NAH-/MITTELOST
Die militärische/sicherheitspolitische Lage im Nahen-/Mittleren Osten bleibt von der Bekämpfung des islamistischen Terrors sowie den Bürgerkriegen in Syrien und Jemen bestimmt. Der politische Konflikt mehrerer arabischer Staaten mit dem Emirat Katar ist etwas in den Hintergrund getreten, dauert aber an. Das Unabhängigkeitsreferendum der irakischen Kurden droht, die regionale Sicherheitslage zusätzlich zu destabilisieren.
ISLAMISTISCHER TERROR IN SYRIEN UND IRAK (Fortschreibung)
Bei der Bekämpfung des islamistischen Terrors in Syrien und Irak bleibt trotz — vielleicht auch wegen — aller Fortschritte eine international übergreifende Koalition weiterhin Fernziel. Unverändert bestimmen divergierende Eigeninteressen zahlreicher Staaten sowie die Spaltung zwischen Schiiten und Sunniten die Entwicklung.
Dieser Artikel wird mit freundlicher Genehmigung der „MarineForum – Zeitschrift für maritime Fragen“ veröffentlicht.
SYRIEN — IRAK: US-geführte Koalition (Operation „Inherent Resolve“)
Eine US-geführte multinationale Koalition setzt mit Operation „Inherent Resolve“ Luftschläge gegen islamistische Terrorgruppen in Irak und Syrien fort, wobei sich der Schwerpunkt zunehmend nach Syrien verlagert. Ziele sind Kommandozentren (Führungspersonen), Stützpunkte, Depots und von Islamisten kontrollierte Öl-Anlagen, daneben aber auch logistische Straßentransporte und Gruppen verlegender Kämpfer. Viele Angriffe dienen der direkten Unterstützung (Close Air Support) irakischer Truppen und syrischer (kurdischer) Oppositionsmilizen. Zum Einsatz kommen US-Trägerkampfflugzeuge und landgestützt von Flugplätzen der Golfstaaten, Jordaniens und der Türkei operierende Kampfflugzeuge und Drohnen der Streitkräfte zahlreicher Staaten. Die britische Royal Air Force nutzt ihre Basis in Akrotiri (Zypern).
Der US-Flugzeugträger „Nimitz“ setzt im Persischen Golf den Einsatz seiner Kampfflugzeuge gegen IS-Ziele in Irak und Syrien fort.
Der am 1. Juni mit dem Auslaufen aus Everett (Washington) begonnene Einsatz der „Nimitz“ Carrier Strike Group (CSG) soll länger als die ursprünglich geplanten sechs Monate bis über das Jahresende hinaus dauern.
‘America’ vor Eilat (Foto: US Navy)In den Seegebieten um die Arabische Halbinsel befindet sich seit Anfang September auch die „America“ Amphibious Ready Group der US Navy. Das zur ARG gehörende Docklandungsschiff „San Diego“ operiert abgesetzt vom Verband im Mittelmeer. Der amphibische Träger „America“ steht nach einem fünftägigen Besuch in Eilat (Israel) wieder in See, führt möglicherweise im Golf von Aqaba noch Übungen (mit Israel oder Jordanien) durch.
Eingeschiffte Jagdbomber AV-8B Harrier und Kampfhubschrauber des US Marine Corps aber auch mit Schwenkrotorflugzeugen V‑22 Osprey zu verbringende Kommandotruppen können bei Bedarf auch über Land (gegen islamistische Terrorgruppen) eingesetzt werden.
SYRIEN: Russland – Türkei
Russland gibt der Bekämpfung des islamistischen Terrors in Syrien durchaus Priorität, macht allerdings unverändert keinen wirklichen Unterschied zwischen Islamisten und Oppositionsrebellen. Außerhalb von erklärten „De-Eskalationszonen“ gelten alle gleichermaßen als Terroristen, und nach wie vor erfolgen russische Luftangriffe denn auch in Gebieten, in denen keine islamistischen Milizen aktiv sind. Die Türkei bekämpft zwar auch islamistische Gruppen, scheint in Syrien aber in ihrem Kampf gegen Terrorismus der „Neutralisierung“ kurdischer Milizen deutlich mehr Priorität zu geben.
