NAH-/MITTELOST
Die militärische/sicherheitspolitische Lage im Nahen-/Mittleren Osten bleibt von der Bekämpfung des islamistischen Terrors, den Bürgerkriegen in Syrien und Jemen sowie dem politischen Konflikt mehrerer arabischer Staaten mit dem Emirat Katar bestimmt. Im Persischen Golf dauern die Spannungen zwischen dem Iran und den USA an.
KATAR
Die von einer von Saudi-Arabien angeführten Gruppe arabischer Staaten verhängte Blockade (Schließung von Luftraum und Landgrenzen) besteht fort, aber eine militärische Eskalation ist nicht zu erwarten. Hinter den Kulissen dürfte man fieberhaft nach einer für alle Parteien gesichtswahrenden politischen Lösung für einen politischen Konflikt suchen, von dem eigentlich nur der Iran profitieren kann.
Am 1. August lief die türkische Fregatte „Gökova“ im Hafen von Hamad (nahe Doha) ein. Im Rahmen bilateraler Kooperation bei „Bekämpfung von Extremismus und Terrorismus“ führt die Fregatte noch bis zum 8. August — sicher auch als Solidaritätssignal zu verstehende — Übungen mit der Emiratsmarine durch, in die auch in Katar stationierte türkischen Truppen eingebunden sind.
Mit formeller Austragserteilung ist ein im Sommer 2016 mit der italienischen Fincantieri vereinbartes Programm zur Flottenerneuerung nun in trockenen Tüchern. Für insgesamt etwa 5 Mrd. Euro will die Emiratsmarine vier größere FK-Korvetten, zwei Offshore Patrol Vessel und ein amphibisches Unterstützungsschiff in Italien bauen lassen. Der Bau der sieben Einheiten soll im kommenden Jahr beginnen und bis 2024 abgeschlossen sein.
Dieser Artikel wird mit freundlicher Genehmigung der „MarineForum – Zeitschrift für maritime Fragen“ veröffentlicht.
JEMEN
Houthi-Rebellen haben am 29. Juli ein ferngelenktes, mit Sprengstoff beladenes Boot in den Hafen von Mokha (Rotes Meer) gesteuert und dort an einer Pier zur Explosion gebracht. Größere Schäden oder Opfer/Verletzte soll es allerdings nicht gegeben haben. Am gleichen Tag wurde eine vor Mokha operierende Einheit der VAE-Marine mit ungelenkten Raketen beschossen, offenbar aber verfehlt.
Die von der saudi-arabisch geführten Koalition unterstützte jemenitische Regierung hält am Ziel einer „baldigen Befreiung“ des von den Houthi-Rebellen kontrollierten Hafens von Hodeidah (Al-Hudaydah; Rotes Meer) fest. In Umsetzung eines Vorschlages der Vereinten Nationen wolle man den Hafen dann einer den Fluss humanitärer Hilfsgüter koordinierenden „neutralen Partei“ übergeben.
IRAN
Die gegenseitigen „Nadelstiche“ von Iran und USA dauern an.
Diesmal ist es der Iran, der sich über „unprofessionelles und gefährliches“ Verhalten der US Navy beschwert. Am 28. Juli sollen sich der US-Flugzeugträger „Nimitz“ und ein Begleitschiff im Persischen Golf Kurs auf eine iranische Ölplattform genommen haben. Als ein Wachboot der iranischen Revolutionsgarden vor weiterer Annäherung warnte, sei von der „Nimitz“ ein Warnschuss abgefeuert worden. Dennoch habe das iranische Boot – so iranische staatliche Medien – „den Flugzeugträger zum Abdrehen und zum Verlassen des Gebietes zwingen“ können. Nicht-iranische Quellen berichten übrigens nicht zu diesem Zwischenfall; so bleiben Zweifel nicht nur an der Darstellung, sondern auch daran, ob er überhaupt stattgefunden hat.
