Dieser Artikel wird mit freundlicher Genehmigung der „MarineForum – Zeitschrift für maritime Fragen“ veröffentlicht.
NAH-/MITTELOST
Die militärische/sicherheitspolitische Lage im Nahen-/Mittleren Osten ist vorrangig vom Bürgerkrieg in Syrien und von der Bekämpfung des islamistischen Terrors in Irak und Syrien bestimmt, aber natürlich gibt es auch Nachrichten zu anderen, die Region betreffenden Themen.
Im andauernden Bürgerkrieg im Jemen haben Regierungstruppen und verbündete Milizen „die meisten Randgebiete“ der Hafenstadt Mokha von den Houthi-Rebellen zurückerobert. Die Offensive hat schon vor mehreren Wochen begonnen, aber offensichtlich wird die Stadt selbst noch immer von den Houthi kontrolliert. Für die vom Iran unterstützten schiitischen Rebellen hat der knapp nördlich der Meerenge des Bab el Mandeb am südlichen Roten Meer gelegene Hafen von Mokha als Nachschubbasis (u.a. Waffenschmuggel) zentrale Bedeutung.
Die ägyptische Regierung hat die Beteiligung an den saudi-arabisch geführten militärischen Operationen im Jemen um ein Jahr verlängert. Eingesetzt sind vor allem auch Marineeinheiten, die vom südlichen Roten Meer bis in den Golf von Aden jemenitische Häfen blockieren und Nachschub für die Houthi-Rebellen unterbinden sollen – mit bisher allerdings eher begrenztem Erfolg.
Die frühere 24. Anti-Piraterie-Einsatzgruppe der chinesischen Marine (Zerstörer „Harbin“, Fregatte „Handan“, Versorger „Dongping Hu“) ist nach Übergabe ihrer Aufgaben an die zur Ablösung eingetroffene 25. Einsatzgruppe aus dem Golf von Aden abgelaufen. Wie üblich besuchen die Schiffe vor dem endgültigen Rückmarsch in die Heimat noch einige Auslandshäfen.
Diesmal stehen – erstmals seit sechs Jahren — Besuche bei arabischen Golfstaaten auf dem Programm. Nach einem Besuch in Dschidda (Saudi Arabien) liefen die drei Schiffe am 21. Januar in Doha (Katar) ein. Bevor sie den Persischen Golf wieder verlassen und auf Heimatkurs gehen, werden sie noch in Kuwait und den Vereinigten Arabischen Emiraten erwartet. Experten bewerten die Besuche als Teil des Bestrebens Chinas, als „Global Player“ seine Position in der Golfregion zu festigen.
KAMPF GEGEN DEN ISLAMISTISCHEN TERROR (Fortschreibung)
Bei der Bekämpfung des islamistischen Terrors bleibt eine international übergreifende Koalition weiterhin Fernziel.
Noch zu viele Eigeninteressen einzelner Staaten sowie die Spaltung zwischen Schiiten und Sunniten bestimmen die Entwicklung. Dennoch wird der IS in Syrien und im Irak zunehmend aus Kerngebieten seines „Kalifats“ zurückgedrängt. Jüngste Einschätzungen gehen davon aus, dass der IS im Laufe dieses Jahres seine Führungs-Infrastruktur im Irak komplett aufgeben muss und dann nach Syrien ausweicht.
Syrien – Irak: US-geführte Koalition („Operation Inherent Resolve“)
Eine US-geführte multinationale Koalition setzt mit Operation „Inherent Resolve“ Luftschläge gegen islamistische Terrorgruppen im Irak und in Syrien fort. Ziele sind Kommandozentren (vor allem auch Führungspersonen), Stützpunkte, Depots und von Islamisten kontrollierte Öl-Anlagen, daneben aber auch logistische Straßentransporte und Gruppen verlegender Kämpfer, die im Irak auf den Flüssen Euphrat und Tigris vor allem auch Boote nutzen. Viele Angriffe dienen der direkten Unterstützung (Close Air Support) irakischer Bodentruppen oder kurdischer Milizen — aktuell vor allem bei der Offensive zur Rückeroberung von Mosul. Zum Einsatz kommen zurzeit nur landgestützt von Flugplätzen der Golfstaaten, Jordaniens und der Türkei operierende Kampfflugzeuge der Streitkräfte zahlreicher Staaten. Die britische Royal Air Force nutzt ihre Basis in Akrotiri (Zypern).