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BÜRGERKRIEG IN SYRIEN (Fortschreibung)
Karte: IHS MonitorIn den auf Initiative von Russland, Syrien, dem Iran und der Türkei erklärten „De-Eskalationszonen“ herrscht weitgehend Ruhe. Andernorts gehen die Kämpfe weiter; islamistische Milizen bleiben ohnehin grundsätzlich von allen Feuerpausen ausgenommen. Türkische Truppen haben nordwestlich von Idlib die Grenze nach Syrien überschritten. Ziel der militärischen Operation ist die „Gewährleistung der Sicherheit in der dortigen De-Eskalationszone“. Angeblich richtet sich die Truppenverlegung gegen die kurdische YPG-Miliz; einige Berichten sprechen sogar von Duldung (Absprache) der islamistischen al-Nusra.
Russland sieht in den „De-Eskalationszonen“ die Basis für ein Ende des Bürgerkrieges. Sie zwängen Oppositionsmilizen nicht nur zu verbaler Distanzierung, sondern ganz real auch zu räumlicher Trennung von islamistischen Terrorgruppen, und dies eröffne Chancen für politischen Dialog. In den Zonen vereinbarte Feuerpausen wurden teilweise auch schon in formelle regionale Waffenstillstände überführt. Am 30./31. Oktober wollen Bürgerkriegsparteien und ausländische Interventionsmächte in Astana (Kasachstan) über eine Sicherung der Zonen und ihre mögliche Erweiterung beraten. Russland strebt eine unabhängige Waffenstillstandsüberwachung an, kann aber ohne UN-Mandat noch keine nicht im syrischen Bürgerkrieg involvierten Länder zur Entsendung von Friedenstruppen bewegen. So werden vorerst nur russische und — in der Zone bei Idlib — türkische Militärpolizisten eingesetzt.
Maritime Aspekte
Im östlichen Mittelmeer operiert weiterhin das von der russischen Schwarzmeerflotte geführte Ständige Mittelmeergeschwader (MedSqn) der russischen Marine. Einzige Kampfeinheiten sind zurzeit die Fregatte „Pytliviy“ der Schwarzmeerflotte sowie immer noch die zwei in der Ostsee für die Schwarzmeerflotte gebauten, neuen U‑Boote „Velikiy Novgorod“ und „Kolpino“ (KILO-III-Klasse), die ihre Überführungsfahrt ins Schwarze Meer für einen nun schon sieben Wochen dauernden Einsatz bei der MedSqn unterbrochen haben.
ungewöhnlich viele Soldaten an Deck der ‘Azov’ (Foto via turkishnavy.net)Die auch als „Syrian Express“ bezeichnete Lieferung von Rüstungsgütern nach Syrien und Nachschub für die dort eingesetzten russischen Truppen wird nach gut zweimonatiger „Atempause“ im früheren Umfang fortgesetzt. Zurzeit sind mit„Tsesar Kunikov“, „Yamal“ und „Azov“ drei Landungsschiffe der Schwarzmeerflotte in die Transportfahrten eingebunden. Auf der „Azov“ waren bei ihrer Südpassage der Türkischen Meerengen (8. Oktober) ungewöhnlich viele Soldaten an Deck zu sehen, ein Hinweis auf mögliche Rotation in Syrien stationierter Truppenteile.
