Dieser Artikel wird mit freundlicher Genehmigung der „MarineForum – Zeitschrift für maritime Fragen“ veröffentlicht.
NAH-/MITTELOST
Die militärische/sicherheitspolitische Lage im Nahen-/Mittleren Osten bleibt vom Bürgerkrieg in Syrien und von der Bekämpfung des islamistischen Terrors in Irak, Syrien bestimmt.
KAMPF GEGEN DEN ISLAMISTISCHEN TERROR (Fortschreibung)
Bei der Bekämpfung des islamistischen Terrors bleibt eine international übergreifende Koalition weiterhin Fernziel. Noch zu viele Eigeninteressen einzelner Staaten sowie die Spaltung zwischen Schiiten und Sunniten bestimmen die Entwicklung. Dennoch wird der IS in Syrien und im Irak, wo die Offensive auf Mosul fortdauert, zunehmend auch aus Kerngebieten seines „Kalifats“ zurückgedrängt.
Syrien – Irak: US-geführte Koalition („Operation Inherent Resolve“)
Eine US-geführte multinationale Koalition setzt mit Operation „Inherent Resolve“ Luftschläge gegen islamistische Terrorgruppen im Irak und in Syrien fort. Ziele sind Kommandozentren (vor allem auch Führungspersonen), Stützpunkte, Depots und von Islamisten kontrollierte Öl-Anlagen, daneben aber auch logistische Straßentransporte und Gruppen verlegender Kämpfer, die im Irak auf den Flüssen Euphrat und Tigris vor allem auch Boote nutzen. Viele Angriffe dienen der direkten Unterstützung (Close Air Support) irakischer Bodentruppen oder kurdischer Milizen — aktuell vor allem bei der Offensive zur Rückeroberung von Mosul. Zum Einsatz kommen zurzeit nur landgestützt von Flugplätzen der Golfstaaten, Jordaniens und der Türkei operierende Kampfflugzeuge der Streitkräfte zahlreicher Staaten. Die britische Royal Air Force nutzt ihre Basis in Akrotiri (Zypern).
Zurzeit ist kein US-Flugzeugträger in der Region im Einsatz. Die Führung der Task Force 50 (TF 50) in Operation „Inherent Resolve“ hat der britische Commodore Andrew Burns auf dem Hubschrauberträger „Ocean“ der Royal Navy übernommen. Die im Persischen Golf operierende „Ocean“ kann zwar selbst keine Kampfflugzeuge einsetzen, aber mit ihren Führungs- und Fernmeldesystemen die Einsätze der landgestützt operierenden Koalitionsflugzeuge koordinieren. Sie soll diese Aufgabe bis zum Februar 2017 durchführen, wenn mit der „George H.W. Bush“ CSG der nächste US-Flugzeugträgerverband zu einem geplanten mehrmonatigen Einsatz in der Golfregion eintrifft.
Die seit Ende November im Zuständigkeitsbereich der 5. US-Flotte operierende „Makin Island“ Ampibious Ready Group (ARG) der US Navy wurde Ende Dezember unverändert bei amphibischen Übungen im Golf von Aden gemeldet, hat anschließend wohl den Jahreswechsel in/vor Dschibuti verbracht.
Ob die ARG nach dem Jahreswechsel in den Persischen Golf verlegt, bleibt abzuwarten. Der amphibische Träger „Makin Island“ könnte vom nordwestlichen Golf aus die an Bord mitgeführten Kampfflugzeuge AV-8B Harrier des US Marine Corps in Luftschläge gegen IS im Irak (Mosul) einbringen.
Syrien: Russland – Türkei
Russland nimmt zwar auch islamistische Terrorgruppen ins Visier, macht aber weiterhin keinen Unterschied zwischen Islamisten und Milizen der syrischen Opposition, die gleichermaßen als “Terroristen” gelten. Nach wie vor erfolgen viele russische Luftangriffe in direkter Unterstützung syrischer Streitkräfte in Gebieten, in denen islamistische Milizen nicht aktiv sind.
Die Türkei bekämpft zwar Islamisten, ist daneben aber zugleich im Rahmen ihrer nationalen Kurdenpolitik bemüht, auf Autonomie setzende syrische Kurden weit nach Osten in Richtung Irak abzudrängen.
BÜRGERKRIEG IN SYRIEN (Fortschreibung russische Intervention)
Die Konfliktparteien im Lande sind ebenso wie ausländische Mächte und Religionsgruppen (Schiiten/Sunniten) weiterhin unfähig, teils auch noch unwillig zu einer politischen Lösung.