Momentan ist kein US-Flugzeugträger in der Region im Einsatz. Im Persischen Golf operiert der amphibische Träger „Makin Island“, der vermutlich vom nordwestlichen Golf aus an Bord mitgeführte Kampfflugzeuge AV-8B Harrier des US Marine Corps in Luftschläge gegen IS im Irak (Offensive bei Mosul) einbringt.
Die Führung der Task Force 50 (TF 50) in Operation „Inherent Resolve“ hat weiterhin der britische Commodore Andrew Burns auf dem Hubschrauberträger „Ocean“ der Royal Navy. Die im Persischen Golf operierende „Ocean“ kann zwar selbst keine Kampfflugzeuge einsetzen, aber mit ihren Führungs- und Fernmeldesystemen die Einsätze der landgestützt operierenden Koalitions- flugzeuge koordinieren.
Die „Ocean“ soll diese Aufgabe durchführen, bis mit der „George H.W. Bush“ Carrier Strike Group (GHWB CSG) der nächste US-Flugzeugträgerverband zu einem mehrmonatigen Einsatz in der Golfregion eintrifft. Die GHWB CSG (Flugzeugträger „George H. W. Bush“, Kreuzer „Philippine Sea“ und „Hue City“, Zerstörer „Laboon“ und „Truxtun“) hat sich am 21. Januar in Norfolk (Virginia, USA) auf den Weg über den Atlantik gemacht und könnte Mitte Februar die Golfregion erreichen.
Im Mittelmeer soll sich die dänische Fregatte „Peter Willemoes“ dem Verband anschließen.
Syrien: Russland – Türkei
Russland macht weiterhin keinen Unterschied zwischen Islamisten und syrischen Oppositionsrebellen, die gleichermaßen als “Terroristen” gelten. Nach wie vor erfolgen viele russische Luftangriffe in direkter Unterstützung syrischer Streitkräfte in Gebieten, in denen islamistische Milizen nicht aktiv sind. Auch die Türkei ist neben dem Kampf gegen Islamisten im Rahmen ihrer nationalen Kurdenpolitik vor allem bemüht, auf Autonomie setzende syrische Kurden (zugleich von den USA unterstützte syrische Rebellen) möglichst weit nach Osten in Richtung Irak abzudrängen.
Nach dem gemeinsam von Russland und der Türkei im Bürgerkrieg ausgehandelten Waffenstillstand scheinen die Luftwaffen beider Staaten der Bekämpfung des IS nun aber vermehrt Priorität zu geben. Mindestens zweimal, vermutlich sogar viermal bombardierten in der abgelaufenen Woche sechs in Russland gestartete russische Fernbomber Tu-23M3 Backfire‑C nach (vorab genehmigtem) Flug durch iranischen und irakischen Luftraum IS-Stellungen bei Deir-ez-Zor in Ost-Syrien. Weitere Luftangriffe gab es dort in teils gemeinsamen Einsätzen türkischer und in Syrien stationierter russischer Jagdbomber.
BÜRGERKRIEG IN SYRIEN (Fortschreibung russische Intervention)
Eine auf Initiative von Russland und der Türkei mit mehreren Rebellengruppen vereinbarte Waffenruhe bleibt brüchig, und islamistische Gruppen wie IS und al-Nusra sind ohnehin ausgeklammert. In Astana (Kasachstan) gab es zwar Gespräche zwischen den diversen Konfliktparteien, die aber keinen wirklichen Durchbruch brachten.
Immerhin will man sich im Februar in Genf zu neuen Friedensgesprächen treffen. Allerdings haben die Konfliktparteien teils völlig unterschiedliche Vorstellungen über deren Zielsetzung. Einige sind weiterhin nicht bereit, für eine politische Lösung irgendwelche Kompromisse einzugehen und Abstriche an eigene Forderungen zu machen. Auch Syriens Präsident al-Assad setzt nur halbherzig auf eine politische Lösung, favorisiert mit Blick auf tatkräftige Unterstützung durch Russland, den Iran und die libanesische Hisbollah unverändert einen militärischen Kurs.
Maritime Aspekte
Vor der syrischen Küste operiert nach dem Abzug des russischen Verbandes um den Flugzeugträger „Admiral Kuznetsov“ (s.u. RUSSLAND) nun wieder nur noch das Ständige Mittelmeergeschwader (MedSqn). Zu diesem von der Schwarzmeerflotte geführten und routinemäßig zwischen Zypern und der syrischen Küste eingesetzten Verband gehören zurzeit neben einigen Hilfsschiffen als Kampfeinheiten nur der Zerstörer „Smetliviy“ und der Minensucher „Kovrovets“ (beide Schwarzmeerflotte). Der zuvor der MedSqn zugeteilte Bergeschlepper OKHTENSKIY SB‑5 und das Spezialschiff zur Fernmelde-/elektronsichen Aufklärung (SIGINT) „Liman“ sind nach mehrmonatigem Mittelmeer-Einsatz ins Schwarzmeer zurückgekehrt.
