Mehr als ein Geschäft — Germany chosen as strategic partner for new submarines to Norway

Karl-Wil­helm Ohlms
(Kon­ter­ad­mi­ral a.D. K.-W. Ohlms war bis zu sein­er Pen­sion­ierung Abteilungsleit­er Ein­satzun­ter­stützung im Marinekommando)

Dieser Artikel wird mit fre­undlich­er Genehmi­gung der „Marine­Fo­rum – Zeitschrift für mar­itime Fra­gen“ veröf­fentlicht.
Marineforum

After a com­pre­hen­sive eval­u­a­tion process, The Nor­we­gian Gov­ern­ment decid­ed on Ger­many as strate­gic part­ner for new sub­marines. The part­ner­ship is based on a Ger­man-Nor­we­gian com­mon pur­chase and life­time man­age­ment of iden­ti­cal, new submarines….The scope for the indus­tri­al coop­er­a­tion with Ger­many …will pro­vide good oppor­tu­ni­ties for the Nor­we­gian defence and secu­ri­ty industry…”

So Anfang Feb­ru­ar aus der offiziellen Pressemit­teilung des nor­wegis­chen Vertei­di­gungsmin­is­teri­ums mit der Über­schrift „Ger­many cho­sen as strate­gic part­ner for new sub­marines to Norway“.

Damit wird deut­lich, dass es zwar darum geht, U‑Boote für Nor­we­gen zu beschaf­fen, dass aber der Aspekt der über den U‑Boot-Kauf (Nor­we­gen 4, Deutsch­land 2) deut­lich hin­aus­ge­hen­den strate­gis­chen Part­ner­schaft entschei­den­des Gewicht hatte.

Klar ist, dass die umfassende, weitre­ichende Koop­er­a­tionsof­ferte auss­chlaggebend für die Entschei­dung für Deutsch­land war. Dabei hat diese Offerte sowohl mil­itärische als auch indus­trielle Anteile. Klar ist auch, dass es wed­er zu Offerte noch Entschei­dung gekom­men wäre, wenn nicht alle beteiligten Stellen bei­der Staat­en – sowohl mil­itärische als auch indus­trielle – davon überzeugt gewe­sen wären, dass sie vorteil­haft ist.

Also nichts Neues im Norden?
Der Bund hat lediglich Rüs­tung­sex­por­tun­ter­stützung betrieben? Was er ja schon öfter und mit wech­sel­n­dem Erfolg getan hat (?)! Das BMVg hielt in sein­er dies­bezüglichen Pres­se­in­for­ma­tion drei Aspek­te fest:

  • Die U‑Boot-Fähigkeit­en der Marine wer­den deut­lich gestärkt
  • Deutsche zukun­ftsweisende Schlüs­sel­tech­nolo­gie wird gesichert und mit dem nor­wegis­chen Part­ner ausgebaut
  • Gemein­sam mit Nor­we­gen wird eine neue Stufe der innereu­ropäis­chen mil­itärischen Zusam­me­nar­beit erre­icht. Ganz ein­deutig wird auch hier der Koop­er­a­tionsaspekt herausgehoben

Aber: Was bedeutet „neue Stufe der innereu­ropäis­chen Zusam­me­nar­beit“? Und welch­es ist der Vorteil?

Sich­er, Aus­gangspunkt sind iden­tis­che U‑Boote. D.h. Pro­duk­tions- und Kosten­vorteile bei der Fer­ti­gung; jew­eils gemein­same Aus­bil­dung, Oper­a­tion, Mate­ri­al­bevor­ratung und Nutzung der Instand­set­zung­sein­rich­tun­gen. Gemein­same Weit­er­en­twick­lung von Tak­tik und Mate­r­i­al sowie prob­lem­los­er Per­son­alaus­tausch. Deutsch­land wird entsprechend des Frame­work-Nation-Con­cept als sog. Lead Nation die Führung dabei übernehmen, weil es Träger dieser Schlüs­sel­tech­nolo­gie ist. Aus den genan­nten Grün­den, und weil es zunächst lediglich die Zusam­me­nar­beit zweier Natio­nen gibt, wird kein „NH-90-Effekt“ und wer­den keine Kosten- und Zei­t­ex­plo­sio­nen, son­dern das Gegen­teil erwartet. Der indus­trielle Auf­trag­nehmer und Part­ner hat es mit zwei Auf­tragge­bern zu tun, die genau wis­sen, was sie wollen, weil sie in gemis­cht­en Arbeits­grup­pen auf­bauend auf ein­er gemein­samen Fähigkeits­forderung die Ange­bot­sauf­forderung erstellen und danach die Preis­gestal­tung und Fer­ti­gung überwachen. All das wird zwis­chen den Min­is­te­rien im Detail aus­ge­han­delt, beschlossen und umgesetzt.

