Wochenschau MarineForum vom 13.12.2015

NAH-/MITTELOST

Die mil­itärische Lage im Nahen-/Mit­tleren Osten bleibt von der Bekämp­fung des ter­ror­is­tis­chen “Islam­ic State” (IS) sowie den Bürg­erkriegen in Syrien und Jemen bestimmt.

KRIEG GEGEN DEN ISLAMISTISCHEN TERROR (Fortschrei­bung)

Im „Krieg“ gegen den vornehm­lich von Syrien und Irak aus­ge­hen­den islamistis­chen Ter­ror (IS, ISIS, ISIL, Daech) wächst inter­na­tion­al die Bere­itschaft, sich mil­itärisch zu engagieren, aber eine wirk­lich inter­na­tion­al über­greifende, bre­ite Koali­tion bleibt vor­erst Fernziel; noch zu viele Eigen­in­ter­essen einzel­ner Staat­en bes­tim­men die Entwick­lung. So ist die Hal­tung einiger ara­bis­ch­er Staat­en noch sehr „ambiva­lent“, und Rus­s­land mag nach sein­er Inter­ven­tion im syrischen Bürg­erkrieg weit­er­hin noch nicht zwis­chen IS und oppo­si­tionellen Rebellen unter­schei­den. Span­nun­gen zwis­chen Rus­s­land und der Türkei erschw­eren zusät­zlich inter­na­tion­al abges­timmtes Han­deln. Zugle­ich gibt es zunehmend Berichte, nach denen Teile von IS nach Libyen ausweichen.
US-geführte, multi­na­tionale Koalition

Eine US-geführte multi­na­tionale Koali­tion set­zt mit der Oper­a­tion „Inher­ent Resolve“ Luftschläge in von IS kon­trol­lierten Gebi­eten im Irak und in Syrien fort. Ziele sind Kom­man­dozen­tren, Stützpunk­te, Depots und von den Islamis­ten kon­trol­lierte Öl-Anla­gen (Haupt­fi­nanzierungsquelle), daneben aber auch logis­tis­che Straßen­trans­porte (Tan­klast­wa­gen im Ölschmuggel) und ver­legende Kämpfer. Aktuell geht es auch darum, die Verbindungsroute zwis­chen den IS-Hochbur­gen Raqqa in Syrien und Mosul im Irak zu sper­ren, um so ein Auswe­ichen der IS-Kämpfer von Syrien nach Irak zu ver­hin­dern. Zum Ein­satz kom­men seegestützt von Flugzeugträgern und landgestützt von Flug­plätzen der Golf­s­taat­en, Jor­daniens und der Türkei operierende Kampf­flugzeuge der Luft­waf­fen zahlre­ich­er Staat­en. Die britis­che Roy­al Air Force nutzt ihre Basis in Akrotiri (Zypern).

Apache Kampfhub­schrauber der US Army auf der ‘Kearsarge’ (Foto: US Navy)Die „Har­ry S Tru­man“ Car­ri­er Strike Group (CSG) der US Navy befind­et sich weit­er­hin im Mit­telmeer, hat bis zum 9. Dezem­ber einen mehrtägi­gen Besuch in Split (Kroa­t­ien) durchge­führt. Noch ist unklar, wann der US Ver­band durch den Suezkanal in die Gol­fre­gion ver­legen wird. Es ist nicht auszuschließen, dass er als „Gegengewicht“ zur rus­sis­chen Marinepräsenz und angesichts der rus­sisch-türkischen Span­nun­gen vor­erst im östlichen Mit­telmeer bleibt. Zum Ver­band gehören neben dem Flugzeugträger „Har­ry S. Tru­man“ noch der Kreuzer „Anzio“ sowie die Zer­stör­er „Grave­ly“, „Bulke­ley“ und „Gon­za­les“. Zusät­zlich zu den Kampf­flugzeu­gen F/A‑18E/F Super Hor­net des Flugzeugträgers kön­nen die „Anzio“ und die drei Zer­stör­er bei Bedarf auch Marschflugkör­p­er Tom­a­hawk einsetzen.

Im Per­sis­chen Golf operiert weit­er­hin der amphibis­che Träger „Kearsarge“ der US Navy. Von ein­er Posi­tion im nord­west­lichen Per­sis­chen Golf fliegen eingeschiffte Jagdbomber AV-8B Har­ri­er des US Marine Corps Ein­sätze gegen IS-Ziele im Irak. Aktuelle Fotos zeigen auch Kampfhub­schrauber Apache der US Army bei Flug­be­trieb auf der “Kearsarge”.

