PIRATERIE (Fortschreibung)
Somalia
In der abgelaufenen Woche gab vor dem Horn von Afrika, im Arabischen Meer und im Somaliabecken keinerlei (versuchte) Überfälle, ja offenbar wurden nicht einmal (vermeintliche) Piraten in See gesichtet. Am 25. Januar konnte die französische Fregatte SURCOUF zwölf mutmaßliche Piraten den Behörden von Mauritius übergeben. Die Männer waren am 5. Januar im Somaliabecken nach einer versuchten, von einem eingeschifften bewaffneten Sicherheitsteam abgewehrten Kaperung des Frachters TUPI MAIDEN in einer koordinierten Aktion von NATO und EU NavFor ergriffen worden.
Westafrika
Ein neuer Fall von Piraterie wird aus dem Golf von Guinea gemeldet. Auf der Reede vor Abidjan (Elfenbeinküste) kaperten Piraten am 17. Januar den Produktentanker ITRI (Flagge: Panama) und entführten das Schiff samt seinen 16 Mann Besatzung. Vier Tage später wurde die ITRI wieder freigelassen. Ihre Ladung von 5.000 t Kerosin hatten die Piraten allerdings komplett abgepumpt. Die Besatzung war währenddessen in einem Raum eingeschlossen worden; alle 16 Männer sollen die Kaperung unversehrt überstanden haben.
Der Überfall reiht sich in eine Serie ähnlicher Vorfälle ein, bei denen es den Piraten primär um die Ladung von Schiffen geht. Schiffsentführungen mit nachfolgenden Lösegeldverhandlungen sind vor Westafrika sehr selten. Es gibt kein Sanktuarium, in dem Piraten Schiffe ungestört von staatlichen Sicherheitskräften vor Anker legen können. Gelegentlich werden allerdings einzelne Besatzungsmitglieder mit dem Ziel der Lösegelderpressung von Schiffen entführt.
Aktuelle Entwicklungen bei Einsatzkräften
Die 12. chinesische Einsatzgruppe (Fregatten YIYANG und CHANGZHOU, Flottenversorger QIANDAO HU) hat mit Rückkehr in den Heimatstützpunkt bei Zhoushan ihren Einsatz abgeschlossen.
Am 20. Januar hat die 24. iranische Einsatzgruppe (O‑Ton: „Flotte“) Bandar Abbas mit Kurs auf den Golf von Aden verlassen. Der Einsatz der leichten Fregatte („Zerstörer“, auch „Kreuzer“) SABALAN und Versorger („Hubschrauberträger“) KHARG soll insgesamt drei Monate dauern, wobei die iranische Marineführung Abstecher ins Mittelmeer (wahrscheinlich Besuch in Syrien) und bis nach Südostasien angekündigt hat.
Ebenfalls am 20. Januar ist die niederländische Fregatte DE RUYTER aus Den Helder in Richtung Horn von Afrika ausgelaufen. Das Schiff soll sich der EU NavFor in Operation „Atalanta“ anschließen. Zum allerersten Mal ist einer der neuen Marinehubschrauber NH-90 zu einem operativen Einsatz eingeschifft.
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ARGENTINIEN
Ausgerechnet zu einer Zeit, da die argentinische Regierung den Falkland-Konflikt zumindest politisch neu belebt, steht die Marine in der Öffentlichkeit „dumm da“.
Zu den Veteranen des Falkland-Kriegs gehört auch der FK-Zerstörer SANTISIMA TRINIDAD. Das Schiff des britischen TYPE 42 war 1981 als Lizenzbau der AFNE (Rio Santiago) in Dienst gestellt worden; weniger als ein Jahr später nahm es als damals modernstes Kampfschiff der argentinischen Marine in Führungsfunktionen am Krieg im Südatlantik teil. Nach nur 23 Dienstjahren wurde der Zerstörer 2004 ausgemustert und eingemottet. An der Pier des Marinestützpunktes Puerto Belgrano diente das Schiff seitdem als Ersatzteillager zur Indiensthaltung von Schwesterschiff HERCULES, war daneben seit 2006 aber auch Museumsschiff für den Falklandkrieg.
Am 21. Januar meldeten erste örtliche Medien, das Schiff habe Schlagseite, drohe nach einem Wassereinbruch an der Pier zu sinken. Versuche den Wassereinbruch unter Kontrolle zu bekommen, blieben ebenso erfolglos wie das Bemühen längsseits gehender anderer Schiffe, es auf ebenem Kiel zu halten und in seiner Lage zu stabilisieren. Zwei Tage später zeigten Fotos in Internet-Blogs den an der Pier gekenterten Zerstörer.
