MarineForum Wochenschau

Dieser Artikel wird mit fre­undlich­er Genehmi­gung der „Marine­Fo­rum – Zeitschrift für mar­itime Fra­gen“ veröf­fentlicht.

NAH-/MITTELOST

Die militärische/sicherheitspolitische Lage im Nahen-/Mit­tleren Osten bleibt vom Bürg­erkrieg in Syrien und von der Bekämp­fung des islamistis­chen Ter­rors in Irak, Syrien und Libyen bes­timmt, aber auch der Bürg­erkrieg im Jemen find­et immer wieder mal auch mit mar­iti­men Ele­menten den Weg in die Medienberichterstattung.

Nach einem Angriff mut­maßlich­er Houthi-Rebellen auf einen Flüs­sig­gas­tanker in der Meerenge des Bab-el-Man­deb haben inter­na­tionale Mari­nen den Schutz des zivilen Seev­erkehrs (mit Pri­or­ität für Öl- und Gas­tanker) durch die geostrate­gis­che Schlüs­sel­stelle verstärkt.

Die britis­che Roy­al Navy ver­legte den Zer­stör­er „Dar­ing“, und man kann davon aus­ge­hen, dass auch Kriegss­chiffe der US Navy sowie der Mari­nen Ägyptens und Sau­di-Ara­bi­ens den Bab-el-Man­deb patrouil­lieren, um jedem Angriff sofort begeg­nen zu kön­nen. Auch die iranis­che Marine kündigte – getra­gen vom ort­süblichen Pro­pa­gan­da-Pathos – an, jedem iranis­chen Tanker enges Geleit zu geben.

 

KAMPF GEGEN DEN ISLAMISTISCHEN TERROR (Fortschrei­bung)

Bei der Bekämp­fung des islamistis­chen Ter­rors (IS, ISIS, ISIL, Daesh, al-Nus­ra, Al-Kai­da) bleibt eine inter­na­tion­al über­greifende Koali­tion weit­er­hin Fernziel. Noch zu viele Eigen­in­ter­essen einzel­ner Staat­en sowie die Spal­tung zwis­chen Schi­iten und Sun­niten bes­tim­men die Entwick­lung. Den­noch wird der IS in Syrien und im Irak, wo die Offen­sive auf Mosul fort­dauert, zunehmend auch aus Kernge­bi­eten seines „Kali­fats“ zurückgedrängt.

Syrien – Irak: US-geführte Koali­tion („Oper­a­tion Inher­ent Resolve“)

Eine US-geführte multi­na­tionale Koali­tion set­zt mit Oper­a­tion „Inher­ent Resolve“ Luftschläge gegen islamistis­che Ter­ror­grup­pen im Irak und in Syrien fort. Ziele sind Kom­man­dozen­tren (vor allem auch Führungsper­so­n­en), Stützpunk­te, Depots und von Islamis­ten kon­trol­lierte Öl-Anla­gen, daneben aber auch logis­tis­che Straßen­trans­porte und Grup­pen ver­legen­der Kämpfer, die im Irak auf den Flüssen Euphrat und Tigris vor allem auch Boote nutzen. Viele Angriffe dienen der direk­ten Unter­stützung (Close Air Sup­port) irakisch­er Boden­trup­pen oder kur­dis­ch­er Milizen — aktuell vor allem bei der aktuellen Offen­sive zur Rücker­oberung von Mosul. Zum Ein­satz kom­men seegestützt von Flugzeugträgern oder landgestützt von Flug­plätzen der Golf­s­taat­en, Jor­daniens und der Türkei operierende Kampf­flugzeuge der Stre­itkräfte zahlre­ich­er Staat­en. Die britis­che Roy­al Air Force nutzt ihre Basis in Akrotiri (Zypern).

Der US-Flugzeugträger „Eisen­how­er“ hat vom 1. — 5. Novem­ber zu Wartung und Instand­set­zung sowie Besatzungs-Erhol­ung einen zweit­en Hafenbe­such in Man­a­ma (Bahrain durchge­führt, ist aber inzwis­chen wieder in See. Aus ein­er Posi­tion im nord­west­lichen Per­sis­chen Golf set­zt die „Ike“ ihre Kampf­flugzeuge gegen IS-Ziele in Irak und Ost-/Nord-Syrien ein.

Der Verbleib des amphibis­chen Trägers „Wasp“ der US Navy bleibt vor­erst unklar. Zulet­zt hat­te das Schiff nach zwei Monat­en Ein­satz vor Libyen eine plan­mäßige acht­tägige Wartungspause in Sou­da Bay (Kre­ta) durchge­führt. Da es mehr als eine Woche nach Wieder­aus­laufen kein­er­lei Mel­dun­gen über eine Pas­sage des Suezkanals gibt, spricht vieles für eine Rück­kehr vor die libysche Küste (s.u.).

Ver­mut­lich vor dem Hin­ter­grund der bei Mosul (Irak) begonnenen Offen­sive hat der franzö­sis­che Präsi­dent Hol­lande den ursprünglich nur bis Ende Okto­ber geplanten Ein­satz der „Groupe Aeron­aval“ (GAN) der franzö­sis­chen Marine um den Flugzeugträger „Charles de Gaulle“ im östlichen Mit­telmeer „bis Mitte Dezem­ber“ verlängert.