Die „Groupe Aeron­aval“ (GAN) der franzö­sis­chen Marine mit dem Flugzeugträger „Charles de Gaulle“ hat im Rah­men ihrer „Mis­sion Arro­manch­es 2“ am 7. Dezem­ber den Suezkanal passiert und ver­legt im Roten Meer nach Süden.
GAN passiert Suezkanal (Foto: franz. Marine)
In einem bish­er ein­ma­li­gen Schritt hat der als Ver­bands­führer auf der „Charles de Gaulle“ eingeschiffte franzö­sis­che RAdm Rene-Jean Crig­no­la mit Erre­ichen des Roten Meeres (Oper­a­tions­ge­bi­et der 5. US-Flotte) das Kom­man­do über die „Task Force 50“ der US Navy über­nom­men. Die dem US Naval Forces Cen­tral Com­mand unter­ste­hende TF 50 wird üblicher­weise durch eine um die ara­bis­che Hal­binsel operierende Car­ri­er Strike Group der US Navy gebildet. Die franzö­sis­che Führung war ver­mut­lich schon länger geplant, um auf­bauend auf zwei früheren (2014 und Früh­jahr 2015) Ver­legun­gen der GAN mit gemein­samen Oper­a­tio­nen mit ein­er CSG der US Navy die Inter­op­er­abil­ität bei­der Mari­nen weit­er zu verbessern.

Zur GAN (nation­al auch „Task Force 473“) gehören neben dem Flugzeugträger „Charles de Gaulle“ der für Flu­gab­wehr opti­mierte Zer­stör­er „Cheva­lier Paul“, die U‑Jagd-Fre­gat­te „La Motte-Piquet“, der auch als Führungss­chiff aus­gerüstete Ver­sorg­er „Marne“ sowie ein nuk­lear­getriebenes U‑Boot der RUBIS-Klasse. Mitte Jan­u­ar soll sich noch die Fre­gat­te „Aquitaine“ (Typ FREMM), im Falle ‘Leopold I’ und ‘Charles de Gaulle’ (Foto: belg. Marine)einer notwendig wer­den­den Ein­satzver­längerung später auch deren Schwest­er­schiff „Provence“ anschließen. Die „Charles de Gaulle“ führt ins­ge­samt 26 Kampf­flugzeuge (18 Rafale, 8 Super-Etendard) an Bord mit.

In die GAN inte­gri­ert sind auch die bel­gis­che Fre­gat­te „Leopold I“ und die deutsche Fre­gat­te „Augs­burg“. Der Ver­band dürfte an diesem Woch­enende den Golf von Aden erre­ichen; dort soll sich dann auch der im Rah­men eines neun­monati­gen, rou­tinemäßi­gen nationalen Präsen­zein­satzes „East of Suez“ bere­its in der Region operierende britis­che Zer­stör­er „Defend­er“ anschließen. Zur möglichen Ein­bindung auch der eben­falls schon in der Gol­fre­gion operieren­den aus­tralis­chen Fre­gat­te „Mel­bourne“ scheint noch keine Entschei­dung getroffen.

 

RUSSLAND

Nach dem Anschlag auf ein rus­sis­ches Verkehrs­flugzeug bekämpft auch Rus­s­land den IS mit größer­er Pri­or­ität, aber die Mehrzahl rus­sis­ch­er Angriffe gilt weit­er­hin oppo­si­tionellen Rebellen in Syrien. Unverän­dert macht Rus­s­land zumin­d­est in öffentlichen Erk­lärun­gen keinen Unter­schied zwis­chen Islamis­ten und oppo­si­tionellen Rebellen, nen­nt alle Grup­pierun­gen gle­icher­maßen „Ter­ror­is­ten“.

Rus­s­land set­zt vor allem die mit Inter­ven­tion in den syrischen Bürg­erkrieg (s.u.) nach Latakia (Syrien) ver­legten Jagdbomber Su-24 Fencer, Su-34 Flanker und Su-25 Frog­foot der rus­sis­chen Luft­waffe ein. Diese nehmen neben Milizen der syrischen Oppo­si­tion auch IS und die al-Kai­da nah­este­hende, sun­ni­tis­che Al-Nus­ra Miliz ins Visier.