Die politische Opposition sieht in der Havarie im Hafen nur einen neuerlichen Beweis für den Niedergang der einst so stolzen Flotte. Verteidigungsminister Arturo Puricelli wies allerdings sofort Unterstellungen zurück, dass Kürzungen bei den Haushaltsmitteln für Wartung und Instandsetzung ursächlich seien. Ansonsten gibt sich der Verteidigungsminister allerdings beschämt. „Wie soll ich der Präsidentin das Sinken eines Kriegsschiffes im Stützpunkt an der Pier erklären? Dafür muss mir die Marine eine überzeugende Erklärung liefern!“
Eine Untersuchungskommission soll nun den Hergang klären. Angeblich soll der Bruch einer Seewasser-Kühlleitung den Untergang der SANTISIMA TRINIDAD verursacht haben, aber dies scheint wenig glaubhaft. Solche Leitungen haben grundsätzlich auch Absperrventile, und warum soll es in drei Tagen nicht gelungen sein, die Leitung zu sperren, den Zufluss zu blockieren und die betroffene Abteilung abzuschotten? Kriegsschiffe sind baulich dafür ausgelegt, einen örtlich begrenzten Wassereinbruch zu verkraften. Wahrscheinlicher sind da schon Gerüchte, dass der Rumpf durchgerostet sei. Dies würde dann tatsächlich für erhebliche Defizite bei technischer Überwachung/Kontrolle und Wartungsdefizite sprechen. Der Minister will aber natürlich auch „Sabotage“ nicht ausschließen.
Die politische Opposition nutzt derweil die Gelegenheit, den beklagenswerten Zustand der „völlig unterfinanzierten“ argentinischen Flotte zu thematisieren. Von 70 Schiffen seien derzeit nur 16 seefähig. Unter solchen Bedingungen sei eine „Rückgewinnung der Islas Malvinas“ (Falklands) illusorisch. Zwar habe es in den vergangenen Jahren mehr Geld für die Streitkräfte gegeben, aber dies hätte primär dazu gedient, Gehälter zu erhöhen. Für Wartung und Instandhaltung oder gar Investierung in materielle Modernisierung sei praktisch kein Geld vorhanden. Selbst die Reparatur des 2007 bei einem Feuer beschädigten Eisbrechers ALMIRANTE IRIZAR habe bis heute nicht abgeschlossen werden können.
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DÄNEMARK
Nun trennt sich die dänische Marine doch endgültig von ihren drei Eisbrechern.
Das mag angesichts gerade erst erklärter neuer Priorität für Operationen in der Arktis verwundern, ist unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten aber durchaus vertretbar. In arktischen Gewässern kamen die drei Schiffe nämlich in ihrer Hauptrolle nie zum Einsatz; nur gelegentlich führten sie in den Sommermonaten Forschungs- und Vermessungsfahrten vor Grönland durch. Beschafft worden waren sie speziell für den Winter-Eisdienst in den Gewässern des Mutterlandes.
Dieser Eisdienst geht bis ins späte 19. Jahrhundert zurück, als Regierung und dänische Eisenbahngesellschaft erste Eisbrecher charterten, um den lebenswichtigen Fährverkehr über den Großen Belt aufrecht zu erhalten. 1922 wurde der Auftrag auf eine gesetzliche Basis gestellt, aber zunächst war noch das Industrie-/Handelsministerium zuständig. Erst in den 1990er Jahren wechselte die Verantwortung zum Verteidigungsministerium, das dann das Operative Kommando der Seestreitkräfte (SOK — Soeværnets Operative Kommando) mit Organisation und Durchführung beauftragte. Seitdem ist das SOK für die Sicherstellung des Schiffsverkehrs durch die dänischen Meerengen zuständig.
Zwei der drei Eisbrecher sind schon Veteranen. DANBJOERN und ISBJOERN, die beiden bei der Odense Steel Shipyard gebauten 75m (3.700 ts) Schiffe der DANBJOERN-Klasse, sind schon seit 1965/66 zwischen den dänischen Inseln in Dienst. In den 1980-er Jahren wurde mit der THORBJOERN noch ein dritter, mit 57m (1.600 ts) kleinerer Eisbrecher gebaut. Zunächst wurden alle drei Schiffe noch – wenn auch schon mit Marinebesatzung – vom Industrie-/Handelsministerium betrieben, bevor sie dann im Januar 1996 der Marine unterstellt wurden. Sie erhielten sogar offizielle Marinenummern (A‑551 bis A‑553), die allerdings nicht auf den Rumpf aufgemalt sind.
