhou Changzhou Island (subsidiary of Factory No. 4801)
Factory No. 7811 — Qingdao Qianwei Repair yard
Factory No. 7814 — Dalian Songliao Repair yard
Da eine Invasion auf Taiwan hochseefähige Kampfkapazitäten erfordert — angefangen von der Isolation auch gegen US-Trägerkampfgruppen bis hin zu einer großen amphibischen Kapazität – entwickelt sich China immer mehr zu einem „hochseefähigen schwimmenden Drachen“, der seine Einsatzfähigkeit zunehmend auf das „blaue Wasser“ (Ozean) ausdehnt. China entsendet bereits seit 1980 Marineschiffe in den Südpazifik, seit 1985 in den indischen Ozean, in dem 1992 erstmals chinesische U‑Boote gesichtet wurden. Diese sind wohl auf zwei Inseln in der Bucht von Bengalen stationiert, die die Regierung von Birma (Myanmar) als Horchposten den Chinesen übergab.
Die Marine verfügt über insgesamt rund 1000 Schiffe und Boote, ca. 80 U‑Boote und etwa 500 Kampfflugzeuge (zusätzlich zu über 6000 Maschinen der Luftwaffe) und fast 100 Hubschrauber, von denen ein großer Teil auf Zerstörern und Fregatten zur U‑Jagd und für Verbindungsoperationen eingesetzt wird.
China bemüht sich, seine Einheiten in raschem Tempo zu modernisieren. Auch wenn die erworbenen Stückzahlen noch bescheiden anmuten – sie stellen gegenüber den meisten ostasiatischen Seestreitkräften eine deutliche Überlegenheit in der Schlagkraft dar. Dennoch ist die Marine bis etwa 2008 nur zu einem “verbesserten Küstenschutz” in der Lage gewesen. Es fehlen insbesondere Flugzeugträger, die für Operationen außerhalb des Luftschirms durch landgestützte Flugzeuge unverzichtbar sind. Erst die Piratenbekämpfung am Horn von Afrika und die guten Beziehungen zu Pakistan und Birma (Myanmar) gaben der PLAN ab dem Jahreswechsel 2009 die Möglichkeit, im indischen Ozean offen verstärkte Präsenz zu zeigen. Der indische Ozean ist auch für China von besonderer Bedeutung. Aus Afrika und dem Mittleren Osten kommt ein wesentlicher Teil der Rohstoffe, die China für seine Wirtschaft benötigt.
Chinas Marine ist in drei Flotten gegliedert, deren unterschiedliche Waffensysteme auch Rückschlüsse auf unterschiedliche Aufgaben zulassen.
Yuting-Klasse Landungsschiff Quelle: Sinodefence |
Die Nordflotte – mit einem Einsatzgebiet von Wladiwostok bis auf eine Höhe etwa des 30. Breitengrades – verfügt über sämtliche Nuklearboote der Marine und die modernen Zerstörer der Luhu-Klasse.
Der Ostflotte mit dem Einsatzgebiet um die Insel Taiwan sind dagegen die meisten Kampfeinheiten – wie die ex-sowjetischen Sovremenny-Zerstörer und Fregatten der Jiangwei-Klasse zugeordnet.
Die Südflotte – deren Einsatzgebiet das südchinesische Meer umfasst – verfügt in der Region über die größten und modernsten Landungsschiffe (Yuting-Klasse) und die einzigen nennenswerten Truppentransporter sowie die modernsten chinesischen Zerstörer vom Typ 052 B und 052 C. Die modernen Fregatten des Typs Jiangwei-II werden hier und in der Ostflotte eingesetzt. Nach unbestätigten Berichten sollen diese modernen Einheiten Chinas dabei sein, die Operationen einer CBG zu trainieren, wobei vielfach darüber spekuliert wird, dass die ex sowjetische, nie fertig gebaute Varjag nach mehreren Jahren der Überarbeitung in Chinas Marinewerft in als Schulschiff in Dienst gestellt werden soll. Dann allerdings würde sich das Einsatzgebiet des Schiffes wohl um die Hafenstadt Dalian befinden, die Sitz der chinesischen Marineakadamie ist. Inzwischen ist es auch klar, dass das neue LPD vom Type 071 die amphibische Komponente dieser Flotte verstärken wird, so dass die genannten Trainingsoperationen als Vorbereitung für die Indienststellung des LPD gedeutet werden können.
Die Südflotte ist in der Vergangenheit vor allem mit amphibischen Operationen in Erscheinung getreten.
Seit der Jahrtausendwende wird an der Südspitze der Ferieninsel Hainan in Yulin (auch als Sanya Sanya Naval Base bezeichnet) ein großer Marinestützpunkt eingerichtet. Satelliten-Fotos zeigen zumindest zwei Tunneleingänge, wohl für die neuesten Atom-U-Boote der Shang-Klasse (SSN Typ 093) und der Jin-Klasse (SSBN Typ 094). Ein U‑Boot der Jin-Klasse sowie Fregatten und Zerstörer sind auch an der Pier erkennbar. Nach einer Meldung des Marineforum vom 4. Mai 2008 erreicht die PLAN-Basis fast die Größe der Norfolk Naval Base der US Navy — und sei mit zwei 950 m langen Piers geeignet, amphibische Kampfgruppen, möglicherweise sogar die erwarteten chinesischen Flugzeugträger aufzunehmen.
Der Südflotte kommt neben der Sicherung des großen, von China beanspruchten Seegebietes zwischen Vietnam und Malaysia auch zunehmend die Aufgabe zu, die für China wichtigen Schifffahrtswege zu den Rohstoffquellen Afrikas und Australiens zu überwachen.
Nach den Paracel-Inseln besetzten Pekings Soldaten Teile der Spratley-Inseln, die auch von den benachbarten ASEAN-Staaten beansprucht werden. Insgesamt 9 Inseln hat sich China damit unter direkte Kontrolle des eigenen Militärs gestellt. China schafft Fakten:
Auf den Woody-Islands ist die längste Landebahn der Paracel-Inseln fertiggestellt, im Mai 1996 schloss Peking mit einer amerikanischen Ölgesellschaft (Creston Energy Corporation) einen Vertrag über die Erschließung von Ölvorkommen westlich des Spratley-Archipels. Die chinesischen Fischer werden ermutigt, in den umstrittenen Gewässern päsent zu sein.
Mit der im Sommer 2010 abgegebenen Erklärung, diese Inseln gehörten “zum Kerninteresse der chinesischen Politik” wurden diese auf die gleiche Stufe wie Taiwan, Tibet und Xinjiang gestellt. Damit hat China auch politisch einen Schritt vollzogen, der die Nachbarn (Brunei, Malaysia, Philippinen, Taiwan und Vietnam — die gesamt 41 der Inseln besetzt halten) alarmiert.