Ros­tov na Donu’ schießt Marschflugkör­p­er (Foto: MoDRUS)Am 8. Dezem­ber schoss das U‑Boot „Ros­tov na Donu“ aus ein­er Posi­tion im östlichen Mit­telmeer mehrere Marschflugkör­p­er Kali­br auf eine Muni­tions­fab­rik und eine Ölpro­duk­tion­san­lage des IS bei Raqqa (Syrien). Der Ein­satz war vor­ab den USA und Israel angekündigt wor­den. Man kann annehmen, dass „für Übun­gen des Mit­telmeergeschwaders“ vom 6.–10. Dezem­ber südlich Zyper­ns sowie zwis­chen Zypern und Syrien erk­lärte Warnge­bi­ete in Zusam­men­hang mit dem U‑Boot-Ein­satz standen; Übun­gen von Über­wassere­in­heit­en fan­den dort jeden­falls nicht statt.

Medi­en­berichter­stat­tung deutet auf einen TSK-über­greifend koor­dinierten, gemein­samen Luftschlag mit Bombern Tu-22M3 Backfire‑C der strate­gis­chen Fer­n­fliegerkräfte aus Moz­dok (am Nor­drand des Kauka­sus) und nach Syrien ver­legten Jagdbombern. Die Backfire‑C sollen dabei Präzi­sions-Gleit­bomben einge­set­zt haben.

Wie bere­its die früheren Marschflugkör­p­er-Schüsse durch Korvet­ten aus dem Kaspis­chen Meer, dürfte auch der nun­mehrige Ein­satz vom U‑Boot primär der „Demon­stra­tion von Kali­br“ und — in einem realen Gefecht­sum­feld — dem Nach­weis der Fähigkeit zu TSK-gemein­samen, koor­dinierten Luftschlä­gen über große Dis­tanzen gedi­ent haben. Aus bloßen tak­tis­chen oder oper­a­tiv­en Erwä­gun­gen her­aus waren alle bish­eri­gen Ein­sätze der (teuren) Marschflugkör­p­er unnötig. Die nach Syrien ver­legten Jagdbomber hät­ten sämtliche Ziele genau­so effek­tiv und auch weit­ge­hend ohne eigene Bedro­hung bekämpfen können.

Die „Ros­tov na Donu“, zweites U‑Boot der neuen KILO-III-Klasse, befind­et sich nach abschließen­den Erprobun­gen im Nord­flot­ten­bere­ich eigentlich auf ihrer Ver­legungs­fahrt zur kün­fti­gen Heimat­flotte ins Schwarze Meer. Das rus­sis­che Vertei­di­gungsmin­is­teri­um sah offen­bar die Gele­gen­heit zu ein­er „Bewährung“ in einem realen Gefecht­sein­satz. Ende Okto­ber hat­te die „Ros­tov na Donu“ ihren Tran­sit über­raschend unter­brochen und war in die Ost­see nach Kro­n­sh­tadt gelaufen. Damals war über Prob­leme mit der Antrieb­san­lage spekuliert wor­den, aber der Abstech­er scheint wohl eher der Beladung mit Kali­br gedi­ent zu haben. Dafür kön­nten auch damals in Kro­n­sh­tadt beobachtete ungewöhn­liche Sicher­heits­maß­nah­men wie Block­ierung der Pier durch quergestellte LKW sprechen.

 

BÜRGERKRIEG IN SYRIEN (Fortschrei­bung rus­sis­che Intervention)
Im Jan­u­ar sind erste Friedens­ge­spräche zur Bei­le­gung des syrischen Bürg­erkrieges geplant. Im Vor­feld haben sich in Riad (Sau­di Ara­bi­en) Vertreter der meis­ten syrischen Oppo­si­tion­s­grup­pen mit den ara­bis­chen Staat­en auf eine gemein­same Posi­tion ver­ständigt. Die geplanten Friedens­ge­spräche sind sich­er nur Auf­takt eines län­geren Prozess­es mit offen­em Aus­gang. Zwar sig­nal­isiert auch der syrische Staatschef al Assad Gesprächs­bere­itschaft, allerd­ings nur mit Grup­pen, die zuvor ihre Waf­fen niedergelegt haben. Bewaffnete Oppo­si­tionelle seien sämtlich „Ter­ror­is­ten“, mit denen es keine Gespräche geben könne. Rus­s­land schließt sich dieser Auf­fas­sung an.