ISLAMISTISCHER TERROR IN SYRIEN UND IRAK
Bei der Bekämpfung des islamistischen Terrors in Syrien und Irak bleibt eine international übergreifende Koalition weiterhin Fernziel. Unverändert bestimmen divergierende Eigeninteressen zahlreicher Staaten sowie die Spaltung zwischen Schiiten und Sunniten die Entwicklung.
SYRIEN — IRAK: US-geführte Koalition (Operation „Inherent Resolve“)
Eine US-geführte multinationale Koalition setzt mit Operation „Inherent Resolve“ Luftschläge gegen islamistische Terrorgruppen im Irak und in Syrien fort. Ziele sind Kommandozentren (Führungspersonen), Stützpunkte, Depots und von Islamisten kontrollierte Öl-Anlagen, daneben aber auch logistische Straßentransporte und Gruppen verlegender Kämpfer. Viele Angriffe dienen der direkten Unterstützung (Close Air Support) irakischer Truppen und syrischer Oppositionsmilizen. Zum Einsatz kommen US-Trägerkampfflugzeuge und landgestützt von Flugplätzen der Golfstaaten, Jordaniens und der Türkei operierende Kampfflugzeuge und Drohnen der Streitkräfte zahlreicher Staaten. Die britische Royal Air Force nutzt ihre Basis in Akrotiri (Zypern).
Der US-Flugzeugträger „Nimitz“ hat im Persischen Golf mit dem Einsatz seiner Kampfflugzeuge gegen IS-Ziele in Irak und Syrien begonnen.
In den Seegebieten um die Arabische Halbinsel, operiert weiterhin die „Bataan“ Amphibious Ready Group (ARG) der US Navy. Auf dem amphibischen Träger „Bataan“ eingeschiffte Jagdbomber AV-8B Harrier und Kampfhubschrauber des US Marine Corps können bei Bedarf auch über Land (z.B.gegen islamistische Terrorgruppen im Jemen oder in Somalia) eingesetzt werden. Die in Norfolk beheimatete „Bataan“ ARG ist schon seit Ende Februar unterwegs, nähert sich also dem Ende eines normalen Einsatzes und dürfte demnächst ins Mittelmeer ablaufen. Ablösung ist mit der in San Diego (Kalifornien) beheimateten „America“ ARG auch bereits auf dem Weg über den Pazifik.
SYRIEN: Russland – Türkei
Russland macht weiterhin keinen wirklichen Unterschied zwischen Islamisten und Oppositionsrebellen; außerhalb von erklärten „De-Eskalationszionen“ gelten alle gleichermaßen als “Terroristen”. Nach wie vor erfolgen russische Luftangriffe in direkter Unterstützung syrischer Regierungstruppen auch in Gebieten, in denen keine islamistischen Milizen aktiv sind.
Die Türkei lässt immer deutlicher erkennen, dass es ihr in Syrien weniger um den Kampf gegen IS geht, als um eine „Neutralisierung“ von Kurden. Es gibt sogar deutliche Anzeichen, dass offenbar auch die einige kurdische Milizen im Kampf gegen IS unterstützende USA aus der Region genötigt werden soll. In Washington ist man zunehmend irritiert über die „einen NATO-Partner direkt gefährdende“ türkische Politik.
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BÜRGERKRIEG IN SYRIEN
In den erklärten „De-Eskalationszonen“ herrscht weiterhin vergleichsweise Ruhe. Andernorts gehen die Kämpfe weiter; islamistische Milizen bleiben weiterhin grundsätzlich von allen Feuerpausen ausgenommen. Russland sieht in den „De-Eskalationszonen“ die „Basis für ein Ende des Bürgerkrieges“. Sie zwängen syrische Oppositionsmilizen, sich räumlich von islamistischen Terrorgruppen zu trennen, und dies eröffne Chancen für einen politischen Dialog.
