Forderungen an ein UAV
Die Forderungen, die die Marine an ein UAV stellt, kennzeichnen sich durch zwei Merkmale: zum einen durch die Art und Qualität der Aufklärungsergebnisse und zum anderen durch die zeitliche und räumliche Verfügbarkeit des Aufklärungsmittels im Einsatzgebiet.
Im Einzelnen sind die wesentlichen Forderungen wie folgt spezifiziert:
Es ist ein 60° Grad Sektor bis zu einer Entfernung von 350 km bezogen auf den Verband abzudecken. Die Entfernung von 350 km korreliert sowohl mit der Reichweite des eigenen Flugkörpers, dem RBS 15, als auch mit den Reichweiten anderer moderner Seezielflugkörper.
Auf der Grundlage der Lageaufklärung ist eine tägliche Verfügbarkeit von mindestens vier Zeitblöcken a drei Stunden im Einsatzgebiet zu gewährleisten, um die Seeraumüberwachung lageabhängig zu einer Ziel- und Wirkungsaufklärung verdichten zu können.
Das zur Ziel- und Wirkungsaufklärung eingesetzte UAV hat eine echtzeitnahe Informationsbereitstellung sicherzustellen, d.h., dass 20 Minuten nach dem Tasking das Ziel aufgeklärt ist und die Zieldatenübermittlung einsetzen kann.
Eine nichtkooperative Identifizierung von Kontakten im Rahmen der Ziel- und Wirkungssaufklärung ist zu ermöglichen. Nichtkooperativ heißt, dass der Kontakt selbst keinen aktiven Beitrag zu seiner Identifizierung leistet (z.B. kein IFF).
Die Aufklärungsleistung ist wetter‑, klima- und tageszeitunabhängig zu erbringen, was unter Umständen einen Sensormix erforderlich macht.
Die Aufklärungsergebnisse sind sowohl in einem Verbund Nachrichtengewinnung und Aufklärung als auch den FÜWES und FüInfo-Sys verfügbar zu machen. Das bedeutet, dass das UAV integraler Bestandteil vernetzter Operationsführung wird.
Land- versus bordgestütztes UAV
Im Rahmen der Entscheidungsfindung wird darüber zu diskutieren sein worden, ob der Bedarf der Marine ein bordgestütztes UAV erfordert oder ob der Bedarf nicht auch durch ein landgestütztes Modell gedeckt werden kann. Aus wirkungsorientierter Sicht kommen gewiss beide Lösungen in Betracht.
Beide Lösungen bedingen jeweils spezifische Besonderheiten und Herausforderungen, die es zu erwägen gilt. Aspekte, die gegen eine landgestützte Version sprechen, betreffen vor allem die operative Verfügbarkeit, rechtliche Fragen und die Aufklärungsqualität:
Ein UAV für die Ziel- und Wirkungsaufklärung muss jederzeit für den Verbandsführer verfügbar sein, um der Dynamik des Einsatzgebietes Rechnung tragen zu können. Für eine landgestützte Version würde dies aufgrund langer Anmarschwege regelmäßig bedeuten, dass durchgängig ein UAV in der Luft ist, was schwierig zu realisieren sein wird.
Ist ein landgebundenes, eher hoch fliegendes UAV dann aber auch noch gezwungen, zur Identifizierung von Kontakten die Flughöhe zu reduzieren, verringert sich die Stehzeit im Einsatzgebiet drastisch. Es besteht die Gefahr, dass der Ablöserhythmus unterbrochen wird und eine durchgängige Verfügbarkeit nicht gewährleistet werden kann.
Der Einsatz von landgestützten UAV verbindet sich immer mit der Frage nach Lande‑, Überflug- und Abstützungsrechten, die von Drittstaaten zugestanden werden müssen, was in den seltensten Fällen vorauszusetzen ist. Man braucht nur einmal nahöstliche Szenarien zu reflektieren, um sich auszumalen, wie schwierig es wäre, im Falle eines militärischen Eingreifens einen Staat zu finden, der nicht entweder Konflikt- oder Interessenpartei ist und somit bereit wäre, derartige Rechte zuzugestehen. Darüber hinaus ist die Luftraumordnung über Land sehr viel rigider als über See.
