Im Spätsommer 2004 wurde deutlich, dass Brasilien mit Deutschland, Indien und Japan einen ständigen Sitz im Sicherheitsrat der Vereinten Nationen anstrebt. Gleichzeitig wurde berichtet, dass Brasilien in den Besitz von Atomwaffen gelangen möchte.
Dazu gibt es immer wieder Meldungen von einem Nuklearprogramm der Marine Brasiliens — für uns wird es also Zeit, uns auch etwas diesem Land zu widmen — und zumindest die “nackten Zahlen” mit der “Weltmacht des fernen Ostens” — der VR-China zu vergleichen.
“Brasilien, das ist vor allem Karneval, sonnenverwöhnte Strände, Samba und schöne Menschen. Vielleicht fällt dem ökologisch bewußten Mitteleuropäer noch ein dezimierter Regenwald ein, aber Brasilien ist vor allem eins: weit weg von Europa.
Von Wirtschaftlern als Schwellenland eingestuft, befindet sich Brasilien auf dem Weg zur Industrienation nach dem Vorbild westlicher Demokratien. „Entwicklung” bedeutet nach unserem Verständnis oft eine ständige Besserung von Schlechtem zum Gutem hin, interessanterweise befindet sich Brasilien schon seit knapp drei Jahrzehnten auf diesem Weg der Besserung und hat dennoch eine schlechtere kollektive Lebensqualität als der mittelamerikanische Zwergstaat Costa Rica, der fast ein reiner Agrarstaat ist.1 Deshalb ist es vertretbar, im Falle Brasiliens von einer chronischen Krise mit extrem unterschiedlichen Eindrücken zu sprechen.
Brasilien verfügt über Atomkraftwerke und hungernde Kinder. Brasilien besitzt große Vorkommen an Golderzen und Diamanten, gleichzeitig leben die dort beschäftigten Minenarbeiter fast alle unter der von den Vereinten Nationen festgelegten Armutsgrenze.
Brasilien ist, vielleicht neben Mexiko, das Land mit den größten sozialen Unterschieden innerhalb der Gesellschaft mit einer Bevölkerungsmehrheit, die arm und unterprivilegiert lebt und deren Aufstiegschancen gegen null tendieren. Auf der anderen Seite existiert eine prozentual sehr kleine gesellschaftliche Elite, die jedoch keinerlei Interesse an einer Umverteilung des Volksvermögens zeigt. ….” — so beginnt eine im Jahre 2001 erstellte Seminararbeit (Hausarbeit) vom Institut der Fakultät Erziehungswissenschaften an der TU Dresden, die bereits die Situation des Landes sehr umfassend umreißt.
“In den letzten Jahren haben sich die wirtschaftlichen Fundamentaldaten Brasiliens deutlich verbessert. Eine zunehmend stabilere makroökonomische Situation, eine höhere Spar- und Investitionsquote, Strukturreformen und größere Offenheit des Landes bieten Brasilien mittelfristig noch stärkere Wachstumschancen. .… Besonders technologische Nischen, in denen Brasilien sehr wettbewerbsfähig ist, aber auch der Landwirschafts- und Bergbausektor sowie die Finanzbranche werden von der Intensivierung der Handelsbeziehungen mit Asien profitieren können.” (Quelle: Deutsche Bank — www.dbresearch.com — 2006/09)
“Das Land produziert 75 Prozent des südamerikanischen Bruttoinlandsprodukts, sein Industriesektor ist größer als der französische, vier Fünftel des Volkes leben in Städten. Doch steht es vor gewaltigen gesellschaftlichen Problemen. Zugleich klafft eine Riesenlücke zwischen seinen weltpolitischen Ambitionen und seiner unentschiedenen Außenpolitik.
Geographie:
Brasilien umfasst eine riesige Landmasse, die vom Fuß der Anden im Westen bis zum atlantischen Ozean reicht. Das Einzugsgebiet des in den Anden entspringenden Amazonas ist von tropischem Regenwald bedeckt, der aber nur eine dünne Humusschicht aufweist. Ausgehend vom trockenen Nordosten Brasiliens frisst sich eine — den Standortbedingungen kaum angepasste — Rinderzucht im Gefolge von landsuchenden Kleinbauern immer tiefer in die durch Rodung vernichteten, ehemaligen Waldgebiete vor — und lässt noch wenigen Jahren staubtrockene Steppen und Wüsten zurück.