Aus ein­er Posi­tion südlich Zyper­ns set­zt der Flugzeugträger seine an Bord mit­ge­führten Jagdbomber Rafale gegen Ziele im Irak, vor allem auch bei Mosul ein. Täglich wer­den bis zu 12 Aufk­lärungs- und/oder Luft-Boden-Ein­sätze von der „Charles de Gaulle“ geflo­gen. Die Ein­satzver­längerung dürfte zu zeit­gle­ichen Ein­sätzen mit dem rus­sis­chen Flugzeugträger „Admi­ral Kuznetsov“ führen; ob oder wie es hier eine Koor­dinierung geben wird, bleibt abzuwarten.

Zur GAN gehören neben dem Flugzeugträger noch die Zer­stör­er „Cheva­lier Paul“ und „Forbin“, die Fre­gat­te „Jean de Vienne“, ein U‑Boot der RUBIS-Klasse sowie der Ver­sorg­er „Marne“. Inte­gri­ert ist überdies die deutsche Fre­gat­te „Augs­burg“. Das Bun­destags­man­dat für die „Augs­burg“ endet übri­gens am 4. Dezember.

Drei Schiffe der britis­chen Joint Expe­di­tionary Force (Mar­itime) — Hub­schrauberträger „Ocean“, Dock­lan­dungss­chiff „Bul­wark“ und ein logis­tis­ches Unter­stützungss­chiff – operieren nach Übun­gen im Mit­telmeer nun um die Ara­bis­che Hal­binsel, wo für sie und eingeschiffte Roy­al Marines in den kom­menden Wochen (amphibis­che) Übun­gen mit befre­un­de­ten regionalen Stre­itkräften auf dem Pro­gramm ste­hen. Im Dezem­ber soll sich die „Ocean“ der Anti-IS-Oper­a­tion „Inher­ent Resolve“ im Per­sis­chen Golf anschließen und dann sog­ar für drei Monate die Auf­gaben des Flag­gschiffes der von der 5. US-Flot­te/US-Cent­Com geführten Task Force 50 (TF50) wahrnehmen. Der Hub­schrauberträger kann zwar selb­st keine Kampf­flugzeuge ein­set­zen, aber die Ein­sätze landgestützt operieren­der Koali­tions­flugzeuge koor­dinieren. Erst­mals soll damit ein britis­ch­er Offizier Befehlshaber der TF50 wer­den. Zur Vor­bere­itung hat der britis­che Ver­bands­führer in der abge­laufe­nen Woche den Flugzeugträger „Eisen­how­er“ besucht.

Syrien: Rus­s­land

Rus­s­land nimmt zwar auch den IS und al-Nus­ra ins Visi­er, macht aber weit­er­hin keinen Unter­schied zwis­chen Islamis­ten und Milizen der syrischen Oppo­si­tion, die gle­icher­maßen als “Ter­ror­is­ten” gel­ten. Nach wie vor erfol­gen viele rus­sis­che Luftan­griffe in direk­ter Unter­stützung des syrischen Regimes in Regio­nen, in denen islamistis­che Milizen nicht aktiv sind.

Libyen: US-Oper­a­tion „Odyssey Lightning“

Die seegestützten Auf­gaben der Anfang August „auf Bit­ten der inter­na­tion­al anerkan­nten libyschen Regierung der nationalen Ein­heit“ vor Libyen begonnenen anti-IS-Oper­a­tion „Odyssey Light­ning“ wur­den zulet­zt vom US-Dock­lan­dungss­chiff „San Anto­nio“ wahrgenom­men. Das zur „Wasp“ Amphibi­ous Ready Group der US Navy gehörende Dock­lan­dungss­chiff hat­te vor gut drei Wochen den zu ein­er Wartungspause nach Sou­da Bay (Kre­ta) abge­laufe­nen amphibis­chen Träger „Wasp“ abgelöst. Einiges spricht dafür, dass dieser inzwis­chen wieder vor die libysche Küste zurück­gekehrt ist und seine eingeschifften Kampf­flugzeuge AV-8B Har­ri­er und Kampfhub­schrauber AH-1W Super Cobra des US Marine Corps erneut in die Bekämp­fung islamistis­ch­er Milizen in und um die Küsten­stadt Sirte einbringt.
Auch die „San Anto­nio“ bietet mit guten Möglichkeit­en zum Ein­satz von Kampfhub­schraubern eine dur­chaus geeignete Plat­tform, den bei Sirte am Boden gegen IS kämpfend­en libyschen Stre­itkräften und regierungstreuen Milizen effek­tiv­en „Close Air Sup­port“ zu geben. Neben diesen seegestützten Oper­a­tio­nen set­zt die US Air Force auch bewaffnete Drohnen vom ital­ienis­chen Marine­fliegerhorst Sigonel­la (Sizilien) ein. Unbe­waffnete US-Aufk­lärungs­drohnen fliegen von ein­er „in Tune­sien ein­gerichteten Basis“.

 

BÜRGERKRIEG IN SYRIEN (Fortschrei­bung rus­sis­che Intervention)

Die Kon­flik­t­parteien im Lande sind eben­so wie aus­ländis­che Mächte und Reli­gion­s­grup­pen (Schiiten/Sunniten) weit­er­hin unfähig, auf der Suche nach Kom­pro­mis­sen einen „gemein­samen Nen­ner“ zu ein­er poli­tis­chen Lösung zu finden.

