Norwegische Marine — Von bärtigen Nordmännern zur Aegis-Fregatte

Flotte 2010
Anfang der 90er Jahre ändern sich urplöt­zlich die fast alle seit Jahrzehn­ten den Auf­trag, die Auf­gaben, die Struk­tur und die materielle Aus­rüs­tung der RNoN bes­tim­menden Rah­menbe­din­gun­gen. Mit dem Zer­fall des Warschauer Pak­tes und der Sow­je­tu­nion ist der Ost-West-Kon­flikt schla­gar­tig been­det. Während sich unter ein­er damit verän­derten Bedro­hungsperzep­tion die Rolle der RNoN in und vor den Heimat­gewässern zwangsläu­fig deut­lich wan­deln muss, wer­den zugle­ich neue, glob­ale Risiken erkennbar, denen man sich wed­er unter nationalen Inter­essen noch als Part­ner in einem sich wan­del­nden Bünd­nis ver­schließen kann. Gle­ichzeit­ig aber erre­ichen die meis­ten der im Flot­ten­plan 60 beschafften Ein­heit­en ihre Alters­gren­ze, müssen also erneuert, erset­zt oder ergänzt wer­den. Die Poli­tik macht schnell klar, dass die dafür zur Ver­fü­gung gestell­ten Mit­tel begren­zt sein wer­den. Man will eine »Friedens­div­i­dende« ein­fahren, sprich: die Vertei­di­gungsaus­gaben reduzieren.

Bei der Marine ist eine der ersten Maß­nah­men (1994) eine struk­turelle Reor­gan­i­sa­tion zur Einsparung von Per­son­al. Marinedis­trik­te wer­den zusam­men­gelegt und ein Teil ihrer Auf­gaben bei den Bere­ichs­be­fehlshabern Nord-Nor­we­gen (COMNON) und Süd-Nor­we­gen (COMSONOR) konzentriert.

Dies ist aber eher Kos­metik. Grund­sät­zlich sind alle konzep­tionellen Rah­menbe­din­gun­gen völ­lig neu zu definieren. Mehrere Jahre lang disku­tiert man teils sehr kon­tro­vers den kün­fti­gen Kurs der Marine, und im Mit­telpunkt ste­ht dabei ein­mal mehr auch die alte Frage ob »Küsten­flotte« oder »Hochseeflotte«. Soll man alle Schiff­stypen behal­ten oder sich auf einige wenige aus­gewählte Typen beschränken, also Kom­po­nen­ten aufgeben? Welche geplanten Vorhaben sollen über­haupt noch fort­ge­führt wer­den? Nicht gefährdet sind die bere­its ein­geleit­ete Mod­ernisierung der Seefer­naufk­lär­er P3‑C Ori­on (sie wer­den vor allem auch in der Überwachung der Wirtschaft­szo­nen benötigt) und die Entwick­lung des neuen schiffs- und landgestützten Seeziel- Flugkör­pers Naval Strike Mis­sile NSM als Nach­fol­ger für Pen­guin (Export­möglichkeit­en: im Som­mer 2007 erhält Kongs­berg den Auf­trag zur Serien­fer­ti­gung). Anson­sten aber wird die gesamte Beschaf­fungs­pla­nung der nor­wegis­chen Stre­itkräfte ein­er gründlichen Revi­sion unter­zo­gen, wobei vor allem Kosten­fra­gen auss­chlaggebend sind.

Die Entschei­dung fällt schließlich für die aus­ge­wo­gene Flotte, die sich weit­er­hin in die Vertei­di­gung im Bünd­nis ein­bringt, die eige­nen Küsten vertei­digt und die Ressourcen in den Wirtschaft­szo­nen sichert, die daneben aber auch ver­mehrt Auf­gaben in der glob­alen, inter­na­tionalen Krisen­be­wäl­ti­gung wahrnehmen soll. In der Kon­se­quenz soll die Flotte ins­ge­samt zwar kräftig verklein­ert, dafür aber mod­ernisiert und zu offen­siv­en Hochsee­op­er­a­tio­nen auch fernab der heimatlichen Küsten befähigt wer­den – die bish­erige reine Küsten­flotte ist damit »Geschichte«. Die mit der konzep­tionellen Neuori­en­tierung ver­bun­dene Lösung von der eige­nen Küste wird schnell All­t­ag. Schon 1991 sind Schiffe der RNoN im Per­sis­chen Golf in Desert Storm einge­bun­den. Später beteili­gen sie sich an den NATO-Oper­a­tio­nen in der Adria, sind im Krieg gegen den Ter­ror im Mit­telmeer (Active Endeav­our) präsent und operieren 2006 schließlich im UNIFIL-Ver­band vor der Küste des Libanon.

Team GlobDef

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