Neben der oben dargestell­ten, zulet­zt etwas inten­sivierten Bekämp­fung von IS gel­ten die meis­ten Ein­sätze der rus­sis­chen Luft­waffe noch immer oppo­si­tionellen syrischen Rebellen. Die Mehrzahl der inzwis­chen ins­ge­samt mehr als 4.000 Luftan­griffe erfol­gt weit­er­hin in Gebi­eten, in denen IS nicht präsent ist. Offen­sichtlich­es Ziel der rus­sis­chen Luft­op­er­a­tio­nen ist die Sta­bil­isierung des al-Assad-Regimes und (neben der Region um die Haupt­stadt Damaskus) die Sicherung von dessen Kern­land (schi­itis­che Alaw­iten) in der west­lichen Küsten­re­gion Syriens.

Nach dem Abschuss eines rus­sis­chen Jagdbombers durch türkische Abfangjäger hat Rus­s­land Flu­gab­wehrsys­teme S‑400 nach Latakia ver­legt. Das derzeit mod­ern­ste rus­sis­che Flu­gab­wehrsys­tem S‑400 ist mit Reich­weite (bis zu 400 km) und Fähigkeit­en (bei Zielzuweisung durch ein Früh­warn­flugzeug Bekämp­fung auch sehr tief fliegen­der Marschflugkör­p­er) dur­chaus in der Lage, über dem Großteil Syriens eine „Flugver­bot­szone“ effek­tiv durchzuset­zen. Nicht von unge­fähr hat Rus­s­land auch bere­its öffentlich erk­lärt, dass es von der syrischen Regierung formell mit der Vertei­di­gung syrischen Luftraumes betraut wurde. Am 11. Dezem­ber hat Präsi­dent Putin öffentlich die „Ver­nich­tung aller Ziele, die rus­sis­che Stre­itkräfte in Syrien bedro­hen“ befohlen.

Mar­itime Aspekte

Die Span­nun­gen zwis­chen Rus­s­land und der Türkei dauern unver­min­dert an. Sinnbildlich ist eine Pas­sage der türkischen Meeren­gen (6. Dezem­ber) durch das rus­sis­che Lan­dungss­chiff „Tsesar Kunikov“, auf dessen Sig­naldeck deut­lich sicht­bar ein Sol­dat mit feuer­bere­it­em, schul­tergestützten Flu­gab­wehr-FK (Strela / Igla) postiert war.

Die Türkei protestierte heftig, bestellte den rus­sis­chen Botschafter ein; dieser zeigte sich „ver­wun­dert“. Es sehe hier kein­er­lei Unter­schied zu den auf passieren­den NATO-Schif­f­en üblichen Selb­stschutz­maß­nah­men gegen mögliche Ter­ro­ran­griffe (gefechts­bere­ite Sol­dat­en an Maschi­nengewehren) und auch keinen Ver­stoß gegen das Montreux-Abkommen.

Anfang Dezem­ber hat­te Rus­s­land im Schwarzmeer­hafen Novorossiysk fünf türkische Han­delss­chiffe zu „Sicher­heit­süber­prü­fun­gen“ fest­ge­hal­ten. Türkische Behör­den legten daraufhin im türkischen Schwarzmeer­hafen Sam­sun vier rus­sis­che Frachter wegen „Ver­stoßes gegen mar­itime Sicher­heitsvorschriften“ an die Kette. Als am 5. Dezem­ber die rus­sis­chen Behör­den alle fünf Schiffe ziehen ließen, kamen auch drei der rus­sis­chen Schiffe wieder frei; eines wird allerd­ings nach wie vor in Sam­sun festgehalten.

Das Flag­gschiff der rus­sis­chen Schwarzmeer­flotte, der FK-Kreuzer „Mosk­va“ bleibt „zum Schutz der vorgeschobe­nen rus­sis­chen Luft­waf­fen­ba­sis bei Latakia und rus­sis­ch­er Flugzeuge vor möglichen Bedro­hun­gen“ vor Latakia posi­tion­iert. Sein Flu­gab­wehrsys­tem SA-N‑6 Grum­ble (russ. Beze­ich­nung „Fort“, acht-zel­lige Ver­tikalstarter) ist eine Marinevari­ante des landgestützten Flu­gab­wehrsys­tems S‑300. Bei effek­tiv­er Reich­weite von etwa 120 km reicht SA-N‑6 zwar nicht bis zu den IS-Gebi­eten in Nor­dost-Syrien, aber die „Mosk­va“ kann doch das im Bürg­erkrieg für das Assad-Regime kri­tis­che Alaw­iten-Kern­land effek­tiv abdeck­en, vor allem aber auch nahe der türkischen Gren­ze einge­set­zte rus­sis­che Kampf­flugzeuge unter ihren Flu­gab­wehrschirm bringen.