Das nunmehr offiziell verkündete Ende ihrer Dienstzeit kommt nicht wirklich überraschend. Schon seit Jahren waren die Schiffe dem Verteidigungsministerium ein Dorn im Auge. Sie lagen den größten Teil des Jahres untätig im Stützpunkt an der Pier. Instandhaltung und Wartung der alten Schiffe für eine bloße „Bereitschaft“ wurde immer teurer – und nach einem „letzten“ harten Winter 1995/96 wurden die drei Eisbrecher auch in ihrer Hochsaison kaum wirklich benötigt. 2009 hatte der Verteidigungsplan bereits ihre Ausmusterung angekündigt. Der überraschend harte Winter 2010/11 kippte diese Planung. Ohne vorhandene Alternative waren die drei Schiffe plötzlich doch noch einmal gefragt.
Nun aber stehen endgültig vor der Ausmusterung. Mit Ende dieser Wintersaison geht der Eisdienst offiziell in die Verantwortung von Küstenhäfen und privaten Betreibern über. Die drei „Bären“ sollen dann über eine Auktion des Materialkommandos der dänischen Streitkräfte meistbietend verkauft werden. Dabei ist grundsätzlich nicht auszuschließen, dass das eine oder andere Schiff in den Besitz einer der Betreibergesellschaften wechselt — um dann wie gewohnt auch im nächsten Winter wieder die Seeverkehrswege in Sund und Belten frei zu halten.
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FRANKREICH
Der aktuelle Konflikt in Mali findet zwar tief im Binnenland, fernab aller Küsten statt, aber auch die französische Marine ist in die nationale Operation „Seral“ eingebunden.
So fliegen Seefernaufklärer Altantique‑2 regelmäßig Aufklärungseinsätze über den Rebellengebieten. Im Frontbereich werden die Marineflugzeuge auch für die Gewinnung von Zieldaten und deren Übermittlung an die Bodentruppen bzw. an die für die Einsatzkoordinierung von Jagdbombern und Kampfhubschraubern zuständigen Gefechtsstände genutzt.
Daneben kommt aber tatsächlich auch eine schwimmende Einheit zum Einsatz. Der Hubschrauberträger DIXMUDE (MISTRAL-Klasse) nahm in Toulon Elemente einer TSK-gemeinsamen taktischen Einsatzgruppe (GTIA — Groupement Tactique Inter-Armées) in Bataillonsstärke an Bord. Neben Soldaten und deren Ausrüstung gehörten dazu zahlreiche Fahrzeuge incl. Radpanzer AMX 10RC. Dockteil, Hangars und Flugdeck des Schiffes sind gut gefüllt.
Am 21. Januar verließ die DIXMUDE Toulon mit Kurs auf die westafrikanische Küste. Beobachter gehen überwiegend von Abidjan (Elfenbeinküste) als Zielhafen aus, aber auch Dakar (Senegal) scheint möglich. Von beiden Häfen wären es dann etwa 800 km Überlandtransport bis in die Einsatzgebiete in Mali.
Der Transit über See ist für die eingeschifften Soldaten nicht nur „Kreuzfahrt“. Auf dem Marsch werden Fahrzeuge und Gerät noch einmal ausgiebig gewartet, über Satellitenanbindung werden laufend operative und taktische Lageinformationen aus dem Einsatzgebiet übermittelt und auf deren Basis Operationspläne aktualisiert; die GTIA implementiert auch schon ihre Führungsstrukturen, und die Soldaten bereiten sich in einem breit angelegten Physical Fitness-Programm und mit zahlreichen Briefings auf ihren Einsatz vor.
Die kurzfristig befohlene Verlegung der DIXMUDE ist das erste Mal, dass einer der Hubschrauberträger der MISTRAL-Klasse in einer solchen strategischen Transportrolle zum Einsatz kommt. Die französische Marine betont, dass die Nutzung einer „strategischen Route in ein Kriegsgebiet“ aber von Beginn an einer der Hauptgründe für die Beschaffung der Schiffe der MISTRAL-Klasse war. Nicht von ungefähr werden die Hubschrauberträger ja offiziell als BPC „Bâtiment de Projection et de Commandement” (Schiffe für Machtprojektion und Führung) bezeichnet.