Russland ist bemüht, in den „De-Eskalationszonen“ einen formellen Waffenstillstand zu vereinbaren (ist bisher in drei Zonen gelungen) und diesen auch überwachen zu lassen. Ohne Mandat der Vereinten Nationen bleiben Versuche, hier Partner als Friedenstruppen ins Boot zu bekommen, bisher erfolglos. Vorerst wird man sich wohl mit russischen Militärpolizisten begnügen müssen.
Maritime Aspekte
Im östlichen Mittelmeer operiert weiterhin das von der russischen Schwarzmeerflotte geführte Ständige Mittelmeergeschwader (MedSqn) der russischen Marine. Am 30. Juli begingen die Einheiten der MedSqn den russischen „Tag der Seekriegsflotte“ mit einer eigenen kleinen Seeparade vor dem syrischen Hafen von Tartus.
Kampfeinheiten bei der MedSqn sind zurzeit die Fregatte „Admiral Essen“, der Minensucher „Valentin Pikul“ und immer noch auch das U‑Boot „Krasnodar“. Wann das neue U‑Boot der KILO-III-Klasse „Krasnodar“ seine seit Mitte Mai für den Einsatz bei der MedSqn unterbrochene Überführungsfahrt von der Ostsee ins Schwarzmeer fortsetzen soll, ist unklar. Ein angekündigtes weiteres Schießen von Marschflugkörpern Kalibr auf Ziele in Syrien fand bisher nicht statt; in einem Ende Juli dafür im östlichen Mittelmeer erklärten Warngebiet wurden keine Aktivitäten gemeldet.
Die erst am 22. Juli ins Mittelmeer verlegte Fregatte „Pytliviy“ kehrte schon am 3. August wieder ins Schwarzmeer zurück. Sie hatte praktisch nur an einer von der MedSqn zum „Tag der Seekriegsflotte“ vor Tartus abgehaltenen Seeparade teilgenommen. Es scheint etwas zweifelhaft, dass das 36 Jahre alte Schiff der KRIVAK-Klasse ausschließlich für diesen Zweck verlegt wurde, zumal mit der „Admiral Essen“ ja das modernste Kampfschiff der Schwarzmeerflotte an der Parade teilnahm. Möglicherweise gab es technische Probleme.
Am 2. August passierte das Spezialschiff zur Fernmelde-/elektronischen Aufklärung (SIGINT) der Schwarzmeerflotte „Kildin“ den Bosporus in Richtung Mittelmeer. Vermutlich wird das Schiff der MOMA-Klasse in einem etwa dreimonatigen Einsatz im östlichen Mittelmeer operieren und dabei auch die MedSqn mit taktischen und operativen Informationen unterstützen.
gecharteter Frachter wird in Tartus entladen (Foto: blog)Mit Frachtumschlag im russischen Schwarzmeerhafen Noworossiysk (Anbindung an das russische Eisenbahnnetz), dauert die auch als „Syrian Express“ bezeichnete Lieferung von Rüstungsgütern nach Syrien und Nachschub für die dort eingesetzten russischen Truppen an. Regelmäßig passieren Landungsschiffe der russischen Marine (auch dazu verlegte Einheiten der Nordflotte und der Baltischen Flotte) oder speziell für diese Transporte gebraucht in der Türkei und Deutschland gekaufte und teils als Hilfsschiffe in die russische Marine integrierte, ex-zivile Frachtschiffe den Bosporus süd- oder nordlaufend. Transportiert wird zurzeit vermehrt auch Baumaterial für die begonnenen Arbeiten zur Erweiterung der russischen logistischen Basis in Tartus (Syrien). Dafür werden auch nicht unter russischer Flagge fahrende zivile Frachtschiffe gechartert.
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BRASILIEN
In einem groß angelegten Schießen hat die brasilianische Marine ihre frühere Fregatte „Bosisio“ als Zielschiff versenkt.