Ende Dezem­ber soll die „Mosk­va“ durch Schwest­er­schiff „Varyag“ abgelöst wer­den. Das Flag­gschiff der Paz­i­fik­flotte befind­et sich derzeit mit mehreren anderen Schif­f­en in Indi­en, führt vor Visakha­p­at­nam im Golf von Ben­galen die jährliche bilat­erale Übung „Indra-Naval 2015“ mit der indis­chen Marine durch (s.u.). Nach Abschluss der Übung soll die „Varyag“ ins Mit­telmeer ver­legen; sie dürfte für den Tran­sit etwa zwei Wochen benötigen.

Im östlichen Mit­telmeer operieren derzeit noch der US-Zer­stör­er „Car­ney“ und die franzö­sis­che Fre­gat­te „Courbet“. Ver­mut­lich patrouil­lieren weit­er­hin auch die türkischen U‑Boote „Burak Reis“ und „Dol­u­nay“ in der Region. Der NATO-Ver­band SNMG‑2 führte mit der deutschen Fre­gat­te „Ham­burg“ und dem dänis­chen Mehrzweckschiff „Absa­lon“ einen länger geplanten Besuch in Haifa (Israel) durch. Zwis­chen Zypern und der libane­sis­chen Küste sind überdies die Ein­heit­en der multi­na­tionalen UNIFIL Mar­itime Task Force im Einsatz.

Mit Frach­tum­schlag im rus­sis­chen Schwarzmeer­hafen Novorossiysk, dauert die all­ge­mein als „Syr­i­an Express“ beze­ich­nete Liefer­ung von Rüs­tungs­gütern an Syrien und Nachschub/Verstärkung der dort einge­set­zten rus­sis­chen Trup­pen unver­min­dert an. Am 6. Dezem­ber passierte das Lan­dungss­chiff „Tsesar Kunikov“ (s.o.) die türkischen Meeren­gen mit Kurs auf Syrien, während der Frachter „Dvinit­sa-50“ von dort ins Schwarzmeer zurück­kehrte. Am 10. Dezem­ber wurde der mit Con­tain­ern beladene Frachter „Kyzyl-60“ im Bosporus mit Kurs auf das Mit­telmeer gesichtet.

‘Kyzyl-60’ auf dem Weg nach Syrien (Foto via turkishnavy.net)
Dvinit­sa-50“ und „Kyzyl-60“ gehören zu acht von Rus­s­land kurzfristig speziell für den „Syr­i­an Express“ in der Türkei gekauften Frachtern. Die in Teils „frag­würdi­gem Zus­tand“ befind­lichen Schiffe wur­den formell in den Bestand der rus­sis­chen Marine über­nom­men und wer­den von ein­er gemis­cht­en zivilen/militärischen Besatzung gefahren. Als formell mil­itärische Ein­heit­en beste­ht für sie de fac­to keine Gefahr, wegen Ver­let­zung des von EU/USA (nicht aber den Vere­in­ten Natio­nen) gegen Syrien ver­hängten Waf­fen­em­bar­gos in See aufge­bracht zu werden.

 

BÜRGERKRIEG IN JEMEN (Fortschrei­bung)

In einem „mil­itärischen Patt“ ist keine Seite zu entschei­den­den Gelän­degewin­nen in der Lage, aber ger­ade dies ermöglicht nun Friedens­ge­spräche unter UN-Ver­mit­tlung. Nach wochen­langem Tak­tieren sollen diese am 15. Dezem­ber begin­nen. Zunächst war Genf als Ver­hand­lung­sort genan­nt wor­den; inzwis­chen spricht man von einem „geheimen Ort“. Par­al­lel zu den Gesprächen wurde ein 7‑tägiger Waf­fen­still­stand vereinbart.

