NAH-/MITTELOST
Die militärische/sicherheitspolitische Lage im Nahen-/Mittleren Osten bleibt von der Bekämpfung des islamistischen Terrors sowie den Bürgerkriegen in Syrien und Jemen bestimmt. Spannungen zwischen Saudi-Arabien und dem Iran dauern ebenso an, wie der politische Streit mehrerer Golfstaaten mit dem Emirat Qatar.
Nach internationalem Druck und zunehmenden Warnungen vor einer humanitären Katastrophe hat Saudi-Arabien die Blockade jemenitischer Häfen gelockert. Am 26. November konnte ein erstes Frachtschiff den von Houthi Rebellen kontrollierten Hafen Hodeidah (Rotes Meer) anlaufen und dort 5.500 t Mehl entladen.
ISLAMISTISCHER TERROR IN SYRIEN UND IRAK (Fortschreibung)
Bei der Bekämpfung des islamistischen Terrors in Syrien und Irak bestimmen unverändert divergierende Eigeninteressen zahlreicher Staaten sowie die Spaltung zwischen Schiiten und Sunniten die Entwicklung. Dennoch wird der IS aus immer mehr Gebieten verdrängt.
Dieser Artikel wird mit freundlicher Genehmigung der „MarineForum – Zeitschrift für maritime Fragen“ veröffentlicht.
SYRIEN — IRAK: US-geführte Koalition (Operation „Inherent Resolve“)
Eine US-geführte multinationale Koalition setzt mit Operation „Inherent Resolve“ Luftschläge gegen islamistische Terrorgruppen in Irak und Syrien fort. Ziele von Koalitions-Luftangriffen sind Kommandozentren (Führungspersonen), Stützpunkte, Depots und von Islamisten kontrollierte Öl-Anlagen, daneben aber auch logistische Straßentransporte und Gruppen verlegender Kämpfer. Viele Angriffe dienen der direkten Unterstützung (Close Air Support) irakischer Bodentruppen und syrischer (kurdischer) Oppositionsmilizen. Zum Einsatz kamen in den letzten Wochen nur landgestützt von Flugplätzen der Golfstaaten, Jordaniens und der Türkei operierende Kampfflugzeuge und Drohnen der Streitkräfte zahlreicher Staaten. Die britische Royal Air Force nutzt ihre Basis in Akrotiri (Zypern).
In der kommenden Woche werden wahrscheinlich auch wieder trägergestützte Kampfflugzeuge in Operation „Inherent Resolve“ eingebunden. Mit Eintreffen der „Theodore Roosevelt“ Carrier Strike Group (CSG) in der Region ist die nach Ablaufen des US-Flugzeugträgers „Nimitz“ entstandene, mehrwöchige Präsenzlücke geschlossen. Die „Theodore Roosevelt“ wird am 28. November im Zuständigkeitsbereich der 5. US-Flotte aber noch im Arabischen Meer gemeldet; sie dürfte in den nächsten Tagen in den Persischen Golf einlaufen.
an Bord der ‘Theodore Roosevelt’ im Arabischen Meer (Foto: US Navy)
Die seit September in der Region eingesetzte „America“ Amphibious Ready Group (ARG) der US Navy operiert seit fast drei Wochen innerhalb des Persischen Golfes, führte zuletzt Übungen mit Einheiten der multinationalen Combined Task Force (CTF) 150 – u.a. der australischen Fregatte „Warramunga“ — durch. Eingeschiffte Jagdbomber AV-8B Harrier, Kampfhubschrauber und Schwenkrotorflugzeuge V‑22 Osprey des US Marine Corps können bei Bedarf auch über Land (gegen islamistische Terrorgruppen) eingesetzt werden. Das zur „America“ ARG gehörende Docklandungsschiff „San Diego“ bleibt abgesetzt vom Verband im Mittelmeer.
SYRIEN: Russland – Türkei
Auch mehrere Wochen nachdem Syriens Machthaber al-Assad formell das „siegreiche Ende“ des Kampfes gegen IS verkündete, gehen die Kämpfe in Ostsyrien weiter. Erneut setzte Russland zur Unterstützung syrischer Bodentruppen in Zentralrussland gestartete Langstreckenbomber Tu-22M3 Backfire‑C ein. Der russische Generalstab meldete für die abgelaufene Woche noch die „Vernichtung von 901 IS-Zielen“.