Die „Bosisio“ war Mitte der 1990er Jahre mit noch drei weiteren Fregatten TYPE 22 (BROADSWORD-Klasse) gebraucht von der britischen Royal Navy übernommen worden, hatte zuvor als HMS „Brazen“ schon gut 15 Jahre bei dieser gedient. ex-‘Bosisio’ versenkt (Video-Standbild: bras. Marine)Eine bei der brasilianischen Marine geplante Modernisierung wurde nur für zwei Schiffe durchgeführt; „Greenhalgh“ und „Rademaker“ sind auch heute noch im aktiven Dienst.
Schon 2005 wurde die „Dodsworth“ (ex-„Brilliant) ausgemustert; zehn Jahre später kam im September 2015 dann auch für die „Bosisio“ das Dienstzeitende. Die alte Fregatte wurde komplett abgerüstet und umweltgerecht für einen letzten „Einsatz“ im Dienst der brasilianischen Marine vorbereitet.
Gleich mehrere Kriegsschiffe und Kampfflugzeuge waren beteiligt, als die „Bosisio“ vor Rio de Janeiro beim „Missilex 2017“ ihre letzte Reise auf den Grund des Südatlantiks antrat. Schwesterschiff „Rademaker“ startete einen Seeziel-FK Exocet; erstmals überhaupt kam ein von einem Hubschrauber S‑70B Seahawk abgefeuerter Seeziel-FK Penguin zu einem „scharfen“ Einsatz. Die Korvetten „Liberal“ und „Independencia“ der NITEROI-Klasse schossen ganze Salven aus ihren 114-mm-Hauptgeschützen und schließlich warfen auch noch Kampfflugzeuge AF-1B 230-kg-Bomben auf das alte Schiff, das einem solchen Trommelfeuer natürlich nicht gewachsen war.
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EUROPÄISCHE UNION (Migration)
LIBYEN
Seit Jahren ist klar, dass allein in internationalen Gewässern eine wirksame Bekämpfung der von Libyen ausgehenden Migration über das Mittelmeer unmöglich ist.
Ohne Verfolgung in libysche Hoheitsgewässer oder gar bis an die Küste ist den kriminellen Schleuserbanden nicht beizukommen. Schon im vergangenen Jahr beschloss die Europäische Union denn auch, Marine und Küstenwache Libyens durch Ausbildung, materielle Ausstattung und finanzielle Hilfe besser zu befähigen, Flüchtlingsboote schon direkt an der eigenen Küste abzufangen – und vor allem dann dort auch den Schleuserbanden das Handwerk zu legen. Am Rande der EU Operation „Sophia“ finden bereits Lehrgänge für libysches Personal statt, wobei immer wieder europäische Kriegsschiffe auch als schwimmende Klassenzimmer dienen. Die Maßnahmen scheinen erste Wirkung zu zeigen, denn seit einigen Monaten mehren sich Berichte über das Aufbringen von Flüchtlingsbooten durch libysche Sicherheitskräfte direkt vor der eigenen Küste.
Das am schwersten von der Migration betroffene Italien geht nun noch einen Schritt weiter. Nach einer entsprechenden „Einladung“ durch die international anerkannte Regierung in Tripoli (Libyen), hat das italienische Parlament einem nationalen Einsatz der Marine in libyschen Territorialgewässern zur unmittelbaren Unterstützung der libyschen Küstenwache zugestimmt.
Schon einen Tag später, am 2. August, nahm die Korvette „Comandante Borsini“ Kurs auf Tripoli. Ein eingeschifftes Vorausteam soll die gemeinsame Operation mit der libyschen Küstenwache absprechen und koordinieren.
In Libyen regt sich allerdings Widerstand. Der die Regierung in Tripoli nicht anerkennende ostlibysche Machthaber und Anführer der selbst-erklärten Libyan National Army, Feldmarschall Khalifa Haftar, erteilte dem Vorhaben eine klare Absage. Seine „Marine und Luftwaffe“ habe Befehl erhalten, jedes ohne seine Genehmigung in libysche Gewässer einlaufende fremde Kriegsschiff „zu stoppen“. Nach eigener Erklärung gelte sein Befehl nicht nur für Ostlibyen (Tobruk, Ras Lanuf, Benghazi), sondern auch für die in Tripoli stationierten Marineeinheiten und Kampfflugzeuge.