Landgebundene Systeme, die eine entsprechende Reichweite und Stehzeit gewährleisten müssen, sind regelmäßig größer als bordgestützte Versionen und damit weniger agil, wodurch sie besonders bei der Ziel- und Wirkungsanalyse einer hohen Gefährdung ausgesetzt sind. Ob unter diesen Umständen dann aber überhaupt die geforderte Aufklärungsleistung auch bei weniger günstigen meteorologischen Bedingungen erbracht werden kann, ist fraglich.
Was der Nachteil des einen Systems, ist sicherlich in gewisser Weise der Vorteil des anderen. Aber auch mit einer bordgestützten Lösung verbinden sich Aspekte, die bedacht sein wollen:
Zunächst müssen die Voraussetzungen geschaffen sein, um ein UAV auf relativ kleinen Einheiten aufzunehmen, auszurüsten, zu warten, zu starten und auch wieder zu landen. Die Korvette K 130 ist nur knapp 90 Meter lang; Landedeck und Hangar sind entsprechend klein. Aus diesen Umständen leitet sich der Grundsatz ab: je kleiner das UAV, desto einfacher der Einsatz an Bord.
Einem solchen Grundsatz steht aber der Bedarf nach einer vernünftigen Payload entgegen. Allein ein Radargerät wiegt zwischen 50 und 150 kg. Hinzu kommen elektrooptische Sensoren sowie Antriebs‑, Kommunikations- und Steuerungselemente. Vor diesem Hintergrund sollte ein bordgestütztes UAV möglichst modular aufgebaut sein, um eine missionsabhängige Ausrüstung des UAV zu ermöglichen.
Da auch die Personal- und Unterbringungskapazitäten an Bord begrenzt sind, darf das System nicht allzu komplex sein, ein hoher Automationsgrad ist wünschenswert, so dass mit begrenztem Fach- und Bordpersonal ein Einsatz ermöglicht werden kann. Andererseits kommt eine bordgestützte UAV-Einheit aber mit deutlich weniger Personal aus als eine landgestützte, da das Bordpersonal zur Unterstützung herangezogen werden kann.
Im Rahmen der Entscheidungsfindung werden diese Faktoren und Umstände, die aus der maritimen Perspektive von besonderem Belang sind, gegeneinander abzuwägen und zu wichten sein. Neben der Marine haben aber auch Luftwaffe und Heer Bedarf an einem solchen unbemannten Aufklärungssystem. Es ist gegenwärtig schwierig zu beantworten, ob sich die spezifischen Forderungen und Präferenzen der einzelnen Bedarfsträger miteinander harmonisieren und auf lediglich ein System fokussieren lassen. Allerdings steht fest, dass die begrenzten finanziellen Mittel kaum in einem ersten Ansatz die Entwicklung und Beschaffung unterschiedlicher Systeme zulassen werden; insofern bedarf es auf allen Seiten der Bereitschaft, Kompromisse einzugehen.
Drohnen – Militärtechnologie der Zukunft
So bleibt abschließend festzustellen, dass auch in der Marine das Zeitalter der Drohnen angebrochen ist. Drohnen können die Fähigkeiten schwimmender Plattformen potenzieren, sie bieten vielfältige operative Möglichkeiten. Sie tragen dazu bei, das konzeptionell-planerische Dilemma maritimer Einsatzszenarien zu lösen und die durchhalte- und durchsetzungsfähigen Plattformen mit Subsystemen modularer Auslegung zu kombinieren, so dass weltweite und lang andauernde Einsätze auch unter den besonderen Bedingungen des Küstenvorfeldes möglich werden. Die enormen Kosten für die komplexen schwimmenden Plattformen zwingen zur Risikominimierung bei gleichzeitigem Fähigkeitsausbau für den operativen Einsatz. Drohnen leisten hierfür einen substanziellen und komplementären Beitrag zu bereits vorhandenen Systemen.
Die durchgängige Verfügbarkeit, die echtzeitnahe Informationsbereitstellung und die Möglichkeit der Identifizierung von Kontakten bestimmen die maßgeblichen Forderungen der Marine an ein solches taktisches und für die Ziel- und Wirkungsaufklärung optimiertes UAV. Drohnen sind auf dem Vormarsch, für die Marine tun sie Not.