Klassifikation
Unbemannte Aufklärungs- oder Kampfsysteme lassen sich grob in fünf Kategorien einordnen. Reichweite (Range), Gewicht (Weight) und Verweildauer am Einsatzort (Endurance) sind die entscheidenden Faktoren zur Klassifizierung von U©AVs:
a) HALE (High Altitude Long Endurance):
Einsatzmaschinen der HALE-Klasse haben für gewöhnlich eine permanente Einsatzdauer von mehr als 24 Stunden. Ihre Möglichkeit Dienstgipfelhöhen von über 15 000 Metern zu erreichen, prädestiniert sie zu einem Aufklärungssystem, welches große Flächengebiete mit seinen Sensoren überwachen kann. Ein Vorteil gegenüber anderen U©AVs ist die relative Sicherheit der Maschine vor bodengestützten Angriffen (surface-to-air). Bodengestützte Luftabwehrwaffen sind für diese Höhenbereiche kostenintensiv, benötigen ausgebildetes Fachpersonal und die entsprechende technologische Infrastruktur. In einem asymmetrischen Konflikt wird es dem Gegner aus diesen Gründen kaum möglich sein ein HALE-Flugzeug mit Boden-Luft-Raketen zu zerstören.
HALE‑U©AVs vereinen in sich den Vorteil der kostengünstigen und risikominimierten Aufklärung, indem sie Satelliten oder bemannte Aufklärungssysteme ersetzten oder zumindest wertvoll ergänzen können: Am 1. Mai 1960 wurde Francis Gary Powers während eines Spionagefluges über der Sowjetunion von einer SAM (surface-to-air-missile) abgeschossen und in einem späteren Gerichtsprozess zu drei Jahren Haft und sieben Jahren Zwangsarbeit verurteilt. Ein anderer Zwischenfall ereignete sich am 1. April 2001 als eine chinesische MiG mit einer amerikanischen EP-3E zusammenstieß und diese daraufhin in China notlanden musste. 24 Amerikaner wurden in Gewahrsam genommen und erst einige Tage später der USA überstellt.
Gegenwärtig besitzen nur die Vereinigten Staaten Flugsysteme, die als HALE klassifiziert werden könnten – z.B. die MQ‑1 Predator B von General Atomics Aeronautical Systems und die RQ‑4 Global Hawk von Northrop Grumman. Gegenwärtig verhandeln die USA und die Bundesrepublik Deutschland über das Nachfolgemuster des Seeaufklärers Breguet Atlantique. Sollte es zu einer Übereinkunft kommen, wird voraussichtlich der Euro Hawk der neue Aufklärer der deutschen Marine- und Luftwaffenstreitkräfte.
b) MALE (Medium Altitude Long Endurance):
Typen dieser Kategorie haben ein spezifisches Gewicht von 500 bis 2500 kg, befördern eine Zuladung von bis zu maximal 400 kg und besitzen eine Verweildauer von bis zu 24 Stunden im Gefechtsfeld. Der typische Höhenbereich der MALE-Klasse erstreckt sich von 5000 bis 15 000 Metern. In diesem Sektor betreiben mehrere Staaten Entwicklungen und/oder haben bereits Prototypen getestet respektive in Serie bauen lassen. Australien, Großbritannien, Frankreich, Israel, Italien, Indien, Japan, Russland, Deutschland u.a. haben neben den Vereinigten Staaten am Bau eigener MALE-Systeme gearbeitet und erfolgreich umgesetzt.
Das unmanned combat aerial vehicle (UCAV) Predator A wurde bereits mehrfach zu Kampfeinsätzen oder taktischen Aufklärungsflügen im Irak oder Afghanistan herangezogen. Es klärte wertvolle Ziele auf und übermittelte diese Daten an eine Bodenstation — einer Beurteilung des Ziels folgte ggf. ein Angriff mit bemannten Flugzeugen. Bestückt mit Hellfire Raketen kann das UCAV selbst Bodenziele angreifen. Im November des Jahres 2002 zerstörte eine Predator A ein Fahrzeug mit sechs mutmaßlichen al-Qaida Mitgliedern in Jemen.
c) TUAV (Tactical Unmanned Aerial Vehicles):
Drohnen der TUAV-Klasse haben in der Regel ein Gewicht von 100 bis 1000 kg und erreichen eine Maximalgipfelhöhe von 5000 Metern. Das Spektrum der Beladung hängt von der Konstruktion des unbemannten Flugsystems ab und variiert zwischen 5 und 100 kg. TUAV werden in den Streitkräften hauptsächlich für die Nahbereichsaufklärung der Bodentruppen eingesetzt und können somit mehrheitlich als UAV bezeichnet werden, da diese (bisher) nicht für Kampfaufgaben ausgelegt wurden. Für diesen Einsatzzweck benutzt die Bundeswehr Bombardier/Dornier CL 289. Sie besitzt eine Reichweite von 60 bis 400 km und erreicht durch das Rolls-Royce T‑117 Triebwerk eine maximale Geschwindigkeit von 720 Stundenkilometern. Die Navigation erfolgt georeferenziert über das GPS-System.