Ob und in welchem Umfang Haftar seine Befehle umsetzen kann, bleibt allerdings abzuwarten. Möglicherweise erhofft er sich für sein Ostlibyen auch nur politische Zugeständnisse aus Italien, nach denen er dem Projekt dann „großzügig“ seinen Segen geben kann.
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NORDKOREA
Ein neuerlicher Raketentest hat die Spannungen um Nordkorea weiter verschärft.
In der Nacht zum 29. Juli wurde eine zweite Interkontinentalrakete (ICBM) „Hwasong-14“ von Nordkorea aus über eine Entfernung von fast 1.000km in die Japansee geschossen. Das Zielgebiet lag erneut innerhalb der japanischen Wirtschaftszone; eine Warnung für die internationale Schifffahrt und Luftfahrt gab es nicht.
Erstmals überhaupt fand ein Test einer weit reichenden Rakete bei Nacht statt, und die Nutzung eines anderen Startplatzes als am 4. Juli, der überdies auch zuvor noch nie verwendet worden war, deutet auf ein kurzfristig verlegbares, mobiles Startsystem. In erneut extrem überhöhter Flugbahn (und damit bewusst deutlich verkürzter Reichweite) stieg die Rakete mit 3.700km noch einmal gut 1.000km höher als beim ersten Testschuss einer „Hwasong-14“ am 4. Juli. Daraus lässt sich eine für das US-Kernland ausreichende Reichweite errechnen.
Nordkoreas staatliche Propaganda beschwor überschwänglich die nun vorhandene Fähigkeit zu einem „vernichtenden Erstschlag“ gegen die USA, ließ allerdings ein wichtiges Detail unerwähnt. Der auf der Rakete montierte (natürlich nicht scharfe) „Gefechtskopf“ zerbrach beim Wiedereintritt in die Atmosphäre. Offenbar hat Nordkorea hier noch kein zuverlässig widerstandsfähiges System entwickelt und wird auch noch einige Zeit zur notwendigen Miniaturisierung eines nuklearen Gefechtskopfes benötigen. Einige Experten sehen hier aber eine Frist von möglicherweise nur noch etwa einem Jahr.
Die schon in der Vorwoche beobachteten ungewöhnlich hohen Aktivitäten bei nordkoreanischen U‑Booten dauern an. Am 31. Juli soll an Land auf dem Gelände der Marinewerft in Sinpo der Ausstoß eines ballistischen Flugkörpers aus einem U‑Boot-Startschacht erprobt worden sein. Die Entwicklung eines — dann natürlich auch nuklear bestückbaren — U‑Boot-gestützten ballistischen Flugkörpers (SLBM) geht also weiter.
Über das weitere, international koordinierte Vorgehen herrscht zunehmend Uneinigkeit.
China zeigt sich über den neuen Raketentest „besorgt“, verurteilt ihn aber nicht; Schuld an der Entwicklung trage ausschließlich das bilaterale Verhältnis der USA zu Nordkorea. Japan und die USA unterstellen Russland und China nur halbherzige Umsetzung von Wirtschaftssanktionen. China hält dagegen, dass die vom US Sicherheitsrat verhängten Sanktionen kein „allumfassendes Wirtschaftsembargo“ fordern, und Russland baut abseits der Sanktionen mit Visafreiheit, einer neuen Fährverbindung und „humanitären Getreidelieferungen“ seine Beziehungen zu Nordkorea sogar noch aus.
Unter solchen Rahmenbedingungen dürften im UN Sicherheitsrat kaum Chancen für neue Sanktionen bestehen. Ohnehin wollen Russland und China militärische Optionen der USA so begrenzt wie irgend möglich halten, mit Blick auf die Vorgänge um Libyen den USA im UN Sicherheitsrat in keinem Fall eine „Legitimierung über eine Hintertür“ ermöglichen.