Mit Frachtumschlag im russischen Schwarzmeerhafen Noworossiysk (Anbindung an das russische Eisenbahnnetz), dauert die auch als „Syrian Express“ bezeichnete Lieferung von Rüstungsgütern nach Syrien und Nachschub der dort eingesetzten russischen Truppen an. Nach Abschluss eines zwischenstaatlichen Abkommen mit Syrien zur künftigen Nutzung der russischen Liegenschaften in der Marinebasis Tartus (samt Erweiterung und infrastrukturellem Ausbau) haben sich die Transportfahrten noch intensiviert. Fast täglich passieren Landungsschiffe der russischen Marine (auch der Nordflotte und der Baltischen Flotte) oder speziell für diese Transporte gebraucht in der Türkei gekaufte und als Hilfsschiffe in die russische Marine integrierte, ex-zivile Frachtschiffe den Bosporus süd- oder nordlaufend.
Das zur Unterstützung von „Syrian Express“ ins Schwarzmeer verlegte Landungsschiff „Aleksandr Shabalin“ der Baltischen Flotte ist zur Rückkehr in die Ostsee gemeinsam mit dem „Kuznetsov“-Verband aus dem Mittelmeer abgelaufen.
CHINA
Die chinesische Marine hat am 22. Januar ihren fünften Zerstörer der LUJANG-III-Klasse (Typ 052D) in Dienst gestellt.
Während die vier früheren Neubauten dieses Typs sämtlich bei der Südflotte beheimatet sind, wurde die „Xining“ (117) der Nordflotte in Qingdao zugeteilt. Die voll beladen 7.500 ts verdrängenden 157-m-Schiffe werden wegen der vorne seitlich am Brückenaufbau angebrachten Radarflächen ihres Active Phased-Array Radar (APAR) „Dragon Eye“ auch gern als „chinesische Aegis-Zerstörer“ bezeichnet; ob sie aber auch über ein dem US-System Aegis vergleichbares Gefechtsführungssystem verfügen, ist offen.
Das Design der LUJANG-III basiert auf dem der vier Meter kürzeren Vorgängerversion LUJANG-II (Typ 052C). Die Hauptbewaffnung findet sich in zwei (je eines vorn und achtern) jeweils 32 Zellen umfassenden Senkrechtstartsystemen für (auch landzielfähige) Seeziel-FK und Flugabwehr-FK; letztere erlauben mit Reichweite von 100 km auch Bereichsflugabwehr (Area Air Defence). Ein 130-mm Hauptgeschütz (auch zur Landzielbekämpfung), eine 30-mm Nahbereichsabwehrkanone Typ 730 und Torpedos komplettieren die Bewaffnung. Bugsonar und Schleppsonar deuten überdies auf ausgeprägte U‑Jagdeigenschaften; in einem Hangar finden zwei Hubschrauber Z‑9A oder Ka-28 Platz.
Mit den Neubauten setzt die chinesische Marine zielgerichtet die Erneuerung ihrer Zerstörerkomponente fort. Nach zunächst zwei Schiffen der LUJANG-II-Klasse wurden mit einem zweiten Los noch einmal vier Schiffe dieses Typs in Dienst gestellt. Danach setzt man nun aber offenbar auf das Nachfolgemodell LUJANG-III. Erwarteten Experten hier zunächst zehn Schiffe, gehen einige neue Schätzungen inzwischen von „mindestens 18“ aus; offizielle Zahlen gibt es nicht. Die neuen Zerstörer sind als Mehrzweckschiffe für eine Vielzahl von Aufgaben (incl. asymmetrische Operationen) ausgelegt; Haupteinsatzrolle dürfte aber wohl die Verbandsflugabwehr um Einsatzgruppen (später Flugzeugträgerkampfgruppen) werden.
FRANKREICH
Der Flugzeugträger „Charles de Gaulle“ steht kurz vor dem Beginn seiner zweiten Grundüberholung.
