NAH-/MITTELOST
Die militärische/sicherheitspolitische Lage im Nahen-/Mittleren Osten bleibt von der Bekämpfung des islamistischen Terrors, den Bürgerkriegen in Syrien und Jemen sowie dem politischen Konflikt mehrerer arabischer Staaten mit dem Emirat Katar bestimmt. Im Persischen Golf setzt der Iran seine „Nadelstich-Politik“ gegenüber den USA fort.
Die britische Royal Navy hat ihre in Bahrain stationierte Minenabwehrkomponente routinemäßig abgelöst. Nach dreijähriger Langzeitverlegung haben die Minenjagdboote „Penzance“ und „Chiddingfold“ den langen Rückmarsch in die Heimat angetreten; ihre Liegeplätze im Stützpunkt Mina Salman der Royal Navy haben „Blyth“ und „Ledbury“ eingenommen. Auch sie sollen dort etwa drei Jahre bleiben – mit regelmäßigen Besatzungswechseln.
Dieser Artikel wird mit freundlicher Genehmigung der „MarineForum – Zeitschrift für maritime Fragen“ veröffentlicht.
KATAR
Die von einer von Saudi-Arabien angeführten Gruppe arabischer Staaten verhängte Blockade (Schließung von Luftraum und Landgrenzen) besteht fort, aber eine militärische Eskalation ist nicht zu erwarten. Hinter den Kulissen dürfte man weiterhin nach einer für alle Parteien gesichtswahrenden politischen Lösung für einen politischen Konflikt suchen, von dem eigentlich nur der Iran profitieren kann.
JEMEN
Die von der saudi-arabisch geführten Koalition unterstützte jemenitische Regierung hält am Ziel einer „baldigen Befreiung“ des von den Houthi-Rebellen kontrollierten Hafens von Hodeidah (Rotes Meer) fest. In Umsetzung eines Vorschlages der Vereinten Nationen wolle man den Hafen dann einer den Fluss humanitärer Hilfsgüter koordinierenden „neutralen Partei“ übergeben.
IRAN
Erstmals hat der Iran im Persischen Golf mit einer Drohne bewusst den Flugbetrieb eines US-Flugzeugträgers gestört.
Am 08. August manövrierten iranische Stellen (Revolutionsgarden?) über internationalen Gewässern des Persischen Golfes und in internationalem Luftraum eine Aufklärungsdrohne vom Typ QOM‑1 in den Flugweg eines Trägerkampfflugzeuges F/A‑18 Super Hornet, das auf dem Flugzeugträger „Nimitz“ landen wollte. Annäherung der Drohne bis auf 30 Meter zwang den Piloten zu einem abrupten Ausweichmanöver. Alle Funksprüche an iranische Stellen blieben unbeantwortet. Staatliche iranische Medien erwähnen diesen — eindeutig gegen internationales Luftverkehrsrecht verstoßenden — Zwischenfall mit keinem Wort.
ISLAMISTISCHER TERROR IN SYRIEN UND IRAK
Bei der Bekämpfung des islamistischen Terrors in Syrien und Irak bleibt eine international übergreifende Koalition weiterhin Fernziel. Unverändert bestimmen divergierende Eigeninteressen zahlreicher Staaten sowie die Spaltung zwischen Schiiten und Sunniten die Entwicklung.
SYRIEN — IRAK: US-geführte Koalition (Operation „Inherent Resolve“)
Eine US-geführte multinationale Koalition setzt mit Operation „Inherent Resolve“ Luftschläge gegen islamistische Terrorgruppen im Irak und in Syrien fort. Ziele sind Kommandozentren (Führungspersonen), Stützpunkte, Depots und von Islamisten kontrollierte Öl-Anlagen, daneben aber auch logistische Straßentransporte und Gruppen verlegender Kämpfer. Viele Angriffe dienen der direkten Unterstützung (Close Air Support) irakischer Truppen und syrischer (kurdischer) Oppositionsmilizen. Zum Einsatz kommen US-Trägerkampfflugzeuge und landgestützt von Flugplätzen der Golfstaaten, Jordaniens und der Türkei operierende Kampfflugzeuge und Drohnen der Streitkräfte zahlreicher Staaten. Die britische Royal Air Force nutzt ihre Basis in Akrotiri (Zypern).