Die US-Regierung zeigt sich über die nonchalatnte Haltung Chinas und Russlands zunehmend frustriert und bringt immer häufiger und auch unverblümter militärische Optionen ins Spiel. Natürlich könne jeder Militärschlag katastrophale Konsequenzen haben, nicht zuletzt Bevölkerungszentren in Südkorea und Japan zum potentiellen Ziel nordkoreanischer Vergeltungsschläge machen. Klar sei aber auch, dass man — so wörtlich — „Opfer außerhalb der USA denen im eigenen Land deutlich vorziehe“. In Reaktion auf den neuen Raketentest überflogen zwei strategische Bomber B‑1B der US Air Force demonstrativ Südkorea. Am 30. Juli führte die US Army von Alaska aus mit dem Terminal High Altitude Area Defense (THAAD) einen weiteren Raketenabwehrtest durch, der einmal mehr die Fähigkeit zum Abfangen einer ICBM nachwies.
Die US Navy verzichtet zurzeit auf sichtbare Präsenz in der Region um die koreanische Halbinsel; momentan operiert im Westpazifik kein einziger Flugzeugträger. Die „Ronald Reagan“ dürfte aber nach dem Ende der vor Australien abgehaltenen Übung „Talisman Saber 17“ nun wieder Kurs auf die Krisenregion nehmen; sie ist ja ohnehin in Japan stationiert.
Vor der kalifornischen Küste führt die „Theodore Roosevelt“ mit einem mehrwöchigen „Composite Training Unit Exercise“ (COMPTUEX) ein abschließendes operatives work-up für einen Einsatz durch, der in etwa vier Wochen beginnen könnte. Da die „Nimitz“ gerade erst die Aufgaben im Persischen Golf übernommen hat (s.o.), dürfte für die „Theodore Roosevelt“ eine West-Pacific Patrol auf der Agenda stehen.
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RUSSLAND
Seit 1939 stellt Ende Juli der „Tag der Seestreitkräfte“ als nationaler Feiertag die russische Marine ins Rampenlicht der Öffentlichkeit.
Am 27. Juli 1714 hatte die russische Flotte in der Seeschlacht von Gangut (Hangö) die schwedische Flotte geschlagen und damit ihren ersten historisch wichtigen Seesieg errungen. In patriotischem Gedenken an dieses Ereignis bestimmte 1939 der sowjetische Diktator Josef Stalin den jeweils letzten Sonntag des Monats Juli als nationalen Feiertag und „Tag der Seestreitkräfte“; diese Festlegung hat bis heute Gültigkeit.
In diesem Jahr fiel der Feiertag auf den 30. Juli und wurde wie üblich an allen Flottenstandorten mit Paraden, Gedenkfeiern und kulturellen Veranstaltungen begangen. Von Wladiwostok bis Sewerodwinsk lagen Schiffe, Boote und U‑Boote der Marine und Einheiten des Seegrenzschutzes über die Toppen geflaggt in den Häfen oder vor Anker auf Wasserwegen. In allen Standorten waren Schiffe und Boote von der Bevölkerung zu besichtigen, und die Marine stellte überall mit Vorführungen auch ihre Fähigkeiten zur Schau. Erstmals gab es sogar vor dem syrischen Hafen Tartus eine kleine Seeparade mit sieben Kriegs- und Hilfsschiffen des Ständigen Mittelmeergeschwaders.
Die zentrale Veranstaltung fand in der Ostsee statt, wo sich auf der Newa in St. Petersburg und vor dem 15km entfernten Marinestützpunkt Kronshtadt in zwei parallelen Seeparaden insgesamt mehr als 50 Einheiten sowie zahlreiche Flugzeuge und Hubschrauber Präsident Putin und der Marineführung präsentierten.
