Lateinamerika – Argentinien FMA IA – 63 / Pampa 2000
Das Flugzeug sieht für das ungeübte Auge aus wie ein Alpha-Jet. Die IA 63 ist ein einstrahliger Schulterdecker mit konventionellem Leitwerk. Erst bei näherem Hinsehen erkennt der Laie diverse Unterschiede. Anstelle der beiden Triebwerke des „Alphi“ findet sich nur ein Triebwerk, die Tragflächen scheinen weniger gepfeilt und das Leitwerk scheint etwas steiler zu sein als beim deutsch-französischen Trainer und Erdkampfflugzeug. Aber sonst?
IA 63 Pampa auf der Pariser Luftfahrtschau 1991 (Quelle: Wikipedia) |
Entwicklung:
Tatsächlich kann man die Pampa als „jüngere Schwester“ des Alpha-Jets bezeichnen. Dessen Entwickler sind die beiden Flugzeugbauer Dassault und Dornier. Der Alpha-Jet war für eine Doppelrolle vorgesehen, weil Frankreich einen Trainer brauchte und Deutschland Bedarf an einem Unterstützungsflugzeug hatte. Auf der Basis eines Entwurfes von Dornier erfolgte die gemeinsame Entwicklung, die 1973 zum Erstflug der deutsch-französischen Maschine führte.
1977 hatte auch die argentinische Luftwaffe den Bedarf für einen fortschrittlichen Strahltrainer erkannt, der aber zur Stärkung der eigenen Flugzeugwerke im Lande entwickelt – oder zumindest gebaut – werden sollte. Während der Zeit der Militärdiktatur war die Erfüllung entsprechender Wünsche sicher leichter möglich als unter einer zivilen, demokratischen Regierung, die bei den Staatsausgaben auch die Wünsche einer Vielzahl von Wählergruppen berücksichtigen muss.
Die staatlichen Flugzeugwerke Fàbrica Militar de Aviones (FMA) sahen sich also um – und nahmen Kontakt mit Dornier auf, um von deren Erfahrungen und neuester Entwicklung profitieren zu können. Tatsächlich wurde schon nach kurzer Zeit eine Vereinbarung erzielt, die nicht nur die Errichtung moderner Fertigungsanlagen (unter Beteiligung der von Fachleute von Dornier) zur Folge hatte. Über 100 Argentinier wurden zur Aus- und Fortbildung in die Entwicklungsabteilung von Dornier nach Friedrichshafen gesandt. Wohl aufbauend auf dem Alpha-Jet erfolgte eine insgesamt einfachere Neuentwicklung eines leichten Flugzeuges, das den argentinischen Verhältnissen besser angepasst war.
Der Falklandkrieg von 1982 führte zu Verzögerungen, aber schon 1983 konnte mit dem Bau es ersten Flugzeuges begonnen werden, das bereits Anfang Oktober 1984 seinen Erstlfug (bei Dornier in Oberpfaffenhofen) absolvieren konnte. Im August 1985 folgte der zweite und im März 1986 der dritte Prototyp EX-03. Zu dieser Zeit erlebte Argentinien aber eine politische Umwälzung. Das durch den Falklandkrieg geschwächte Militärregime musste einer demokratischen Regierung Platz machen.
Bewaffnung und Einsatzmöglichkeiten:
Die ersten Serienmaschinen sind zur Pilotenausbildung gedacht. Dazu können die Flugzeuge auch mit FAS 450 Colibri Behältern mit 7,62 mm MG, Bomben, Raketen und Maschinenkanonen ausgestattet werden.
Indienststellung:
Das erste Baulos (E‑801 bis E‑822) der fertig entwickelten Serienmaschine „Pampa 2000“ wurde von 1988 bis 1992 der Luftwaffenausbildung zugeteilt und bei der IV Brigada Aérea im Fliegerhorst von El Plumerillo stationiert. Dort sind immer noch 12 Maschinen im Einsatz, die der Ausbildung der argentinischen Luftwaffenpiloten dienen.
1995 wurde die FMA privatisiert. Der US-Konzern Lockheed-Martin erwarb das staatliche Flugzeugwerk (nun Lockheed Martin Argentinia S.A. bezeichnet) und führte an der Pampa einige Modifikationen durch. Ziel war es, das nun als AT-63 bezeichnete Flugzeug international als Jagdbomber zu vermarkten. Hierzu wurden insbesondere die Zuladung erhöht (auf 1.500 kg externe Waffenlasten) und das Flugzeug mit modernerer Cockpitausstattung und Avionik ausgerüstet.
Triebwerk:
Dazu erhielt das Flugzeug auch ein leistungsfähigeres Triebwerk – das TFE-731–2 C mit 16,5 kN Schubkraft.
