Neue Fregatten für die dänischen Seestreitkräfte
Wie so manche andere Marine befindet sich auch die dänische Marine in einer Phase des Umbruchs, der Neuausrichtung und einer damit einhergehenden Modernisierung. Vor zehn Jahren erhielt die Odense Staalskibsvaerft den Auftrag zum Bau von zwei Mehrzweck- Unterstützungsschiffen (Flexible Support Ship, Flexible Stotteskibe). Damit begann die Realisierung eines bereits seit 1997 geplanten Rüstungsvorhabens.
Dieser Artikel wird mit freundlicher Genehmigung der “MarineForum — Zeitschrift für maritime Fragen” veröffentlicht.
IVER HUITFELDT dän. Marine |
Die beiden im Oktober 2004 und April 2005 in Dienst gestellten Einheiten ABSALON und ESBERN SNARE wurden nach dem STANFLEX-Konzept gebaut, das Anfang der 1990er Jahre als Bauprinzip bei den Mehrzweckbooten der Flyvefisken-Klasse (STANFLEX 300) und den Fregatten (Inspektionsschiffen, Fiskeriinspektionsskibe) der THETIS-Klasse (STANFLEX 2000) erste Anwendung fand und sich seither bewährt hat. Mit Hilfe von standardisierten Waffen- und Gerätecontainern lassen sich die Einsatzaufgaben dieser Schiffe und Boote schnell und kostengünstig den jeweiligen Erfordernissen anpassen. Dem entsprechend sind die neuen Einheiten der ABSALON-Klasse (STANFLEX 3500) so ausgelegt, dass sie bedarfsweise als Führungsschiffe, Hospitalschiffe, logistische Unterstützungsschiffe oder im strategischen Seetransport eingesetzt werden können.
Die dänische Marine trägt mit der Beschaffung den geänderten sicherheitspolitischen Rahmenbedingungen in kostengünstiger Weise Rechnung und erhält damit die uneingeschränkte Fähigkeit zur Teilnahme an friedensschaffenden oder friedenserhaltenden multinationalen Einsätzen. Die beiden 6.300 t verdrängenden Schiffe der ABSALON-Klasse sind bislang die größten Einheiten der Dänischen Marine und bekommen nun durch drei ähnliche und aus ihr abgeleiteten Schiffen weitere Verstärkung. Diese neuen im Juni 2006 genehmigten und im Dezember 2006 beauftragten Einheiten sind als Fregatten (Patrouillenschiffe, Patruljeskibe) konzipiert. Sie haben den gleichen Schiffsentwurf jedoch kein Ladedeck und in der Formgebung etwas veränderte Aufbauten. Ihr Aufgabenspektrum umfasst sowohl die klassischen Seekriegsszenarien wie auch Embargoüberwachungsmaßnahmen und Führungsschifffunktionen. Die Fregatten sind für den globalen Einsatz vorgesehen. Gemeinsam wird das Quintett auch als Large Standard Vessel bezeichnet.
Im Januar hat die Odense Staalskibsvaerft mit der IVER HUITFELDT das erste Schiff an das Materialamt der dänischen Streitkräfte (Forsvarets Materieltjeneste) zur Endausrüstung und See-Erprobung übergeben. Im nächsten Jahr soll das Schiff einsatzfähig sein. Die Schwesterschiffe PETER WILLEMOES und NIELS JUEL sind bereits im Bau und vom Stapel gelaufen. Sie folgen 2013 und 2014 dem Typschiff. Die Anfang der 1980er Jahre in Dienst gestellten drei Fregatten der NIELS JUEL-Klasse werden durch die neue Klasse ersetzt.
Schiffscharakteristik und technische Daten
Bei einer Länge von 138,7 m, einer Breite von 19,75 m und einem Tiefgang von 5,3 m hat die IVER HUITFELDT-Klasse voll ausgerüstet eine Verdrängung von 6.645 t. Durch die besondere Formgebung erfolgt eine Reduzierung der Radarrückstrahlfläche. Den Belangen der ABC-Abwehr und der Schockfestigkeit wurde Rechnung getragen. Stabilisatoren gewährleisten bei schwerer See eine ruhige Plattform. Ein Bugpropeller erhöht die Manövriereigenschaften. Im achteren Bereich der Aufbauten befindet sich ein Hangar zur Aufnahme eines Hubschraubers des Typs Augusta Westland EH 101 Merlin. Die Besatzungsstärke beträgt lediglich 100 Personen. Für weitere 65 ist Einschiffungskapazität vorhanden. Die Seeausdauer ohne Nachversorgung wird mit 28 Tagen angegeben.