Russland gibt der Bekämpfung des islamistischen Terrors in Syrien durchaus Priorität, macht aber unverändert keinen wirklichen Unterschied zwischen Islamisten und Oppositionsrebellen. Außerhalb von erklärten „De-Eskalationszonen“ gelten alle gegen das al-Assad-Regime aktiven Milizen gleichermaßen als Terroristen, und nach wie vor erfolgen russische Luftangriffe denn auch in Gebieten, in denen keine islamistischen Milizen aktiv sind.
Die Türkei bekämpft zwar auch islamistische Gruppen, widmet sich in ihrem „Kampf gegen Terrorismus“ bei grenzüberscheitenden militärischen Operationen in Syrien aber bevorzugt der Neutralisierung dortiger kurdischer Milizen. Glaubhafte Meldungen deuten dabei sogar auf (vorübergehende und örtlich begrenzte) Kooperation mit der islamistischen al-Nusra Front.
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BÜRGERKRIEG IN SYRIEN (Fortschreibung)
Für den russischen Präsidenten Putin steht der militärische Einsatz in Syrien vor dem Abschluss, rückt die politische Entwicklung in den Fokus. Russlands Generalstabschef kündigte den Abzug „großer Teile“ der russischen Truppen an; Russland werde aber zwei Stützpunkte in Syrien (wahrscheinlich die Marinebasis Tartus und den Luftwaffenstützpunkt bei Latakia) behalten.
Karte: IHS MonitorIn den auf Initiative von Russland, Syrien, dem Iran und der Türkei erklärten „De-Eskalationszonen“ werden nur einige wenige Zwischenfälle registriert. Türkische Truppen weiten in einer grenzüberschreitenden Operation ihre Kontrolle im Gebiet um Idlib und nordöstlich davon aus. Offizielles Ziel ist die „Gewährleistung der Sicherheit in der um Idlib eingerichteten De-Eskalationszone“. Primäres Operationsziel ist aber offensichtlich die gewaltsame Verdrängung der kurdischen YPG-Miliz aus der Region.
In Genf hat am 28. November die 8. Runde der von den Vereinten Nationen ausgerichteten Gespräche zu einer politischen Lösung (political settlement talks) begonnen. Wesentliche Fortschritte werden nicht erwartet. Für die syrische Opposition bleibt ein Rücktritt von Machthaber al-Assad Grundvoraussetzung für jede Übergangslösung. Russland, Iran und die Türkei halten als „Garantiemächte“ am Vorschlag eines „Kongresses des Nationalen Dialoges“ in Sotschi (Russland) fest, wollen diesen nun aber um zwei Monate auf Februar 2018 verschieben. Das Vorhaben stößt unverändert auf erhebliche Widerstände. Die „Syrian Opposition Coalition“ lehnt es rundweg ab; die Türkei will sich mit einigen kurdischen Gruppen nicht an einen Tisch setzen.
Maritime Aspekte
Im östlichen Mittelmeer operiert weiterhin das von der russischen Schwarzmeerflotte geführte Ständige Mittelmeergeschwader (MedSqn) der russischen Marine. Kampfeinheiten sind zurzeit die Korvette „Boykiy“ der Baltischen Flotte, der Minensucher „Ivan Golubets“ der Schwarzmeerflotte, sowie immer noch die zwei in der Ostsee für die Schwarzmeerflotte gebauten, neuen U‑Boote „Velikiy Novgorod“ und „Kolpino“ (KILO-III-Klasse), die ihre Überführungsfahrt ins Schwarze Meer nun schon mehr als drei Monate lang für einen Einsatz bei der MedSqn unterbrochen haben. Am 1. Dezember kündigte die russische Schwarzmeerflotte die erneute Verlegung ihrer Fregatte „Admiral Grigorovich“ ins Mittelmeer an.
Die auch als „Syrian Express“ bezeichnete Lieferung von Rüstungsgütern nach Syrien und Nachschub für die dort eingesetzten russischen Truppen wird in vollem Umfang fortgesetzt. Aktuell sind noch keine Rückführungen russischer Truppen oder Ausrüstung von Syrien nach Russland erkennbar. Zurzeit sind drei Landungsschiffe der Schwarzmeerflotte und drei der insgesamt acht von der russischen Marine gebraucht gekauften und formell in ihren Bestand übernommenen Frachtschiffe in die Transporte eingebunden. Verstärkung für „Syrian Express“ kommt aber auch aus anderen Flotten. Aktuell hat die Nordflotte dazu ihr Landungsschiff „Aleksandr Otrakovskiy“, die Baltische Flotte ihr Landungsschiff „Minsk“ abgestellt.