Rus­s­land und die USA block­ieren unter gegen­seit­i­gen Schuldzuweisun­gen jede Entschei­dung des UN Sicher­heit­srates. Das syrische Assad-Regime set­zt nicht zulet­zt im Bewusst­sein tatkräftiger rus­sis­ch­er Unter­stützung weit­er­hin auf eine mil­itärische Lösung. Der begin­nende Ein­satz der rus­sis­chen Flugzeugträger-Kampf­gruppe dürfte diese Hal­tung noch verstärken.

Mar­itime Aspekte

Die Kampf­gruppe der rus­sis­chen Nord­flotte um den Flugzeugträger „Admi­ral Kuznetsov“ und den nuk­lear­getriebe­nen Kreuzer „Petr Velikiy“ hat am 10. Novem­ber ihr Oper­a­tions­ge­bi­et zwis­chen Zypern und der syrischen Küste erreicht.

Auf dem Weg dor­thin wurde der Ver­band im östlichen Mit­telmeer zwis­chen Kre­ta und Zypern offen­bar von einem U‑Boot beschattet.

Das rus­sis­che Vertei­di­gungsmin­is­teri­um meldet, ein U‑Jagdhubschrauber Ka-27 Helix habe am 8. Novem­ber etwa „20km vom Flugzeugträger ent­fer­nt“ ein nieder­ländis­ches U‑Boot der WAL­RUS-Klasse ent­deckt (Periskop gesichtet?). Das U‑Boot sei dann von den zwei den Ver­band sich­ern­den U‑Jagdzerstörern „Sev­er­morsk“ und „Vitse-Admi­ral Kulakov“ (Anm: Let­zter­er ist also ent­ge­gen ander­slau­t­en­der Mel­dun­gen doch nicht in den Nord­flot­ten­bere­ich zurück­gekehrt) mit Sonar ver­fol­gt und schließlich „ver­trieben“ wor­den. Das nieder­ländis­che Vertei­di­gungsmin­is­teri­um äußerte sich bish­er in kein­er Weise, mochte bish­er nicht ein­mal die Anwe­sen­heit eines nieder­ländis­chen U‑Bootes bestätigen.

Laut­stark beschw­erte sich der Sprech­er des rus­sis­chen Vertei­di­gungsmin­is­teri­ums über die „gefährlichen Manöver in unmit­tel­bar­er Nähe der rus­sis­chen Kriegss­chiffe“. Tat­sache ist, dass solche Beobach­tung­sop­er­a­tio­nen inter­na­tion­al üblich sind, und ein Abstand von mehr als 10 Seemeilen ist dur­chaus nicht kri­tisch – überdies wenn es sich um inter­na­tionale Gewäss­er han­delt, die die rus­sis­che Marine (ohne formelle Erk­lärung von Gefahrenge­bi­eten) nicht ein­fach für sich reklamieren kann. Sie selb­st gibt sich übri­gens beim Ein­satz ihrer Ein­heit­en zur Beobach­tung west­lich­er Kriegss­chiffe wesentlich „unz­im­per­lich­er“.
Man darf aber wohl auch davon aus­ge­hen, dass die Erk­lärung des rus­sis­chen Sprech­ers vor allem dazu diente, die eige­nen „über­lege­nen Fähigkeit­en“ zur Ortung und Ver­fol­gung von U‑Booten her­auszustellen. So erwäh­nte er „neben­bei“, der Ver­band sei auch schon im Nor­dat­lantik von mehreren west­lichen U‑Booten beschat­tet wor­den. Man habe all diese – darunter ein US-U-Boot der VIR­GINIA-Klasse – „immer sofort ent­deckt und lück­en­los verfolgt“.

Mit Ein­tr­e­f­fen im Östlichen Mit­telmeer wurde die Ver­bandssicherung um die Ein­satz­gruppe ver­stärkt. Neben den bei­den o.a. Zer­stör­ern haben sich mit Zer­stör­er „Smetliviy“ und Fre­gat­te „Admi­ral Grig­orovich“ zwei kür­zlich ins Mit­telmeer ver­legte Kampf­schiffe der Schwarzmeer­flotte angeschlossen. Britis­chen Medi­en zufolge sollen auch drei U‑Boote (zwei nuk­lear­getriebene Boote der AKU­LA-Klasse und ein kon­ven­tionelles U‑Boot der KILO-Klasse) den rus­sis­chen Ver­band begleit­en. Aus offe­nen Quellen lässt sich dies nicht verifizieren.
Die logis­tis­che Kom­po­nente der Ein­satz­gruppe beste­ht weit­er­hin aus zwei Bergeschlep­pern und drei Tankern/Versorgern der Nord­flotte, darunter ange­blich auch ein Spezial­tanker zur bedarf­sweisen Auf­fül­lung der Dampf­sys­teme der Antrieb­san­la­gen des Flugzeugträgers und des Kreuzers mit speziellem Speise­wass­er (Des­til­lat). Ver­mut­lich eben­falls zur Unter­stützung des Ver­ban­des hat die Schwarzmeer­flotte am 5. Novem­ber den Flot­ten­tanker/-ver­sorg­er „Ivan Bub­nov“ ins Mit­telmeer verlegt.