Verstärkung für „Syrian Express“ kommt auch aus anderen Flotten. Am 5. Oktober hat das Landungsschiff „Aleksandr Otrakovskiy“ der Nordflotte die Türkischen Meerengen ins Schwarze Meer passiert (nachdem die russische Marine zuvor offiziell seinen Einsatz im Atlantik angekündigt hatte). Ebenfalls mit Kurs auf das Schwarzmeer hat das Landungsschiff „Minsk“ der Baltischen Flotte den Englischen Kanal passiert. Beide Landungsschiffe waren schon früher in „Syrian Express“ eingesetzt.
Für die Zukunft ist verstärkter Verkehr ziviler Handelsschiffe zwischen Russland und Syrien zu erwarten. Der stellvertretende russische MinPräs Rogozin kündigte zur „Hilfe beim wirtschaftlichen Wiederaufbau“ die Gründung einer direkten Seeverbindung nach Syrien an.
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GROSSBRITANNIEN
Die Einsparungen durch im Strategic Defence & Security Review (SDSR) 2015 beschlossene Kürzungen und Umstrukturierungen bei den britischen Streitkräften bleiben offensichtlich weit hinter den Erwartungen zurück.
Analysen beziffern die finanzielle Lücke im Verteidigungshaushalt der kommenden zehn Jahre zwischen 10 und 30 Mrd. Pfund. Das Verteidigungsministerium hat die finanziellen Probleme bisher nicht öffentlich eingeräumt, lässt aber (sic!) einen neuen „Mini-SDSR“ durchführen, dessen Ergebnisse zu Jahresende vorliegen sollen. Nach „Leaks“ berichten mehrere britische Medien — darunter auch die als seriös geltende „Times“ –bereits über angeblich geplante substantielle Einschnitte, die — neben British Army und Royal Air Force — der Royal Navy und den Royal Marines gravierende Fähigkeitslücken bescheren könnten.
Die im SDSR 2010 beschlossene und 2015 noch einmal bestätigte Planung sah vor, die zwei Docklandungsschiffe „Albion“ und „Bulwark“ abwechselnd im aktiven Dienst zu halten. Nach gerade erst abgeschlossener Modernisierung ist die fünf Jahre de facto eingemottete „Albion“ zurzeit auf dem Weg zur Rückkehr zu operativer Einsatzfähigkeit, während die „Bulwark“ die kommenden Jahre in „extended readiness“ an der Pier verbringen soll. Der „Mini-SDSR“ sieht nun abgeblich einen Verzicht auf beide Schiffe und zugleich eine Reduzierung des Personalbestandes der Royal Marines um 1.000 Soldaten (fast 15 %) vor. Einer der (erst in etwa vier Jahren voll einsatzklaren) neuen Flugzeugträger soll zwar auch als Hubschrauberträger in der Unterstützung amphibischer Operationen einsetzbar sein, aber ohne Dockteil können „Queen Elizabeth“ und „Price of Wales“ keine zum Ausschiffen schweren Geräts abseits von Hafeninfrastruktur unverzichtbaren Landungsboote mitführen.
Bei bereits feststehender Ausmusterung des Hubschrauberträgers „Ocean“ Anfang 2018 würde sich für heimatferne Einsätze die amphibische Transportkomponente der Royal Navy damit auf die drei amphibischen Unterstützungsschiffe der BAY-Klasse reduzieren. Diese sind allerdings eher für bloße logistische Nachführung von Truppen und Material in einen gesicherten Raum als für offensive amphibische Kampflandungen geeignet.
Auf einer „Streichliste“ sollen sich überdies zwei Minenjagdboote und ein Vermessungsschiff finden. Mit letzterem könnte die ohnehin noch vor Ende dieses Jahres auszumusternde „Severn“ gemeint sein; der in diesem Zusammenhang gebrauchte Begriff „Ocean-going“ spricht allerdings eher für die 20 Jahre alte „Scott“. Für „ungläubiges Stirnrunzeln“ sorgen überdies Meldungen, dass die Royal Navy auch auf ihre gerade erst zugelaufenen 28 Bordhubschrauber Sea Lynx „Wildcat“ verzichten und sich ausschließlich mit EH-101 „Merlin“ begnügen soll.