Eine von Russland und der Türkei initiierte Waffenruhe ist sehr brüchig, und noch ist nicht sicher, ob in diesem Monat in Kasachstan geplante Friedensgespräche tatsächlich stattfinden können. Mehrere Konfliktparteien, u.a. auch der syrische Machthaber Assad sowie dessen Verbündete Iran und Hisbollah, setzen offenbar noch immer vorrangig auf militärischen Erfolg.
Maritime Aspekte
Mit dem Nordflottenverband um den Flugzeugträger „Admiral Kuznetsov“, den Kampfeinheiten und Hilfsschiffen des Ständigen Mittelmeergeschwaders (MedSqn), kurzfristig aus dem Schwarzmeer verlegten Schiffen, sowie im Transport militärischer Güter nach Syrien eingesetzten Landungsschiffen und Frachtern sind nach wie vor bis zu etwa 15 Kampf- und Hilfsschiffe der russischen Marine im Östlichen Mittelmeer präsent. Eine in Medien/Internet-Blogs behauptete Präsenz von nukleargetriebenen U‑Booten lässt sich aus offenen Quellen weiterhin nicht verifizieren, wäre aber nicht ungewöhnlich. Auch Trägerkampfgruppen der US Navy und der französischen Marine werden routinemäßig von U‑Booten begleitet.
Neben dem zum Nordflottenverband gehörenden FK-Kreuzer „Petr Velikiy“ und dem U‑Jagdzerstörer „Severomorsk“ ist zurzeit nur noch der Zerstörer „Smetliviy“ der Schwarzmeerflotte in den Sicherungsverband um den Flugzeugträger integriert. Einheiten des routinemäßig zwischen Zypern und der syrischen Küste operierenden Ständigen Mittelmeergeschwaders (MedSqn) unterstützen zwar den Einsatz des Flugzeugträgers, allerdings gehört zurzeit mit Ausnahme eines Minensuchers der NATYA-Klasse kein Kampfschiff zur MedSqn. Hier wird in diesen Tagen der Minensucher „Ivan Golubets“ vom neu zugelaufenen Schwesterschiff „Kovrovets“ abgelöst.
Die logistische Komponente des Flugzeugträgerverbandes besteht weiterhin aus mit dem Nordflottenverband verlegten zwei Bergeschleppern und drei Tankern/Versorgern, darunter auch ein Spezialtanker zur bedarfsweisen Auffüllung der Dampfsysteme der Antriebsanlagen des Flugzeugträgers und des Kreuzers mit speziellem Speisewasser (Destillat). Zusätzlich hat die Schwarzmeerflotte zwei Flottentanker/-versorger ins Mittelmeer geschickt.
Der Einsatz des Flugzeugträgers ist bloße Propagandaaktion, völlig ungeeignet, die operative Lage in Syrien zu beeinflussen. Russland will Fähigkeiten und Willen zu heimatferner „Power Projection From-the-Sea“ demonstrieren — ganz sicher auch Ausdruck eines unter Präsident Putin wachsenden Selbstbewusstseins mit Anspruch auf Anerkennung als „auf Augenhöhe mit den USA“ global operierende Supermacht. Dieses Ziel ist für die russische Führung mit kurz nach Eintreffen des Verbandes vor Syrien durchgeführten „koordinierten Schlägen“ einiger weniger Trägerkampfflugzeuge, Fernbombern der russischen Luftwaffe sowie von einer Fregatte geschossenen Marschflugkörpern seit Mitte November „abgearbeitet“.
Seitdem beschränken sich die Aktivitäten der „Admiral Kuznetsov“ mehr oder weniger auf bloße Präsenz. Aus offiziellen Erklärungen von Verteidigungsministerium und Generalstab und auch aus der Berichterstattung russischer Medien ist sie komplett verschwunden. Ganz offensichtlich taugen seit Wochen (und nach Absturz zweier Trägerkampfflugzeuge) weder Einsatzrate noch „Erfolge“ der Trägerkampfflugzeuge zu Propagandazwecken. Aktuell kommt noch hin zu, dass in außerheimische Gewässer verlegte russische Kriegsschiffe ohnehin traditionell die Zeit von Ende Dezember bis zum orthodoxen Weihnachtsfest (6. Januar), oft auch noch darüber hinaus, inaktiv vor Anker verbringen.
