Arabischer Maghreb — Algerien

Algerien Algeria

 

Weit­ere Artikel

Die wichtig­sten Infor­ma­tio­nen im Überblick:

Regierungs­form (Gov­ern­ment Type):Prä­sidi­al­re­pub­lik (Pre­si­di­en­tial Republic)

Algerien Algeria

Haupt­stadt (Cap­i­tal):El Djaza­ïr (Algi­er)
Ein­wohn­er (Pop­u­la­tion):31,833 Mio. (33,3 Mio. = 2007)
Fläche (qkm) (Area (sq.km):2.381.741
Wehre­tat (Defence Budget):2,2 Mrd. US-$ (2003)
BSP/Einwohner (GNP/Capita):1.930 US-$

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Dat­en außer Wehre­tat dem Fis­ch­er Weltal­manach 2005 ent­nom­men, soweit nicht anders vermerkt

BIP pro Kopf: 7.600,- $ (Stand 2006, kaufkraft­bere­inigt; Quelle WiWO 22.10.2007)

Wirtschaftswach­s­tum 3,0 % (2007) — Quelle: WiWO 22.10.2007

Geschichte

Der Maghreb mit Alge­rien war bis zur Eroberung durch die mus­lim­is­chen Araber das Land der Berber, ein­er nichtara­bis­chen Volks­gruppe mit eigen­er Sprache und Schrift. Nach der Eroberung durch die Araber trat­en auch die Berber­stämme zum Islam über. Auch heute noch leben Berber­stämme zwis­chen Marokko und Libyen — wo sie let­z­tendlich die entsch­iedene Speer­spitze beim Angriff auf Tripo­lis waren.

Ara­bis­che Stämme wie auch die Berber hat­ten sich ihre Unab­hängigkeit von zen­tralen Herrsch­ern bewahrt. Lediglich der Dey von Algi­er war nominell dem osman­is­chen Reich zuge­ord­net — in der Stel­lung eines Vizekönigs mit weit­ge­hen­der Autonomie.

autonome osman­is­che Provinz:
Die von Istan­bul aus entsandten osman­is­chen Offiziere bilde­ten ein Beratungs­gremi­um, das seinen Vor­sitzen­den, den dey selb­st wählte. Die osman­is­che Herrschaft beschränk­te sich auf die Entsendung der Führungselite, die for­male Bestä­ti­gung der gewählten deys durch den Sul­tan und die Erhe­bung regelmäßiger Abgaben. Lediglich der Vor­sitzende Richter des islamis­chen Gerichts war ein direkt aus Istan­bul abge­ord­neter Beamter.

Die Deys von Algi­er nah­men die osman­is­che Ober­herrschaft und den dadurch gewährten Schutz gerne hin, unter­hiel­ten aber eigene poli­tis­che und wirtschaftliche Verbindun­gen zu anderen, ins­beson­dere europäis­chen Staat­en. Dem entsprechend kon­nte Algi­er auch ohne Beteili­gung der “hohen Pforte” für die Ver­sorgung der franzö­sis­chen Feldzüge in Ital­ien und Ägypten (1793 und 1798) erhe­bliche Getrei­deliefer­un­gen an Frankre­ich abwick­eln, also einen Staat, der mit Ägypten eine osman­is­che Prov­inz beset­zt hielt.

Soweit, so gut — Frankre­ich “ver­gaß” aber — trotz entsprechen­der Mah­nun­gen — über Jahrzehnte hin, seine Rech­nun­gen zu bezahlen. Ob dieser Aussen­stände kam es 1827 zum Eklat — der algerische Dey Husain Pascha wurde über die Zahlungsver­weigerung der Fran­zosen so zornig, dass er den franzö­sis­chen Kon­sul Pierre Deval mit ein­er Fliegen­patsche schlug. Die Berichte der bei­den Beteiligten an ihre jew­eils vorge­set­zte Stelle in Paris oder Istan­bul sind unter­schiedlich — die Hand­lung führte aber dazu, dass Deval in seinem wohl stark über­trieben­em  Bericht die Wieder­her­stel­lung der franzö­sis­chen Ehre forderte.

Frankre­ich reagierte mit einem Ulti­ma­tum, das für den Dey unan­nehm­bar war, und ver­hängten nach der Ablehnung durch den Dey eine Block­ade des Hafens von Algi­er. Da auch diese Block­ade wirkungs­los war lan­dete Frankre­ich mit knapp 40.000 franzö­sis­chen Trup­pen 1830 bei Algi­er, das am 4. Juli beset­zt wurde. Am 5. Juli 1830 kapit­ulierte Husain Pascha — und die osman­is­che Herrschaft wurde durch die franzö­sis­che abgelöst.

Franzö­sis­che Kolonie:
Für die ein­heimis­che Bevölkerung war die Beset­zung von Algi­er (1830) und Oran (1831) zunächst nichts anderes als die Errich­tung weit­er­er pre­sidios der europäis­chen Mächte.

Die französichen Inten­tio­nen gin­gen aber weit­er. Franzö­sis­che Siedler okkupierten die frucht­barsten Land­striche , die ein­heimis­che Bevölkerungs­grup­pen wur­den enteignet und deren Län­dereien franzö­sis­chen, ital­ienis­chen oder spanis­chen Kolonis­ten zugesprochen.