Der US-Flugzeugträger „Nimitz“ setzt im Persischen Golf den Einsatz seiner Kampfflugzeuge gegen IS-Ziele in Irak und Syrien fort. Die „Nimitz“ Carrier Strike Group ist zwar erst kürzlich in der Region eingetroffen, aber die US Navy hat bereits entschieden, ihren Einsatz im Persischen Golf bzw. im Operationsgebiet der 5. US-Flotte über die ursprünglich geplanten sechs Monate hinaus zu verlängern.
aufmunitionieren einer F‑18 auf der ‘Nimitz’ (Foto: US Navy)
In den Seegebieten um die Arabische Halbinsel, operiert weiterhin die „Bataan“ Amphibious Ready Group (ARG) der US Navy. Auf dem amphibischen Träger „Bataan“ eingeschiffte Jagdbomber AV-8B Harrier und Kampfhubschrauber des US Marine Corps können bei Bedarf auch über Land (z.B.gegen islamistische Terrorgruppen im Jemen oder in Somalia) eingesetzt werden.
Die in Norfolk beheimatete „Bataan“ ARG ist schon seit Ende Februar unterwegs, nähert sich also dem Ende eines normalen Einsatzes und dürfte demnächst ins Mittelmeer ablaufen. Ablösung ist mit der in San Diego (Kalifornien) beheimateten „America“ ARG auch bereits auf dem Weg, hat es aber nicht sonderlich eilig.
Am 6. August traf der amphibische Träger „America“ zu einem geplanten Besuch in Singapur ein, während das zu seiner ARG gehörende Docklandungsschiff „San Diego“ Cam Ranh (Vietnam) anlief. Nach den Besuchen stehen für die ARG noch Übungen mit südostasiatischen Partnermarinen auf der Agenda, bevor der Verband dann weiter in Richtung Arabische Halbinsel / Persischer Golf verlegt.
SYRIEN: Russland – Türkei
Russland macht unverändert keinen wirklichen Unterschied zwischen Islamisten und Oppositionsrebellen; außerhalb von erklärten „De-Eskalationszionen“ gelten alle gleichermaßen als “Terroristen”. Nach wie vor erfolgen russische Luftangriffe in direkter Unterstützung syrischer Regierungstruppen auch in Gebieten, in denen keine islamistischen Milizen aktiv sind.
Die Türkei lässt keinen Zweifel daran, dass es ihr in Syrien weniger um den Kampf gegen IS geht, als um eine „Neutralisierung“ von Kurden. Türkische Truppen bereiten sich angeblich auf verstärkte Operationen in grenznahen Gebieten Nordsyriens vor.
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BÜRGERKRIEG IN SYRIEN (Fortschreibung)
In den auf Initiartive von Russland, Syrien, dem Iran und der Türkei erklärten „De-Eskalationszonen“ herrscht weiterhin vergleichsweise Ruhe. Andernorts gehen die Kämpfe weiter; islamistische Milizen bleiben ohnehin grundsätzlich von allen Feuerpausen ausgenommen. Russland ist — teils auch erfolgreich — bemüht, in den „De-Eskalationszonen“ die vereinbarten Feuerpausen in formelle regionale Waffenstillstände zu überführen und deren Einhaltung auch überwachen zu lassen. Ohne Mandat der Vereinten Nationen sind bisher allerdings alle Versuche gescheitert, hier nicht im syrischen Bürgerkrieg involvierte Ländern zur Entsendung von Friedenstruppen zu bewegen. So kommen vorerst nur russische Militärpolizisten zum Einsatz.