Am 6. Januar kündigte der russische Generalstabschef die “unmittelbar bevorstehende” Rückverlegung der „Admiral Kuznetsov“ zur Nordflotte an. „Nach der erfolgreichen Kampagne zur Rückeroberung Aleppos“ habe Präsident Putin eine Truppenreduzierung in Syrien angeordnet, und im Umsetzung dieser Weisung werde der Trägerverband als erste Einheit abgezogen. Nun wurde allerdings schon vor Wochen die Ankunft der „Admiral Kuznetsov“ im Heimathafen Seweromorsk für den 9. Februar angekündigt, der Flugzeugträger hätte also ohnehin die lange Heimreise in der kommenden Woche beginnen müssen. So aber kann man der eigenen Bevölkerung den Einsatz des „nun nicht mehr benötigten“ Verbandes noch einmal propagandistisch als Erfolgsstory und wesentlichen Beitrag im Krieg gegen den Terrorismus „verkaufen“.
Mit Frachtumschlag im russischen Schwarzmeerhafen Noworossiysk (Anbindung an das russische Eisenbahnnetz), dauert die auch als „Syrian Express“ bezeichnete Lieferung von Rüstungsgütern nach Syrien und Nachschub der dort eingesetzten russischen Truppen an. Fast täglich passieren Landungsschiffe der russischen Marine (auch der Nordflotte und der Baltischen Flotte) oder speziell für diese Transporte gebraucht in der Türkei gekaufte und als Hilfsschiffe in die russische Marine integrierte, ex-zivile Frachtschiffe den Bosporus süd- oder nordlaufend.
In den letzten Wochen haben sich diese vom russischen Verteidigungsminister Shoigu als „überwiegend humanitäre Hilfe“ darstellten Transporte noch intensiviert. Grund dürfte ein am 23. Dezember von Präsident Putin abschließend genehmigtes zwischenstaatliches Abkommen mit Syrien sein, die russischen Liegenschaften in der Marinebasis Tartus zu erweitern und infrastrukturell auszubauen. Seitdem werden zusätzlich zu Landungsschiffen und Hilfsschiffen der russischen Marine auch noch mehrere gecharterte zivile Frachter und Containerschiffe bei Fahrten nach Tartus erkannt. Sie transportieren offenbar nicht-militärisches Material und Gerät für den Ausbau des einzigen Auslandsstützpunktes der russischen Marine.
CHINA
Mitte November war der chinesische Flugzeugträger „Liaoning“ offiziell als „operativ voll einsatzklar“ erklärt worden.
Einen Monat später begann der erste chinesische Flugzeugträger — die halbfertig in der Ukraine gekaufte, frühere sowjetische „Yaryag“ der KUZNETSOV-Klasse — umfangreiche Übungen. Nordwestlich von Dalian standen in der Bohai See Verbandsübungen auf dem Programm, die offensichtlich als operatives Work-up einer Trägerkampfgruppe gedacht waren. Gemeinsam mit Zerstörern und Fregatten übte der Flugzeugträger auf Verbandsebene U‑Jagd, Luftraumverteidigung und Flugkörperabwehr sowie die Bekämpfung von Seezielen. Trägergestützte Kampfflugzeuge J‑15 Flying Shark („Eigenentwicklung“, optisch eher Nachbau der russischen Su-33) führten gruppenweise Einsätze zur Aufklärung und Seeraumüberwachung um den Verband durch und bekämpften ausgebrachte Seeziele mit Bordkanonen, Bomben und Flugkörpern.
Direkt im Anschluss an diese Übungen verlegte die „Liaoning“ mit ihren Begleitschiffen zunächst ins Gelbe Meer und von dort weiter ins Ostchinesische Meer. Dort wurden die in der Bohai See noch auf bloßes Verfahrenstraining ausgelegten Übungen fortgeführt und zu einem “full-element training“ intensiviert. Vor dem Hintergrund eines taktischen Szenarios übte die Trägerkampfgruppe die Passage eines Seegebietes mit Versorgung in See, Aufklärung und Verteidigung gegen Mehrfachbedrohung; die Kampfflugzeuge griffen dabei unter „realistischen Bedingungen“ Seeziele an und verteidigten sich und ihr Mutterschiff gegen feindliche Flugzeuge.
