Im Herbst 2011 jährte sich der Beginn des Einsatzes im Rahmen der Operation UNIFIL (United Nations Interim Forces In Lebanon) zum fünften Mal. 2006 nahm unter großem Medieninteresse der erste maritime Verband der Vereinten Nationen unter Führung des deutschen Flottillenadmirals Krause im Seegebiet vor dem Libanon die Arbeit auf. Seitdem haben viele Soldaten der Deutschen Marine dort ihren Dienst geleistet und Einsatzerfahrung gesammelt.
Dieser Artikel wird mit freundlicher Genehmigung der “MarineForum — Zeitschrift für maritime Fragen” veröffentlicht.
Wie sieht nun der aktuelle Sachstand in der Levante aus? Wie soll es weiter gehen? Ist ein Ende in Sicht oder verewigt sich dieser Einsatz?
Aktuelle Situation
Zurzeit besteht die TF 448 aus drei deutschen, zwei bangladesischen, einer indonesischen und jeweils einer türkischen und griechischen Einheit. Der Verband wird vom brasilianischen Konteradmiral Luiz Henrique Caroli vom UNIFIL Force Headquarters (FHQ) im libanesischen Naquora, einem Ort nahe der Grenze zu Israel, geführt. Der Auftrag ist, grob gesagt, zweigeteilt:
- Die Überwachung der libanesischen Territorialgewässer,
- Die Ausbildung der libanesischen Marine.
Innerhalb der TF 448 ist die Aufgabe der Ausbildungsunterstützung dem deutschen CTG 448.03 zugewiesen. Diese Zuweisung ist auf Betreiben Deutschlands erfolgt. Von Anfang an engagierte sich Deutschland mehr als andere an dem Wiederaufbau der Küstenradarorganisation und in der Ausbildung der libanesischen Marine. Das Ausbildungszentrum Schiffssicherung, Personal der Marineoperationsschule und natürlich die Besatzungen der vielen eingesetzten deutschen Einheiten waren mit hohem Engagement an der Ausbildung beteiligt. Im Folgenden werden beide Aufträge beleuchtet, aber es liegt doch der Schwerpunkt auf der Ausbildung der libanesischen Marine. Und dies aus gutem Grund.
Ausbildungsunterstützung als Exitstrategy
Sehr früh erkannte man bei diesem Einsatz, dass neben einer rein materiellen Unterstützung für den Aufbau einer Küstenschutzmarine auch eine Ausbildung der Kräfte vor Ort zwingende Voraussetzung für einen späteren Ausstieg aus dem Einsatz ist. Nur hinreichend ausgebildetes Personal ist in der Lage, das gelieferte Gerät auch adäquat zu bedienen und zu warten. Und auch hier bewahrheitet sich der Satz »Der Mensch bewegt die Materie!« Deshalb stand und steht neben der Seeraumüberwachung auch der Bereich Ausbildungsunterstützung nahezu gleichwertig. Es gibt also eine Exitstrategy.
Wo stehen wir nun nach fünf Jahren? Bei der Beantwortung dieser Frage ist zunächst der anzulegende Maßstab festzulegen. Was soll, was muss eine Küstenschutzmarine können? Was muss der einzelne Soldat beherrschen? Muss jeder Soldat so in der Breite ausgebildet werden, dass er auch alle Alternativverfahren, z.B. des Lagebildaufbaues, beherrscht? Der Maßstab, die Erfolgskriterien eines Einsatzes, ist keine akademische Betrachtung. Vielmehr müssen diese Kriterien erfüllt sein, wenn man zumindest aus operativer Sicht überhaupt irgendwann einmal die Entscheidung treffen will, sich ruhigen Gewissens aus einem Einsatz zurückzuziehen.
Die Maßstabsfindung ist nicht ganz leicht: Welche Marine oder Küstenwache braucht der Libanon, welche Fähigkeiten müssen materiell und personell in welcher Tiefe abgebildet sein? Der gewählte Ansatz muss auftragsorientiert sein, man muss aus deutscher Sicht auch vermeiden, das Ziel so anspruchsvoll zu formulieren, dass es faktisch unerreichbar wird.
Ausgangspunkt aller Überlegungen ist die dem Einsatz zugrunde liegende UN-Resolution 1701. In deren Umsetzung hat die Maritime Task Force (MTF-UN Marineverband) den Auftrag, die libanesische Marine dabei zu unterstützen, die seewärtigen Zugänge in den Libanon zu überwachen und so die illegale Einfuhr von Waffen zu verhindern. Nicht mehr, aber auch nicht weniger. Die libanesische Marine muss demnach in die Lage versetzt werden, ihr seewärtiges Hoheitsgebiet zu überwachen und die Einfuhren zu kontrollieren.
Dies muss nicht zwingend von See aus durchgeführt werden.
Seeraumüberwachung durch Küstenradarorganisation
Direkt nach dem Krieg 2006 war es den libanesischen Streitkräften aufgrund mangelnder materieller (da alle Radarstationen im Krieg zerstört wurden) und personeller Ausstattung nicht möglich, diese Aufgabe allein zu bewältigen. Der von Deutschland finanzierte Aufbau einer neuen Küstenradarorganisation (KRO) war die Grundvoraussetzung für eine zukünftige eigenständige Überwachung der eigenen Hoheitsgewässer.
Die Küstenradarorganisation der libanesischen Marine deckt die eigenen Hoheitsgewässer mit ihren zunächst acht, im Ziel neun, Küstenradarstationen nunmehr hervorragend ab. Das Lagebild, welches der libanesischen Marineführung zur Verfügung steht, ist besser als jenes des UN-Marineverbandes, da es ein wirkliches Echtzeitlagebild ist. Die Überwachung des Seegebietes ist also sichergestellt.
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Die libanesische Marine hat zusätzlich während durchgeführter Übungen bewiesen, dass sie darüber hinaus in der Lage ist, über einen begrenzten Zeitraum die Aufgaben eines so genannten Maritime Interdiction Commanders ohne Einschränkungen wahrnehmen zu können. Der Maritime Interdiction Commander ist diejenige Stelle, die den Aufbau des Lagebildes koordiniert, Identitäten festlegt und letztendlich Empfehlungen für weiter- gehende Untersuchungen/Durchsuchungen von Einheiten abgibt. Zurzeit sprechen noch personelle Engpässe in der libanesischen Marine gegen eine längerfristige Übernahme der Verantwortung.