Russland sieht in den „De-Eskalationszonen“ die „Basis für ein Ende des Bürgerkrieges“. Sie zwängen syrische Oppositionsmilizen, sich räumlich von islamistischen Terrorgruppen zu trennen, und dies eröffne Chancen für einen politischen Dialog.
Maritime Aspekte
Im östlichen Mittelmeer operiert weiterhin das von der russischen Schwarzmeerflotte geführte Ständige Mittelmeergeschwader (MedSqn) der russischen Marine. Eine Woche nach dem mit einer Seeparade von Tartus begangenen „Tag der Seekriegsflotte“ führt die MedSqn offenbar einen größeren Wechsel ihrer Einheiten durch.
Am 7. August liefen das U‑Boot „Krasnodar“ und der Minensucher „Valentin Pikul“ durch die Türkischen Meerengen ins Schwarzmeer ab. Das neue U‑Boot der KILO-III-Klasse schloss damit seine mit dreimonatigem Einsatz bei der MedSqn fast vier Monate dauernde „Überführungsfahrt“ aus der Ostsee zur Schwarzmeerflotte ab.
‘Krasnodar’ im Bosporus (Foto via turkishnavy.net)
Die „Valentin Pikul“ beendete einen viermonatigen Einsatz zum Schutz der Ansteuerungen syrischer Häfen vor verdeckter Verminung. Einzige Kampfeinheit der MedSqn ist damit vorerst die Fregatte „Admiral Essen“.
Verstärkung (oder Ablösung?) scheint sich aber anzukündigen. Nach Teilnahme an den Feiern zum „Tag der Seekriegsflotte“ in der Ostsee kehrt der Zerstörer „Vitseadmiral Kulakov“ nicht zur heimatlichen Nordflotte zurück, sondern verlegt nach Süden. Am 8. August wurde das Schiff nach Passage des Englischen Kanals in der Biskaya gemeldet. Die russische Marine spricht von einem „Kurs nach Plan“, ohne allerdings Hinweise zu geben, wohin dieser den Zerstörer führen soll. Beobachter gehen überwiegend von einer Verlegung ins Mittelmeer zur Unterstützung der MedSqn aus.
Schon früher hatten Einheiten anderer Flotten die mit der Abstellung von Kampfschiffen zur MedSqn an der Grenze ihrer Möglichkeiten operierende Schwarzmeerflotte im Mittelmeer unterstützt. Auch die „Vitseadmiral Kulakov“ war erst Ende 2016 mehrere Monate (gemeinsam mit dem Flugzeugträger „Admiral Kuznetsov“) im Mittelmeer eingesetzt. Den abgelaufenen Minensucher wird die Schwarzmeerflotte allerdings durch ein Schwesterboot ersetzen können – oder aber die Anfang 2016 begonnene Minenabwehr-Operation (Route Survey) vor der syrischen Küste stillschweigend beenden.
Die auch als „Syrian Express“ bezeichnete Lieferung von Rüstungsgütern nach Syrien und Nachschub für die dort eingesetzten russischen Truppen an, hat — möglicherweise im Zuge der Feiern zum „Tag der Seekriegsflotte“ — eine Pause eingelegt. Seit mehr als zwei Wochen hat keines der bisher eingesetzten Landungsschiffe oder der speziell für diese Transporte gebraucht in der Türkei und Deutschland gekauften und teils als Hilfsschiffe in die russische Marine integrierten, ex-zivilen Frachtschiffe den Bosporus süd- oder nordlaufend passiert.
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ÄGYPTEN
Am 8. August hat die ägyptische Marine in Kiel ihr zweites in Deutschland gebautes U‑Boot übernommen.