Zu dieser Part­ner­schaft gehört, dass sich Deutsch­land auf Schlüs­sel­tech­nolo­gie sowie daraus fol­gend auf entsprechende Frame­work-Nation/Lead-Nation Funk­tio­nen Nor­we­gens ver­lässt. Das geschieht bei der Weit­er­en­twick­lung und schließlich Beschaf­fung von Lenkflugkörpern.

Weit­ere Zusam­me­nar­beit bei nicht nur auf den Bere­ich Unter­wass­er beschränk­ter Forschung und Tech­nolo­gie, beim Betrieb der U‑Jagdflugzeuge P‑3C (Ein­satz, Instand­hal­tung, Aus­bil­dung) oder bei der Entwick­lung ver­schieden­er, z.B. vom getaucht­en U‑Boot ein­set­zbaren Effek­toren, stellen den bish­er erar­beit­eten Umfang der mil­itärischen Zusam­me­nar­beit dar.

Daneben ste­ht – und es ist in diesem Zusam­men­hang wichtig, darauf hinzuweisen – eine beachtliche Vielzahl indus­trieller Koop­er­a­tions­möglichkeit­en, die über den reinen Bau der U‑Boote weit hin­aus­re­icht und mit­tel- bis langfristig zu ein­er inte­gri­erten indus­triellen Struk­tur in Europa führen kann. Natür­lich kön­nten die Natio­nen weit­er alles selb­st machen. Dann bliebe z.B. die Vertei­di­gungsin­dus­trie Europas weit­er im Wesentlichen nation­al aus­gerichtet und damit stark frag­men­tiert. Ergeb­nis waren bish­er und wären auch kün­ftig, neben ein­er unbe­friedi­gen­den Kosten­struk­tur, redun­dante Her­aus­forderun­gen im Wet­tbe­werb und höhere Kosten im Vertei­di­gung­shaushalt. Möglicher­weise aber auch man­gel­nde Inter­op­er­abil­ität im Bündnis.

Die beab­sichtigte deutsch-nor­wegis­che Koop­er­a­tion, in der mil­itärische Fähigkeits­forderun­gen nach Analyse gemein­sam gestellt wer­den, entsprechend „Hard­ware“ entwick­elt und beschafft wird, erhöht nicht nur die Inter­op­er­abil­ität der Stre­itkräfte, son­dern hat auf­grund sein­er Sig­nal­wirkung auf andere Natio­nen beim U‑Boot- Bau und darüber hin­aus das Poten­zial, die Hand­lungs­fähigkeit Europas ohne die fast schon üblichen Kosten­ex­plo­sio­nen und Ter­minüber­schre­itun­gen zu verbessern. Hier wer­den über Jahrzehnte Syn­ergien in der Nutzung, Logis­tik, Aus­bil­dung und Oper­a­tion erzielt. In dieser strate­gis­chen Part­ner­schaft wer­den nationale indus­trielle Exzel­len­zen zum Wohl bei­der Stre­itkräfte nutzbar gemacht. Das ist weit mehr, als „nur“ ein Rüs­tungs­geschäft und kann als Blau­pause für weit­ere Pro­jek­te in der Zukun­ft dienen.

In ein­er Zeit, in der es scheint, dass in und um Europa herum in vie­len Bere­ichen nationale Einzel­wege bevorzugt wer­den, kann die deutsch-nor­wegis­che Koop­er­a­tion den dazu notwendi­gen Kon­tra­punkt set­zen und ein Sig­nal für den notwendi­gen Zusam­men­halt sein, das über die reine mil­itärische Zusam­me­nar­beit hin­aus geht.