Bisher ist unklar, inwieweit es sich bei den genannten Einheiten und Zahlen um bloße Gerüchte, reale Überlegungen oder gar schon feste Absichten handelt. Die Medienberichte sorgen aber für erhebliche Unruhe, und Einiges scheint auch „dran“ zu sein. Immerhin ging der Befehlshaber der UK Maritime Forces, RAdm Alex Burton, mit unverhohlener Kritik an die Öffentlichkeit, sprach bezüglich der beiden Docklandungsschiffe von nicht hinnehmbaren Fähigkeitverlusten, soll (nicht bestätigten) Meldungen zufolge sogar ein Rücktrittsgesuch eingereicht haben. Das Verteidigungsministerium zeigte sich deutlich verärgert, wies Admiral Burton öffentlich in seine Schranken und erklärte offiziell zu den in den Medien gemeldeten Kürzungen, „es seien noch keine Entscheidungen getroffen“. Ein klares Dementi sieht sicher anders aus.
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NORDKOREA (Fortschreibung)
Die abgelaufene Woche hat keine neuen nordkoreanischen Provokationen in Form von Raketenstarts oder Atomtests gebracht, aber die Lage bleibt unverändert angespannt.
Nordkorea betont immer wieder die “Unverhandelbarkeit” seines Raketen- und Atomwaffenprogrammes, droht auch erneut mit der Zerstörung Guams, und US Präsident Trump sieht in Gesprächen “pure Zeitverschwendung”. Bei solchen Rahmenbedingungen bleibt nicht nur die Suche nach einer diplomatischen Lösung schwierig, sondern neue Aktionen Nordkoreas können die Lage jederzeit sehr kurzfristig wieder scharf eskalieren lassen. Aktuelle Meldungen deuten auf die weitgehend abgeschlossene Entwicklung einer erstmals dreistufigen Interkontinentalrakete (Hwasong-13). Sollte dies stimmen, dürfte schon bald ein erster Testschuss zu erwarten sein.
US-Präsident Trump scheint zunehmend “militärischen Optionen” einen Vorzug zu geben, und US-Streikräfte zeigen auch verstärkt “sichtbare Präsenz” in der Region. Erstmals führten von Guam gestartete strategische Bomber B‑1B Lancer einen von südkoreanischen Abfangjägern begleiteten Nachtflug über Südkorea durch. Der Flugzeugträger “Ronald Reagan” hat nach einem Besuch in Hong Kong vor Okinawa kurz mit einem japanischen Zerstörer geübt und verlegt nun mit Kurs auf die koreanische Halbinsel. Am 16. Oktober soll die “Ronald Reagan” Carrier Strike Group im Gelben Meer und in der Japansee zehntägige “größere” Übungen mit der südkoreanischen Marine beginnen; möglicherweise beteiligt sich auch die japanische Marine.
Als Signale sind wohl auch ein am 13. Oktober in Busan (Südkorea) begonnener Besuch des mit mehr als 180 Marschflugkörpern bestückten U‑Bootes “Michigan” sowie die kurzfristig angeordnete Verlegung (“Surge Deployment”) des Raketenabwehr-fähigen Zerstörers “O’Kane” von Pearl Harbor nach Japan zu verstehen, wenngleich der Zerstörer lediglich die zwei nach Kollisionen nicht mehr einsatzfähigen Schwesterschiffe “Fitzgerald” und “John S. McCain” ersetzen soll. Noch im Oktober soll überdies die von San Diego über den Pazifik verlegende “Theodore Roosevelt” Carrier Strike Group vor der koreanischen Halbinsel eintreffen.