Grafik: wikipedi­aAm 10. Dezem­ber meldete die sau­di-ara­bisch geführte Koali­tion die Beset­zung der im südlichen Roten Meer gele­ge­nen Han­ish-Inseln. Die zwis­chen dem Jemen und Eritrea gele­gene Insel­gruppe diente den Houthi-Rebellen als Ver­steck und Aus­gang für Waf­fen­schmuggel. Die weit­er­hin von den Houthi kon­trol­lierten jemeni­tis­chen Häfen Al Mocha und Hodei­dah bleiben see­seit­ig zwar von Ein­heit­en der sau­di-ara­bis­chen und ägyp­tis­chen Marine block­iert, aber kleine Boote fan­den bish­er meist einen Weg an die jemeni­tis­che Küste.

Staatlichen iranis­chen Medi­en zufolge haben Houthi-Rebellen am 5. Dezem­ber im Nor­daus­gang der Meerenge des Bab-el-Man­deb erneut ein sau­di-ara­bis­ches Kriegss­chiff „mit Katyusha-Raketen“ versenkt. Dies wäre dann bere­its das sech­ste dort versenk­te sau­di-ara­bis­che Kriegss­chiff, ja auch die ägyp­tis­che Staat­sy­acht „Al Hor­ria“ wollen die Houthi dort auf den Meeres­grund geschickt haben.

Nun sind unge­lenk­te Katyusha für den Beschuss eines beweglichen Seezieles denkbar ungeeignet, und keine einzige andere Quelle erwäh­nt die „Versenkun­gen“ oder mag sie gar bestäti­gen. Sehr wahrschein­lich han­delt es sich bei allen Mel­dun­gen um bloße an die iranis­che Bevölkerung gerichtete Erfol­gs-Pro­pa­gan­da. Im jüng­sten Fall wird die Mel­dung sog­ar optisch mit einem Foto eines sink­enden Kriegss­chiffes unter­stützt. Experten erken­nen allerd­ings, dass dieses Foto ein bei ein­er Übung mit schar­fer Muni­tion vor eini­gen Jahren in einem „Sinkex“ im Paz­i­fik sink­endes Dock­lan­dungss­chiff der US Navy zeigt.

 

PIRATERIE (Fortschrei­bung)

Vor dem Horn von Afri­ka blieb es in der abge­laufe­nen Woche ruhig, und auch aus Südostasien und West­afri­ka wer­den nur einige „ortübliche“ Ver­suche gemeldet, zu Dieb­stählen an Bord von ankern­den oder im Hafen liegen­den Han­delss­chif­f­en zu klettern.

Fünf am 26. Novem­ber vor der nige­ri­an­is­chen Küste vom zypri­o­tis­chen Frachter „Szafir“ ent­führte pol­nis­che Seeleute sind wieder frei. Zu den Umstän­den der Freilas­sung schweigt man sich aus; Lösegeldzahlung ist anzunehmen.

Aktuelle Entwick­lun­gen bei Einsatzkräften

In Qing­dao (Chi­na) hat sich am 6. Dezem­ber die 22. Anti-Pira­terie-Ein­satz­gruppe der chi­ne­sis­chen Marine auf den lan­gen Weg in den Golf von Aden gemacht. Zer­stör­er „Qing­dao“, Fre­gat­te „Daqing“ und Ver­sorg­er „Tai Hu“ gehören zur chi­ne­sis­chen Nord­flotte. Sie wer­den für den Marsch ans Horn von Afri­ka etwa drei Wochen benöti­gen, dürften die derzeit dort operierende 21. Ein­satz­gruppe also um den Jahreswech­sel herum ablösen
chi­ne­sis­ch­er Zer­stör­er ‘Qing­dao’ (Foto: china-defense.com)
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Der süd­ko­re­anis­che Zer­stör­er „Chung­mu­gong Yi Sun-shin” und ein Seefer­naufk­lär­er P‑3K2 der neuseeländis­chen Marine haben ihren Ein­satz am Horn von Afri­ka been­det und kehren in die Heimat zurück. Auch das Mehrzweckschiff „Absa­lon“ der dänis­chen Marine ist aus dem Golf von Aden abge­laufen und hat sich im Mit­telmeer dem NATO-Ver­band SNMG‑2 angeschlossen. Die „Absa­lon“ war in den let­zten Wochen unter NATO-Kom­man­do in der Oper­a­tion „Ocean Shield“ einge­set­zt. Mit ihrem Ablaufen ruht diese Anti-Pira­terie-Oper­a­tion der NATO wieder. Sie wird seit einem Jahr in Abhängigkeit der Ver­füg­barkeit von Schif­f­en (z.B. bei Pas­sage durch die Region) immer nur vorüberge­hend aktiviert.

