Dieser Artikel wird mit freundlicher Genehmigung der “MarineForum — Zeitschrift für maritime Fragen” veröffentlicht.
Am 25. Juni 2004 stellte die australische Marine mit der Fregatte BALLARAT ihre sechste Einheit der ANZAC-Klasse in Dienst. Die Fregatte ist gleichzeitig die achte Einheit des ANZAC-Bauprogramms (siehe Tabelle), das als gemeinsames Fregattenprojekt der australischen und neuseeländischen Marine insgesamt zehn Einheiten umfasst, die bei Tenix Defence Systems in Williamstown / Australien seit Ende 1993 gebaut werden und deren letztes Schiff Mitte 2006 in Dienst gestellt werden soll. Eine bis Ende 1997 für die neuseeländische Marine bestehende Option zum Bau von zwei weiteren Einheiten wurde seinerzeit aus finanziellen Gründen nicht wahrgenommen. Die Pläne für das bisher größte Rüstungsvorhaben Australiens sind allerdings in Deutschland entstanden und basieren auf der von Blohm+Voss entwickelten MEKO 200-Klasse, die auch in den Marinen von Portugal, Griechenland und der Türkei in unterschiedlichen Varianten eingeführt ist. Das Beschaffungsvorhaben geht zurück auf ein im März 1987 zwischen Australien und Neuseeland abgeschlossenes Memorandum of Understanding zur gemeinsamen Beschaffung von Fregatten. Zur Wahl standen Entwürfe aus den Niederlanden (M‑Klasse), Großbritannien (Type 23) und Deutschland (MEKO 200).
Der Typschiff- und Klassenname ANZAC ist eine Wortschöpfung aus dem Ersten Weltkrieg und steht für Australian and New Zealand Army Corps. Ein solcher Verband wurde von beiden Staaten gemeinsam aufgestellt und kämpfte auf dem europäischen Kriegsschauplatz. Seither hat diese Bezeichnung Symbolwert und steht für eine aus Soldaten beider Länder gebildete Truppe.
Das Bauprogramm der Anzac-Klasse | ||||
Bord-Nr. | Name | Kiellegung | Stapellauf | Indienststellung |
150 | Anzac | 05.11.93 | 16.09.94 | 18.05.96 |
F 77 * | Te Kaha | 19.09.94 | 22.07.95 | 22.07.97 |
151 | Arunta | 22.07.95 | 28.06.96 | 12.12.98 |
F 111 * | Te Mana | 18.05.96 | 10.05.97 | 10.12.99 |
152 | Warramunga | 26.07.97 | 23.05.98 | 31.03.01 |
153 | Stuart | 25.07.98 | 17.04.99 | 17.08.02 |
154 | Parramatta | 05.06.99 | 17.06.00 | 04.10.03 |
155 | Ballarat | 04.08.00 | 25.05.02 | 25.06.04 |
156 | Toowoomba | 26.07.02 | Aug 03 | Jan 06 |
157 | Perth | 25.01.03 | 20.03.04 | Jun 06 |
* neuseeländische Marine |
Schiffscharakteristik und technische Daten
Bei einer Länge von 118 m, einer Breite von 14,8 m und einem Tiefgang von 6 m verdrängen die Fregatten der ANZAC-Klasse bei voller Ausrüstung 3.600 t. Die Besatzungsstärke beträgt 164 Personen. Der Schiffsentwurf basiert auf der bei Blohm+Voss entwickelten MEKO 200-Klasse, wobei MEKO für Mehrzweck-Kombination steht.
Die MEKO-Technologie, ist gekennzeichnet durch die modulare Bauweise. Unterschiedliche aber standardisierte Module für Waffen, Elektronik, Mastaufbauten, Schiffsbetriebseinrichtungen und Gerätepaletten lassen sich als Funktionseinheiten einrüsten. Insgesamt 21 solcher Module sind auf der MEKO 200 ANZ vorhanden. Die Konstruktion des Schiffskörpers und die Fertigung der Module erfolgt zeitlich parallel. Kurze Bauzeiten und Kosteneinsparung sowie große Flexibilität in der Zusammenstellung der Systemkomponenten sind charakteristische Merkmale des MEKO-Prinzips. Auch später notwendig werdende Reparaturen, Modernisierungen oder Umrüstungen können kostengünstig und mit geringem Aufwand durchgeführt werden.