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ARGENTINIEN (update 02 Dez)
Am 30. November hat die argentinische Marine die Besatzung des seit dem 15. November vermissten U‑Bootes „San Juan“ offiziell für tot erklärt.
Schon zwei Tage vorher hatte Staatspräsident Macri den Angehörigen bereits sein Beileid ausgesprochen. Die Suche nach Überlebenden ist damit offiziell eingestellt, aber die Suche nach dem Wrack der „San Juan“ geht natürlich weiter. Sieben Spezialschiffe mehrerer Nationen sind bereits vor Ort. Die über den Atlantik zuverlegende russische „Yantar“ wird in der kommenden Woche erwartet; Russland schickt auch Spezialpersonal nach Argentinien. Das Undersea Rescue Command der US Navy hat sein auf dem Luftweg von San Diego verlegtes Spezialgerät auf dem zivilen Offshore Support Vessel „Sophie Siem“ installiert.
Die argentinische Marine hat inzwischen weitere Details zum Verschwinden der „San Juan“ veröffentlicht. Dabei betonte der Marinesprecher, das U‑Boot sei in guter materieller Verfassung gewesen und habe vor Auslaufen zu seiner routinemäßigen Ausbildungsfahrt an die Südspitze Südamerikas „alle Sicherheitsüberprüfungen“ bestanden. Torpedos seien für diese Fahrt nicht an Bord gewesen.
Am 15. November, kurz nach Mitternacht, habe der Kommandant über Satellitenkommunikation Kontakt mit dem Marinekommando aufgenommen. Bei schwerer See sei beim Schnorcheln zum Aufladen der Batterien Seewasser über das Lüftungssystem in die Batteriebank 3 (die vordere der beiden achteren) eingedrungen.
Es sei zu einem Kurzschluss und einem kleinen Schwelbrand gekommen, der jedoch von der Besatzung gelöscht werden konnte. Die vorderen Batteriebänke seien schon vorher von der Energieversorgung getrennt (isoliert) gewesen, und das U‑Boot setze seine Fahrt aufgetaucht mit Dieselmotoren fort. Man habe Kurs auf den Stützpunkt Mar del Plata genommen.
Um 06.00 Uhr wiederholte der Kommandant in der fälligen Routinemeldung diesen Lagebericht. Um 07.30 Uhr meldete er sich erneut. An Bord sei alles wohlauf, aber man müsse bei dem schweren Wetter (Orkan mit bis zu 10m hohen Wellen) den Marsch nun getaucht fortsetzen — und dies mit nur einer einzigen funktionsfähigen Batteriebank, d.h. mit nur einem Viertel der normalen elektrischen Leistung. Dies war der letzte Kontakt mit der „San Juan“. Um 10.31 Uhr wurde dann nahe seiner angenommenen Position das Geräusch einer „Explosion“ erfasst.
Dieses Geräusch wurde von der Comprehensive Nuclear-Test-Ban Treaty Organization (CNTBTO) erfasst, die zur Entdeckung möglicher Atomwaffentests weltweit ozeanische Seegebiete mit akustischen Spezialgeräten beobachtet. Eine (inoffizielle) Analyse der Daten durch den US-Spezialisten Bruce Rule (untersuchte u.a. auch den Untergang des US-U-Bootes “Thresher”) spricht nicht von einer “Explosion”, sondern einer “Implosion” (Blasen-Impuls) des Rumpfes in 390m Tiefe. Der gesamte Druckkörper der “San Juan” sei in nur 40 Millisekunden zerstört worden.