Sofort nach Ein­tr­e­f­fen vor der syrischen Küste hat die „Admi­ral Kuznetsov“ auch oper­a­tiv­en Flug­be­trieb ihrer eingeschifften Kampf­flugzeuge (etwa zehn Su-33 Flanker und vier Mig-29 Fulcrum‑D) begonnen. Kampfein­sätze gab es allerd­ings noch nicht. Erste Flüge gal­ten dem Ver­traut­machen mit den Bedin­gun­gen im Oper­a­tions­ge­bi­et (Area Famil­iar­iza­tion) und der Aufk­lärung poten­tieller Ziele in Syrien.

erk­lärtes Warnge­bi­et vor Syrien Erste Kampfein­sätze dürften aber nicht lange auf sich warten lassen. Am Abend des 10. Novem­ber hieß es, man „bere­ite Luftschläge gegen die Ter­ror­is­ten in Syrien vor; sie kön­nten jed­erzeit begin­nen“. Schon vor­ab hat­te die rus­sis­che Marine für die Zeiträume 10. bis 15. Novem­ber und 17. bis 22. Novem­ber zwis­chen Zypern und syrischen Hoheits­gewässern ein Warnge­bi­et für „mil­itärischen Flug­be­trieb und Raketen­starts“ erk­lärt. Beobachter wollen einen medi­en­wirk­sam in Szene geset­zten Beginn des Syrien-Ein­satzes der rus­sis­chen Marine mit koor­dinierten Luft-Boden-Ein­sätzen der Trägerkampf­flugzeuge und zeit­gle­ichen Schüssen von Marschflugkör­pern Kali­br-NK durch die Fre­gat­te „Admi­ral Grig­orovich“ nicht ausschließen.

Oper­a­tiv wird all dies die Lage in Syrien allerd­ings kaum bee­in­flussen. Nach vielle­icht spek­takulärem Auf­takt sind von der „Admi­ral Kuznetsov“ durch­schnit­tlich etwa fünf Ein­sätze pro Tag zu erwarten. Dies sind deut­lich weniger als die Ein­sätze der rus­sis­chen Luft­waffe von ihrer vorgeschobe­nen Basis bei Latakia, wobei die Trägerkampf­flugzeuge überdies deut­lich weniger Waf­fen­ladung tra­gen kön­nen als die landgestützten Jagdbomber Su-24 Fencer. Die von britis­chen Medi­en her­auf­beschworene „völ­lige Zer­störung Alep­pos“ liegt nicht im Bere­ich der Möglichkeit­en des rus­sis­chen Flugzeugträgers.

Tat­säch­lich liegt die eigentliche Bedeu­tung des Mit­telmeere­in­satzes denn auch wohl darin, dass er über­haupt stat­tfind­et. Erst­mals (!) seit dem Zweit­en Weltkrieg soll Rus­s­lands Marine von See her aktiv in einen bewaffneten Kon­flikt ein­greifen. Auch die sow­jetis­che Marine hat­te weltweit jegliche Kampfhand­lun­gen ver­mieden, sog­ar in den Nahostkriegen ungeachtet des öffentlich beschwore­nen Bünd­niss­es mit Syien und Ägypten bewusst Abstand zu Kampfge­bi­eten gehal­ten. Erst­mals über­haupt will man nun nicht nur die Fähigkeit, son­dern vor allem die Bere­itschaft zu heimat­fern­er „Pow­er Pro­jec­tion From-the-Sea“ demon­stri­eren. Dies ist ganz sich­er auch als Aus­druck eines unter Präsi­dent Putin wach­senden neuen (mil­itärischen) Selb­st­be­wusst­seins mit Anspruch auf Anerken­nung als „auf Augen­höhe mit den USA“ glob­al operierende Super­ma­cht zu verstehen.

Dabei spielt keine Rolle, dass Ver­legung und Ein­satz des Ver­ban­des um die tech­nol­o­gisch ver­al­tete „Admi­ral Kuznetsov“ die rus­sis­che Marine vor erhe­bliche logis­tis­che Prob­leme stellen kön­nten. Abge­se­hen vom syrischen Tar­tus (mit nur begren­zten Kapaz­itäten) ver­fügt sie im gesamten Mit­telmeer­raum über kein­er­lei eigene logis­tis­che Basis, ja der Ver­trag von Mon­treux ver­bi­etet dem Flugzeugträger sog­ar ein Ein­laufen ins Schwarzmeer zu ein­er eventuell notwendig wer­den­den Instand­set­zung auf ein­er dor­ti­gen Werft. Schon bei früheren Mit­telmeer­fahrten der „Admi­ral Kuznetsov“ war man so nach tech­nis­chen Prob­le­men gezwun­gen zu „impro­visieren“. Die oper­a­tive Phase des Mit­telmeere­in­satzes dürfte nur wenig mehr als zwei Monate dauern, denn schon im Feb­ru­ar wird der Flugzeugträger wieder im Nord­flot­ten­bere­ich zurück erwartet, soll dort im März eine drin­gend fäl­lige zwei­jährige Werftliegezeit zur Grundüber­hol­ung und Mod­ernisierung beginnen.