Die Übergabe – und vermutlich auch zugleich formelle Indienststellung – von „S‑42“ erfolgte gut acht Monate nach dem ersten U‑Boot „S‑41“, das im März auch schon in die künftige Heimat verlegt hatte. Wann „S‑42“ seine Überführungsfahrt antreten soll, bleibt abzuwarten. Gerüchten zufolge soll sich der Neubau noch im August auf den Weg machen, aber „S‑41“ hatte nach seiner Übernahme noch drei Monate zu Rest-Arbeiten und Besatzungsausbildung in Kiel verbracht.
„S‑41“ und „S‑42“ sind die ersten zwei von insgesamt vier von der ägyptischen Marine bestellten U‑Booten TYP 209/1400 mod: konventionell diesel-elektrisch angetriebene (kein außenluftunabhängiger Antrieb) U‑Boote, wie sie ähnlich vor etwa zehn Jahren auch für Südafrika (Typ 209‑1400 SAN) in Kiel gebaut wurden. Zwei erste U‑Boote waren 2011 in Deutschland bestellt worden, 2015 folgte eine Nachbestellung von noch zwei weiteren U‑Booten. Trotz der politischen Wirren (Sturz von Präsident Mursi) hatte der Bundessicherheitsrat keine Einwände: U‑Boote seien zwar Rüstungsgüter, könnten aber „nicht im Inneren (zur Unterdrückung oppositioneller Kräfte) eingesetzt werden“.
Die Erneuerung der U‑Bootkomponente steht seit mehr als 20 Jahren auf der Agenda der ägyptischen Marine. Konkreten Aufträgen standen allerdings immer knappe Budgets bei zugleich deutlicher Nachrangigkeit hinter Heer und Luftwaffe entgegen. So musste es zunächst bei einer Ende der 1990-er Jahre mit US-Hilfe durchgeführten Kampfwertsteigerung für vier etwa 15 Jahre zuvor aus China importierte U‑Boote der ROMEO-Klasse bleiben. Mit der Beschaffung von U‑Booten in Deutschland wird das Vorhaben nun endlich realisiert. Mit den vier Neubauten vollzieht die ägyptische Marine einen 1:1 Ersatz ihrer alten ROMEO, aber inoffiziellen Meldungen zufolge hat man Interesse an noch zwei weiteren U‑Booten (möchte vielleicht mit Israel gleichziehen).
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CHINA
Kräftevergleiche von Marinen ignorieren häufig, dass eine Flotte nicht allein aus Kampfschiffen besteht.
Dabei sind ohne ausgewogene Unterstützungskomponente effektiven Operationen selbst vor vor der eigenen Küste enge Grenzen gesetzt, und erst die Fähigkeit zu Versorgung in See gibt einer Flotte größere, ggf. auch globale Reichweite und macht sie in einem heimatfernen Einsatz abseits der Möglichkeit einer Nutzung von Hafeninfrastruktur durchhaltefähig. Die Bandbreite der benötigten Unterstützungseinheiten reicht von kleinsten Verkehrsbooten und Ölschuten über Hafen und Seeschlepper bis zu großen Tankern und Einsatzgruppenversorgern.
Die chinesische Marine hat nun bei der Nordflotte einen großen neuen Bergeschlepper in Dienst gestellt. Die „Bei Tuo 739“ verdrängt etwa 6.000 ts und ist mit 100m Länge und 16m Breite nicht nur der größte Schlepper der chinesischen Marine, sondern auch weltweit eines der größten derartigen Marinefahrzeuge. Bauwerft ist die zur China State Shipbuilding Corporation (CSSC) gehörende Huangpu-Werft im südchinesischen Guangzhou (nahe Hong Kong).
Die Werft hatte in den letzten Jahren bereits mehrere fast gleich große Rettungsschiffe für die dem Transportministerium unterstellte paramilitärische China Rescue & Salvage gebaut, und optisch lässt der neue Marineschlepper auch eine deutliche Verwandschaft mit deren Design erkennen. Neben der Fähigkeit Schiffe zu schleppen kann der Neubau bei einer Vielzahl von Havarien technische Unterstützung leisten, z.B. Brände löschen und mit einem bordeigenen Kran schwere Lasten bewegen. Eine Landeplattform auf dem Vorschiff erlaubt auch Hubschraubereinsatz. Nach offiziellen Angaben der chinesischen Marine ist der Neubau überdies mit modernstem Unterwassergerät zur U‑Bootrettung ausgerüstet.