 

ÄGYPTEN

Am 10. Dezem­ber wurde bei HDW (TKMS) in Kiel des erste von vier für die ägyp­tis­che Marine gebaut­en U‑Booten aus der Bauhalle gerollt und auf den Namen „S‑41“ getauft.

Ende 2012 hat­te Ägypten zunächst zwei U‑Boote Typ 209 in Deutsch­land bestellt. Zunächst im Bun­dessicher­heit­srat geäußerte Vor­be­halte gegen das auf­grund der poli­tis­chen Entwick­lung in Ägypten umstrit­tene Pro­jekt waren zuvor aufgegeben wor­den. Im Feb­ru­ar dieses Jahres kon­nte sich HDW bzw. der Mut­terkonz­ern TKMS sog­ar noch über eine Nachbestel­lung von zwei weit­eren U‑Booten freuen.
Roll-out von ‘S‑41’ (Foto via Deutsche Marine)

Bei den Neubaut­en han­delt es sich um kon­ven­tionell diesel-elek­trisch angetriebene (kein außen­luftun­ab­hängiger Antrieb) U‑Boote, wie sie ähn­lich vor eini­gen Jahren in Kiel auch für Südafri­ka (Typ 209‑1400 SAN) hergestellt wur­den. Die Liefer­ung des ersten Bootes soll schon für das kom­mende Jahr geplant sein. „S‑41“ dürfte denn auch schon bald zu Wass­er gelassen wer­den und mit ersten Erprobun­gen (zunächst noch an der Pier) beginnen.

 

RUSSLAND

Am 6. Dezem­ber traf ein Ver­band der rus­sis­chen Paz­i­fik­flotte im Stützpunkt Visakha­p­at­nam der indis­chen Ost­flotte ein.

Flot­ten­flag­gschiff „Varyag“ (ein FK-Kreuzer der SLA­VA-Klasse), Zer­stör­er „Bystryy“, Tanker „Boris Butoma“ und Hochsee-Bergeschlep­per „Alatau“ hat­ten zur Teil­nahme an der diesjähri­gen bilat­eralen Marineübung „Indra-Naval 2015“ dor­thin verlegt.

2002 hat­te der dama­lige rus­sis­che Vertei­di­gungsmin­is­ter Ivanov solche Übun­gen angeregt, die zunächst unter der Beze­ich­nung „Indra“ fir­mierten, inzwis­chen aber „Indra-Naval“ heißen; es gibt näm­lich nun auch „Indra“-Übungen zwis­chen den Land­stre­itkräften bei­der Län­der. „Indra“ bzw. „Indra Naval“ hat seit­dem alle zwei Jahre stattge­fun­den, wobei der Schau­platz jew­eils wech­selte. 2003 wurde erst­mals vor Wladi­wos­tok geübt, „Indra-2005“ fand dann vor der indis­chen Küste statt, 2007 traf man sich erneut vor Wladi­wos­tok, u.s.w.

Inhaltlich bleiben die Übun­gen der „Indra-Naval“-Serie hin­ter anderen größeren bilat­eralen Übun­gen der indis­chen Marine wie „Mal­abar“ (mit den USA) oder „Varuna“ (mit der franzö­sis­chen Marine) zurück. Kom­plexe Zweiparteienübun­gen vor dem Hin­ter­grund eines tak­tis­chen Szenar­ios gibt es in der Regel nicht, auch wenn die Beteili­gung an den Übun­gen dur­chaus „hochrangig“ ist. 2009 hat­te sog­ar das Flag­gschiff der rus­sis­chen Nord­flotte, der FK-Kreuzer „Peter Velikiy“ dazu nach Indi­en verlegt.

Die indis­che Marine beteiligte sich an „Indra-Naval 2015“ mit dem Zer­stör­er „Ran­vir“, der Fre­gat­te „Sahyadri“, dem U‑Boot „Sind­hu­vir“, dem Ver­sorg­er „Shak­ti“ und einem der neuen Seefer­naufk­lär­er Boe­ing P‑8i Nep­tune. Weit­ere Flugzeuge und Hub­schrauber – auch der Luft­waffe (Ziel­d­arstel­lung) – unter­stützen das Übungsgeschehen.
indis­che Fre­gat­te ‘Sahyadri’ (Foto: Michael Nitz)