Die Antriebsanlage ist als CODOG-Anlage (Combined Diesel or Gasturbine) ausgelegt. Sie setzt sich zusammen aus einer LM 2500 Gasturbine von General Electric Marine Gas Turbine Engines mit einer Leistung von 22.500 kW und zwei MTU 12V 1163 TB 83 Dieselmotoren mit jeweils 3.250 kW Leistung. Mit den beiden Dieselmotoren lässt sich eine Geschwindigkeit von 20 kn erreichen. Nach Zuschaltung der Gasturbine ist eine Höchstgeschwindigkeit von 27 kn möglich. Die Antriebsleistung wird über zwei Wellen mit fünfblättrigen Verstellpropellern in das Wasser übertragen. Im unteren Geschwindigkeitsbereich können beide Wellen mit einem Dieselmotor betrieben werden. Bei 18 kn hat die ANZAC-Fregatte eine Reichweite von etwa 6.000 sm. Die Erzeugung der elektrischen Energie erfolgt durch vier Siemens-Generatoren, die jeweils von einem MTU 8V 396 TE54 Dieselmotor angetrieben werden. Die Gesamtleistung der Generatorenanlage beträgt 2.480 kW.
Bewaffnung und Ausrüstung
An Artilleriebewaffnung steht auf der Back ein amerikanischer 127 mm Mk 45 mod 2 Geschützturm der Firma United Defense. Das vollautomatische Geschütz wiegt ca. 22 Tonnen und soll weltweit der leichteste 127-mm-Turm sein. Die maximale Kadenz beträgt 20 Schuß pro Minute und die Reichweite wird mit 23 km angegeben.
Unmittelbar hinter dem Steuerbord-Schornstein befindet sich ein achtzelliges Modul Mk 41 VLS (Vertical Launch System) zur Aufnahme von Schiff-Luft-Flugkörpern Sea Sparrow. Der 3,67 m lange und 231,5 kg schwere Flugkörper fliegt 2,5 Mach und hat eine Reichweite von etwa 15 km. Er dient dem Eigenschutz und dem eingeschränkten Verbandsschutz. Seine größte Wirkung erzielt der Flugkörper im Nahbereich. Auf der Fregatte WARRAMUNGA und den Folgeschiffen wird bereits eine Weiterentwicklung, der ESSM (Evolved Sea Sparrow Missile), eingerüstet. Mit dieser Maßnahme erhöht sich auch die Anzahl der mitgeführten Flugkörper auf 32. Die beiden älteren australischen Schwesterschiffe werden im Rahmen von Nachrüstungsmaßnahmen auf den gleichen Ausrüstungsstand gebracht. Der vergrößerte Durchmesser des ESSM macht den Einbau eines neuen Raketenmotors möglich. Zusammen mit der verbesserten Heckleitwerksteuerung wird eine höhere Geschwindigkeit (3 Mach) und bessere Manövrierfähigkeit erreicht. Zudem ergibt sich auch eine größere Reichweite (50 km) und eine verbesserte Eigenschiffverteidigung gegen moderne Seezielflugkörper. Eine modifizierte Lenkeinheit macht eine erhöhte Trefferquote gegen kleine Ziele möglich. Nach Berichten aus der Fachpresse sollen bei der australischen Marine auch Überlegungen zur Einrüstung von acht Schiff-Schiff-Flugkörpern Harpoon und einer Nächstbereichsflugabwehranlage Phalanx bestehen.
Für U‑Jagdaufgaben ist beidseitig auf dem Hauptdeck in Höhe der Schornsteine ein Dreierrohrsatz Mk 32 für U‑Jagdtorpedos vorhanden aus denen Torpedos des amerikanischen Typs Mk 46 und der italienisch-französische MU 90 Impact von Eurotorp eingesetzt werden können. Während ersterer bereits in der australischen Marine eingeführt ist, befindet sich der MU 90 Impact in der Beschaffung und wird auf der ANZAC-Klasse eingerüstet. Dieser 324-mm-Torpedo hat einen Wasserstrahlantrieb und erreicht Geschwindigkeiten von 29 bis 50 kn. Seine maximale Reichweite beträgt 10 km. Er ist für den Einsatz im fire-and-forget-Verfahren sowohl gegen schnelle, tieftauchende U‑Boote als auch gegen konventionell angetriebene U‑Boote im Flachwasserbereich geeignet. Eine Verwendung als Anti-Torpedo Torpedo ist möglich. Als U‑Jagdsensor ist ein Thales Spherion eingerüstet. Diese weitreichende Rumpfsonaranlage arbeitet mit 7 kHz.