2011 wurden Pläne bekannt, die argentinischen Flugzeuge mit neuen Triebwerken TFE 31–40 mit 18,7 kN Schub zu modernisieren.
Varianten und Serien:
Neben dem ersten Baulos, dem Schulflugzeug IA-63 oder Pampa 2000 wurde unter Beteiligung von Lockheed also eine verbesserte Version für die Jagdbomberrolle entwickelt.
2005 startete das erste umgebaute Flugzeug der neuen Variante. Die erste Maschine der neuen Serie wurde 2007 fertig gestellt. Allerdings wurden nur sechs neue Exemplare AT 63 an die argentinische Luftwaffe ausgeliefert und zwölf Maschinen umgerüstet (Pampa II). Auch diesem Muster war aber kein internationaler Absatzerfolg vergönnt. Im September 2011 kündigte Argentiniens Verteidigungsminister an, 40 weitere mit Honeywell TFE731-40-N2 Triebwerken (21% mehr Schub als das ursprüngliche TFE731-2C) ausgerüstete Pampa II zu beschaffen. Die Auslieferung soll Ende 2012 beginnen. Zehn bis zwölf Exemplare soll die Marine erhalten, der Rest soll an die Luftstreitkräfte gehen.
Für die Zukunft ist geplant, die Maschinen (als Pampa III) mit stärkeren TFE731-40 Triebwerken mit 18,7 kN Schub auszurüsten. Daneben sind zehn weitere Zellen (keine vollständigen Maschinen) bestellt
Leistung:
Zum Vergleich:
Kenngröße | Daten des Alpha Jet A: | Daten der IA-63 Pampa: |
Länge: | 12,46 m (Luftwaffen-Version) | 10,90 m |
Spannweite: | 9,11 m | 9,69 m |
Höhe: | 4,19 m | 4,29 m |
Flügelfläche: | 17,5 m² | 15,63 m² |
Leergewicht: | 3.515 kg (Luftwaffen-Version) | 2,821 kg |
Maximales Startgewicht: | 8.000 kg | 5.000 kg |
Antrieb: | Zwei SNECMA Larzac 04-C20 Mantelstromtriebwerke mit je 14,12 kN Schub | Ein Garrett (Honeywell) TFE 731–2‑2 N mit 15,57 kN (1586 kg) (Pampa I oder Pampa 2000); Ein TFE731-2C Turbofan mit 15,57 (16,50) kN Standschub (Pampa II) |
Höchstgeschwindigkeit: | Mach 0.85 (auf 10.000 m) ca. 1.000 km/h (auf Meereshöhe) | 819 km/h 740 km/h (auf Meereshöhe) |
Dienstgipfelhöhe: | 14.630 m | 12.900 m |
Maximale Steigrate: | 57 m/s | 27 m/s bzw. 30,2 m/s |
Überführungsreichweite: | 2.940 km (mit zwei Zusatztanks) | 1.500 km |
Bewaffnung: | MK, Luft-Boden-Rakten, Bomben bis 2.500 kg | MG‑, MK- und Raketenbehälter für Luft-Boden-Raketen, MK.81 und MK.82 Bomben bis 1.160 kg (1.900 kg AT-63) |
Ausblick:
Inzwischen hat Argentinien das Flugzeugwerk wieder von Lockheed zurück gekauft und in eigener Regie übernommen. Ob den Ankündigungen der argentinischen Regierung zur Wiederaufnahme der Produktion wirklich Taten folgen, bleibt abzuwarten.
Tatsächlich ist die Pampa aber immer noch der modernste Strahltrainer, der in lateinamerikanischen Ländern produziert werden könnte. Wenn es diesen Staaten gelingt, die regionalen Rivalitäten zu überbrücken, und gemeinsam auf eine moderne Ausstattung der eigenen Luftwaffen hinzuwirken, könnte dem Flugzeug schon in Südamerika eine breite Absatzmöglichkeit gegeben sein. Dabei wäre insbesondere an eine Kooperation mit Brasilien zu denken, das selbst seine Luftwaffe mit modernsten Kampfflugzeugen ausstatten will. Dafür würde auch Brasilien gute und moderne Strahltrainer zur Pilotenschulung benötigen.
Mit dem brasilianischen Flugzeubauer Embraer könnte sich zudem auch eine wirtschaftliche Kooperation ergeben – etwa, indem die militärischen Fertigungslinien von FMA und Embraer in einer gemeinsamen Tochtergesellschaft zusammen gefasst und deren Produktion gemeinsam vermarktet würde.
Siehe auch:
Lateinamerika — AMX — Brasiliens erstes Kampfflugzeug
Lateinamerika — Argentinien FMA IA 58 Pucará
Lateinamerika — AT 26 Xavante — Brasiliens Einstieg in den Flugzeugbau
Lateinamerika — Brasilien TUCANO / SUPER TUCANO