Ölrausch am Nordpol

Der Wet­t­lauf um die Ressourcen unter dem Nord­po­larmeer hat erst begonnen, und er wird in den kom­menden Jahren für noch so manche Schlagzeile sor­gen. Immer wieder wer­den »neue wis­senschaftliche Erken­nt­nisse« gegeneinan­der aus­ge­spielt wer­den. Wie im Klondike wird jed­er Ark­ti­san­rain­er bemüht sein, seinen »Claim« rechtlich unan­greif­bar abzustecken.

Dass Rus­s­land seine Ansprüche deut­lich aggres­siv­er ver­tritt als z. B. Däne­mark oder Kana­da, ist nicht zulet­zt Aus­druck der neuen rus­sis­chen Poli­tik unter Präsi­dent Putin. Pes­simis­ten mögen zurzeit nicht auss­chließen, dass der bis­lang eher poli­tis­che Stre­it um Ark­tisöl und Ark­tis­gas dur­chaus krisen­hafte Züge annehmen kön­nte. Sich­er scheint, dass Jahre ins Land gehen wer­den, bis man Übereinkun­ft über eine gerechte Aufteilung der ark­tis­chen Rohstoffe erzie­len wird – sofern es eine solche angesichts der Inter­pre­ta­tion­s­möglichkeit­en des SRÜ über­haupt geben kann. Rus­s­land wird kaum gewil­lt sein, sich durch einen lan­gen Weg durch die Instanzen »die But­ter vom Brot nehmen « zu lassen. Die aktuelle Entwick­lung um 1988 in der östlichen Bar­entssee ent­deck­te Erdgasvorkom­men (Shtok­man Feld) zeigt, wie stark das poli­tis­che Inter­esse ist, die in der Ark­tis lagern­den Ressourcen unter staatliche rus­sis­che Kon­trolle zu bekommen. 

Marineforum SEVMORPUT (Foto: Shipspotting) Auch in den nun beansprucht­en Gebi­eten rechts und links der Lomonosov Ridge wird Moskau möglichst schnell Fak­ten schaf­fen wollen. Über den abgesteck­ten Kurs gibt es kaum Zweifel.

Bere­its Anfang August verkün­dete die Mur­man­sk Ship­ping Com­pa­ny den Umbau des nuk­lear getriebe­nen Eis­brech­ers SEVMORPUT zum Bohrschiff. Ende 2008 soll das Schiff fer­tig sein, und man kann wohl dur­chaus davon aus­ge­hen, dass es schon im darauf fol­gen­den Som­mer seine Arbeit in der Ark­tis aufnehmen soll.

Bei allem wirtschaftlichen und energiepoli­tis­chen Inter­esse an ein­er Aus­beu­tung der im Nord­po­large­bi­et lagern­den Ressourcen – durch wen let­z­tendlich auch immer – darf ein weit­er­er Aspekt nicht unbeachtet bleiben. Umweltschützer betra­cht­en die Entwick­lung mit wach­sender Sorge. Sie befürcht­en mit Öl- und Gas­förderung ein­herge­hende Umweltver­schmutzung, fürcht­en um die ger­ade in den Polarge­bi­eten so empfind­liche »envi­ron­men­tal balance«.

Einige Organ­i­sa­tio­nen wie z. B. die nor­wegis­che Bel­lona sehen allerd­ings weit über regionale Umwelt­ge­fährdung hin­aus­ge­hende, glob­ale Risiken. Dass die Nutzung der Ark­tis, ihrer Rohstoffe und der durch sie führen­den Seev­erkehr­swege derzeit über­haupt so in den Vorder­grund tritt, ist einzig allein dem Kli­mawan­del zu ver­danken. Erst der mit der Erder­wär­mung ein­herge­hende Rück­zug des ewigen Eis­es öffnet langsam den Zugang zur Region, macht Schiffsverkehr und einen Abbau der hier lagern­den Energiere­ser­ven und Boden­schätze über­haupt möglich. Beim Wert der hier geschätzten Vorkom­men wird trotz aller Lip­pen­beken­nt­nisse kein­er der Ark­ti­san­rain­er – und Rus­s­land schon gar nicht – wirk­lich daran inter­essiert sein, durch einen aktiv­en Beitrag zum Kli­maschutz den Kli­mawan­del zu begren­zen oder gar wieder rück­gängig zu machen. Eher dürfte das Gegen­teil der Fall werden.