Das rou­tinemäßig im Seege­bi­et zwis­chen Zypern und der syrischen Küste operierende Ständi­ge Mit­telmeergeschwad­er der rus­sis­chen Marine (Med­Sqn) dürfte sich mit dem Flugzeugträgerver­band zu ein­er gemein­sam geführten „Task Force“ zusam­mengeschlossen haben. Aktuell sind der Med­Sqn neben eini­gen Hil­f­ss­chif­f­en die Fre­gat­te „Pytliviy“, die FK-Korvette „Mirazh“ und der Minen­such­er „Ivan Gol­u­bets“ (alle Schwarzmeer­flotte) zugeteilt. Die kür­zliche Ver­legung des Zer­stör­ers „Smetliviy“ und der Fre­gat­te „Admi­ral Grig­orovich“ aus dem Schwarzmeer erfol­gte ver­mut­lich primär zur Unter­stützung des Flugzeugträgerver­ban­des. Eines der bei­den Kampf­schiffe kön­nte aber auch die seit drei Monat­en ver­legte Fre­gat­te „Pytliviy“ ablösen. In rus­sis­chen Inter­net­por­tal­en ist bezüglich der „Admi­ral Grig­orovich“ von ein­er „ins­ge­samt 5‑monatigen Ver­legung“ die Rede.

Mit Frach­tum­schlag im rus­sis­chen Schwarzmeer­hafen Noworossiysk (Anbindung an das rus­sis­che Eisen­bahn­netz), dauert die auch als „Syr­i­an Express“ beze­ich­nete Liefer­ung von Rüs­tungs­gütern nach Syrien und Nach­schub der dort einge­set­zten rus­sis­chen Trup­pen unver­min­dert an. Fast täglich passieren Lan­dungss­chiffe der rus­sis­chen Marine oder speziell für diese Trans­porte gebraucht in der Türkei gekaufte und als Hil­f­ss­chiffe in die rus­sis­che Marine inte­gri­erte, ex-zivile Frachtschiffe den Bosporus süd- oder nord­laufend. Anfang Novem­ber hat­te Rus­s­lands Vertei­di­gungsmin­is­ter Shoigu erk­lärt, täglich wür­den auf dem See- oder Luftweg etwa 2.000 t Fracht in Syrien ein­tr­e­f­fen; über­wiegend han­dele es sich dabei um „human­itäre Hilfsgüter“.

 

PIRATERIE

Nach fast drei Jahren Ruhe melden sich die soma­lis­chen Pirat­en offen­bar zurück.

Schon am 22. Okto­ber ließen sie 26 Besatzungsmit­glieder des im März 2012 (!) ent­führten tai­wane­sis­chen Fis­chereis­chiffes „Naham 3“ frei. Nach mehr als vier Jahren Ver­hand­lun­gen sollen sie nun ange­blich 1,5 Mio. US-Dol­lar Lösegeld erhal­ten haben.

Am gle­ichen Tag über­fie­len mut­maßlich soma­lis­che Pirat­en im Ara­bis­chen Meer einen Tanker. Dieser erste Angriff seit drei Jahren galt dem unter britis­ch­er Flagge fahren­den Pro­duk­ten­tanker „CPO Korea“. Mehr als 300 sm von der Küste Soma­lias ent­fer­nt steuerten sie mit einem einzel­nen Skiff das Schiff an und ver­sucht­en es zu entern. Abwehrmaß­nah­men hin­derten sie allerd­ings daran, und schließlich gaben sie ihre Absicht­en auf und dreht­en ab. Möglicher­weise sind sie zu einem Mut­ter­schiff zurückgekehrt.
Die in Oper­a­tion „Ata­lan­ta“ in der Region einge­set­zte EU Nav­For, in die die Deutsche Marine nur noch Seefer­naufk­lär­er P‑3C Ori­on ein­brin­gen kann, hat in Reak­tion auf den Zwis­chen­fall ihre Seege­bi­et­süberwachung verstärkt.

Sich­er auch mit Blick auf diesen unver­muteten Zwis­chen­fall hat der UN Sicher­heit­srat am 9. Novem­ber mit ein­er ein­stim­mig beschlosse­nen Res­o­lu­tion das Man­dat für die vor Soma­lia einge­set­zten inter­na­tionalen Seestre­itkräfte um ein weit­eres Jahr bis Ende 2017 verlängert.

 

GROSSBRITANNIEN

Bei einem Besuch der BAe Sys­tems Gov­an-Werft im schot­tis­chen Glas­gow äußerte sich Vertei­di­gungsmin­is­ter Michael Fal­lon zu mehreren Rüs­tungsvorhaben der Roy­al Navy.