Warum das U‑Boot in die Tiefe abgesunken ist, bleibt zu klären, aber offensichtlich hatte die Besatzung keine Kontrolle mehr über das U‑Boot. Experten erinnern in diesem Zusammenhang an den Verlust des nukleargetriebenen US-U-Bootes “Scorpion” (1968), bei dem eine durch (gasende) Batterien verursachte Wasserstoffexplosion die Besatzung schlagartig handlungsunfähig gemacht hatte. Die “Scorpion” war dann langsam gesunken, bis der Rumpf in etwa 500m Tiefe kollabierte. Das Geräusch einer solchen Wasserstoffexplosion an Bord eines U‑Bootes ist mit den hydroakustischen Systemen der CNTBTO nicht unbedingt erfassbar. Bei der “San Juan” halten Experten auch eine Vergiftung der Besatzung oder Explosion durch sich in der defekten Batteriebank 3 gebildetes Chlorgas für möglich.
Die argentinische Marine schweigt sich zur weltweit im Internet verbreiteten Analyse des international renommierten US-Spezialisten bisher aus. Ein Grund für die Zurückhaltung könnte sein, dass der Rumpf der “San Juan” schon in 390m Tiefe kollabiert sein soll – mehr als 200m oberhalb der “konstruktiven Zerstörungstauchtiefe” von 600m. Nun hatte die “San Juan” von 2007 bis 2014 (sieben Jahre!) bei der argentinischen Domecq Garcia eine Grundüberholung und Modernisierung mit Batterieaustausch durchgeführt, in deren Verlauf 2012 auch der Druckkörper zerschnitten worden war. Es gibt denn auch erste Spekulationen, dass minderwertige Schweißarbeit beim Wiederzusammenfügen dessen strukturelle Festigkeit gemindert haben könnte.
Zurzeit sind sieben Spezialschiffe damit beschäftigt, den Meeresboden mit Multi-Beam Sonargeräten in einem zeitlich sehr aufwändigen, koordinierten „Sea Mapping Verfahren“ metergenau zu vermessen, um so die gesunkene „San Juan“ zu finden. Einfach ist dies nicht. Zwar ist das Suchgebiet nun räumlich eingegenzt, aber der vermutliche Untergangsort der „San Juan“ liegt in unmittelbarer Nähe der Abbruchkante des Kontinentalsockels, wo die Wassertiefe sehr schnell von 300–400m auf bis zu 4.000m abfällt. Interessant ist, dass außer der Implosion des Rumpfes keine weiteren Geräusche durch Implosionen auch anderer abgeschlossener Sektionen des U‑Bootes (Torpedorohre) erfasst wurden. Dies könnte darauf hindeuten, dass die “San Juan” nicht in extreme Tiefen abgesunken ist und ihre Auffinden erleichtern.
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GROSSBRITANNIEN
Der erste von vier neuen Flottentankern/-versorgern der TIDE-Klasse ist in Dienst gestellt.
Am 27. November wurde die „Tidespring“ im Rahmen einer Feierstunde im Flottenstützpunkt Portsmouth formell in die Royal Fleet Auxiliary (RFA), die Hilfsflotte der Royal Navy übernommen.
Die Beschaffung der vier 37.000-ts-Tanker/Versorger „Tidespring“, „Tiderace“, „Tidesurge“ und „Tideforce“ ist Teil des 2007 verkündeten Projekt MARS (Maritime Afloat Reach & Support) zur Modernisierung der RFA. Zunächst sollten sechs neue Flottentanker mehrere noch aus den 1970-er und 1980-er Jahren stammende Schiffe (z.T. heutigen Sicherheitsansprüchen nicht mehr genügende „Einhüllen“-Tanker) ersetzen. Zulauf war ursprünglich zwischen 2011 und 2016 geplant, aber Anfang 2009 wurde das Projekt unter Sparzwängen vorübergehend auf Eis gelegt.
2010 gab es eine „Wiederbelebung“ unter einem um drei Jahre verzögerten Zeitplan, aber Diskussionen um Einsparmöglichkeiten gingen weiter. Schließlich entschied man sich für nur noch vier Schiffe. Anfang 2012 wurde die südkoreanische Daewoo Shipbuilding & Marine Engineering (DSME) als Hauptauftragnehmer benannt — gegen heftigen Protest der politischen Opposition, die britische Werften „ausgeklammert“ sah, dabei aber geflissentlich ignorierte, dass auch keine einzige britische Werft ein Angebot abgegeben hatte.
