Dieser Artikel wird mit freundlicher Genehmigung der “Marineforum — Zeitschrift für maritime Fragen” veröffentlicht.
Mitte der 1990er Jahre beschloß die Australische Marine ihre 15 Patrouillenboote der FREMANTLE-Klasse (42 m Länge, 7,15 m Breite, 1,80 m Tiefgang, 230 t Verdrängung, 30 kn Geschwindigkeit, 1 x 40 mm Geschütz), die so allmählich das Ende ihrer geplanten Nutzungsphase erreichen, durch größere Neubauten zu ersetzen. Die Boote waren in der Zeit von März 1980 bis Dezember 1984 in Dienst gestellt worden und für eine Verwendungsdauer von etwa 20 Jahren ausgelegt. Nachdem ein gemeinsamer Beschaffungsplan mit Malaysia nicht zustande kam und die Finanzierung neuer Einheiten unter Druck geriet, wollte man zunächst die FREMANTLE-Klasse modernisieren, um sie doch noch bis ca. 2010 weiter zu verwenden. Allerdings erwies sich dann recht bald, dass dies auch nicht der wirtschaftlichste Weg ist und man disponierte erneut zugunsten von Neubauten um. Aus Kostengründen, sowohl beim Bau als auch im späteren Betrieb, sollen diese aber weitestgehend nach zivilen Standards gebaut werden. Das Beschaffungsvorhaben erhielt die Bezeichnung Project Sea 1444.
In dem seit Sommer 2001 laufenden Ausschreibungsverfahren zwischen neun Werften ging die australische Werft Austal Ships als Sieger hervor. Austal war bisher erfolgreich tätig unter anderem im Bau von schnellen Personenfähren, Luxusyachten und Patrouillenfahrzeugen wie z. Bsp. die BAY-Klasse der australischen Küstenwache. Am 17. Dezember 2003 unterzeichnete der Verteidigungsminister Robert Hill den Auftrag zum Bau von zwölf Booten im Gesamtvolumen von ca. 350 Mio Euro. Der Bau erfolgt bei der zu Austal gehörenden Henderson-Werft in der Nähe von Fremantle im Südwesten des Landes. Die inzwischen als ARMIDALE-Klasse bezeichneten Boote sollen ab Mai 2005 zulaufen. Sie werden Traditionsnamen (ARMIDALE, BATHURST, BUNDABERG, ALBANY, PIRIE, MAITLAND, ARARAT, LAUNCESTON, LARRAKIA, WOLLONGONG, CHILDERS, BROOME) der Australischen Marine tragen. Das Programm soll Mitte 2008 zum Abschluß kommen. Die Bauwerft ist vertraglich verpflichtet für jedes Boot über einen Zeitraum von 15 Jahren die logistische Unterstützung sicherzustellen.
Schiffscharakteristik und technische Daten
Die neuen Patrouillenboote haben bei 56,80 m Länge, 9,50 m Breite und einem Tiefgang von 2,70 m eine maximale Verdrängung von 300 t. Sie sind damit um einiges größer als die Vorgängerklasse, was sich durch eine längere Stehzeit in See und besseres Seegangsverhalten auswirken wird. Rein rechnerisch können sie zusammen auf 3.000 Seetage im Jahr kommen, das sind 20% mehr als bei der FREMANTLE-Klasse. Als Einsatzgebiet soll ein Bereich bis zu 1.000 sm vor der Küste möglich sein. Neben einer Besatzung von 29 Mann / Frauen können vorübergehend weitere 20 Personen an Bord untergebracht werden.
Die Boote werden vollständig aus Aluminium gefertigt und ihr Aussehen hat eine gewisse Ähnlichkeit mit dem einer Yacht. Die lange Back wird durch einen Aufbautenkomplex mit Rundumsichtbrücke abgeschlossen. Die Schanz ist als große Arbeitsfläche ausgelegt und ist zugleich Aufstellungsort für die beiden Davids mit den RIBs (Rigid Inflatable Boat), die für Personentransport und zum Verbringen von Boarding Teams vorhanden sind. Die beiden RIBs haben Wasserstrahlantrieb und eine Länge von 7,24 m. Zwei Masten sind als Sensor- und Antennenträger vorhanden.
