GESCHICHTE:
Russland ist ein Kind der “Rus”, der (zumeist schwedischen) Wikinger, die auf dem Weg nach Byzanz bzw. Konstantinopel das Reich von Kiew gründeten. Unter dem Druck der mongolischer Invasion verließ ein Großteil der inzwischen zum orthodoxen Glauben bekehrten Elite das Gebiet und wanderte in ein kleines Fürstentum am Rande des mongolischen Herrschaftsgebietes aus. Aus dieser Migration entstand das russische, von Moskau aus regierte Zarenreich — für die Westeuropäer immer etwas am Rande Europas, am Rande der Welt gelegen. Die Moskauer Fürsten konnten dabei von der mongolischen Abgabestruktur profitieren. Diese hatten die lokalen slawischen Fürstenhäuser — soweit sie kooperationsbereit waren — an der Macht belassen und ihnen die Eintreibung von Abgaben überlassen. Moskau erhielt in diesem Tributsystem eine herausragende Rolle. Die Mongolen haben also letztendlich den Großfürsten von Moskau die ersten Ansätze zur Entwicklung einer eigenen Macht gegeben. Als das mongolische Reich zerfiel nutzten die so gestärkten Moskauer, um nicht nur ihre Oberherrschaft über die anderen russischen Fürsten zu festigen sondern den Mongolen — und deren Nachfolgern, den Tataren — immer mehr Herrschaftsgebiete abzunehmen.
Der Kreml von Moskau symbolisiert den Machtanspruch, der seit der Zeit Iwan des Schrecklichen von hier aus gegen die islamischen Gebiete Zentralasiens geltend gemacht wurde. Die Basilius-Kathedrale, mit deren Bau Iwan der Schreckliche den Sieg über das Tatarenreich von Kazan an der Wolga feierte, hat sieben Kuppeln — eine für jeden der tatarischen Khane, die Iwan der Schreckliche nach seinem Sieg über die Tataren köpfen ließ. In der Krönungskirche der Zaren, der Maria-Himmelfahrt-Kirche, zeigt ein riesiges Fresko die russische Erwartung zum “Jüngsten Tag” — den Höllensturz der duch Turban und Krummsäbel kenntlich gemachten Muslime, während den bärtigen Russen der Weg ins Paradies offen steht.
Nach der Zerschlagung des Tatarenreiches durch “Iwan den Schrecklichen” — schon mit Waffentechnologie, die aus Europa importiert wurde — erfolgte eine weitere Westorientierung des Zarenreiches durch “Peter den Großen”. Mit der Eroberung schwedischer Gebiete an der Ostsee und der Gründung von St. Petersburg — dessen regelrecht mit den Händen der Arbeiter aus dem Morast gegraben wurden — sowie dem Aufbau einer modernen Flotte erreichte diese Europaorientierung eine bildhafte Realität. Die dritte “große Zarin” in dieser Reihung — die aus Deutschland stammende Katharina die Große — setzte den Aufstieg Russlands und die Eroberung zentralasiatischer Gebiete fort. Nach diesen drei Zaren war Russland in den Reigen der europäischen Großmächte aufgestiegen, selbst eine Großmacht, an deren Größe sich sogar Napoleon scheiterte.
Die Zaren nutzten also den Zerfall des mongolischen Weltreiches, um ihrerseits nach Osten vorzudringen — über den Ural hinweg Sibirien zu erobern und zu besiedeln. Den Pelzhändlern folgten — wie im Westen der USA auch — Bauern und Handwerker, vielfach aber nicht freiwillig sondern deportiert. Sibirien war bereits zur Zarenzeit “das Straflager” für unbotmäßige Adelige, die Irkutsk am Baikal-See zum “Paris des Ostens” machten.
Die letzte Arrondierung des russischen Reiches erfolgte mit der Eingliederung der tuwinischen Repubik. Das am Oberlauf des Jenissei lebende buddhistische Turk-Volk der Tuwinen hatte sich 1917 unabhängig erklärt. Mit der Anerkennung des Staates (1926) durch die Sowjetunion begann aber auch die schrittweise Rückführung in den Machtbereich des Kreml — und die Entdeckung von Uran-Vorkommen besiegelte Ende 1944 auch die formale Unabhängigkeit des kleinen Staates. Danach breitete sich die Sowjetunion zwar weiter aus — allerdings nach Westen auf ehemals baltisches, polnisch und deutsches Gebiet, sowie im Osten auf japanische Inseln (finnische Gebiete waren bereits im März 1940 abgetreten worden). Das Ende des Zweiten Weltkrieges erlebte die Sowjetunion auf dem Höhepunkt der territorialen Macht. Das Ende des nachfolgenden “Kalten Krieges” war mit der Unabhängigkeit einer Reihe von Staaten aus dem Staatsgebiet der Sowjetunion verbunden.
Die “Russische Förderation” (kurz Russland) — der größte Nachfolgestaat der UdSSR (Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken) — ist auch heute noch der flächenmäßig größte Staat der Erde, der rund 11 % der Landfläche einnimmt und sich von der Ostsee und dem Schwarzen Meer bis zum Pazifik und zur Beringstraße erstreckt. Der Ural (bis zu knapp 1900 m Höhe aufsteigend) gliedert Russland in einen europäischen- und den größeren asiatischen Teil. 21 autonome Regionen und die Exklave Kaliningrad bilden zusammen die Förderation.
Etwas über 80 % der Bevölkerung von über 140 Millionen — von denen nur 20 % im asiatischen Teil des Landes leben — sind ethnische Russen, darüber hinaus leben seit der Auflösung der Sowjetunion rund 25 Mio. Russen in den Nachfolgestaaten der UdSSR, die inzwischen vielfach wieder in die “russische Heimat” zurück kehren. Neben der russischen Sprache werden rund 100 weitere Sprachen — zum großen Teil der turktatarischen Sprachgruppe zugehörend — gesprochen.
ORGANISATION:
Russland ist förderal gegliedert. 21 autonome Republiken mit eigenen Verfassungen (davon 13 Republiken mit eigenen Präsidenten), “Gebiete” (oblast) und “Keise” (kraj) sowie “autonome Bezirke” (okrug) unter einem Dach ergeben insgesamt knapp 90 förderale Gebiete mit häuig gegensätzlichen Interessen und eigener Rechtsetzungsbefugnis.