So soll im kom­menden Som­mer am schot­tis­chen Clyde die erste von acht geplanten neuen Fre­gat­ten TYPE 26 („Glob­al Com­bat Ship) auf Kiel gelegt wer­den. Mit dem „Strate­gic Defence & Secu­ri­ty Review 2015“ (SDSR-15) hat­te die Regierung einen für die Roy­al Navy geplanten Bestand von “ins­ge­samt 19 Kampf­schif­f­en” (Zerstörern/Fregatten) grund­sät­zlich bestätigt, in der Real­isierung aber über­dacht. Man war zur Erken­nt­nis gekom­men, dass glob­ale Präsenz und Mar­itime Secu­ri­ty Oper­a­tions unter immer häu­figer ger­ade auch asym­metrischen Bedro­hun­gen sich auch mit min­der kampfkräfti­gen Ein­heit­en bew­erk­stel­li­gen lassen. Hoch-kom­plexe, “Alles-Kön­nende” und dann entsprechend teure Kampf­schiffe — wie die geplanten neuen Fre­gat­ten TYPE 26 – seien dur­chaus nicht bei jedem Ein­satz gefragt; man könne bei diesen daher auch mit gerin­genen Stück­zahlen auskom­men und zur Ergänzung bil­ligere, ein­fachere Kriegss­chiffe beschaffen.

Das bis dahin mit 13 Ein­heit­en geplante Vorhaben zur Beschaf­fung von “Glob­al Com­bat Ships” TYPE 26 wurde dementsprechend auf acht Schiffe reduziert. Bei nun­mehr angekündigtem Baube­ginn Mitte 2017, soll das Typ­schiff wohl 2023 zulaufen und dann den allmäh­lichen Ersatz älter­er Fre­gat­ten TYPE 23 einleiten.

Anstelle der gestrich­enen fünf TYPE-26 sah der “SDSR-15” die Beschaf­fung bil­liger­er Mehrzweck-Fre­gat­ten vor. Min­is­ter Fal­lon bestätigte noch ein­mal die Pla­nung für diese vor­ab als TYPE 31 beze­ich­neten Schiffe, machte jedoch zur zeitlichen Pla­nung noch keine Angaben. Die Entwick­lung eines Design-Konzeptes solle aber “bald begin­nen”; nach 2030 kön­nten über die zunächst fünf geplanten Schiffe hin­aus ggf. sog­ar noch weit­ere Bestel­lun­gen folgen.

Um die Anzahl der für Präsen­zein­sätze ver­füg­baren Ein­heit­en weit­er zu erhöhen (und zur Unter­stützung der schot­tis­chen Werftin­dus­trie), waren 2013 drei Off­shore Patrol Ves­sel der FORTH-Klasse (mod­i­fizierte RIV­ER-Klasse) bestellt wor­den. Im August dieses Jahres wurde das erste der drei Schiffe zu Wass­er gelassen und wird nun aus­gerüstet. Die “Forth” soll im kom­menden Jahr in Dienst gestellt wer­den, die Schwest­er­schiffe ”Med­way” und “Trent” dann bis 2018 folgen.
Im SDSR-15 hat­te die Regierung den Bau von zwei weit­eren Schif­f­en dieses Typs angekündigt, und auch hier kon­nte der Min­is­ter nun präzisieren: die Aufträge für das 4. und 5. OPV wür­den schon “sehr bald unter­schrift­sreif”; sie soll­ten der Roy­al Navy auch schon bis 2019 übergeben wer­den, bevor die schot­tis­chen Werften dann mit dem Bau von TYPE 26 aus­ge­lastet seien.

Der Min­is­terbe­such auf der schot­tis­chen Werft und auch die hier gemacht­en Ankündi­gun­gen kom­men nicht von unge­fähr. Beobachter sehen die öffentlichkeitswirk­sam in Szene geset­zten Bestä­ti­gun­gen und langfristi­gen Zusagen für die Baupro­gramme der Roy­al Navy — mit „Arbeit­splatzsicherung bis nach 2035“ — in erster Lin­ie vor dem Hin­ter­grund des im kom­menden Jahr einzulei­t­en­den „Brex­it“. Mit Blick auf ein nach dem Aus­tritt Großbri­tan­niens aus der EU möglich­es neues Unab­händigkeits-Ref­er­en­dum Schot­t­lands sei Michael Fal­lon vor allem daran gele­gen gewe­sen, die Bedeu­tung britis­ch­er Regierungsaufträge für die (noch) heimis­che schot­tis­che Werftin­dus­trie zu unterstreichen.

 

RUSSLAND

Nun sind die Tage des let­zten FK-Kreuzers der KARA-Klasse wohl endgültig gezählt.

In den 1970-er Jahren waren in Myko­la­jew (heute Ukraine) ins­ge­samt sieben Kreuzer dieses Typs gebaut wor­den. Sie waren für U‑Jagd opti­miert, ver­fügten als Mehrzweck-Kampf­schiffe aber auch über FK-Sys­teme zur Seeziel­bekämp­fung und Flu­gab­wehr. Nach dem Zer­fall der Sow­je­tu­nion kam für die meis­ten schnell das Ende. Mit „Ochakov“ und „Kerch“ hat­te schließlich nur noch die Schwarzmeer­flotte zwei der 10.000-ts-Schiffe in Dienst. Bei­de soll­ten noch ein­mal mod­ernisiert wer­den. Die „Kerch“ schloss diese Mod­ernisierung auch ab und kehrte Ende 2009 zur oper­a­tiv­en Schwarzmeer­flotte zurück.

Die Arbeit­en auf der „Ochakov“ kamen wegen ver­mut­lich finanziellen Prob­le­men jedoch nicht voran und wur­den schließlich abge­brochen. Der Kreuzer wurde aus­ge­mustert und in Sewastopol aufgelegt. Im März 2014 ent­führten pro-rus­sis­che Sep­a­ratis­ten das Schiff und versenk­ten es vor der Krim. Der Kreuzer wurde später wieder gehoben und zur Ver­schrot­tung nach Sewastopol zurück geschleppt.