Der Antrieb der ARMIDALE-Klasse besteht aus zwei MTU 16V 4000 M70 Dieselmotoren mit einer Leistung von jeweils 2.320 kW. Sie ermöglichen eine Dauerhöchstgeschwindigkeit von 25 kn über 24 Stunden und bis zu einer Wellenhöhe von 2,5 m (Seegang 4). Die Reichweite beträgt, unter Berücksichtigung einer Kraftstoffreserve von 20 %, bei 12 kn Marschfahrt 3.000 sm. Die Boote sind mit zwei Wellen und zwei Rudern äußerst wendig und benötigen nur fünf Bootslängen als Stoppstrecke aus voller Fahrt. Ein Bugstrahlruder erhöht zusätzlich die Manövrierfähigkeit.
Bewaffnung und Ausrüstung
Als Bewaffnung wird auf der Back ein 25 mm Automatikgeschütz Typ Rafael Typhoon G aus israelischer Fertigung eingerüstet. Hierbei handelt es sich um eine stabilisierte Präzisionswaffe in Leichtbauweise, die speziell für schnelle, kleine Einheiten ausgelegt ist und sich bisher auf israelischen Patrouillenboote bewährt hat. Einsatz und Steuerung erfolgen über eine Fernbedienkonsole. Die Zieldaten erhält der Bediener über einen am Geschütz installierten Optroniksensor. Die Kadenz beträgt etwa 160 Schuß. Zusätzlich sind für beide Brückennocks jeweils ein schweres Maschinengewehr mit Kaliber 12,7 mm vorgesehen.
Eine umfangreiche moderne Kommunikationsausstattung ermöglicht den Verkehr mit militärischen Dienststellen, Behörden, Küstenwache oder Polizei sowie mit zivilen Einrichtungen, Handelsschiffen und Flugzeugen. An Überwachungssensorik sind eine optronische Anlage und ein Radar eingeplant.
Schlußbemerkung
Australien hat mit 36.000 km Küstenlinie, ausgedehnten Territorialgewässern sowie einer umfangreichen Ausschließlichen Wirtschaftszone einen hohen Überwachungsbedarf auf See. Die neuen Boote der ARMIDALE-Klasse, mit denen im Vergleich zu ihren Vorgänger-Booten ein deutlicher Gewinn an Überwachungskapazität erzielt wird, werden daher dringend an vorderster Front zur Bekämpfung von Drogenschmuggel, illegaler Einwanderung und illegalen Fischfangs benötigt. Die derzeit noch in Dienst befindlichen FREMANTLE-Boote haben sich bei diesen Aufgaben in der Vergangenheit zwar hervorragend bewährt, die Instandhaltung wurde aber unter technischen wie auch wirtschaftlichen Gesichtspunkten zunehmend problematisch. Die Stationierung der neuen Einheiten soll im Norden und Nordosten Australiens, in Darwin mit acht und Cairns mit vier Booten, erfolgen.
Schiffsdaten | |
Länge (m) Breite (m) Tiefgang (m) Verdrängung (t) Besatzung Einsatzdauer (Tage) | 56,80 9,50 2,70 300 29 + 20 42 |
Antrieb | Dieselmotoren |
2 x MTU 16V 4000 M70 (kW) Wellen / Ruder Höchstgeschwindigkeit (kn) Fahrstrecke (sm / kn) | 2 x 2.320 2 / 2 25 kn 3.000 bei 12 |
Bewaffnung und Ausrüstung | |
Rafael Typhoon G 25 mm Leichgeschütz Maschinengewehr 12,7 mm Beiboote (RIBs) Optronik Radar Kommunikationsanlagen | 1 2 2 - - - |
Bilder: Designentwurf ARMIDALE-Klasse / Quelle: Austal