Indra-Naval 2015“ begann am 7. Dezem­ber wie üblich mit ein­er dre­itägi­gen Hafen­phase. Am 10. Dezem­ber ver­legten die Teil­nehmer dann zur Seep­hase in den Golf von Ben­galen. Zu den genan­nten Übungsin­hal­ten zählte die Sicherung eines Han­delss­chiffsver­ban­des (u.a. auch gegen Unter­wass­er-Bedro­hun­gen), Anti-Ter­ror-/An­ti-Pira­terie-Oper­a­tio­nen mit Board­ing durch von Hub­schraubern abge­set­zte Spe­cial Forces, seemän­nis­che- und Fer­n­meldeübun­gen, sowie ein abschließen­des gemein­sames Artillerie-Luft- und Seezielschießen. Am 12. Dezem­ber wurde die Übung mit Wieder-Ein­laufen aller Ein­heit­en in Visakha­p­at­nam und ein­er Nachbe­sprechung an Bord der indis­chen Fre­gat­te „Sahyadri“ beendet.

Wahrschein­lich wird der rus­sis­che Ver­band am Mon­tag (14. Dez.) wieder aus­laufen. Die „Varyag“ soll dann ins Mit­telmeer ver­legen, um dort den Schwarzmeerkreuzer „Mosk­va“ als Flag­gschiff des Mit­telmeergeschwaders abzulösen (s.o. Bürg­erkrieg in Syrien). Ob die anderen Schiffe den Kreuzer dor­thin begleit­en, eine andere Oper­a­tion durch­führen, oder aber die Heim­reise antreten, ist derzeit noch offen.

 

USA

Begleit­et von speku­la­tiv­en Diskus­sio­nen um möglicher­weise „man­gel­nde See-Sta­bil­ität“ hat der futur­is­tisch anmu­tende Zer­stör­er DDG-1000 „Zumwalt“ am 7. Dezem­ber die Bauw­erft zu ersten Seeer­probun­gen vor der US-Atlantikküste verlassen.

Zumwalt’ begin­nt Erprobun­gen in See (Foto: US Navy)
Ursprünglich wollte die US Navy bis zu 32 der mit ein­er Ver­drän­gung von 15.000 ts und ein­er Länge von 185 m größten jemals gebaut­en Zer­stör­er beschaf­fen. Sie soll­ten nicht nur die Nach­folge der ARLEIGH BURKE-Klasse antreten, son­dern weg­weisend für eine neue tech­nol­o­gis­che Zukun­ft sein.

Eine nach dem Zer­fall der Sow­je­tu­nion verän­derte Bedro­hungsperzep­tion, vor allem aber extreme Kostenüber­schre­itun­gen — inzwis­chen soll ein Schiff 7,5 Mrd. US-Dol­lar kosten — zwan­gen zu immer weit­eren Abstrichen. Nach zunächst noch 24, dann nur noch sieben Schif­f­en wurde 2009 schließlich „die Reißleine gezo­gen“. Nun soll­ten nur noch drei Schiffe gebaut wer­den, um mit Blick auf die weit­ere Zukun­ft primär Funk­tio­nen als Erprobungsträger neuer Tech­nolo­gien (u.a. voll-elek­trisch­er Antrieb, Rail­gun-Geschütz) zu erfüllen; an Stelle weit­er­er DDG-1000 wur­den weit­ere Los ARLEIGH BURKE in Auf­trag gegeben.

Alle drei Schiffe entste­hen in Bath (Maine) bei der zu Gen­er­al Dynam­ics gehören­den Bath Iron Works. Typ­schiff DDG-1000 „Zumwalt“ soll nach diversen Verzögerun­gen nun bis Ende 2016 in Dienst gestellt, DDG-1001 „Michael Mon­soor“ in 2017 geliefert wer­den. Mit Über­nahme des drit­ten Zer­stör­ers, DDG-1002 „Lyn­don B John­son“ wollte die US Navy das Vorhaben 2018 abschließen. Zurzeit ist allerd­ings fraglich, ob DDG-1002 zu Ende gebaut wird. Auf der Suche nach Einsparungsmöglichkeit­en bei der Pla­nung des Bud­gets für 2017 richtet sich im Pen­ta­gon der Blick fast zwangsläu­fig auch auf die neuen Zer­stör­er, die immer­hin schon fast so viel kosten wie Flugzeugträger.

 

Dieser Artikel wird mit fre­undlich­er Genehmi­gung der „Marine­Fo­rum – Zeitschrift für mar­itime Fra­gen“ veröf­fentlicht.

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