Mit einem Zeitverzug von mehr als drei Jahren wurde Ende 2003 der erste von elf bestellten Bordhubschraubern des Typs Kaman Super Seasprite an die australische Marine abgeliefert. Allerdings ist das vorgesehene Einsatzführungssystem ITAS (Integrated Tactical Avionics System) frühestens Ende 2004 zu Erprobungszwecken einsatzfähig. Im Hubschrauberhangar der ANZAC-Klasse kann eine Maschine dieses Typs mitgeführt werden. Als Bewaffnung erhält der Super Seasprite den norwegischen Luft-Schiff-Flugkörper Penguin Mk 2 von Kongsberg. Der 0,8 Mach schnelle Flugkörper hat eine Reichweite von 26 km. Zur U‑Bootbekämpfung wird der schon erwähnte U‑Jagdtorpedo MU 90 Impact verwendet.
Hauptsensor der ANZAC-Klasse ist die neuere Version des Weitbereichs-Luftraumüberwachungsradars AN/SPS-49 von Raytheon. Das 2D-Radar, dessen Antenne sich auf dem achteren Pyramidenmast befindet, arbeitet im Frequenzband von 850 bis 942 MHz und ist in der Lage Luftziele bis zu einer Entfernung von 225 sm zu entdecken.
Ein weiterer wichtiger Radarsensor ist das 3D-Mehrzweckradar Sea Giraffe 150 HC der schwedischen Firma Ericsson. Die Anlage befindet sich auf dem vorderen Gittermast und dient der See- und Luftraumüberwachung, der Zielverfolgung sowie der Feuerleitung. Die Anlage arbeitet im Frequenzband 5,4 bis 5,9 GHz und hat eine maximale Reichweite von 100 km.
Der Feuerleitung dient die 9 LV 200 Tracker-Anlage der schwedischen Firma Celsius Tech. Unmittelbar vor dem Gittermast hat sie auf dem Brückenaufbau ihre Aufstellung gefunden. Der Radarteil arbeitet im Frequenzbereich 8700 bis 9500 MHz. Des weiteren sind TV- und Infrarot-Sensorik sowie ein Laser-Entfernungsmesser eingebaut. Die Einsatzreichweite wird mit 9 km angegeben.
Als Führungs- und Waffeneinsatzsystem ist das schwedische 9 LV Mk 3E Naval Combat Management System von SAAB Tech Systems vorhanden. Die C3 Anlage (Command, Control, Communication) zeichnet sich durch eine extrem schnelle Reaktionszeit und hohen Automatiesierungsgrad aus. Alle Sensoren und Effektoren des Schiffes sind hier integriert und kommen über die Anlage zum Einsatz.
Schlußbemerkung
Die ANZAC-Klasse ist eine vielseitig einsetzbare und für die speziellen Bedürfnisse ihrer beiden Betreibernationen ausgelegte Schiffsklasse. Die als klassische Mehrzweckfregatten konzipierten Schiffe können unter den klimatischen und ozeanographischen Bedingungen der Tropen wie auch der antarktischen Zone operieren. Bei nationalen und internationalen Übungen sowie bei mehreren Einsätzen im Rahmen von UN-Missionen haben sie ihre Leistungsfähigkeit unter Beweis gestellt.
Schiffsdaten | |
Länge (m) | 118 |
Breite (m) | 14,8 |
Tiefgang (m) | 6,0 |
Verdrängung (t) | 3.600 |
Besatzung | 164 |
Antrieb | CODOG |
LM 2500 Gasturbine (kW) | 1 x 22.500 |
MTU 12V 1163 Tb 83 Dieselmotor (kW) | 2 x 3.250 |
Wellen / Ruder | 2 / 2 |
Höchstgeschwindigkeit (kn) | 27 |
Marschfahrt (kn) | 18 |
Fahrstrecke (sm / kn) | 6.000 / 18 |
Bewaffnung | |
127-mm-Geschütz | 1 x Mk 45 mod 2 |
Schiff-Luft-Flugkörper | 8 x Sea Sparrow |
oder | |
32 x ESSM | |
Luft-Schiff-Flugkörper | Penguin Mk 2 |
U‑Jagdtorpedo | MU 90 Impact |
Torpedoabwehr | SLQ-25 Nixie |
Bordhubschrauber | Super Seasprite |
Sensoren / Ausrüstung | |
2D-Weitbereichsradar | AN / SPS-49 |
3D-Mehrzweckradar | Sea Giraffe 150 HC |
Zielverfolgung | 9 LV 200 |
Sonar | Spherion |
Führungs- und Waffeneinsatzsystem | 9 LV Mk 3E |
LINK 11 und Satellitenkommunikation |
Bildquelle: www.naval-technology.com