Einziger verblieben­er KARA-Kreuzer war damit die „Kerch“, die 2014 in Sewastopol sog­ar noch eine weit­ere Grundüber­hol­ung begann. Dort brach dann im Novem­ber 2014 ver­mut­lich bei Schweißar­beit­en ein größeres Feuer an Bord aus. Die Befun­dung der schw­er beschädigten „Kerch“ ergab, dass die Kosten für die Wiederin­stand­set­zung den oper­a­tiv­en Wert weit über­stiegen hät­ten. Ende Dezem­ber wurde beschlossen, auf die Reparatur zu verzicht­en und das Geld bess­er in Neubaut­en zu investieren.

Ein halbes Jahr später, im Juli 2015, wurde diese Entschei­dung rev­i­diert. Grund war offen­bar der Kon­flikt mit der Ukraine. Der plöt­zliche Liefer­aus­fall ukrainis­ch­er Gas­tur­binen verzögerte, ja gefährdete den Neubau für die Schwarzmeer­flotte geplanter Fre­gat­ten, und für die rus­sis­che Marine bot sich der aufgelegte Kreuzer als Lück­en­füller an. Offen­sichtlich wurde auch sehr zügig in ihre Wieder­her­stel­lung investiert. Im Jan­u­ar 2016 war die „Kerch“ in frisch­er Farbe und auch schon mit ein­er neuen Seiten­num­mer zu sehen.

Alles sprach also für eine baldige Rück­kehr der „Kerch“ zur oper­a­tiv­en Schwarzmeer­flotte, aber nun ist ihr Schick­sal wohl doch besiegelt. Auf der „Lad­niy“, ein­er der bei­den noch bei der Schwarzmeer­flotte aktiv­en Fre­gat­ten der KRI­VAK-Klasse, sind die Gas­tur­binen defekt und müssen kurzfristig erset­zt wer­den. Das Schiff wird offen­bar drin­gend zur Unter­stützung des Ständi­gen Mit­telmeergeschwaders benötigt. Orig­inal­tur­binen ukrainis­ch­er Fer­ti­gung sind nicht ver­füg­bar, rus­sis­ch­er Ersatz ist in der Entwick­lung, dürfte aber noch gut zwei Jahre auf sich warten lassen. Nun waren aber auf der „Kerch“ kurz vor dem Brand nagel­neue ukrainis­che Gas­tur­binen instal­liert wor­den. Diese sollen nun kurzfristig aus­ge­baut und auf die „Lad­niy“ trans­feriert wer­den. Dass die „Kerch“ nach dieser „Kani­bal­isierung“ noch ein­mal in den oper­a­tiv­en Dienst zurück­kehren wird, ist prak­tisch auszuschließen. Sobald Gas­tur­binen aus rus­sis­ch­er Fer­ti­gung ver­füg­bar sind, kann auch der Bau von Fre­gat­ten wieder aufgenom­men wer­den. Die „Kerch“ wird damit nicht mehr als Lück­en­füller benötigt.

 

USA

Par­al­lel zum Zulauf neuer nuk­lear­getrieber U‑Boote der VIR­GINIA-Klasse wer­den die älteren U‑Boote der LOS ANGE­LES-Klasse nach und nach ausgemustert.

Am 4. Novem­ber wurde nun in San Diego die „San Fran­cis­co“ feier­lich außer Dienst gestellt. SSN-711 hat­te den größten Teil sein­er 35 Dien­st­jahre bei der Paz­i­fik­flotte ver­bracht, war in Pearl Har­bor (Hawaii) sta­tion­iert. Im Jan­u­ar 2005 machte das U‑Boot weltweit Schlagzeilen.

Etwa 360 sm südöstlich von Guam traf die „San Fran­cis­co“ getaucht in etwa 150 m Tiefe in voller Fahrt mit gut 30 kn frontal auf ein Hin­der­nis und „kam abrupt zum Still­stand“. Alle Per­so­n­en an Bord wur­den zum Teil meter­weit durch die Luft geschleud­ert. Ein Besatzungsmit­glied erlitt dabei tödliche Kopfver­let­zun­gen, viele weit­ere kamen mit Knochen­brüchen davon. Der Bug der „San Fracis­co“ wurde fast völ­lig zer­stört. Auch der Druck­kör­p­er wurde einge­drückt, glück­licher­weise aber nicht aufgeris­sen; der Reak­tor blieb unbeschädigt. Mit Mühe gelang das Not-Auf­tauch­manöver (der Kom­man­dant: „it was touch and go“). Nach­dem die schw­er­er Ver­let­zten von Hub­schraubern abge­bor­gen waren, kon­nte das U‑Boot begleit­et von Sicherungs­fahrzeu­gen dann sog­ar langsam aus eigen­er Kraft nach Guam zurück­kehren. Unter­suchun­gen zeigten, dass die „San Fran­cis­co“ einen in den an Bord vorhan­de­nen Seekarten nicht verze­ich­neten Unter­wass­er-Vulkan ger­ammt hatte.
Trotz der schw­eren Schä­den wurde entsch­ieden, die „San Fran­cis­co“ wieder instandzuset­zen. Die Arbeit­en dauerten fast drei Jahre und kosteten (min­destens) 88 Mio. Dol­lar. 2008 kon­nte SSN-711 wieder in Ein­sätze geschickt wer­den und noch weit­ere acht Jahre für die US Navy fahren.