Damit nicht genug, nahm der Verband anschließend Kurs auf den West-Pazifik. Am 25. Dezember passierte die komplette Trägerkampfgruppe die Miyako Straße zwischen den japanischen Inseln Miyako und Okinawa. Japanische Aufklärungsflugzeuge meldeten neben der „Liaoning“ drei Zerstörer LUJANG-II/III und zwei Fregatten JIANGKAI-II. Mit dabei waren noch eine Korvette der JIANGDAO-Klasse und ein Versorger, die aber wohl nach Passage der Meerenge ins Ostchinesische Meer zurückkehrten. Knapp östlich der Miyako-Straße soll ein japanisches U‑Boot der SORYU-Klasse den Verband beschattet haben, der auch einen U‑Jagdhubschrauber Z‑9C zur Suche nach dem U‑Boot einsetzte.
Offizielle Pressemeldungen sprachen von geplanten „Blue Water“ Übungen im offenen Pazifik. Tatsächlich aber lief die Trägerkampfgruppe unmittelbar nach Passage der Miyako-Straße östlich von Taiwan nach Süden und fuhr ohne weitere Aktivitäten (alle Trägerkampfflugzeuge unter Deck im Hangar) durch den Baschi-Kanal ins Südchinesische Meer. Am 27. Dezember lief der Verband im Marinestützpunkt Sanya (Hainan) ein.
Schon 2013 hatte die „Liaoning“ eine erste Fahrt ins Südchinesische Meer durchgeführt, hatte damals aber durch die Taiwanstraße westlich Taiwans vor der eigenen Küste verlegt. Beobachter sehen in der nunmehrigen erstmaligen Passage Taiwans außerhalb der ersten Inselkette vor allem ein politisches Signal – neben bloßer Machtdemonstration auch eine Warnung auch an den künftigen US-Präsidenten Trump, Taiwan nicht zu Unabhängigkeitsbestrebungen zu ermutigen.
Nach mehrtägigem Aufenthalt in Sanya (Jahreswechsel) wurde die Trägerkampfgruppe am 2. Januar erneut in See gemeldet. Diesmal gab es auch wieder Flugbetrieb. Nur 90sm südlich von Taiwan übten mehrere J‑15 Flying Shark im Südchinesischen Meer Starts und Landungen vom Flugzeugträger. Die weiteren Absichten der „Liaoning“ und ihrer Begleitschiffe sind unklar. Mögliche Optionen sind weitere Übungen im Südchinesischen Meer (vielleicht demonstrativ in territorial umstrittenen Gebieten), Rückkehr zur Nordflotte mit Passage der Taiwan Straße oder aber doch noch Übungen im offenen Westpazifik.
ITALIEN
Kurz vor Weihnachten hat sich die Fregatte „Carabiniere“ auf den Weg zu einer viermonatigen Auslandsreise gemacht.
Das weniger als zwei Jahre alte Schiff ist die vierte von insgesamt acht italienischen Mehrzweckfregatten der BERGAMINI-Klasse, der vom Konsortium Orizzonte Sistemi Navali (Fincantieri, Leonardo-Finmeccanica) gebauten italienischen Variante des auch von der französischen Marine beschafften Typs FREMM (in Italien Fregata Multi-Missione).
Der Kurs führt die „Carabiniere“ von La Spezia durch das Mittelmeer und den Suezkanal nach Südostasien und bis nach Australien.
Die „Southeast Asia & Australia Naval Campaign“ ist allerdings nicht nur normale Reise zur Ausbildung oder als „Botschafter in Blau“ zur Festigung von Auslandsbeziehungen, sondern vor allem auch eine „Promotion Tour“ für die italienische Rüstungsindustrie, die wohl auch einen Teil zur Finanzierung beiträgt. Mehrere große Firmen wie Fincantieri, Leonardo-Finmeccanica und MBDA Italy sind mit der Partie und wollen die Fregatte bei Besuchen in „mehr als zehn“ ausländischen Häfen als schwimmende Messehalle nutzen und ihre jeweiligen Produkte präsentieren. Verstärkend für mögliche Verkaufsabschlüsse ist dabei, dass viele der angebotenen Systeme und Waffen — bis hin zur Gesamtschiff — aktiv und „zum Anfassen“ vorhanden sind. Ähnliche Auslandsreisen der italienischen Marine gab es auch schon früher.
