Wirtschaftliche Entwicklung:
Kubas Wirtschaftsgeschichte ist durch den Anbau von Zuckerrohr geprägt. Die Zuckerindustrie – gefolgt vom Tabak, den legendären „Havannas“ – bildete das wirtschaftliche Rückgrat der Insel. In den 70er und 80er Jahren konnten pro Jahr durchschnittlich 7 Millionen Tonnen des süßen Agrarprodukts exportiert werden.
Die Abhängigkeit von den USA hatten die Kubaner nach 1960 allerdings durch eine vergleichbare Abhängigkeit von der Sowjetunion getauscht. Die enge Bindung Kubas an „den Ostblock“ kam in vielfältiger Weise zum Ausdruck. So wurde der Inselstaat 1972 Mitglied des COMECON. Sowjetische Spezialisten wirkten bereits beim ersten Fünfjahresplan Kubas für den Zeitraum von 1976 bis 1980 mit. Bis dorthin angelaufene Auslandsschulden übernahmen die Sowjets gegen zusätzliche Zuckerlieferungen in den folgenden Jahren. Außer Zucker lieferte Kuba insbesondere auch Nickel und Zitrusfrüchte im Austausch gegen Maschinen, Transportausrüstungen, Mineralölprodukte, eine breite Palette von Konsumgütern, Waffen und Raketen. Der Ostblock hatte Kubas Produkte über dem Marktpreis gekauft. Auf der anderen Seite erhielt Kuba Produkte wie Erdöl von der UdSSR weit unter dem OPEC-Preis. Es bezog somit indirekt sowjetische Subventionen, die pro Tag umgerechnet mehrere Millionen US-Dollar ausmachten, allein die UdSSR zahlte zuletzt 5 Milliarden Dollar jährlich.
Seit dem Zusammenbruch des kommunistischen Blocks steht Kubas Wirtschaft am Abgrund. Die garantierte Abnahme kubanischer Landesprodukte brach zusammen. Obwohl die Landwirtschaft etwa 20 % der Arbeitsplätze bereit stellt, ist die Produktion von Grundanhrungsmitteln rückläufig. Inzwischen kann Kuba nicht einmal mehr (Stand 2006) die Bevölkerung durch eigene Ernten ernähren.
In den 90er Jahren sank die Zuckerproduktion auf 4 Millionen Tonnen, im Jahre 2003 wurden noch 2,5 Mio. Tonnen geerntet, die Ernte für 2005 wird auf nur noch 1,5 bis 1,7 Mio. Tonnen geschätzt. Der Boden ist durch die jahrzehntelange Monokultur ausgelaugt, die Maschinen zur Produktion und Veredelung (Rum) sind völlig veraltet. Von ursprünglich über 150 Zuckerfabriken sind etwa die Hälfte geschlossen, was den Verlust von 120.000 Arbeitsplätzen zur Folge hatte.
„Dieses Land wird niemals wieder vom Zucker leben“ zitiert die Süddeutsche Zeitung (am 30. März 2005) Fidel Castro: „Diese Kultur gehört in die Zeit der Sklaverei und in die Zeit eines Volkes voll von halben Analphabeten.“ Stattdessen solle Kuba auf Dienstleistungen und „Produkte mit größerem Wert“ setzen.
Rund 2/3 der bisher für Zuckerrohr verwendeten Anbauflächen werden inzwischen für andere Kulturen verwendet.
Allerdings könnte dem Zuckerrohranbau eine neue Blüte bevorstehen: nach dem Beispiel Brasiliens, das inzwischen den Großteil seines Automobilmarktes auf (gemischten) Alkoholantrieb (mit aus Zuckerrohr gewonnenem Alkohol) umgestellt hat, könnte auch Kuba seine Treibstoffprobleme mit dieser südamerikanischen Technologie lösen, wenn es gleichzeitig gelingt, die Folgen der Monokultur zu beseitigen.
Nach 1989/90 sank das Bruttoinlandsprodukt (BIP) um mindestens 35%.
Dieser Trend kehrte sich erst 1994 — mit einem geringen Wachstum von 0,7% — wieder um.
Nach dem Zusammenbruch des Ostblocks erfolgten – bis etwa 2003 – politische und wirtschaftliche Annäherungen an die EU und widerwillige Zugeständnisse zur Zulassung von Privatinitiativen. Die desolate Wirtschaftslage zwang die Regierung zu marktwirtschaftlichen Reformen, um die Grundversorgung der Bevölkerung sicherzustellen. Neben der ineffizienten Planwirtschaft entstand ein zweiter produktiverer Wirtschafsbereich mit marktwirtschaftlichen Elementen.