Nach nur vage umschriebenen Problemen war die „Tidespring“ mit einem Jahr Verspätung im Januar von DSME an die Royal Navy übergeben worden. Im April traf sie zur Endausrüstung mit Installation restlicher militärischer Ausrüstung (Bewaffnung zur Selbstverteidigung, Fernmeldesysteme etc.) in Falmouth ein. Dort liegt seit Ende September auch schon das zweite Schiff, die „Tiderace“. Für deren Fertigstellung und auch bei den noch ausstehenden zwei Schwesterschiffen erwartet man keine Verzögerungen mehr, ja hofft sogar, auch die Verspätung der „Tidespring“ noch kompensieren zu können und alle vier Schiffe – wie zuletzt geplant – bis Ende 2018 in Dienst zu stellen.
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NORDKOREA (Fortschreibung)
Nach 74 Tagen Pause hat Nordkorea erneut eine Langstreckenrakete getestet und damit die Spannungen wieder verschärft.
Grafik: staatliche MedienIn den frühen Morgenstunden des 29. Novembers wurde die Rakete von einem Straßen-mobilen Starter nahe der Haupstadt Pyongyang über Nordkorea hinweg in die Japansee geschossen, wo sie nach 53 Minuten und insgesamt 950 km Flugstrecke in der japanischen Erweiterten Wirtschaftszone aufschlug. Bei dem Flugkörper soll es sich um die neue Intgerkontinentalrakete “Hwasong-15” handeln, die in der Lage sei, “das gesamte Gebiet der USA” zu erreichen.
Der Testschuss erfolgte in einer extrem stark überhöhten, bis 4.750(!) km hoch reichenden Flugkurve. Bei solch hoher Flugbahn ist die Reichweite stark verkürzt, aber US-Experten bestätigen im Wesentlichen die von Nordkorea zur möglichen Reichweite der “Hwasong-15” genannten Daten. Zumindest aus Medienmeldungen ist bisher allerdings nicht bekannt, ob Nordkorea bei seinen Raketentests auch schon den Wiedereintritt von Gefechtsköpfen in die Atmosphäre erprobt hat. Bei Schüssen mit überhöhter Flugkurve ist dies kaum möglich, denn zu steiler Wiedereintritt würde den Wiedereintrittskörper zerstören. Erst die Beherrschung der Wiedereintrittstechnik macht die nukleare Bestückung eines weit reichenden ballistischen Flugkörpers möglich.
US-Präsident Trump forderte in einer ersten Reaktion “alle Staaten der Welt” auf, sämtliche diplomatischen und wirtschaftlichen Beziehungen zu Nordkorea abzubrechen, verlangte von China die Einstellung aller Öllieferungen und kündigte nochmals verschärfte Sanktionen an. Der zu einer Sondersitzung einberufene UN Sicherheitsrat fasste jedoch keine Beschlüsse zu neuen Sanktionen. China erklärte, man werde keinerlei Maßnahmen unterstützen, die in Nordkorea zu einer humanitären Katastrophe führen könnten.
Russland und China fordern eine diplomatische Lösung. In Vorleistung sollten die USA auf jegliche militärische Übungen mit Südkorea verzichten (was einer quasi-Aufkündigung des Bündnisses gleichkäme), Nordkorea seine Raketen- und Atomprogramme auf dem gegenwärtigen Stand einfrieren (nicht abrüsten). Nordkorea hat allerdings immer wieder bekräftigt, Diplomatie könne im Verhältnis zu den USA erst dann eine Rolle spielen, wenn die Entwicklung die gesamten USA abdeckender, nuklearfähiger Interkontinentalraketen abgeschlossen sei. Nun hat Nordkoreas Diktator Kim Jong-un nach dem erfolgreichen Test der “Hwasong-15” öffentlich erklärt, die “Entwicklung zur Nuklearmacht (sei) abgeschlossen”. Könnte damit der Zeitpunkt für Diplomatie gekommen sein?
Neben Forderungen nach weiter verschärften Sanktionen heizt der neue Raketentest in den USA auch wieder die Diskussionen um mögliche militärische Optionen an.
Ein pensionierter US-General fordert öffentlich, zur Raketenabwehr (BMD – Ballistic Missile Defence) ausgerüstete Kampfschiffe der US Navy sollten bei künftigen nordkoreanischen Tests die Raketen einfach abschießen.