Seeparade zum Tag der Seestreitkräfte (Foto: flot.com)
Um der Bevölkerung die „Seemacht Russland“ zu demonstrieren, hatten extra für diesen Tag sogar mehrere „Super-Einheiten“ der Nordflotte in die Ostsee verlegt (und sich direkt danach auch schon wieder auf den langen Rückweg gemacht). Die Kreuzer „Petr Velikiy“ und „Marshal Ustinov“ sowie das riesige U‑Boot „Dmitrij Donskoy“ waren für die Newa in St. Petersburg allerdings zu groß; sie blieben „vor der Tür“ in Kronshtadt. In St. Petersburg war ein zu Übungen in die Ostsee gekommener Verband der chinesischen Marine mit von der Partie.
Der „Tag der Seestreitkräfte“ gibt Politikern und der Marineführung vor allem immer wieder Gelegenheit, die Modernisierung der Marine öffentlich herauszustellen Schon zu Sowjet-Zeiten diente der Feiertag immer auch dazu, die (Über-)Erfüllung des von der Partei festgelegten Plansolls zu verkünden. De facto hat sich das im heutigen Russland nicht geändert, und nicht ganz zufällig werden wichtige „Stichtage“ für zahlreiche Neubauvorhaben in unmittelbare zeitliche Nähe zum Feiertag terminiert.
Wie schon in den letzten beiden Jahren, hielten sich Erfolgsmeldungen aber auch diesmal in Grenzen. Nicht zuletzt auch unter den im Zuge der Ukraine-Krise verhängten Sanktionen (ausbleibende Lieferungen von Gasturbinen, Dieselmotoren und weiteren Subsystemen) kommt kaum ein Neubauprogramm der russischen Marine im Zeitplan voran.
Immerhin konnte am 28. Juli Sewmash in Sewerodwinsk das siebte und letzte nukleargetriebene Angriffs-U-Boot der YASEN-Klasse (die künftige „Ulyanovsk“) auf Kiel legen; die Admiralitätswerft in St. Petersburg begann feierlich den Bau der ersten beiden von sechs für die Pazifikflotte bestimmten U‑Booten der KILO-III-Klasse; die fernöstliche Amur-Werft rollte (nach mehr als fünf Jahren Bauzeit) die FK-Korvette „Gromkiy“ der STERGUSHCHIY-Klasse aus der Bauhalle, und bei Pella in St. Petersburg wurde das Typfahrzeug „Uragan“ einer neuen Klasse kleiner, mit Marschflugkörpern Kalibr zu bestückenden Korvetten zu Wasser gelassen. Am Feiertag selbst konnte die Nordflotte einen neuen, arktisfähigen Bergeschlepper in Empfang nehmen.
Der zuvor angekündigte Stapellauf des 5. nuklearstrategischen U‑Bootes der BOREJ-Klasse fand dagegen ebensowenig statt, wie der Stapellauf des zweiten neuen Landungsschiffes der IVAN GREN-Klasse; beide Vorhaben fanden nicht einmal Erwähnung. Die neuen Fregatten „Admiral Gorshkov“ und „Admiral Makarov“ nahmen zwar an der Parade auf der Newa teil, aber ihre eigentlich schon für 2016 geplante Lieferung und Indienststellung verzögert sich weiter. Von Negativmeldungen wollte man am Feiertag aber nichts wissen, und so wurde die Statistik mit Meldungen zur Lieferung zahlreicher kleiner Kampfboote der RAPTOR und GRACHANOK-Klassen sowie Hafen-/Reedeschleppern, Taucherbooten und Vermessungsfahrzeugen „etwas aufgehübscht“ – und in zahlreichen offiziellen Reden natürlich ein überaus positiver Ausblick beschworen.
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TÜRKEI
)An den Spitzen der türkischen Teilstreitkräfte hat die Führung gewechselt.
Als neuer Marinebefehlshaber löst Vizeadmiral Adnan Özbal Admiral Bülent Bostanoglu ab, der mit Erreichen der Altergrenze planmäßig in den Ruhestand versetzt wurde.