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IRAN (Fortschreibung)
Im Konflikt um das (vermutlich militärische) Atomprogramm lässt der Iran nach wie vor keinerlei Bereitschaft zu einem Kompromiss erkennen. Auch der jüngste Besuch einer Delegation der Internationalen Atom-Energiebehörde IAEA in Teheran blieb ohne Ergebnis. Sowohl der wieder gewählte israelische Premierminister Netanyahu als auch der designierte neue US Außenminister John Kerry haben in dieser Woche noch einmal ihre Entschlossenheit zur „Verhinderung eines nuklear bewaffneten Iran“ bekräftigt. Dennoch spricht derzeit weiterhin nichts für eine baldige „Wahrnehmung militärischer Optionen“. EU und USA (und damit mehr oder weniger notgedrungen auch Israel) werden zunächst auf die verhängten Sanktionen setzen und hoffen, dass zunehmende wirtschaftliche Probleme und internationale Isolierung den Iran allmählich zu einem Einlenken bewegen.
Die aktuelle militärische Lage bleibt unverändert ruhig. Die US Navy hat mit der JOHN C. STENNIS weiterhin nur einen einzigen Flugzeugträger sowie mit der PELELIU auch nur eine amphibische Einsatzgruppe in der Region präsent. Daran soll sich bis mindestens Ende Februar (Rückkehr der EISENHOWER) auch nichts ändern. Vor der US Atlantikküste setzt die Carrier Strike Group um den Flugzeugträger HARRY S. TRUMAN mit einer „Composite Training Unit Exercise” (COMPTUEX) die operative Vorbereitung auf ihren routinemäßigen Einsatz in der Region fort. Der Flugzeugträger soll „im Frühling“ verlegen. In die HARRY S. TRUMAN Carrier Strike Group wird zeitweise auch die deutsche Fregatte HAMBURG integriert sein.
Am 21. Januar traf das omanische Landungsschiff NASR AL-BAHR (Typ algerische KALAAT) zu einem geplanten Hafenbesuch in Bandar Abbas (Iran) ein. Im Rahmen des Besuches ist auch eine kurze Seenotrettungsübung mit Einheiten der iranischen Marine geplant. Der Besuch erfolgt im Rahmen eines im August 2009 zwischen Oman und Iran abgeschlossenen „bilateralen Sicherheitsabkommens“.
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RUSSLAND (Fortschreibung)
Am 19. Januar verkündete der russische Generalstab öffentlich den Beginn des „größten Seemanövers der letzten Jahrzehnte“.
Die bis zum 29. Januar dauernden Übungen würden direkt aus dem Generalstab vom Stv. Generalstabschef GenOberst Alexander Postnikov geführt. Als Seebefehlshaber sei der Stv. Marinebefehlshaber, RAdm Leonid Sukhanov, auf dem Kreuzer MOSKVA eingeschifft. Erklärtes Übungsziel ist die Verbesserung der „Interoperabilität von Einsatzgruppen verschiedener Flotten und anderer Teilstreitkräfte in einer entfernten maritimen Zone“.
Insgesamt 23 Kriegs- und Hilfsschiffe von Schwarzmeerflotte, Nordflotte und Baltischer Flotte (Pazifikflotte wurde nicht mehr erwähnt) würden sich an den „mehr als 60“ Teil-Übungen (Serials) im Mittelmeer und Schwarzmeer beteiligen. Namentlich genannt wurden Kreuzer MOSKVA, Zerstörer SMETLIVIY und die Landungsschiffe SARATOV und AZOV der Schwarzmeerflotte, sowie Fregatte YAROSLAV MUDRIY und die Landungsschiffe KALININGRAD und ALEXANDER SHABALIN der Baltischen Flotte. Der Nordflottenverband mit Zerstörer SEVEROMORSK war hier nicht erwähnt, nimmt aber „in Vorbereitung seines Anti-Piraterie-Einsatzes“ an den Übungen im Mittelmeer teil.