Die praktische Umsetzung ist allerdings problematisch. Ein Abfangen von Interkontinentalraketen ist zurzeit nur in der Startphase und im Zielendanflug möglich; die dazwischen verlaufende exoatmosphärische „Mid-Course“ Flugbahn liegt zu hoch. Die US Navy müsste also eine nordkoreanische Rakete unmittelbar nach dem Start noch über nordkoreanischem Staatsgebiet abschießen — was einem kriegerischen Akt gleichkäme. Oder sie müsste bei nur kurzer Vorwarnzeit BMD-fähige Kampfschiffe von der Japansee bis vor Guam permanent in allen möglichen Zielgebieten nordkoreanischer Raketentests stationieren – wofür die Durchhaltefähigkeit fehlen dürfte.
Zurzeit hat die US Navy ihre Präsenz um die koreanische Halbinsel deutlich reduziert. Im Westpazifik operiert nur die in Japan stationierte „Ronald Reagan“ Carrier Strike Group. Sie hat weiter südlich bis zum 26. November vor Okinawa (Japan) und in der Philippinensee an der jährlichen bilateralen teilstreitkraftübergreifenden Übung „Annualex 2017“ mit japanischen Streitkräften teilgenommen. Die „Nimitz“ CSG hat auf dem Rückmarsch in die Heimat am 25. November Pearl Harbor (Hawaii) erreicht, und die „Theodore Roosevelt“ CSG ihren geplanten Einsatz in der Golfregion begonnen.
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RUSSLAND
Die Pella Werft (St. Petersburg) hat am 24. November mit der „Tayfun“ die zweite FK-Korvette der neuen KARAKURT-Klasse zu Wasser gelassen.
Im Sommer 2015 hatte die russische Marine mit „Projekt 22800“ den geplanten Bau von 18 neuen FK-Korvetten angekündigt, und noch im Dezember legte Pella mit „Uragan“ und „Tayfun“ auch schon die ersten beiden Einheiten auf Kiel.
Die nach einem Design der St. Petersburger Almaz gebauten Schiffe erhalten mit Seeziel-FK Onyx, landzielfähigen Marschflugkörpern Kalibr-NK, Rohrwaffen und Flugabwehr-Systemen „Pantsir‑M“ (Kombination von Rohrwaffen und Flugkörpern) eine der BUYAN-M-Klasse vergleichbare Bewaffnung. Mit einer Verdrängung von 800ts werden sie zwar kleiner als diese (1.000 ts), sollen aber doch eine deutlich bessere Seefähigkeit haben. Erste Einsätze von BUYAN‑M beim Ständigen Mittelmeergeschwader zeigten offenbar Defizite bei deren Fähigkeit zu längeren Hochseeoperationen.
Die Neubauten sollen mit einer operativen Reichweite von bis zu 3.000 sm und Höchstgeschwindigkeiten von etwa 30 Kn (mit heimischen Dieselmotoren) bei allen Flotten die Fähigkeiten zu erweiterten Randmeeroperationen stärken. Pella erhielt den Auftrag zum Bau der ersten sieben Einheiten. Weitere drei Schiffe soll – mit Unterstützung von Pella – die More-Werft in Feodosiya (Krim) bauen; auf der Krim übrigens der erste Bau von Kampfschiffen nach der russischen Annexion. Bei den weiteren geplanten Korvetten erhielt die Gorkiy-Werft im binnenländischen Zelenodolsk den Auftrag für (zunächst) fünf Einheiten.
Pella wollte Typboot „Uragan“ schon im Dezember 2017 an die russische Marine übergeben, die More-Werft mit der „Shtorm“ ihr erstes Schiff 2018. Die Zelenodolsker KARAKURT sollen zwischen 2018 und 2021 geliefert werden. Angesichts der im russischen Kriegsschiffbau üblichen Verzögerungen mutet diese Planung etwas optimistisch an. Die zurzeit in St.Petersburg bei Pella an der Ausrüstungspier liegende „Uragan“ hat offenbar auch noch nicht mit Erprobungen in See begonnen.
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SPANIEN
Die spanische Marine hat die beschleunigte Beschaffung eines neuen U‑Boot-Rettungsschiffes angekündigt.
