Europa — Deutschland — Auf dem Weg zu einem elektrischen Schiffsantrieb

Die große Frei­heit des elek­trischen Propellerantriebs

Das charak­ter­is­tis­che Merk­mal des elek­trischen Pro­peller­antriebs ist sein Auf­bau in drei Anla­gen­teile: die Erzeu­gung der elek­trischen Energie durch diesel- oder tur­boelek­trische Ver­fahren in Wärmekraft­maschi­nen, das zwis­chengeschal­tete Wan­dler­sys­tem Gen­er­a­tor- Motor und der Pro­peller selb­st. Neben dem höheren Investi­tion­saufwand ste­ht der mehrfache Über­gang der Energieform in seinem nun ins­ge­samt gerin­geren Wirkungs­grad. Dass diese Nachteile jedoch kom­pen­siert wer­den kön­nen, zeigt fol­gende Auflis­tung einiger Vorteile des elek­trischen Verfahrens:

  • Tren­nung der Auf­stel­lung von Primären­ergieerzeuger und Antrieb­smo­tor und deren Verteilung im Schiff bei gle­ichzeit­iger und effizien­ter­er Nutzung der instal­lierten Gesamten­ergie für Antrieb und Versorgung,
  • Weg­fall eines großen und schw­eren Getriebes bei geeigneten Motoren (unter Nutzung eines »elek­trischen Getriebes«) bis zum Weg­fall der Pro­peller­welle bei POD-Antrieben,
  • Aufteilung der erforder­lichen Primär­leis­tung auf mehrere kleinere Aggre­gate bei opti­miert­er Rau­maus­nutzung, besser­er Leis­tungsan­pas­sung bei Teil­las­ten bei gle­ichzeit­ig erhöhter Redun­danz des Gesamtsystems,
  • Kom­binierte Nutzung unter­schiedlich­er Energiequellen von Diesel- und Tur­bo­gen­er­a­toren, auch mit angepassten schnell laufend­en Gen­er­a­toren bis zur Brennstof­fzelle ein­schl. Reformertechnik,
  • Opti­male Regelung bei unter­schiedlich­sten Fahrmo­di durch das elek­trische Getriebe,
  • Bei ein­er VES-Ausle­gung die opti­male Nutzung der Primären­ergien bei Kop­plung von Fahr- und Bor­d­netz mit den Vorteilen der Flex­i­bil­ität und des Ver­hal­tens im Schadens­fall durch Rekonfigurierbarkeit,
  • Weit­ere Möglichkeit­en zur Verbesserung des Geräuschver­hal­tens bei Anpas­sung von Pro­peller­drehzahl und ‑anstell­winkel.

Nimmt man diese ver­sproch­enen Vorteile beim Wort, so ergeben sich typ­is­che Anwen­dungs­fälle, die wie fol­gt charak­ter­isiert sind:

  • Schiffe mit hohen Anforderun­gen an ihre Manövrier­barkeit und Schuban­pas­sung wie Schlep­per und Eisbrecher,
  • Schiffe mit sehr vari­ablen Fahrtzustän­den, hohen Anforderun­gen an die Manövrier­barkeit oder auch den Fahrkom­fort in Bezug auf Geräuschen­twick­lung, Schwingun­gen und Vibra­tio­nen wie bei Kreuz­fahrtschif­f­en und Fähren,
  • Schiffe mit leis­tungsstarken Ver­brauch­ern im Bor­d­netz, die nur im beson­deren Bedarf betrieben wer­den (Pumpen bei Tankern). 

Eine beson­dere Entwick­lungsrich­tung auf dem Gebi­et des elek­trischen Pro­peller­antriebs haben die Gondel- oder POD-Antriebe genom­men. Der Pro­peller­mo­tor wurde hier aus dem Schiff ver­ban­nt und in ein­er drehbaren Gondel (englisch: pod) unter dem Heck so unterge­bracht, dass die Energiezu­fuhr über flex­i­ble Leitun­gen beziehungsweise über Schleifringe erfol­gt. Der Siemens-Schot­tel-Propul­sor (SSP) ver­fügt über zwei entsprechende gegen­läu­fige Pro­peller in einem Gehäuse. Ideen, auch diese Antrieb­s­form auf Fre­gat­ten zu über­tra­gen, hat es gegeben, real­isiert wur­den sie bish­er nicht. In Verbindung mit einem Tiefge­taucht­en Water­jet – auch als Twin Water­jet (TWJ)1 – kön­nte hier allerd­ings eine Änderung eintreten.

Da jede Antrieb­sart naturgemäß ihre Vor- und Nachteile mit­bringt, bleibt zur Opti­mierung ein­er Ausle­gung nur die Kom­bi­na­tion ver­schieden­er Meth­o­d­en und Vari­anten. Diese Kom­bi­na­tion­santriebe haben sich deshalb auch seit Jahrzehn­ten im Schiff- und Kriegss­chiff­bau durchgesetzt.

Das weite Feld der Kombinationsantriebe

Im ein­fach­sten Fall treibt ein Motor über ein Getriebe den Pro­peller, wobei dieser Antrieb­sstrang über die Welle mech­a­nisch gekop­pelt wird, damit seine Lage im Schiff sowie in den erforder­lichen Abmes­sun­gen und Gewichtsverteilun­gen fest­gelegt ist. Neben der Drehzahlwand­lung und ‑anpas­sung erlaubt das Getriebe den Anschluss mehrerer Antrieb­s­maschi­nen – auch unter­schiedlich­er Art. Hier­aus ergeben sich dann die heute geläu­fi­gen Beze­ich­nun­gen: Bei zwei und mehr Diesel­mo­toren als Antrieb spricht man von ein­er CODAD-Kon­fig­u­ra­tion (also von einem Com­bined Diesel And Diesel Antrieb). Sind die Primär­erzeuger Gas­tur­binen, so erhält man eine COGAG-Anlage.

Bei unseren mil­itärischen Anwen­dun­gen kom­men CODOG-Anla­gen, also die Kom­bi­na­tion Gas­tur­bine und Diesel­mo­tor zum wahlweisen Betrieb sowie in den let­zten Jahren auch die CODAG-Anlage zum Ein­satz. Dieses mod­ernere Sys­tem, »Com­bined Diesel And Gas­tur­bine«, ermöglicht eine gle­ichzeit­ige Nutzung bei­der Antrieb­s­maschi­nen in ihren jew­eili­gen Stärken. Dass diese unter­schiedlichen Antrieb­sarten über ein mit mod­ern­er Steuerung aus­gerüstetes Getriebe frei gewählt und im Betrieb rei­bungs­los gewech­selt wer­den kön­nen, ist das Ver­di­enst der Getriebehersteller. 

Team GlobDef

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