“Guerillakrieg, Politikerentführungen, Kokainschmuggel — Kolumbien hat einen schlechten Ruf. Aber die enormen innenpolitischen Probleme des Landes verschleiern den Blick auf sein ökonomisches Potenzial.”
(Aus der FTD vom 29.01.2008)
Wirtschaft:
Kolumbien gehört nach Brasilien, Mexiko, Argentinien und Venezuela zu den fünf größten Wirtschaftsnationen Lateinamerikas — und bietet mit seinen fas 48 Mrd. Einwohnen den drittgrößten Markt des südlichen Doppelkontinents. Das Land verfügt über große Resourcen, Bodenschätze wie Erdöl, Kohle und Naturprodukte wie Kaffee.
Edelmetalle wie Gold und Rohstoffe wie Öl und Kohle sind auch heute noch die wichtigsten Exportgüter des Landes. Die Landwirtschaft trägt durch Kaffeeanbau, Blumen, Bananen und Reis zum offiziellen Exporterlös des Landes bei. “Inoffiziell” ist Kolumbien vor allem durch eines bekannt — gut 70 % der gesamten Kokainproduktion der Welt stammen aus den kolumbianischen Bergen (“Medellin”). Der Direktor des Zentrums für Sicherheit und Drogen an der Universität de Los Andes in Bogotá, Daniel Mejía, schätzt, dass der Drogenhandel der kolumbianischen Wirtschaft jährlich 7,8 Milliarden Dollar einbringt, das sind etwa zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts.
Kolumbien ist heute (Stand 2014) global der viertgrößte Kaffeeproduzent. Über 500.000 Familien leben im Hochland zwischen 1500 und 2200 Höhenmetern, im Kaffeedreieck der Departements Caldas, Quindio und Rasarda um die touristisch sehenswerte Kleinstadt Salento, vom Kaffeeanbau. Der Transport der Bohnen zum Markt erfolgt oft noch malerisch mit Maultieren. Der Staat hat seit 2012 mit Subventionen dafür gesorgt, dass die Bauern wenigstens den Produktionspreis von rund 250 Euro für einen Sack Kaffeebohnen erhalten, der gut 50 kg enthält. Erst ein deutlich höherer Weltmarktpreis verhilft den Bauern zu einem bescheidenen Wohlstand — zumal die Verarbeitung der grünen Bohnen (mit der Ausnahme des geringen Röstens, das im Wesentlichen für den eigenen Hausgebrauch geschieht) nicht im Lande erfolgt. Auch Deutschland — einer der weltgrößten Abnehmer nach den Vereinigten Staaten und Japan — hat seine Röstereien (vorwiegend in Bremen und Hamburg) im eigenen Land behalten. Dadurch werden die Geruchs- und Geschmacksstoffe so entfaltet, wie das die “Konsumgeschmäcker” der Käufer wünschen. Die eigentliche Wertschöpfung findet also — wieder einmal — nicht im Lande der Erzeuger statt. Allerdings könnte das “grüne Gold” — die Kaffeeproduktion — durch “weißes Gold” — den Tourismus — ergänzt werden.
Die an die bayerischen Alpen erinnernde “Kaffeekulturlandschaft” ist seit dem Jahr 2011 von der UNESCO zum Weltkulturerbe gekürt worden. Und auch Touristen haben die Landschaft entdeckt. Vor allem Kolumbianer lassen sich mit den “Willys”, ausgemusterten US-Army Jeeps “durch die Gegend” fahren.
Trotz Bürgerkriegs — auch westliche Investoren haben das Land entdeckt. Mit Mindestinvestitionen von 34,5 Mio. Dollar und mindestens 150 Mitarbeitern können Investoren überall im Land neue Niederlassungen eröffnen, die den Status von Freihandelszonen erhalten — auch wenn nur eine einzige Firma in dieser Zone angsiedelt ist. In der Region Guajira im Nordosten entstanden mehrere große Windkraftanlagen. Im Nordwesten ist ein Staudamm für Stromgewinnung im Bau.
