Traumatisches Verhältnis zur Türkei:
Das Verhältnis der Armenier zu den Türken wurde Anfang des letzten Jahrhunderts traumatisiert. Der erste Völkermord in Europa — der Genozid an den Armeniern — wurde 1915/16 von der Türkei verübt.
Am 24. April 1915 veranlasste die 1908 an die Macht gekommene jungtürkische Bewegung (deren Politiker durchaus großtürkischen Träumen nachhingen) die Verhaftung, Deportation und Ermordung armenischer Bewohner in Konstantinopel — ein Fanal, das zum Völkermord an über 1 Millionen Armeniern — 2/3 des im Osmanischen Reich lebenden Volkes — führte.
In einer gigantischen “Umsiedlungsaktion” wurden Armenier aus dem Grenzgebiet der Türkei in die mesopotamische Wüste deportiert, wo die Deportierten umkamen.
Ein vergessener und verleugneter Völkermord noch heute?
DIE HEUTIGE LAGE — (www.ermenisorunu.gen.tr)
Heute sind die Armenier in der Türkei eine verschwindende Minderheit und verfügen lediglich im ehemals sowjetischen Staatsbereich über ein eigenes Siedlungsgebiet .
Nach der Oktoberrevolution (1918/19) kurz unabhängig, wurde dieses Gebiet von bolschewistischen Truppen übernommen und 1922 in die UdSSR eingegliedert.
Ende der 1980er Jahre war Armenien eine der ersten Sowjetrepubliken, welche die Unabhängigkeit anstrebte — und dank einer guten wirtschaftlichen Entwicklung auch die Mittel zur Selbständigkeit zu haben schien.
Problematisch aber war — und blieb — , dass das Siedlungsgebiet der Armenier nicht mit dem Staatsgebiet Armeniens übereinstimmt. Die Grenzfestlegungen innerhalb der UdSSR haben vielfach — und auch hier — nur wenig Rücksicht auf die Siedlungsgebiete der einzelnen Völker genommen.
Heute ist Armenien das “Armenhaus des Kaukasus”, das durch lange, blutige Kriege und die folgende Isolation des Landes vor dem Zusammenbruch steht.
Krieg mit den Türken aus Aserbeidschan
Im Zuge der Auflösung der Sowjetunion kamen aber auch Rivalitäten zwischen den verschiedenen Nationalitäten, insbesondere mit dem türkischstämmigen Aserbaidschan, die einerseits auf den türkischen Kriegszügen und anderseits auf der leninistisch-stalinistischen Bevölkerungspolitik des frühen 20. Jahrhunderts basieren, zum Ausbruch.
Berg-Karabach (Nagorny-Karabach) — Armenische Enklave in Aserbaidschan:
Insbesondere um das hauptsächlich armenisch besiedelte, aber Aserbeidschan zugeordnete Gebiet von Berg Karabach entzündete sich eine Auseinandersetzung, welche anfangs der 90er Jahre zum Krieg führte und heute noch den Kernstreitpunkt zwischen diesen beiden Ländern bildet. 1979 lebten in Berg-Karabach 125.000 Armenier und 37.000 Aseris.
Die bergige Region die von Stalin dem benachbarten Aserbeidschan zugeschlagen wurde, verlangte 1998 die Vereinigung mit Armenien. Nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion erklärte die Region ihre Unabhängigkeit, was Aserbeidschan mit Gewalt zu verhindern suchte. Darauf folgte ein langandauernden Krieges von 1989 bis 1994 mit über 50.000 Todesopfern und über 1 Million Flüchtlingen. Ein Ergebnis der Kämpfe war die Übernahme der Kontrolle Karabachs durch armenische Streitkräfte. Sie besetzten auch sechs Regionen des eigentlichen Staatsgebiets Aserbeidschans, insbesondere den Lachin-Korridor, der Karabach mit Armenien verbindet, und auch nach dem Waffenstillstand im August 1999 weiter unter armenischer Kontrolle verblieb.
Der Krieg endete mit Wiederherstellung der Autonomie Berg-Karabachs und der Vertreibung fast aller Aseris — letztendlich eine Untat, die der Vertreibung der Armenier aus der Türkei nachfolgt, denn Armenien hat eingedenk seiner jüngsten Geschichte das Interesse, den Armeniern die Freiheit im eigenen Staat zu gewährleisten.
Heute agiert Berg-Karabach als unabhängiger Staat mit einer eigenen Armee, eigener Polizei und eigenen Pässen. Kein Staat der Welt (auch nicht Armenien) hat die junge Republik bislang anerkannt. Mit Hilfe von Spenden der vermögenden armenischen Diaspora ist es zwar gelungen, die Kriegsschäden weitgehend wieder zu beseitigen, aber die Arbeitslosigkeit ist hoch und die wirtschaftlichen Aussichten aufgrund der ungeklärten politischen Situation bescheiden.
Viele der Armenier, die Aserbaidschan während des Krieges verlassen mussten, haben sich anfangs in Karbach angesiedelt, aber in den letzten Jahren hat die wirtschaftliche Misere wieder zur einer Abwanderung geführt.
UdSSR (Aserbaidschan, Armenien); Nagornyj-Karabach — (www.sozialwiss.uni-hamburg.de)
Nakhichevan (Nachitschewan) — Aserbaidschanische Enklave in Armenien:
Im Februar 1828 — zwei Monate vor einer Kriegserklärung Russlands an das Osmanische Reich — wurden die Khanate Erivan (Armenien) und Nakhichevan als Folge eines russisch-persischen Friedensvertrages (und in Vorbereitung des russischen Feldzuges gegen die Osmanen) dem russischen Zarenreich angegliedert.
Die heutige aserbaidschanische Enklave zwischen Armenien und Iran — mit einem schmalen Grenzübergang zur Türkei — ist überwiegend von Aseris, also eigentlich von Türken, bewohnt.
Die Unterstützung der Türkei und die lange (auch für Schmuggler interessante) Grenze zu Iran führte dazu, dass diese Enklave durch die armenische Blockade anlässlich des Krieges um Berg-Karabach relativ “unbeschadet” blieb.
Der Kaukasus und seine Konflikte
Armenien — (www.hiik.de)