Routine ist dagegen die vom 23.–27. Oktober angekündigte Übung „Courageous Channel“, in der die US Forces Korea die Evakuierung von Familienangehörigen und anderem nicht-militärischen Personal üben. Solche Übungen finden seit Jahren regelmäßig zweimal im Jahr statt, gehören also zum „Normalverhalten“, auch wenn viele Medien die kommende Übung ganz sicher nur vor dem Hintergrund der aktuellen Lage betrachten werden. Jährliche Routine ist auch die am 14. Oktober vor Jinhae beginnende, einwöchige multinationale (Südkorea, USA, Kanada, Philippinen) Minenabwehrübung „MN MIWEX 2017“.
Eine interessante Facette am Rande ist die Mitte September begonnene Verlegung des kanadischen U‑Bootes „Chicoutimi“ in den Westpazifik. Erstmals überhaupt führt ein kanadisches U‑Boot der VICTORIA-Klasse eine „Asia-Pacific Region Patrol“ durch, von der sich die Regierung „Optionen für eine zeitgerechte Reaktion auf regionale Entwicklungen“ verspricht. Ein Bezug zur Lageentwicklung um die koreanische Halbinsel ist anzunehmen.
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PAKISTAN
Nach auf den Tag genauen drei Jahren im Amt hat Admiral Muhammad Zakaullah den Befehl über die pakistanische Marine abgegeben und ist in den Ruhestand getreten.
Nachfolger im Amt wurde sein Stellvertreter, VAdm Zafar Mahmood Abbasi, der mit Amtsantritt zum Dienstgrad Admiral befördert wurde. An ihn übergab Admiral Zakaullah bei einer Kommandowechsel-Zeremonie in Islamabad am 7. Oktober feierlich das „Zepter“.
Admiral Abbasi trat 1978 in die pakistanische Marine ein, wo er zunächst an der heimischen Marineschule, dann am Britannia Royal Naval College der britischen Royal Navy seine Offizierausbildung absolvierte und sich später in mehreren Lehrgängen für Überwasser- und Unterwasser-Seekriegführung spezialisierte. Schon zu ersten Seeverwendungen gehörte ein Einsatz als Erster Offizier auf einem ex-US-Zerstörer der GEARING-Klasse. Nach Stabsoffizierslehrgängen am Royal Australian Naval College und an der nationalen Verteidigungsakademie erhielt er das Kommando über eine Fregatte und wurde schließlich Kommandeur eines Minensuchgeschwaders und eines Zerstörergeschwaders.
Mit Beförderung zum Commodore und wenig später zum Rear Admiral begann 2008 eine Serie von teils nur sehr kurzen Führungsverwendungen, die ihn in wenigen Jahren als Chef der Operations- und Planungsabteilungen im Marinestab, als Kommandeur der Marineschule, als Direktor der Martitime Security Agency und drei Monate lang in der Golfregion als Seebefehlshaber der multinationalen Combined Task Force 150 (Bahrain) sahen.
2013 übernahm er kurzzeitig den Befehl über das Logistikkommando und wurde dann auch noch Kommandeur der Marineinfanterie, bevor ihm 2014 mit Beförderung zum Vizeadmiral der Befehl über die pakistanische Flotte übertragen wurde. Sicher schon im Vorgriff auf den nunmehrigen Aufstieg an die Spitze der pakistanischen Marine wechselte er von dort erst im April dieses Jahres als Stellvertreter Befehlshaber in den Marinestab. Überraschend kommt sein Aufstieg nicht. Die pakistanische Marine macht sich immer schon relativ früh Gedanken über ihre künftige Führung und die künftigen Befehlshaber werden — strikt den Prinzipien der Seniorität folgend — zielgerichtet und mit einem von möglichst großer Vielseitigkeit geprägten Verwendungsaufbau auf ihre Rolle an der Spitze der Marine vorbereitet.
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RUSSLAND
Die Baltische Flotte baut ihre Marinefliegerkomponente zielgerichtet aus.