Bis vor wenigen Jahren war Kolumbien eines der am höchsten entwickelten Entwicklungsländer. Es hatte eine relativ gut ausgebildete Bevölkerung, eine exportorientierte Landwirtschaft und Leichtindustrie und eine gesunde demokratische Tradition. Kolumbien von den 50er bis in die 90er Jahre hinein eine der stabilsten Wirtschaftentwicklungen des Subkontinents auf. Die Inflationsrate war für lateinamerikanische Verhältnisse niedrig, die Exportwirtschaft diversifiziert und die Industrie wettbewerbsfähig. Lange Jahre galt der Satz:“El país va mal, pero la economía va bien”. In den 90er Jahren leitete Präsident Gaviria den neoliberalen Umbau der Wirtschaft ein, der von Rezession, Inflation und Arbeitslosigkeit begleitet wurde.
Die Unzufriedenheit in Kolumbiens Städten wird immer stärker. Besonders das erste Halbjahr 2004 brachte eine gewaltige Streik- und Demonstrationswelle in das Land. Neben dem Ölarbeiterstreik, der trotz der Illegalisierung seit 22. April 2004 weiterging, gab es aus Anlass der Konferenz über eine Anden-Freihandelszone mit den USA am 18.Mai 2004 in Cartagena eine Grossdemonstration von Zehntausenden — möglich gemacht durch die vollständige Befolgung des Streikaufrufs sowohl im Erziehungs- als auch im Gesundheitswesen. Zur selben Zeit kam es in verschiedenen Städten zu Auseinandersetzungen mit der Polizei und Esmad, die sich über den ganzen Tag hinweg in die Stadtteile verlagerten.
Nach einem starken Einbruch des Wirtschaftswachstums im Jahr 1999 schrieb das Land aber in den letzten Jahren wieder schwarze Zahlen. In einem ähnlichen Aufschwungzyklos wie Brasilien konnte die Inflation reduziert und gleichzeitig das Wirtschaftswachstum angekurbelt werden. Ein Wachstum von 3,9 % in 2003 übertraf sogar optimistische Prognosen und war das höchste der letzten fünf Jahre (2,8% in 2000). 2006 und 2007 wuchs die Wirtschaft sogar um 6,8 bzw. 7,0 Prozent. Das Land wird stabiler — Entführungen und Morde gehen zurück, was dazu beiträgt, dass sich die Investitionen im Lande erhöhen. Der Aufschwung ist vor allem dem steigenden Export des Landes zu veranken — und den gestiegenen Rohstoffpreisen. Allein Deuschland importierte mit Warenwerten über 730 Mio. Euro im Jahre 2006 um 6,1 % mehr aus dem Land als 2005.
Kolumbien ist nach Angabe von Cepal, der Wirtschaftskommission für Lateinamerika, nach Brasilien, Mexiko und Chile das Südamerikanische Land mit den meisten ausländischen Investitionen. Vor allem Anleger aus den USA (zu etwa 1/5 der gesamten Auslandsinvestitionen) und Spanien schätzen den Standort — trotz des jahrzehntelangen Bürgerkriegs und trotz Massenstreiks.
Vor allem Bodenschätze — Mineralöl und Gold — aber auch Textilien und Nahrungsmittelverarbeitung sind das Rückgrat der kolumbianischen Industrie.
Inzwischen wir auch in Kolumbien — nach dem Muster Brasiliens — immer mehr Zuckerrohr zur Ethanolgewinnung angebaut.
Diskutieren Sie mit:
Wirtschaft und Politik — Kolumbien: www.defence-forum.net
Externe Links:
Auswärtiges Amt der Bundesrepublik Deutschland:
www.auswaertiges-amt.de
Außenministerium Österreichs:
Kolumbien — (www.bmaa.gv.at)
Arbeitsgruppe Schweiz — Kolumbien:
Arbeitsgruppe Schweiz — Kolumbien — (www.kolumbien-aktuell.ch)
Human-rights watch: Kolumbien: Bewaffnete Gruppen schicken Kinder in den Krieg — (http://hrw.org)
INWENT: Landeskundliche Informationsstelle — (www.inwent.org)
SPIEGEL-Jahrbuch: www.spiegel.de