Gehört Grönland zu Westeuropa? Ein Blick auf den Globus lässt Zweifel aufkomme. Rein geographisch gesehen erscheint Grönland (die größte Insel der Welt) nur wie eine der vielen Inseln, die nördlich von Kanada in das Nordpolarmeer zerfransen. Und — rein geographsich — Grönland liegt westlich des mittelatlantischen Grabens, der den Atlantik in einen West- und Ostteil trennt und dessen Lage im Nordatlantik von der Vulkaninsel Island markiert wird.
Ja, gut, Grönland ist von Island aus besiedelt worden, von Wikingern also, und der Name Grönland entstammt den alten isländischen Sagas, und obwohl die Wikingersiedlungen während der “kleinen Eiszeit” erloschen sind, haben die Skandinavier den Herrschaftsanspruch auf Grönland nie aufgegeben.
Aber — sind nicht auch Kanada und die USA einmal von Europäern kolonisiert worden, und: gehören nicht die Ureinwohner Grönlands, die Eskimos oder Innuit, zu einem Volk, das von der sibirischen Ostküste über Alaska und Kanada bis Grönland die Küsten des Nordpolarmeeres besiedelt?
Anfang Mai 2008 machte ein Ereingnis Schlazeilen:
“Nach fast 300 Jahren unter dänischer Herrschaft steuert Grönland auf die Unabhängigkeit zu. Das Land soll schon bald bis auf die Außenpolitik alle Angelegenheiten selbst regeln und sogar allein über die Bodenschätze verfügen. Ein entsprechender Gesetzesvorschlag wird heute n Grönlands Hauptstadt Nuuk vorgelegt.”
(FTD, 06.05.2008)
Der Klimawandel machts möglich: die Öl- und Gasvorkommen, die unterhalb des arktischen Packeises vermutet werden, werden zugänglich. Alleine im Bereich Grönlands — insbesondere im Osten der Grönländischen See — werden Ölvorkommen mit einem Wert von bis zu 1.000. Mrd. € vermutet.
Ein Staat mit nur 57.000 Einwohnern (die sich auf einer Fläche von der sechsfachen Größe Deutschlands verteilen) kann sich viel davon leisten — und dementsprechend möchte Grönland, das derzeit noch von den jährlichen Subventionen aus den Kassen Dänemarks lebt — auch alleine und exclusiv Zugriff auf die Erlöse aus seinen Rohstoffen haben. Bereits jetzt verwaltet sich die Insel selbst. Lediglich die Außen- und Verteidigungspolitik wird Kopenhagen überlassen — und Dänemark liefert auch nahezu alles, was die Grönländer (ausser Walfleisch, Robbenspeck, Fisch und Schlittenhunden) zum Überleben brauchen. Brot und Bier, Obst und Salat — ja sogar das Toilettenpapier muss mit Schiff oder Flugzeug aus Dänemark importiert werden. Aber noch über 2000 Menschen leben von der Jagd auf Walrösser, Robben, Wale und Eisbären. Diese für Grönlands Innuit selbstverständliche Jägerdasein führte 1985 zu einem emotionalen Bruch mit der Europäischen Gemeinschaft — und die Dezimierung der grönländischen Fischbestände durch die europäischen Fischereiflotten, die das Überleben der traditionellen grönländischen Fischer in Frage stellte.
Seither bildet Grönland zusammen mit Dänemark eine “Reichsgemeinschaft”, bei der die Wirtschaftlichen Lasten sehr ungleich verteilt sind. Jährlich 430 Mio. Euro lässt sich Dänemark diese Reichsgemeinschaft kosten.