Ein erster Besuch fand bereits in Dschiddah (Saudi Arabien) statt, wo die „Carabiniere“ am 1. Januar eintraf. Weitere Stopps sind u.a. in Colombo (Sri Lanka) und Jakarta (Indonesien) geplant, bevor sich die Fregatte dann in gleich vier australischen Häfen vorstellt. Besuche sind in Adelaide, Fremantle, Melbourne und Sydney geplant. In Fremantle sollen sich Experten der australischen Marine und des Verteidigungsministeriums zu einer ausgiebigen Begutachtung auf der „Carabiniere“ einschiffen.
Der Grund für das große Interesse an Australien ist klar: Fincantieri bietet im internationalen Wettbewerb um das australische „Project SEA 5000“ (Beschaffung von neun, ab 2020 zu bauenden neuen Fregatten) eine Designvariante der Fregatte an. Die australischen Experten sollen das Schiff auch im operativen Betrieb kennenlernen und bei gemeinsamen Übungen mit der australischen Marine vor allem seine Fähigkeiten in der U‑Jagd einschätzen können. Auch sollen letzte Absprachen zu geplanten Besuchen australischer Marineoffiziere in Italien mit Einschiffung auf anderen Fregatten der BERGAMINI-Klasse getroffen werden.
Der Rückweg führt dann über Singapur zunächst nach Malaysia, wo in Langkawi die Teilnahme an der internationalen Rüstungsmesse LIMA 2017 (21.–25. März) auf dem Programm steht. Es folgen noch weitere Besuche in (u.a.) Karatschi (Pakistan) und Muskat (Oman), bevor die „Carabiniere“ dann in der zweiten Aprilhälfte in der Heimat zurück erwartet wird.
RUSSLAND
Am 23. Dezember hat die Sevmash-Werft in Sewerodwinsk (Weißes Meer) das achte nuklearstrategische U‑Boot der BOREJ-Klasse auf Kiel gelegt.
Die künftige „Knyaz Pozharskiy“ wird letztes U‑Boot dieser Klasse, die in den kommenden Jahrzehnten die seegestützte Komponente der russischen nuklearstrategischen Abschreckung bilden soll. Die getaucht gut 24.000 ts verdrängenden, 170m langen U‑Boote tragen jeweils 16 strategische Flugkörper (SLBM – Submarine-launched Ballistic Missile) vom Typ SS-N-30 Bulava, eine Marineversion der landgestützten Interkontinentalrakete SS-27 Topol‑M, die bei Reichweite von „mindestens 8.000 km“ zehn nukleare Gefechtsköpfe trägt. Bulava sollte 2008 einsatzreif sein, aber nach einer Serie fehlgeschlagener Tests mochte das Verteidigungsministerium dem neuen Waffensystem erst 2014 „seinen Segen“ geben (auch bei danach durchgeführten Testschüsse gab es übrigens noch Fehlschläge).
Nicht nur bei der Entwicklung von Bulava, sondern auch beim Bau der BOREJ U‑Boote selbst kam es zu erheblichen Verspätungen. Nicht zuletzt wegen erheblicher finanzieller Probleme konnte Sevmash das Typboot „Yuri Dolgorukiy“ erst 2007, nach gut zwölf Jahren Bauzeit, zu Wasser lassen, und bis seiner zur Indienststellung bei der Nordflotte dauerte es dann noch einmal fünf Jahre. „Alexander Nevskiy“ und „Vladimir Monomakh“ wurden 2014 als zweites und drittes Boot mit ebenfalls mehreren Jahren Verspätung in Dienst gestellt, dienen heute bei der Pazifikflotte.
Im Laufe der überlangen Bauzeiten entwickelte sich die Technologie in vielen Bereichen (Sensoren, Kommunikation etc) weiter, und so entsprach die ursprüngliche Ausrüstung der BOREJ zunehmend nicht mehr technologischem Standard. Nicht unerwartet, werden nach den ersten drei BOREJ die weiteren U‑Boote denn auch in einer leicht modifizierten Variante mit modernerer Ausrüstung gebaut. Erstes Boot dieser BOREJ-A-Klasse ist die im Januar 2015 zu Wasser gelassene und 2017 in Dienst zu stellende Baunummer 4, „Knyaz Vladimir“.