Je nach Einsatzbelastung (Gesamt-Fahrstrecke) ist alle sieben bis spätestens zehn Jahre der nukleare Brennstoff des Antriebsreaktors zu erneuern. Dies erfolgt im Rahmen einer als IPER (Indisponibilité Périodique pour Entretien et Réparations) bezeichnten, bis zu 20-monatigen Werftliegezeit, bei der auch andere Systeme grundüberholt oder in einer Modernisierung erneuert werden.
Eine erste solche IPER hatte das 2001 in Dienst gestellte (aber schon mehr als zwei Jahre zuvor in See erprobte) Schiff 2007-08 absolviert. Dabei wurden u.a. auch neue Propeller installiert (bei der Erstausstattung hatte es Vibrationen gegeben), Flugdeck, Hangar, Katapulte und Landefanganlage wurden für den Einsatz neuer Marinejagdbomber modifiziert, und neue Radargeräte veränderten mit zusätzlichen Radomen die Silhouette des Inselaufbaus.
‘Charles de Gaulle’ (Foto: B. Prezelin / Flottes de Combat)
Die nun bevorstehende zweite IPER wird zugleich ein Mid-Life Refit des Flugzeugträgers. Die in einem Trockendock in Toulon durchzuführenden Arbeiten mit u.a. Installation eines neuen Smart‑S Radars werden auf etwa 18 Monate veranschlagt. Für die Werftliegezeit sind rund um das Dock umfangreiche zusätzliche Sicherheitsmaßnahmen vorgesehen. So sollen zwei ausgemusterte große Schiffe (ein Docklandungsschiff und ein Flottenversorger) so neben und vor dem Dock platziert werden, dass sie sowohl Sichtschutz als auch eine Barriere gegen mögliche Terrorangriffe bilden.
Frühestens im Sommer 2018 wird die „Charles de Gaulle“ die Werft wieder verlassen und danach dann noch mehrere Monate mit Erprobungen und „operational work-up“ zur Wiederherstellung voller Einsatzfähigkeit verbringen. Die französische Marine wird damit insgesamt gut zwei Jahre lang auf ihren einzigen Flugzeugträger und damit auf die in ihrem operativen Konzept wesentliche Komponente „Groupe Aeronaval“ verzichten müssen.
Das beflügelt natürlich Diskussionen um die Beschaffung eines zweiten Flugzeugträgers, der vor einigen Jahren als nicht finanzierbar verworfen worden war. Tatsächlich plant die französische Marine auch schon für einen weiteren Flugzeugträger – allerdings erst für etwa 2040, also als Nachfolger der „Charles de Gaulle“, die sich dann bereits dem Ende ihrer geplanten Dienstzeit nähert. Möglicherweise gibt es beim Zulauf des Neubaus und der Ausmusterung der „Charles de Gaulle“ aber eine zeitliche Überschneidung, die der französischen Marine dann vorübergehend für einige Jahre tatsächlich zwei Flugzeugträger bescheren könnte.
INDONESIEN
Die heimische PT PAL Werft in Surabaya hat die erste im Lande gebaute Fregatte von Typ SIGMA 10514 an die indonesische Marine übergeben.
Nach abschließenden Erprobungen soll die nach einem früheren Admiral (1921–66) und Begründer der indonesischen Marine benannte „Raden Eddy Martadinata“ bei der Ostflotte der indonesischen Marine in Dienst gestellt werden.
Nach der Lieferung (2007–09) von vier bei der niederländischen Damen Schelde gebauten 91-m-FK-Korvetten der DIPONEGORO-Klasse (Typ SIGMA 9113) hatte Indonesien 2012 die Option auf zunächst ein, 2013 dann ein zweites weiteres Schiff wahrgenommen. Basis ist erneut das SIGMA-Design (wie die deutsche MEKO eine Schiffsfamilie mit Korvetten und Fregatten verschiedener Größen und Ausstattungen); die Neubauten (Typ 10514) werden mit 105 m Länge und einer Verdrängung von 2.400 ts größer als die zuvor gelieferten Korvetten der DIPONEGORO-Klasse (91 m, 1.700 ts) und werden offiziell auch als Fregatte bezeichnet. Sie können einen Hubschrauber mitführen und decken als mit See- und Luftziel-FK, U‑Jagdtorpedos (Sonaranlagen) und Rohrwaffen bestücktes Mehrzweckkampfschiff ein breites Spektrum maritimer Einsatzoptionen ab – von herkömmlicher Seekriegführung bis zu Maritime Security Operations und humanitärer Hilfeleistung.