Einziges in dieser Spezialaufgabe einsetzbares Schiff der spanischen Marine ist der Hochseebergeschlepper „Neptuno“. Dieser wurde in den 1970er Jahren als Offshore Support Vessel für eine zivile Firma gebaut, 1988 aber von der spanischen Marine gekauft und nach Ausrüstung mit Spezialgerät (u.a. Taucherglocke) als U‑Bootrettungsschiff in Dienst gestellt. Die 40 Jahre alte „Neptuno“ erfüllt sicher nicht mehr die Ansprüche an ein modernes Rettungssystem, und vielleicht auch vor dem aktuellen Hintergrund des Untergangs des argentinischen U‑Bootes „San Juan“ (s.o.) wird ihre Ablösung nun beschleunigt in die Wege geleitet.
Das neue Schiff soll auf jeden Fall vor dem für Ende 2022 erwarteten Zulauf des ersten neuen U‑Bootes der S‑80 PLUS-Klasse einsatzklar sein. Basisdesign für das BAM-IS (Buque de Acción Marítima — Intervención Subacuática) liefern die Offshore Patrol Vessel Buque de Acción Marítima (BAM) der METEORO-Klasse, von denen vier in Dienst gestellt und zwei weitere fest bestellt sind. Ein weiteres Schiff ist bewilligt, und dieses soll dann wahrscheinlich zum BAM-IS modifiziert werden. Die für U‑Boot-Rettung benötigten Systeme werden bereits entwickelt, und man ist zuversichtlich, auch die Arbeiten am endgültigen Design schon bald abschließen zu können.
Das BAM Beschaffungsvorhaben reicht mehr als zehn Jahre zurück. 2005 hatte die spanische Marine den Ersatz der am Ende ihrer operativen Nutzbarkeit stehenden Korvetten der DESCUBIERTA-Klasse durch neue OPV angekündigt. Die 94 m langen (2.500 ts) Neubauten sind für Aufgaben im Rahmen von Präsenz und Überwachung, Aufklärung, Sicherung der zivilen Schifffahrt, Fischereischutz, Umweltschutz sowie SAR-Dienst in Küstenvorfeld und Wirtschaftszonen optimiert, können neben Beibooten auch einen Hubschrauber einsetzen.
Ursprünglich hatte die spanische Marine einen Bedarf an zehn BAM angemeldet, und noch immer ist unklar, wie viele sie letztendlich erhalten wird. Nach den sechs OPV und dem nun geplanten für U‑Boot-Rettung und Search & Rescue optimierten siebten Schiff wird allgemein noch ein achtes erwartet, das ausgerüstet mit Spezialanlagen zur Fernmelde-/elektronischen Aufklärung die mehr als 30 Jahre alte „Alerta“ (ehemalige „Darss“ der NVA Volksmarine) als „Sigint“-Schiff der spanischen Marine ablösen soll.
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TÜRKEI
Nach fast 75 Dienstjahren hat die türkische Marine am 16. November ihren für U‑Bootrettung ausgerüsteten Bergeschlepper „Akin“ ausgemustert.
Die „Akin“ hatte 1943 ihr Leben als zunächst „Greenlet“ (CHANTICLEER-Klasse) bei der US Navy begonnen, die sie bei der Pazifikflotte einsetzte. Zum Zeitpunkt der japanischen Kapitulation lag sie in der Bucht von Tokio, nahm später am Koreakrieg und am Vietnamkrieg teil. Nach 27 Dienstjahren hatte die US Navy an dem Veteranen keinen Bedarf mehr.
1970 wurde die „Greenlet“an die türkische Marine abgegeben und in „Akin“ umbenannt. In den folgenden noch einmal 47 Dienstjahren war das u.a. mit Taucherglocken und Druckkammern ausgerüstete Schiff nach Angaben der türkischen Marine in „insgesamt 13 erfolgreiche Rettungseinsätze“ eingebunden (Details dazu wurden nicht genannt).
Bei der türkischen Marine war die „Akin“ bis Anfang dieses Jahres einziges speziell für die U‑Bootrettung ausgerüstetes Schiff – sicher auch ein Grund für ihre sehr lange Indiensthaltung. Erst mit Indienststellung des neuen, nun mit modernsten Anlagen und Geräten ausgerüsteten U‑Bootrettungsschiffes „Alemdar“ (im Januar 2017) wurde sie verzichtbar. Ihr weiteres Schicksal ist unklar. Viele „Nostalgiker“ würden die „Akin“ künftig gern als Museumsschiff sehen, aber einiges spricht doch eher für eine Verschrottung oder eine Versenkung als Zielschiff bei einer Marineübung.