Hierge­gen bilde­ten die örtlichen Stämme — Araber wie Berber — eine Wieder­stands­be­we­gung, die von einem Mit­glied des Sufi-Ordens, Abd Al-Quadir (1808 — 1883) geleit­et wurde. Als (im Nove­me­br 1831) gewählter Emir, dem Führer der vere­in­ten Stämme, leis­tete Al-Qadir über 15 Jahre lang hefti­gen Wider­stand. Obwohl er über eine gut organ­isierte und hoch motivierte Wider­stands­be­we­gung ver­fügte, war Al-Quadir den Fran­zosen zunächst unter­legen. Er gliederte seinen Herrschafts­bere­ich daher in 8 Prov­inzen, in denen er durchge­hende Ver­wal­tungsstruk­turen vom Dorf bis hin­auf zum Prov­inz­gou­verneur auf­baute. Mit den einge­hobe­nen örtlichen Steuern kon­nte al-Quadir ene Frei­willi­ge­n­armee auf­bauen, die 800 Infan­ter­is­ten, 200 Kaval­leris­ten und 20 Geschütze mit jew­eils 12 Per­so­n­en “Bedi­enungs­man­nschaft” umfasste. Diese mobilen Ein­heit­en wur­den gle­ich­mäßig auf sein gesamtes Herrschafts­ge­bi­et verteilt, so dass über­all “aus dem Unter­grund her­aus” jew­eils unter­legene franzö­sis­che Kräfte attack­iert wer­den kon­nten. Zum Rück­zug vor über­lege­nen franzö­sis­chen Ein­heit­en standen eine Rei­he von Fes­tun­gen zur Ver­fü­gung. Qadirs Tak­tik zeigte zunächst Erfolg — zweimal kon­nte er franzö­sis­chen Gen­erälen einen Waf­fen­still­stand zu seinen Bedin­gun­gen aufzwängen.

Dann allerd­ings bedi­en­ten sich die Fran­zosen der “Tak­tik der ver­bran­nten Erde”. Sied­lun­gen wur­den niederge­bran­nt, Ern­ten und Viehher­den ver­nichtet, Män­ner, Frauen und Kinder unter­schied­s­los gemeuchelt. Die Unter­stützung für al-Qadir begann zu brück­eln —  bis dieser 1843 mit seinen verbliebe­nen Ein­heit­en das Exil in Marokko suchen musste.

Damit began­nen die Fran­zosen, Vergel­tungss­chläge auf Marokko auszudehnen und die Häfen von Tanger und Essaouira (damals Mogador) zu beschießen. Da Marokko den franzö­sis­chen Trup­pen nicht gewach­sen war, begann es eben­so Quadir zu ver­fol­gen — der sich schließlich im Dezem­ber 1847 den franzö­sis­chen Trup­pen ergab. In diesem Jahr lebten bere­its über 100.000 Europäer in Alge­rien — die Land­nahme durch europäis­che Siedler war nicht mehr aufzuhalten.

Nach mehrjähriger Haft wurde Quadir in das Exil ins osman­is­che Reich ent­lassen, wo er 1883 (in Damaskus) ver­starb. 1870 wurde Alge­rien for­mal von Frankre­ich annek­tiert. Die 250.000 Europäer waren franzö­sis­che Staats­bürg­er, die nich­teu­ropäis­chen Ein­wohn­er wur­den dage­gen Unter­ta­nen — nicht aber Bürg­er — Frankreichs.

Algerierin­nen und Algerier gal­ten sei­ther als Men­schen zweit­er Klasse und wur­den im gesellschaftlichen, wirtschaftlichen, sozialen, juris­tis­chen Leben auch so behan­delt. Frankre­ich betra­chtete später jedoch Alge­rien als Teil der Nation, nicht als Kolonie.

Unab­hängigkeit Algeriens:
Die Unab­hängigkeit Alge­riens von der franzö­sis­chen Kolo­nial­macht wurde zwis­chen 1954 und 1962 in ein­er der blutig­sten Kriege Nordafrikas erfocht­en, der — je nach Schätzung — 300.000 bis 1,5 Mil­lio­nen Men­schen das Leben gekostet und ein vol­lkom­men kriegsz­er­störtes Land hin­ter­lassen hat.
Nach der Unab­hängigkeit Alge­riens 1962 ver­ließen die rund eine Mil­lion Französin­nen und Fran­zosen – und damit die wirtschaftliche und vielfach auch bürg­er­liche Elite — fluchtar­tig das Land. Die siegre­ichen Par­ti­sa­nen bilde­ten die zukün­ftige Armee und über­nah­men die Macht.
Extern­er Link:
Alge­rien — (www.sozialwiss.uni-hamburg.de)

1963 – 1964 “Tin­douf-Krieg”
Diese Umstel­lungsphase nutzte König Has­s­san II von Marokko, um seine Trup­pen ins Tin­douf-Gebi­et (west­lich­er Teil des algerischen Sahara-Gebi­ets) ein­marschieren zu lassen und das Gebi­et dem von ihm, aber auch der Oppo­si­tion Istiqlal angestrebten “Groß-Marokko” einzugliedern. Das Tin­douf-Gebi­et betra­chtete Marokko als strate­gisch sehr bedeut­sam, da es Alge­riens einzi­gen Landzu­gang zur West­sa­hara darstellt und daneben über reiche Boden­schätze (Erze und Phos­phate) verfügt.
Die marokkanis­chen Trup­pen wur­den allerd­ings von algerischen Trup­pen zurückge­drängt. Nach entsprechen­den Ver­hand­lun­gen wurde Sta­tus quo ante zwar wieder­hergestellt; aber erst 1972 unterze­ich­nete Marokko einen Gren­zver­trag mit Alge­rien, in dem es seine Ansprüche auf Tin­douf aufgab.

Extern­er Link:
Marokko / Alge­rien (“Tin­douf-Krieg”) — (www.sozialwiss.uni-hamburg.de)