Während die vier DIPONEGORO-Korvetten noch in den Niederlanden gebaut wurden, werden die neuen Fregatten von PT PAL in Indonesien gebaut. Damen Schelde liefert der dazu in Europa vorgefertigte Module und gibt technische Hilfe. Die geplanten Liefertermine (Dez 2016 und Okt 2017) werden offenbar fast auf den Monat genau eingehalten; auch der Bau des zweiten Schiffes verläuft „im Plan“. Mit dem Zulauf der Neubauten sollen die sechs 50 Jahre alten Fregatten der LEANDER-Klasse ausgemustert werden. Die indonesische Marine spricht bei deren Außerdienststellungsplanung von „2017–2022 jährlich einem Schiff“, was durchaus ein Hinweis sein könnte, dass den zurzeit zwei SIGMA-Fregatten noch weitere Neubauten folgen könnten.
IRAN
Am 10. Oktober 2016 hatte Marinebefehlshaber RAdm Habibollah Sayyari in Bandar Abbas die 44. Einsatzgruppe der iranischen Marine in Bandar Abbas verabschiedet.
Wie frühere Einsatzgruppen, sollten auch Fregatte „Alvand“ und Versorger „Bushehr“ in einem insgesamt zweimonatigen Einsatz zwischen dem südlichen Roten Meer und dem Ostausgang des Golfs von Aden iranische Frachter und Tanker vor Piraten schützen. Für die 44. Gruppe kündigte der Marinechef aber eine zusätzliche besondere Mission an: sie sollte im Rahmen ihres Einsatzes weit nach Süden verlegen, Besuche in Tansania und Südafrika durchführen und dann zur Unterstreichung der operativen Reichweite der iranischen Marine und Demonstration der Fähigkeit zu globalen Operationen „in den Atlantik“ vorstoßen.
Zunächst lief auch alles planmäßig. Am 29. Oktober machte der Verband zum ersten Besuch in Dar-es-Salaam (Tansania) fest und verlegte dann weiter nach Durban (Südafrika). Dort verliert sich aber die Spur, und es gab es widersprüchliche Meldungen der iranischen Marine. Am 21. November hieß es unvermutet, die Schiffe hätten bereits vor dem Eintreffen in Durban den geplanten Abstecher in den Atlantik absolviert. Eine Woche später verlautete dann, sie seien erst jetzt in Durban eingetroffen und würden demnächst nach Kapstadt und dann in den südlichen Atlantik weiterfahren. Folgt man diesen offiziellen Darstellungen hätte der Verband also von Durban an Kapstadt vorbei in den Atlantik verlegt, wäre dann wieder nach Durban zurückgekehrt, um von dort aus dann nach Kapstadt und noch einmal in den südlichen Atlantik zu fahren.
Zwei Monate lang waren die beiden Schiffe dann aber komplett aus den Meldungen des iranischen Verteidigungsministeriums und staatlicher Medien verschwunden. Eigentlich hätten sie doch im Dezember wieder nach Bandar Abbas zurückkehren sollen. Seit einigen Tagen ist klar, dass der Mitte November in Durban begonnene Besuch vorläufige Endstation war. Aktuelle Satellitenfotos zeigen die „Bushehr“ in einem Trockendock in Durban, die „Alvand“ in der Nähe an einer Pier. Offenbar hatte der Versorger eine Havarie, wobei die Notwendigkeit eines inzwischen zwei-monatigen Eindockens für eine Beschädigung von Schraube/Welle (vielleicht beim Ablegen zur geplanten Weiterfahrt nach Kapstadt) sprechen könnte.
Iranische Medien und Marineführung schweigen sich zu dem offensichtlichen Missgeschick zwei Monate lang völlig aus. Etst am 18. Januar meldet sich Admiral Sayyari zu Wort, spricht mit üblichem Pathos von der Anwesenheit der 44. Einsatzgruppe in Durban als „machtvolle Präsenz in internationalen Gewässern“ und „Signal von Macht und Fähigkeiten der iranischen Marine“. Dass beide Schiffe schon seit zwei Monaten in Durban sind, ja die „Bushehr“ dort hoch und trocken im Dock liegt, „vergisst“ er zu erwähnen. Man muss hier allerdings auch berücksichtigen, dass die Pressemitteilungen der iranischen Marine und Meldungen in den staatlichen Medien primär für die heimische Bevölkerung gedacht sind. Eine Havarie fern der Heimat — wie sie jeder Marine passieren kann — ist nicht geeignet, Macht und Fähigkeiten der Marine zu unterstreichen, und wird dementsprechend denn auch stillschweigend begraben.