Um schnell an ausländisches Kapital heranzukommen und die Standortvorteile als relatives Billiglohnland ohne Betriebsräte und freie Gewerkschaften auszunutzen, erlaubte die Regierung sogar ausländischen Unternehmen auf Kuba zu investieren, teilweise als Joint-Ventures mit Staatsunternehmen.
Private Taxifahrer und kleine Paladares, in privaten Esszimmern eingerichtete Kleinstrestaurants, wurden zugelassen, Bauernmärkte und Hotels für Touristen entstanden im Wettbewerb um kaufkräftige Devisen.
Maßgeblich gespeist von den Überweisungen der Exilkubaner hatte sich inzwischen nämlich auf Kuba wieder eine „Zweiklassengesellschaft“ gebildet, die der „Devisenbesitzer“ und der „Nichtdevisenbesitzer“. Für den kubanischen Peso gibt es nur wenig zu kaufen – die Folgen sind eine chronische Kleinkriminalität, Hoffnungslosigkeit und Demoralisierung bei den „Nichtdevisenbesitzern“.
Kuba verfügt allerdings — trotz der Beeinträchtigungen durch den kubanischen Wirtschaftsdirigismus — über ein großes Potential: für ein sogenanntes Entwicklungsland verfügt Kuba über eine große Zahl gut ausgebildeter Akadamiker. Von den über 11 Mio. Kubanern sind 70.000 Ärzte und 200.000 Lehrer. Die Forschungsbedingungen werden soweit möglich gefördert. Damit entwickelt sich Kuba zu einer Kaderschmiede Lateinamerikas. Arme Jugendliche aus den Armutsländern wie Bolivien erhalten Stipendien für ein kostenfreies Medizinstudium in Kuba.
Darüber hinaus nutzt Kuba dieses Potential auch in den Nachbarländern: Tausende kubanische Ärzte und Lehrer sollen in über 100 Nationen tätig sein. In gut 15 Ländern wird ei Alphabetisierungsprogramm der ärmsten Bevölkerung durchgeführt. Der Schwerpunkt der kubanischen Interessen liegt dabei in Südamerika. Über 30.000 kubanische Helfer sind alleine nach Venezuela entsandt worden (Stand 2006). Millionen der ärmsten Bevölkerung sollen im Rahmen der “Operation Wunder” (Operacion Milagro) Augenoperationen erhalten. Dieser Einsatz kubanischer Ärzte erklärt auch ein “Paradoxon”, dass das Handelsblatt (12.–14. Oktober 2007) beschäftigt: danach sei von 2001 bis 2006 die Zahl der kubanischen Ärzte von 66.300 auf 71.500 gestiegen, gleichzeitig aber die Zahl der Artbesuche im selben Zeitraum von 58 Mio. auf 39 Mio. gesunken — bei steigener Müttersterblichkeit, also einem Indiz für einen eher schlechteren Gesundheitszustand der Bevölkerung. Tatsächlich erzielt Kubas Leistungsbilanz eines wesentlichen Einnahmen aus einem hohen Überschuss der Dienstleistungsbilanz — Indiz dafür, dass weit mehr kubanische Ärzte (gegen entsprechende Vergütung) inzwischen im Ausland tätig sind. Nach Information des Handelsblattes würden dadurch über 2 Mrd. $ erzielt — mehr als für den Export mit Nickel, das den Hauptbestandteil der kubanischen Exporte darstellt. Das “Agrarland” Kuba — die Industrieproduktion ist wohl faktisch zusammengebrochen — muss dazu einen wesentlichen Bestandteil seiner Lebensmittelversorgung importieren, insbesondere aus den USA, die (trotz Embargos) fünftgrößter Handelspartner Kubas sind.
Im Jahre 2004 begann der Aufstieg aus dem Zusammenbruch. In diesem Jahr wurde 55 km östlich von Havanna im Küstenbereich ein großes Erdölvorkommen entdeckt. Mit finanzieller und technischer Hilfe des Auslandes – Kuba und Venezuela arbeiten politisch immer mehr zusammen – soll die Erdölförderung angekurbelt werden. Ab 2006 oder 2007 erhofft Kuba seine Staatsfinanzen durch die Exporterlöse von Erdöl aufbessern zu können. Und Kuba hat einen weiteren Trumpf zu bieten: Der staatliche Ölkonzern Cubapetroleo teilte Ende 2008 auf einer Pressekonferenz in Havanna mit, der Inselstaat verfüge über mehr als 20 Milliarden Barrel Öl.