Nach ihrer nun­mehri­gen Aus­musterung wird sich die „San Fran­cis­co“ noch in diesem Monat von San Diego (Kali­fornien) auf den lan­gen Weg nach Nor­folk (Vir­ginia) machen. Dort soll sie in den kom­menden zwei Jahren zu ein­er Plat­tform für die Hafe­naus­bil­dung kün­ftiger amerikanis­ch­er U‑Bootfahrer umge­baut wer­den. Im Gegen­satz zu vie­len anderen bere­its aus­ge­musterten U‑Booten der LOS ANGE­LES-Klasse ist ihr also ein „zweites Leben“ beschert.

 

USA

Direkt mit der Beschaf­fung von Zer­stör­ern der ZUMWALT-Klasse war auch die Entwick­lung neuer Spezial­mu­ni­tion verbunden.

Haupt­waf­fen­sys­tem der neuen Kampf­schiffe sind zwei 155-mm Schiff­s­geschütze „Advanced Gun Sys­tems“ (AGS) — und diese soll­ten eine weltweit ein­ma­lige Muni­tion ver­schießen. Das Long-Range Land-Attack Pro­jec­tile (LRLAP) sollte als all­wet­ter­fähige Präzi­sion­s­mu­ni­tion mit angestrebter Reich­weite von bis zu etwa 160 km vor allem amphibis­che Ein­satzkräfte bei Oper­a­tio­nen im Hin­ter­land ein­er Küste von See her effek­tiv unterstützen.

Die Entwick­lung kam gut voran, und bei Probeschüssen wur­den auch schon Reich­weit­en von fast 125 km erre­icht — Wel­treko­rd für schiff­s­gestützte Artillerie. Nach dem Abschuss aus dem AGS sorgte ein Raketen­mo­tor für einen Flug der Granate über ihre bloße bal­lis­tis­che Reich­weite hin­aus. Kleine Steuer­tragflächen lenk­ten sie dabei mit Hil­fe von GPS-Satel­liten­nav­i­ga­tion präzise ins Ziel. Mit Nach­weis der Mach­barkeit des Vorhabens erhielt Lock­heed-Mar­tin den Auf­trag, LRLAP bis zur Serien­reife weit­er zu entwick­eln. Jed­er neue Zer­stör­er der ZUMWALT-Klasse sollte ins­ge­samt bis zu 920 der Präzi­sion­s­geschosse in seinen Mag­a­zi­nen mitführen.

Die Serien­pro­duk­tion von LRLAP sollte 2011 begin­nen, wurde aber mit den Ver­spä­tun­gen im Zer­stör­er-Pro­gramm immer wieder ver­schoben. Nun wurde offen­sichtlich beschlossen, das Vorhaben LRLAP nicht weit­er zu ver­fol­gen, und der von der US Navy für das Haushalt­s­jahr 2018 vorgelegte Bud­geten­twurf weist auch kein­er­lei Mit­tel mehr dafür aus. Grund dafür ist, dass wegen extrem hoher Kostenüber­schre­itun­gen nur noch drei statt der ursprünglich geplanten bis zu 32 neuen Zer­stör­er gebaut wer­den. Damit wären auch nur weniger als 10% der geplanten LRLAP zu beschaf­fen gewe­sen, und diese so sig­nifikant reduzierte Stück­zahl ließ den Preis für ein Geschoss von ursprünglich etwa 350.000 US Dol­lar auf mehr als 800.000 US Dol­lar steigen. Eine LRLAP-Granate würde damit fast so teuer wie ein Marschflugkör­p­er Tom­a­hawk- und dieser hat bei ähn­lich­er Präzi­sion eine Reich­weite von mehr als 1.000km.

Kaum ver­wun­der­lich, wird nun fieber­haft eine aus den 155-mm AGS der ZUMWALT-Zer­stör­er zu ver­schießende aber kostengün­stigere Alter­na­tive zu LRLAP gesucht. Eine solche kön­nte eine Vari­ante des für die nor­malen 127-mm (5 inch) Stan­dard-Schiff­s­geschütze Mk 45 entwick­elte Hyper Veloc­i­ty Pro­jec­tile (HVP) wer­den. HVP ist ein Neben­pro­dukt des für die elek­tro­mag­netis­che Rail­gun entwick­el­ten Geschoss­es. Die zur Min­imierung von Luftwider­stand und Rei­bung­shitze speziell geformte Granate erre­icht bei der Rail­gun Geschwindigkeit­en von bis zu Mach 7; in der für nor­male Mari­negeschütze mod­i­fizierten Vari­ante muss man sich mit „nur“ Mach 3 (bei Mün­dungsaus­tritt) zufrieden geben — auch das ist aber schon mehr als die dop­pelte Geschwindigkeit ein­er nor­malen 127-mm-Granate und aus­re­ichend für Reich­weit­en von 100km und mehr. Die Kosten eines HVP wer­den übri­gens mit nur etwa 15.000 Euro beziffert.