Interessanterweise spricht eine offizielle Presseerklärung auch von der Teilnahme von „drei U‑Booten: ein nukleargetriebenes und ein dieselgetriebenes im Mittelmeer, sowie ein dieselgetriebenes im Schwarzmeer“. Bei letzterem dürfte es sich um das einzige U‑Boot der Schwarzmeerflotte handeln, die ALROSA (KILO-Klasse). Welche zwei anderen U‑Boote (aus welcher Flotte) ins Mittelmeer verlegt haben sollen, ist unbekannt. Neben den Kampf- und Hilfsschiffen sind auch 25 Flugzeuge/Hubschrauber der Marine sowie Flugzeuge der (strategischen) Fernfliegerkräfte, des 4. Luftwaffen-/Luftverteidigungskommandos und des Militärbezirks Süd sowie Marineinfanterie und Luftlandetruppen in die Übungen eingebunden.
Wer nun mit dem offiziellen Beginn der Übungen sofort rege Aktivitäten bis hin zu einem großangelegten taktischen Zwei-Parteienspiel erwartet hatte, sah sich zunächst getäuscht. Zur ersten Übungsphase hieß es lakonisch, die teilnehmenden Schiffe hätten in die geplanten Übungsgebiete verlegt und dort erst einmal versorgt. FK-Kreuzer MOSKVA und Zerstörer SMETLIVIY absolvierten diese Übungsphase sogar bei einem Hafenbesuch in Limassol (Zypern); erst seit dem 22. Januar sind sie wieder in See. Andere Einheiten lagen meist offenbar vor Anker, wo sie „Verbandssicherung“ gegen terroristische Angriffe übten.
Das erste „echte“ Übungsgeschehen wurde aus dem Schwarzmeer gemeldet. Dort nahmen die beiden Landungsschiffe KALININGRAD und ALEXANDER SHABALIN (Baltische Flotte) in Novorossiysk Marineinfanteristen an Bord und führten dann in der Nähe am 21. Januar eine von Hubschraubern unterstützte amphibische Kampflandung durch. Noch am gleichen Tag seien die Schiffe „in den Stützpunkt“ zurückgekehrt. Seitdem gibt es zu ihnen oder zum Übungsgeschehen im Schwarzmeer keine weiteren Meldungen.
Auch im Mittelmeer gestalteten sich die ersten gemeldeten Übungsabschnitte eher „dürftig“. Die Schiffe um den Kreuzer MOSKVA führten am 24. Januar Übungen zur Terrorabwehr (Speedboote) durch, übten das Boarding und Durchsuchen von Schiffen (Anti-Piraterie), Seenotrettung und den Transfer humanitärer Hilfsgüter. Der Nordflottenverband um den Zerstörer SEVEROMORSK bereitete sich auf den bevorstehenden Anti-Piraterieeinsatz am Horn von Afrika vor, übte Boarding und Durchsuchen von Schiffen sowie die Befreiung eines von Piraten gekaperten Schiffes (mit Tanker DUBNA als Zieldarsteller). Der Verband soll „schon bald“ das Mittelmeer durch den Suezkanal verlassen. Die Landungsschiffe SARATOV und AZOV (Schwarzmeerflotte) werden bei den Aktivitäten gar nicht erwähnt. Einiges spricht dafür, dass sie Tartus (Syrien) angelaufen haben; SARATOV zur Reparatur eines defekten Generators, AZOV zu „Materiallieferungen“.
In den kommenden Tagen sollen für die Teilnehmer in Mittelmeer und Schwarzmeer noch U‑Jagdübungen, Konvoi Geleit sowie Flugabwehrschießen mit Flugkörpern und Rohrwaffen auf der Agenda stehen. Von größeren taktischen Übungen vor dem Hintergrund eines operativen oder gar strategischen Szenarios ist bisher nirgends die Rede. Dies ist auch nicht ungewöhnlich. Seit Sowjetzeiten spielen sich große strategische Übungen der russischen Streitkräfte im Wesentlichen in den Stäben vor Computern ab. Nur einige ausgewählte Teile der Gesamtübung — für sich allein oft auch völlig ohne Zusammenhang — werden durch reale Truppen dargestellt. So ist durchaus möglich, dass sich die Abwehr von Speedbooten durch im Mittelmeer ankernde Schiffe, eine amphibische Landung an der Kaukasusküste und vielleicht auch der Flug eines strategischen Bombers über der Arktis als Teilkapitel oder auch nur Absätze in einem „großen Drehbuch“ finden, das sich ansonsten abseits der Öffentlichkeit und fern der See vor allem übergreifenden Aspekten von „Command & Control“ widmet.
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USA (Fortschreibung)
Noch immer liegt das Minenjagdboot GUARDIAN auf einem philippinischen Riff in der Sulusee fest.