Zum einen sollen im Kaliningrad Oblast „in naher Zukunft“ gleich zwei neue Kampfflugzeugregimenter (Geschwader) aufgestellt werden. Standorte werden vermutlich der Marinefliegerhorst Chernyakovsk (80km östlich von Kaliningrad), auf dem bereits ein Kampfflugzeugregiment der Marine stationiert ist sowie der nach jahrelanger Nutzung als Ausweichplatz kürzlich wieder voll reaktivierte, ehemalige sowjetische Marinefliegerhorst Chkalovsk (9km nordwestlich von Kaliningrad).
Beide neue Regimenter werden wahrscheinlich mit den zurzeit modernsten russischen Kampfflugzeugen Sukhoi Su-30SM ausgerüstet. Bei diesen Flugzeugen handelt es sich um die erst vor wenigen Jahren bei der russischen Luftwaffe eingeführte neueste Variante der Su-30 Flanker‑C. Sie sind als Mehrzweck-Kampfflugzeuge konzipiert sowohl als Langstreckenabfangjäger und Luftüberlegenheitsjäger als auch als taktischer Jagdbomber (mit Seeziel-FK) einsetzbar.
2016 war eine Bestellung von 28 bis Ende 2018 zu liefernden Su-30SM für die russische Marine bekannt geworden. Zwei erste Flugzeuge wurden im Mai dieses Jahres in Chernyakovsk an die Baltische Flotte übergeben. Die modernen Kampfflugzeuge werden die Fähigkeiten der Baltischen Flotte zu „Anti-Access, Area-Denial“ bis weit in die mittlere Ostsee hinein erweitern.
Ka-52 Alligator (Foto: Kamov)Deutliche Verstärkung soll auch die Hubschrauberkomponente der Baltischen Flotte erfahren. Das auf dem Marinefliegerhorst Chakalovsk stationierte 125. Unanhängige Hubschraubergeschwader soll noch in diesem Jahr als erste Einheit der russischen Marine Kampfhubschrauber Mi-28N Havoc and Ka-52 “Alligator” erhalten.
Diese zu den modernsten russischen Kampfhubschraubern gehörenden Typen waren bisher der russischen Luftwaffe vorbehalten. Bei der Baltischen Flotte werden die Kampfhubschrauber wahrscheinlich Marineinfanterie und Küstenverteidigungstruppen unterstützen.)
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TÜRKEI
Totgesagte leben bekanntlich länger, und bei der türkischen Marine galt dies nun auch für ein Kriegsschiff.
1994 war die Fregatte „Duncan“ der PERRY-Klasse von der US Navy ausgemustert worden. 1999 wurde sie als schwimmendes Ersatzteillager für die türkischen Fregatten des gleichen Typs an die türkische Marine verkauft. Im März dieses Jahres war der Rumpf des weitgehend abgerüsteten Schiffes durch den Bosporus in Richtung Schwarzes Meer geschleppt worden. Farbmarkierungen ließen auf eine letzteSinkEx besiegelt Schicksal der ex-‘Duncan’ (Foto: türk. Marine) Nutzung als Zielschiff bei der jährlichen Hauptübung „Deniz Yildizi“ der türkischen Marine erwarten. Tatsächlich meldeten einige Medien auch die Versenkung der ex-„Duncan“ bei der zwischen dem 29. März und 9. April stattgefundenen Übung.
Die türkische Marine hielt sich allerdings bedeckt, gab auch keine bei solch einem spektakulären Ereignis üblichen Fotos heraus. Inzwischen ist klar, warum. Die ex-„Duncan“ war im Frühjahr noch nicht versenkt worden. Ob sie bei „Deniz Yildizi“ gar nicht als Zielschiff diente, oder aber unvermutet dem Beschuss aus diversen Waffen widerstanden hatte, blieb ebenso offen, wie die Frage, wo sie denn die letzten Monate verbracht hat.