Mit der für 2020 geplanten Indienststellung des achten Bootes „Knyaz Pozharskiy“ endet der Bau der BOREJ-/BOREJ-A-Klasse. Die U‑Boote dürften bis nach 2040 dienen, aber bei langen Planungs- und Bauzeiten richtet sich der Blick der russischen Marine schon jetzt darüber hinaus in die Zukunft. Mit „Projekt Khasky (Husky)“ hat die Designentwicklung eines nukleargetriebenen U‑Bootes „der 5. Generation“ begonnen. Details sind noch nicht bekannt, aber erste Medienberichte deuten auf ein Standard-Design, das als Basismodell in verschiedenen Varianten sowohl als mit SLBM bestücktes nuklearstrategisches U‑Boot (SSBN) als auch als Angriffs-U-Boot (SSN) hergestellt werden kann.
RUSSLAND
Traditionell werden am Ende eines Jahres Rüstungsvorhaben formell abgeschlossen, vor allem aber öffentlichkeitswirksam präsentiert.
Die Praxis geht noch auf Sowjetzeiten zurück, als hier die (Über-)Erfüllung des staatlich vorgegebenen Plansolls zu verkünden war. Heute ist es der Zeitpunkt, zu dem die Werften mit dem Abschließen von Bauvorhaben durch Lieferung an die Marine ihre Bücher bereinigen und damit auch Ansprüche auf ausstehende Zahlungen formell geltend machen können. Natürlich aber nutzen Staats- und Marineführung vor allem auch die Gelegenheit, der russischen Bevölkerung die Leistungsfähigkeit der heimischen Werftindustrie und die wachsende Kampfkraft der Marine nahe zu bringen.
Dieser Praxis folgend, trat am 31. Dezember der für die Rüstungsindustrie zuständige stellvertretende Ministerpräsident Dmitri Rogozin vor die Presse und erklärte stolz, die staatlichen Aufträge für die russische Marine seien 2016 zu „fast 100 Prozent“ erfüllt worden.
In Fachkreisen wurde diese Aussage mit Stirnrunzeln registriert, und russische Internet-Blogger und Foren beeilten sich, die Aussage zu relativieren. Einhellig stellte man fest, dass sie eigentlich nur für zahllose kleinere und kleinste Hilfsfahrzeuge (hydrographische Boote, Hafen- und Reedeschlepper) zutreffe, es bei den für die russische Marine viel wesentlicheren Kampfschiffen aber deutliche Defizite gebe.
Einzige (und bemerkenswerte) Ausnahme seien die von der Admiralitätswerft in St. Petersburg gebauten konventionellen U‑Boote der KILO-III-Klasse, die sämtlich im ursprünglichen Zeitplan geliefert wurden. Zum noch für 2016 angekündigten aber dann nicht vollzogenen Stapellauf des zweiten nukleargetriebenen U‑Bootes der YASEN-Klasse („Kazan“) schwieg sich der Minister ebenso aus, wie zur bis Jahresende geplanten Rückkehr des U‑Bootes „Orel“ (OSCAR-II) zur Flotte nach Modernisierung oder stockenden Modernisierungen älterer U‑Boote der KILO-Klasse.
Auch bei neuen Fregatten ließ Rogozin (u.a. im fortbestehenden Embargo von EU und Ukraine begründete) Verzögerungen völlig unerwähnt. Russische Medien hatten dagegen kurz zuvor gemeldet, dass die schon mehrfach verschobene, zuletzt für Ende 2016 angekündigte Indienststellung der Fregatte „Admiral Gorshkov“ (Typschiff der gleichnamigen Klasse) erst „im ersten Halbjahr 2017“ erfolgen soll. Der für Ende 2016 angekündigte Stapellauf der 3. Einheit dieser Klasse („Admiral Golovko“) blieb ebenfalls aus, ohne dass bisher ein neuer Termin genannt wird.
Verzögerungen gibt es auch bei der Fertigstellung von Fregatten der GRIGOROVICH-Klasse. Zur „fest im Dezember 2016“ geplanten aber ausgebliebenen Indienststellung der „Admiral Makarov“ verlor der Minister kein Wort aus, und Rogozin äußerte sich auch nicht zu den in 2016 geplanten aber nicht erfolgten Lieferungen zweier Korvetten der STEREGUSHCHIY-Klasse („Sovershenniy“ and „Gromkiy“). Das neue Landungsschiff „Ivan Gren“ blieb ebenso unerwähnt wie die längst überfälligen Stapelläufe des Minensuchers „Georgiy Kurbatov“, des Aufklärungsschiffes „Ivan Kurs“, des Mehrzweckschiffes „Akademik Aleksandr“ oder die nun schon zwei Jahre verzögerte Lieferung des neuen Arktis-Einsatzgruppenversorgers „Elbrus“.