Die zur AVENGER-Klasse gehörende, in Sasebo (Japan) stationierte GUARDIAN war nach Ende eines Besuches in Subic Bay (Philippinen) in der Nacht zum 16. Januar mit Südwestkurs in der Sulusee unterwegs. Gegen 02:00 Uhr Ortszeit endete die Fahrt sehr abrupt: mit voller Fahrt war die GUARDIAN auf das Tubattaha Korallenriff aufgelaufen. Besonders peinlich: das Riff liegt 80 sm östlich von Palawan (Philippinen) in einem marinen Nationalpark („Taucherparadies“) mit dem Status einer „World Heritage Site“; Seekarten verzeichnen es denn auch als für den Durchgangs-Seeverkehr gesperrtes Naturschutzgebiet.
Mehrere Versuche scheiterten, das „Boot“ (immerhin 70m und 1.300 ts) bei Hochwasser wieder flott zu bekommen. Zwischenzeitlich stark auffrischender Wind drehte die GUARDIAN sogar noch, und starke Wellen warfen sie seitlich noch weiter auf das Korallenriff.
Zwei schnell vor Ort eingetroffene Schiffe des Military Sealift Command der US Navy (T‑AGS 62 BOWDITCH und C‑CHAMPION) konnten hier nicht helfend eingreifen, aber zumindest die 79 Mann Besatzung sicher evakuieren. Am 24. Januar traf der gecharterte zivile malaysische Schlepper VOS APOLLO ein, und auch das US-Bergeschiff SALVOR soll wohl inzwischen vor Ort sein. Inzwischen ist klar, dass auch mit vereinten Kräften die GUARDIAN nicht so einfach vom Riff gezogen werden kann. Eine Untersuchung durch Spezialisten der US Navy hat gezeigt, dass durch mehrere Lecks Wasser in die GUARDIAN eindringt und das Risiko besteht, dass sie in freiem Wasser sofort sinken würde. Der Havarist muss daher beim Herunterziehen vom Riff sofort unterfangen und dann an Bord eines Spezialfrachters (Dockschiff) oder auf einen Transportponton verladen werden.
Nach mehreren wetterbedingten Fehlversuchen konnte die VOS APOLLO den Havaristen wieder in günstigere Lage zu den Wellen bringen, stabilisieren und am 25. Januar auch eine Schlauchverbindung herstellen und die mehr als 50.000 l Kraftstoff abpumpen. Die Gefahr einer größeren Ölverschmutzung scheint damit vorerst gebannt. In Singapur wurden zwei Spezialtransportschiffe gechartert, die die GUARDIAN an Bord nehmen und abtransportieren sollen. Sie sollen um den 30. Januar am Ort des Geschehens eintreffen. Die Bergung der GUARDIAN wird noch insgesamt etwa zwei Wochen dauern.
Philippinische Marine und Küstenwache sind mit mehreren Einheiten vor Ort, werden bisher aber offenbar nur als Beobachter „geduldet“ und nicht in die eigentlichen Bergungsaktionen einbezogen. In mehreren Interviews beklagen Offizielle “amerikanische Arroganz“. So sollen Ranger des marinen Nationalparks die GUARDIAN beim Einfahren in die Verbotszone angefunkt und auf die Gefahr aufmerksam gemacht haben. Der Kommandant habe nur lakonisch geraten, sich doch bei der US Botschaft in Manila zu beschweren. Wenig später lief die GUARDIAN auf das Riff.
Inzwischen haben philippinische Behörden offiziell Anzeige wegen des „verbotenen Einfahrens in ein marines Naturschutzgebiet“ erstattet. Zugleich droht der US Navy eine Strafzahlung von US$ 700 pro beschädigtem Quadratmeter Korallenriff … letzte inoffizielle Angaben sprechen von inzwischen „mindestens 1.000 Quadratmeter“.
Bei der Suche nach den Ursachen der Havarie hat sich bestätigt, dass die auf der GUARDIAN genutzten neuen Digital Navigation Charts die Position des Riffs tatsächlich um 8 sm falsch angeben. Ähnliche „Kartenfehler“ gibt es auch vor der chilenischen Küste. Dessen ungeachtet hat der für die Navigation in der US Navy zuständige Admiral die DNC inzwischen wieder zur Nutzung frei gegeben. Er ist zuversichtlich, dass alle Fehler entdeckt worden sind.
In Kooperation mit “MarineForum — Zeitschrift für maritime Fragen”
Alle Informationen entstammen frei zugänglichen Quellen.