Der Bau der „Bei Tuo 739“ erfolgte offenbar vor dem Hintergrund der Beschaffung von Flugzeugträgern, und der neue Bergeschlepper soll wohl auch integraler Bestandteil von Flugzeugträger-Einsatzgruppen werden, diese bei Operationen in außerheimischen Gewässern begleiten und unterstützen. Huangpu soll in Guangzhou auch schon mit dem Bau von zwei Schwesterschiffen begonnen haben.
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NORDKOREA (Fortschreibung)
Der verbale Schlagabtausch zwischen Nordkorea und den USA erreicht neue Schärfe.
Am 5. August hat der UN-Sicherheitsrat neue Wirtschaftssanktionen beschlossen. Exportverbote für Kohle, Eisenerz, Blei und Fischereiprodukte dürften Nordkoreas staatliche Einnahmen um etwa ein Drittel schmälern. Grund für die doch überraschende und sogar einstimmig(!) verabschiedete Resolution dürften zunehmend unverhohlene Warnungen der USA sein, dass ohne international abgestimmte Maßnahmen kaum noch eine Alternative zu militärischen Optionen bleibe.
Zumindest kurzfristig dürften die neuen Sanktionen allerdings wirkungslos verpuffen, und verhandeln will Nordkorea erst wenn die “Bedrohung durch die USA vollständig beseitigt” ist (Abzug von US-Truppen aus Südkorea, keine bilateralen südkoreanisch-amerikanischen Manöver mehr, kompletter Verzicht auf Raketenabwehrsysteme). Die eigenen Atomwaffen- und Raketenprogramme seien allerdings nicht verhandelbar, und man sei jederzeit bereit vorbereitet, die USA in nuklearen Erstschlägen zu vernichten.
nordkoreanische Mittelstreckenrakete ‘Hwasong-12’ (Foto: staatl. nordk. Medien)US-Präsident Trump sieht in diplomatischen Floskeln keinen Sinn mehr. Lautstark erklärte er, jeder nordkoreanische Angriff werde unverzüglich “mit Feuer und Wut” beantwortet. Wie nicht anders zu erwarten, legte Nordkorea verbal nach und kündigte seinerseits eine Demonstration der Fähigkeiten zu einem Angriff (NICHT wie in einigen Medien berichtet einen Angriff) auf die zu den USA gehörende westpazifische Insel Guam an. Operative Planungen zu einem gleichzeitigen Start von vier Mittelstreckenraketen Hwasong-12 (Reichweite 4.500km) seien abgeschlossen; die Aktion solle “ab Mitte August” durchgeführt werden. Alle vier Raketen würden über japanisches Gebiet hinweg in Richtung Guam geschossen; ihr Zielgebiet liege etwa 30–40km vor der US-Insel in internationalen Gewässern. Allerdings ist bislang nur von “abgeschlossener Planung” die Rede, was darauf hindeutet, dass Diktator Kim Jong-un noch kein grünes Licht gegeben hat.
International abgestimmte politische Lösungen sind nicht in Sicht. China hätte wohl die größten Möglichkeiten, Nordkorea zum Einlenken zu bringen, aber die zurzeit von Peking ausgesandten Signale dürften dazu wenig taugen. Unverändert sieht man die Schuld an der Entwicklung ausschließlich im bilateralen Verhältnis der USA zu Nordkorea. Am 10. August schrieb eine staatliche(!) chinesische Zeitung, bei einem nordkoreanischen Angriff auf US-Gebiet werde China neutral bleiben, jeden US-Erstschlag oder auch Versuch zu einem gewaltsamen Regierungswechsel aber stoppen. Diese Haltung dürfte das Regime in Nordkorea in seiner aggressiven Politik nur noch bestärken.