RUSSLAND
Der Nordflottenverband um den Flugzeugträger „Admiral Kuznetsov“ setzt seine Rückverlegung vom Syrien-Einsatz in die Heimat fort.
Am vergangenen Wochenende verließ er das Mittelmeer und fuhr sehr zügig westlich an der iberischen Halbinsel vorbei durch die Biscaya, den Ärmelkanal und die Nordsee nach Norden. Aktuell (27. Januar) werden der Flugzeugträger, der Kreuzer „Petr Velikiy“, der Versorger „Sergej Osipov“ und der Bergeschlepper „Nikolaj Chiker“ vor der norwegischen Küste in der südlichen Norwegensee gemeldet. Ungewöhnlich ist, dass seit Beginn der Rückverlegung keinerlei Pause zu einer Zwischenversorgung eingelegt wurde. Üblicherweise versorgen russische Verbände bei solchen Verlegungen auf Ankerplätzen vor Spanien in der Alboransee, vor der Seinebucht oder in der südlichen Irischen See, vor dem Moray Firsth vor der Ostküste Schottlands, oder bei den Shetland-Inseln. Keine dieser gängigen Optionen wurde diesmal wahrgenommen.
‘St. Albans’ mit ‘Petr Velikiy’ und ‘Admiral Kuznetsov’ (Foto: Royal Navy)Kriegsschiffe mehrerer NATO-Marinen haben den Verband bei seinem Transit in ablösendem Einsatz begleitet. Die spanische Korvette „Cazadora“ übergab an das portugiesische Offshore Patrol Vessel „Figueira da Foz“, dieses dann an die portugiesische Fregatte „Bartolomeu Dias“. Im Südeingang des Ärmelkanals warteten die britische Fregatte „St. Albans“ und der NATO-Verband SNMG‑1 mit der norwegischen Fregatte „Roald Amundsen“ und dem deutschen Flottentanker „Spessart“. Vor der belgischen Küste gesellte sich das belgische Wachboot „Castor“ dazu, vor der niederländischen Küste und in der Nordsee noch das niederländische Wachschiff „Groningen“. Flugzeuge ergänzten die Begleitung.
Während britische Medien in der Passage des russischen Verbandes (in internationalen Gewässern) einmal mehr eine akute Bedrohung für Großbritannien erkennen wollten, sprachen alle beteiligten Marinen und auch die russische Marine von Routine; das russische Verteidigungsministerium meinte aber auch, „man brauche keine solch völlig sinnlosen Eskorten“.
Vom östlichen Mittelmeer bis in die Nordsee hatte auch das Landungsschiff „Aleksandr Shabalin“ der Baltischen Flotte gemeinsam mit dem „Kuznetsov“-Verband verlegt. Nach gut siebenmonatigem Einsatz zur Unterstützung bei militärischen Materialtransporten aus dem Schwarzmeer nach Syrien (s.o. Bürgerkrieg in Syrien) kehrt das Schiff der ROPUCHA-Klasse nun in die Ostsee zurück.
Der „Kuznetsov“-Verband verlegt in den kommenden Tagen durch die Norwegensee weiter in die Barentssee, wo Übungen angekündigt sind. In vom 30. Januar bis zum 1. Februar erklärten Warngebieten sollen auch Schießabschnitte durchgeführt werden. Diese Zeitplanung lässt darauf schließen, dass die Schiffe früher als am bisher angekündigten 9. Februar im Heimatstützpunkt Seweromorsk eintreffen könnten.
Drei ursprünglich im Oktober 2016 mit dem Verband aus Seweromorsk ins Mittelmeer verlegte Schiffe verlegen nicht mit zurück, sind offenbar im Mittelmeer geblieben. Der Zerstörer „Severomorsk“ wurde am 22. Januar noch bei einer Zwischenversorgung in Limassol (Zypern) gesehen; außerdem „fehlen“ der Flottentanker „Dubna“ und der Bergeschlepper „Altay“.
Keines der drei Schiffe wird aber aktuell als zum Mittelmeergeschwader gehörig genannt. So spricht einiges dafür, dass sie ein gesondertes Vorhaben durchführen sollen, möglicherweise auch schon begonnen haben. Dabei könnte es sich um einen Anti-Piraterie-Einsatz vor dem Horn von Afrika handeln. Schon im Dezember war in einigen Internetblogs aber auch vage die Rede gewesen von einer geplantes „Umrundung Afrikas“ durch einen russischen Verband. Die russische Marine schweigt sich zu den drei Schiffen bisher aus.