IVER HUITFELDT dän. Marine |
Der CODAD-Antrieb (Combined Diesel and Diesel) besteht aus vier MTU 20 V 8000 M 70 Dieselmotoren mit einer Gesamtleistung von 32.800 kW. Über zwei Wellen mit Verstellpropellern erreichen die Fregatten eine Höchstgeschwindigkeit von 28 kn. Bei wirtschaftlicher Fahrtstufe von 15 kn ist eine Reichweite von 9.000 sm möglich.
Bewaffnung und Ausrüstung
Vier Flugkörperstartanlagen Mk 41 VLS (Vertical Launch System) mit insgesamt 32 Zellen sind zwischen den beiden Masten in den Aufbauten eingebaut. Aus ihnen können die Schiff-Luft-Flugkörper Standard Missile SM 2 Block III A (Reichweite > 80 km, Mach 3+) eingesetzt werden. Für 24 Evolved Sea Sparrow Missile (ESSM) (Reichweite 14 km, Mach 1) und 16 Flugkörper Harpoon (Reichweite 125 km, Mach 0,9) stehen Standard Flex Container zur Verfügung. Die drei Flugkörper-Systeme gewährleisten gute Verbandsflugabwehr, guten Eigenschutz sowie die Durchführung von Seezielbekämpfung. Mk 41 VLS ermöglicht zudem die Option einer späteren Einrüstung von Tomahawk-Marschflugkörpern.
An Rohrbewaffnung ist auf der IVER HUITFELDT-Klasse auf der Back der amerikanische 127-mm-Turm Mk 45 mod 4 von BAe-Systems vorgesehen. Bei Nutzung von normaler Munition hat er lediglich eine Reichweite von 24 km. Die Kadenz beträgt 20 Schuss pro Minute. Mit ERGM (Extended Range Guided Munition) kommt er auf 76 km Reichweite. Allerdings reduziert ERGM die Kadenz auf 10 Schuss pro Minute. Das raketengetriebene ERGM-Projektil hat ein Gewicht von 50 kg und eine Länge von 1,55 m. Es ist GPS gesteuert und besitzt eine Treffergenauigkeit von 20 m.
Dahinter kommt in überhöhter Position zum Schutz gegen Klein- und Kleinstziele sowie gegen schnelle und wendige Seeziele ein 35-mm-Millenium-Geschütz von Rheinmetall Defence zum Einbau. Die gleiche Waffe ist nochmals achtern auf dem Hubschrauberhangar eingerüstet. Die Einsatzentfernung wird mit kleiner 500 bis 2.000 m angegeben, die Kadenz mit 1.000 Schuss pro Minute. Die hohe Kadenz und hohe Abgangsgeschwindigkeit sowie die kurze Flugzeit und die hohe Trefferwahrscheinlichkeit sind besondere Merkmale des Systems.
IVER HUITFELDT (noch ohne APAR Radar) dän. Marine |
Als Sensoren zur weiträumigen Luftüberwachung und zur Verbandsflugabwehr sind das 3‑D-Weitbereichsradar SMART‑L und das 3‑D-Multifunktionsradar APAR (Active Phased Array Radar) vorhanden.
SMART‑L ist optimiert für die frühzeitige Entdeckung und Verfolgung von kleinen Luftzielen und Flugkörpern. Die Anlage arbeitet im D‑Band, besitzt gegen Luftziele eine Reichweite von bis zu 300 km und hat folgende Leistungsmerkmale:
- bis zu einer mittleren Entfernung Erfassung von Luftzielen mit geringen Radarreflexionen
- weitreichende Erfassung von konventionellen Flugzeugen
- hohe Leistungsfähigkeit in ECCM (Electronic Counter Counter Measures)
- Fähigkeit zur Führung und Unterstützung von MPAs (Maritime Patrol Aircraft)
- Seeraum-Überwachung bis zum Radarhorizont.
APAR ist in der Lage, gleichzeitig folgende Funktionen wahrzunehmen:
- Rundumsuche bis zu 75 km
- Seeraum-Überwachung bis 32 km
- Zielverfolgung von mehr als 250 Zielen bis 150 km
- Feuerleitung eigener Flugkörper
- Feuerleitung der Artillerie für See- und Landziele
- Übernahme von Zielen anderer Sensoren
Jede Sensorfläche besteht aus 3.200 Sender-/Empfänger-Einheiten. Pro Sekunde sind über 500 Radarimpulse möglich. Die Anlage ist die erste ihrer Art, die im X‑Band arbeitet. Sie kann einen Bereich von 360° x 70° abdecken.
Schlussbemerkung
Die dänische Marine erhält mit der IVER HUITFELDT-Klasse kampfkräftige Schiffe, die in ihrem Fähigkeitsspektrum ihre Vorgänger weit in den Schatten stellen. Mit den drei Fregatten/Patrouillenschiffen wird die dänische Marine weiterhin in der Lage sein, NATO-Verpflichtungen zu erfüllen und im globalen Einsatz an internationalen Missionen teilzunehmen.