Die US-Regierung hält denn auch an militärische Optionen fest. Natürlich könne jeder Militärschlag katastrophale Konsequenzen haben, nicht zuletzt Bevölkerungszentren in Südkorea und Japan zum potentiellen Ziel nordkoreanischer Vergeltungsschläge machen. Klar sei aber auch, dass man — so wörtlich — „Opfer außerhalb der USA denen im eigenen Land deutlich vorziehe“.
Die US Navy verzichtet zurzeit auf sichtbare Präsenz in der Region um die koreanische Halbinsel; momentan operiert im Westpazifik kein einziger Flugzeugträger. Die permanent in Japan stationierte „Ronald Reagan“ ist nach Abschluss einer dreimonatigen „Indo-Asia-Pacific Patrol“ und Übungen vor Australien am 9. August in ihren Heimatstützpunkt Yokosuka (bei Tokio) zurückgekehrt, bleibt dort aber sicher in kurzfristiger Bereitschaft. Vor der kalifornischen Küste führt die „Theodore Roosevelt“ Carrier Strike Group mit einem mehrwöchigen „Composite Training Unit Exercise“ (COMPTUEX) ein abschließendes operatives work-up für einen Einsatz durch, der im September beginnen könnte.
Verschiedene Quellen lassen erkennen, dass die USA und Japan sich zumindest vorbereiten, auf den angekündigten nordkoreanischen Raketenstart mit dem Einsatz von see- und landgestützten Raketenabwehrsystemen zu reagieren. In den kommenden Tagen dürften daher Raketenabwehr-fähige Aegis-Kampfeinheiten und zur Zielverfolgung geeignete Schiffe beider Marinen in Seegebieten zwischen der koreanischen Halbinsel und Guam Position beziehen.
Experten hegen allerdings sowohl an der angekündigten nordkoreanischen Raketen-Demonstration als auch am tatsächlichen Einsatz von Raketenabwehrsystemen gehörige Zweifel. Für alle Seiten bestehe ein extrem hohes Risiko von mit katastrophalem Gesichtsverlust verbundenen technischen Fehlschlägen.
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RUSSLAND (multinational)
Abseits aller Verstimmungen zwischen Russland und dem Westen (USA, Europa) gibt es Bereiche, in denen Kooperation nicht oder nur wenig beeinträchtigt ist.
So war Russland in den letzten Tagen Gastgeber für „Balex Delta 2017“, die nach einer Vereinbarung der Helsinki Commission (HELCOM) durchzuführende größte jährliche Umweltschutzübung in der Ostsee. Im Mittelpunkt der 1989 begonnenen Übungsserie steht die Beseitigung von Ölverschmutzungen. Regelmäßig sind Marinen, Küstenwachen und zivile Behörden aller neun Ostseeanrainer an den Übungen beteiligt, deren Ausrichtung in Rotation wechselt. In diesem Jahr ist die Reihe an Russland, und „Balex Delta 2017“ findet in Kaliningrad und den Gewässern der Danziger Bucht statt.
„Balex Delta 2017“ begann am 8. August mit einer Hafenphase in Kaliningrad, wohin die Übungsteilnehmer (erneut aller neun Ostseeanrainer) nach einer fiktiven HELCOM-Alarmierung verlegt hatten. Neben Erfahrungsaustausch und Vorbereitung der Seephase ging es hier vor allem auch um Implementierung von Notfallplänen und zwischenstaatlichen Alarmierungsverfahren.