d) MUAV (Mini Unmanned Aerial Vehicles):
Die Reichweite der Mini-UAVs ist bauweisenbedingt auf etwa 10 Kilometer begrenzt, die Nutzlast bewegt sich im einstelligen Kilogrammbereich und die Parameter für Einsatzhöhe belaufen sich auf ca. 250 Meter und einer Verweildauer von ungefähr einer Stunde. Diese Systemklasse findet Verwendung zumeist auf Kompanieebene oder in Spezialeinheiten zur kurzfristigen Sondierung und Aufklärung des nahen Einsatzgebietes. MUAVs werden je nach Größe von Katapulten, mit Hilfe von kleinen Startraketen oder aus der Hand gestartet.
e) MAV (Micro Aerial Vehicles):
MAVs sind verkleinerte Drohnen von extrem geringer Größe, Verweildauer, Reichweite, Gewicht und relativ leichter Nutzlast. Besonders die DARPA (Defense Advanced Research Projects Agency) bemüht sich im Bereich der Kleinst-UAVs. Bekannter Vertreter dieser Kategorie ist die 170 Gramm leichte Wasp, welche mit der Energiemenge eines neun Watt Lithium-Ionen Akkus eine Flugdauer von fast zwei Stunden erreichte. Seiko Epson stellte 2003 auf der International Robot Exhibition den Micro Flying Robot FR‑I vor. Das Flugsystem bestand aus einem 2,5 g Kontrollmodul mit zwei Prozessoren und einer CCTV-Kamera. Das Gesamtgewicht lag bei 8,9 g. Der Nachfolger brachte es auf ein Gewicht von 12,3 g und eine Flugzeit von drei Minuten.
MAVs bieten die kostengünstige Möglichkeit zur Verkehrs- oder Stadtüberwachung oder ermöglichen die Verfolgung und Identifizierung von verdächtigen Personen. Mini-UAVs können im Gegensatz zu ihren großen Brüdern in geschlossenen Räumen agieren und dabei Aufklärungs- oder Überwachungsergebnisse übermitteln – in der Praxis könnte man z.B. während einer Geiselnahme die MAVs einen Raum erkunden und damit die Gefahrenlage beurteilen lassen können. Der Nachteil von diesen Systemen ist systembedingt – kleine Nutzlasten, geringe Reichweiten und kurze Einsatzzeiten. Zusätzlich sind MAVs nicht allwetterfähig und können nur bei gutem und stabilem Wetterlagen erfolgreich eingesetzt werden.
Mini Unmanned Aerial Vehicle — Gefechtsnahaufklärung.
Kosteneinsparungen
Durch den Wegfall der gesamten Besatzungseinrichtungen (Lebenserhaltungssysteme, Aufnahme- und Bewegungsraum der Besatzung etc.) kann der gesamte Flugapparat entweder kleiner und dadurch leichter gestaltet oder zur Steigerung der Reichweite/Verweildauer ausgebaut werden oder eine größere Anzahl an Aufklärungs- oder Bekämpfungsgeräten aufnehmen. Unbemannte ©AVs sind aufgrund ihres meist leichteren Gewichts und der geringeren Ausmaße im Unterhalt günstiger als bemannte Flugzeuge oder Hubschrauber.
Die Lockheed Martin/Boeing F‑22 Raptor ist ein Luftüberlegenheitsjäger der vierten Generation der US Air Force. Durch Eliminierung besatzungsrelevanter Systeme könnte man je Flugzeug mehr als 6 Millionen US-Dollar (USD) einsparen. Bei einem Auftragsvolumen von 178 Maschinen wären das Einsparungen im Wert von 1,068 Milliarden Dollar.
Nach den Richtlinien der US Luftwaffe (Air Combat Command Concept of Operations – ACC CONOPS) ist die bemannte F‑35 JSF für 8000 Flugstunden Lebensdauer ausgelegt und wird statistisch 400 Flugstunden in Kampfeinsätzen verbringen. Die Systemkosten des JSF belaufen sich auf 65 Millionen USD je Einheit. Das UCAV X‑45 ist für 2500 Flugstunden im Einsatz ausgelegt und der Stückpreis beträgt 15 Mio. USD. Je Flugstunde im Kampfeinsatz kosten demnach die F‑35 162 500 und die X‑45 6000 Dollar. Man müsste rechnerisch 27 UCAVs im Gefecht verlieren um auf eine verlorene bemannte F‑35 zu kommen.
Das Zentrum für Analysen und Studien der Bundeswehr (ZASBw) hat die Gesamtkosten von UCAVs von der In- bis zur Außerdienststellung auf etwa 30 % des Wertes von bemannten Flugzeugen geschätzt.