Was vor gut einem halben Jahr nicht geschah oder gelang, wurde nun aber nachgeholt. Am 4. Oktober schickte ein vom U‑Boot „Sakarya“ (PREVEZE-Klasse) geschossener Torpedo Mk-24 Mod. 2 Tigerfish die alte Fregatte auf den Grund des Schwarzen Meeres, und diesmal belegt auch ein offizielles Foto das Ereignis. Ob an diesem endgültigen SinkEx noch weitere Einheiten ihre Waffen auf die ex-„Duncan“ abfeuerten, ist aber nicht bekannt.
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USA
Angesichts der großen amphibischen Komponente von US Navy/US Marine Corps wird gern übersehen, dass auch die US Army eine eigene amphibische Flotte betreibt.
Flottenhandbücher zählen immerhin acht größere (4.200ts) Landungsschiffe der BESSON-Klasse sowie 35 etwa 1.000ts große Landungsfahrzeuge vom Typ LCU 2000 zum Bestand der US Army. Dazu kommen zahlreiche kleine und kleinste Landungsfahrzeuge. Die amphibische Kompomnente der US Army dient allerdings weniger der Durchführung amphibischer Kampflandungen als vielmehr der Nachführung von Fahrzeugen, Gerät und Personal in einen bereits gesicherten Brückenkopf.
Vor allem die kleinen Fahrzeuge sind heute großteils veraltet. 24 Landungsboote vom Typ LCM‑8 stammen teils noch aus Zeiten des Vietnam-Krieges, und sie sollen denn auch durch Neubauten ersetzt werden. Nach einer Ausschreibung hat die in Oregon ansässige Vigor Works Ende September gegen vier Mitbewerber den Zuschlag für das insgesamt fast 1 Mrd. US-Dollar (Festbetrag) teure Vorhaben erhalten. Der sich über insgesamt zehn Jahre erstreckende Auftrag beinhaltet abschließende Entwicklung und Bau der neuen Fahrzeuge sowie anfängliche technische/logistische Unterstützung bei ihrer Nutzung in den ersten Jahren nach Lieferung. Zur Anzahl der zu bauenden Einheiten und zu Lieferterminen gibt es noch keine offiziellen Angaben. Allgemein geht man aber von bis zu 24 Stück mit Lieferung ab etwa 2022 aus.
Das Basisdesign der als Vigor MSV(L) — Maneuver Support Vessel (Light) — bezeichneten neuen amphibischen Fahrzeuge entstand in enger Zusammenarbeit mit der US Army und BMT Defence Services und sieht ein 3‑Bug Einrumpf-Fahrzeug. Mit einer Länge von 30m werden die Neubauten deutlich größer als die alten LCM‑8 (22m), und sie sollen auch deren Transportkapazität verdoppeln. Im Gegensatz zu den LCM‑8 sollen sie auch einen voll gefechtsklaren schweren Kampfpanzer M1A Abrams (alternativ zwei Schützenpanzer „Stryker“ oder vier leichten Geländefahrzeuge) and Bord nehmen und — bei ökonomischer Fahrtstufe — fast 700km weit transportieren können. Ihre Höchstgeschwindigkeit wird mit 18Kn (LCM‑8; 12 Kn) angegeben.
Das vorläufige Basisdesign soll nun in den kommenden etwa vier Jahren von Vigor Works und US Army gemeinsam zu einem Prototypen (Fertigstellung etwa 2019) und nach dessen erfolgreicher Erprobung zur Serienreife weiterentwickelt werden. Im späteren Einsatz bei der US Army sollen die Neubauten dann „Joint Combined Arms Maneuver“ unterstützen. In einem Operationsgebiet nehmen sie „intra-theater“-Transportaufgaben wahr, verbringen z.B abseits nutzbarer Hafeninfrastruktur Fahrzeuge, Gerät und Personal von vorgeschobenen Basen oder von vor einem Brückenkopf ankernden großen Sealift-Transportschiffen an einen Strand oder über Flüsse ins Hinterland einer Küste.