Am 9. August war dann die Danziger Bucht Schauplatz der Seephase. Insgesamt 15 Spezialschiffe und Boote (neun aus Russland, drei aus Dänemark, je eines aus Finnland, Polen und Schweden) verlegten durch den Kaliningrader Seekanal ins Übungsgebiet. Spezialpersonal der anderen Staaten sowie mehrere Hubschrauber und Flugzeuge unterstützten die Übung, in deren Mittelpunkt ein angenommenes Feuer auf einer stationären Ölbohrplattform stand. Für die Teilnehmer ging es darum, gemeinsam den Brand zu löschen, Verletzte zu bergen und in Landeinrichtungen zu evakuieren und schließlich den Austritt von mehreren tausend Tonnen Öl zu begrenzen und zu bekämpfen.
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SPANIEN
Die spanische Marine lässt mehr als 40 Jahre alte Hubschrauber noch einmal modernisieren.
Schon Mitte der 1970er Jahre waren sieben Hubschrauber Agusta Bell AB-212 beschafft worden. Als „Arbeitspferde“ führten die bei der spanischen Marine an Land und an Bord von Schiffen Personal- und Materialtransporte und Search & Rescue Einsätze durch und kamen auch bei Maritime Security Operations in der Seegebietsüberwachung und beim Boarding zum Einsatz; zuletzt u.a. im Rahmen der EU Operation „Sophia“ vor Libyen. Außenlastbehälter für ungelenkte 70-mm-Raketen gaben ihnen auch eine Rolle in der Feuerunterstützung bei amphibischen Operationen. Bordgestützte U‑Jagd war allerdings nicht ihre Aufgabe; für diese Rolle hatte die spanische Marine Ende der 1980er Jahre Hubschrauber SH-60 Seahawk beschafft.
Eine Grundüberholung und Modernisierung soll die sieben AB-212 nun für weitere bis zu 15 Dienstjahre fit machen. Neben Überholung von Zelle und Triebwerken und Erneuerung der gesamten Bordelektrik erhalten sie neue Avionikgeräte (digitalisiertes Cockpit), Radar und Kommunikationsausstattung, Anlagen zur GPS-Satellitennavigation, Nachtsichtgeräte und verbesserte Selbstschutzausstattung. Die ersten vier Hubschrauber sind bereits wieder in den aktiven Dienst zurückgekehrt. Zwei weitere sowie die siebte als “Prototyp” für Entwicklung und Zertifizierung von Systemen genutzte Maschine sollen bis 2018 folgen.
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USA
Beim Absturz eines Schwenkrotorflugzeuges MV-22 Osprey kamen am 5. August vor Australien drei US-Soldaten ums Leben.
Die Maschine des US Marine Corps’ war als Teil der fliegenden Komponente der 31st Marine Expeditionary Unit auf dem amphibischen Träger “Bonhomme Richard” eingeschifft. Nach Abschluss der bilateralen Übung “Talisman Saber 2017” mit der Australischen Marine war sie vor der australischen Nordostküste im Korallenmeer noch in verbandsinterne Ausbildung eingebunden.
Das Unglück ereignete sich bei einem routinemäßigen Verbindungsflug von der “Bonhomme Richard” zum ebenfalls zum Verband gehörenden Docklandungsschiff “Green Bay”. Angeblich setzte die Osprey beim Landeanflug versetzt und zu hart auf dem Landedeck der “Green Bay” auf, rutschte dann seitlich über Bord und versank im Meer. 23 der insgesamt 26 Personen an Bord konnten gerettet werden; drei blieben vermisst, sind vermutlich mit dem Flugzeug untergegangen.
Die australische Marine verlegte sofort ihr in der Region befindliches Vermessungsschiff “Melville” zum Unglücksort. Diesem gelang es mit seinen Spezial-Sonargeräten auch sehr schnell, das Wrack auf dem Meeresgrund zu orten. Die abgestürzte MV-22 (mit den in ihr vermuteten drei Toten) soll nun möglichst schnell geborgen werden. Erst danach wird eine Untersuchung auch Aufschluss über die genaueren Umstände des Absturzes und seine Ursachen geben.