Adnan Özbal (Jhrg. 1958) beendete 1980 seine Ausbildung zum Marineoffizier. Es folgten diverse Seeverwendungen an Bord von Zerstörern und dann Schnellbooten, von denen er zwei als Kommandant führte. 2003–2005 war er Kommandeur der 2. Schnellboot-Flotille. 2012 übernahm er die Leitung der Marineakademie, führte anschließend die Küstenwache. 2014 wurde er mit späterer (2015) Beförderung zum RAdm für die Ausbildung in der türkischen Marine zuständig. Seit 2016 hatte er das Naval Forces Command geführt. Von dieser Position wechselte er nun an die Spitze der Marine.
Viele Medien stellen seine Ernennung in direkten Zusammenhang mit den zurzeit von Präsident Erdogan durchgeführten Säuberungsaktionen. Anzumerken ist hier allerdings, dass Amtsvorgänger Adm Bostanoglu nach dem Putschversuch des letzten Jahres offenbar das Vertrauen des Präsidenten hatte. Auch erfolgt die Neubesetzung der Spitze der Marine wie üblich nach exakt vier Jahren und mit Erreichen der Dienstaltersgrenze durch den Amtsinhaber.
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USA
Nur eine Woche nach Indienststellung des neuen Flugzeugträgers „Gerald R Ford“ hat ein Kampfflugzeug erstmals in See die neuen Start- und Landeanlagen praktisch erprobt.
Bei einem Kurztest vor der Atlantikküste bei Norfolk landete und startete eine F/A‑18F Super Hornet der Erprobungsstaffel VX-23 (Patuxent River) auf dem neuen Flugzeugträger. Sowohl die Landung in der neuen Landefanganlage, als auch der nachfolgende Start mit dem neuartigen Katapult bereiteten keinerlei Probleme.
Beide Systeme gelten als technologische Meilensteine. Bei auf den bisherigen Flugzeugträgern der NIMTZ-Klasse installierten hydraulischen Landefanganlagen wird die beim Abbremsen eines gelandeten Flugzeuges zu „vernichtende“ kinetische Energie lediglich in Wärme umgewandelt, die ungenutzt abfließt. Das neuartige Advanced Arresting Gear (AAG) arbeitet anstelle hydraulischer Kolben mit elektrischen Widerständen. Die hier bei einer Flugzeuglandung anfallende Energie wird über Generatoren in Batteriebänke eingespeist – und ist damit wieder verwendbar.
Das technologisch ebenfalls neuartige — erst kürzlich von Präsident Trump öffentlich als „überflüssig“ kritisierte — elektromagnetische Startkatapult EMALS (Electromagnetic Aircraft Launch System) hat im Vergleich zu klassischen dampfbetriebenen Katapulten der NIMITZ-Klasse einen deutlich höheren Wirkungsgrad. Wegfall von Dampferzeugern, Hydraulik und Pneumatik vereinfacht den Aufbau (geringerer Wartungsaufwand) und schafft Platz im Schiffsinneren. Durch präzise Steuerbarkeit des Startvorgangs kann das Katapult genau auf die Bedürfnisse einer breiten Palette von Flugzeugen zugeschnitten werden, bietet so sanftere Beschleunigung und genauere Kontrolle je nach Flugzeuggewicht.
EMALS und AAG sollen den neuen Flugzeugträgern der FORD-Klasse überdies eine gegenüber der NIMITZ-Klasse um 25 Prozent erhöhte tägliche Flugzeug-Einsatzrate (sortie-rate) ermöglichen. Als durchhaltefähige Dauereinsatzrate über einen Zeitraum von mehr als 30 Tagen werden 160 sorties genannt; notfalls sollen kurzzeitig auch bis zu 270 möglich sein (NIMITZ-Klasse 120/240). Die jetzt durchgeführten erste Landung auf der „Gerald R Ford“ und der anschließende erste Start sind nur Auftakt einer Serie ausführlicher Start- und Landeversuche. Im Herbst sind parallel zu weiteren Erprobungen an Land etwa 75 Test-Starts und –landungen in See auf dem neuen Flugzeugträger geplant.