Flussgebiet Amazonas:
Mit dem Amazonas und seinen Nebenflüssen — die eine Verbindung bis zum Orinoco von Venezuela ermöglichen — verfügt Brasilien über das größte Flusssystem der Erde. Das Einzugsgebiet dieses Flußsystemes ist — mit über 7 Mio. km² — größer als die Fläche der EU. Der bis Manaus im tiefsten Brasilien sogar mit Ozeandampfern befahrbare Amazonas ist der längste Fluß der Erde (> 6.500 km), erreicht an der Mündung eine Breite von weit über 100 km und führt mit 20 % der globalen Süßwasserreserven der Welt soviel Süßwasser mit sich, dass noch weit vor der Mündung im Meer reines Süßwasser geschöpft werden kann.
Der durchgängig von Hochseeschiffen befahrbare Amazonas (3 700 Kilometer vom peruanischen Iquitos bis zum Delta an der brasilianischen Nordostküste) mit seinen großen Nebenflüssen bildet zusammen mit dem Tocantins, einem Nebenfluss des südlichen Amazonasausläufers Pará, ein gigantisches Binnenschifffahrtssystem, das in seinen Ausmaßen unvergleichbar ist.
Über das gesamt Becken erstreckt sich (noch) das weltweit größte tropische Regenwaldgebiet mit ungezählten Tier- und Pflanzenarten in einer einzigartigen Vielfalt. Tropische Regenwälder sind unerforschte Schätze mit einem immensen Reichtum an unerforschten Naturrohstoffen, Heil- und Nahrungspflanzen.
Brasilien gebietet über den weitaus größten Teil des Amazonas-Urwaldes. Das brasilianische Staatsgebiet reicht vom Atlantik bis zu den Anden, die den Westen des südamerikanischen Kontinents einnehmen.
Flussgebiet La Plata:
Der Rio La Plata durchquert ebenfalls in einer Länge von 965 Kilometern brasilianisches Gebiet und bildet einen Großteil der brasilianisch-argentinischen Grenze. Weitere Nebenflüsse des Río de la Plata, die durch Brasilien fließen, sind der Paraguai und der Alto Paraná. Beide Flüsse spielen für die Binnenschifffahrt eine wichtige Rolle.
Flüsse im brasilianischen Bergland:
Die für die Schifffahrt wichtigsten Flüsse im brasilianischen Bergland sind der São Francisco und der Parnaíba. Diese Flüsse sind auf einer Länge von 1 450 Kilometern bzw. circa 645 Kilometern für Schiffe befahrbar.
Geschichte:
Brasilien entstand aus der “portugiesischen Hälfte” des südamerikanischen Kontinents, den sich die beiden Kolonialmächte — Spanien und Portugal — wie einen Kuchen teilten.
Das Gebiet östlich der Anden war kaum besiedelt. Die Urwälder im Norden und der Mitte des Kontinents und die windgepeitschten Steppen im Süden stellte auch für die europäischen Einwanderer ein Hindernis dar. So ist es kein Wunder, dass sich die europäische Besiedlung zunächst auf auf die Küsten beschränkte — erst im trockenen Nordosten, dann sehr schnell auf die klimatisch günstiger gelegenen südlichen Gebiete bis hin nach Argentinien ausgreifend.
Im Gegensatz etwa zu Argentinien, das vor allem “weiße”, europäische Auswanderer aufnahm — oder den Andenländern, die sich für Plantagenwirtschaft nicht eignen — war die Entwicklung lange Zeit von tropischer Plantagenwirtschaft — und der damit verbundenen Sklaverei — geprägt.
Brasilien war eine der letzten Kolonien, die unabhängig wurden, eines der letzten Länder, das die Sklaverei verbot, eine der letzten Staaten, die eine eigene Universität erhielten — und Präsident Lula der erste Brasilianer, der in der G 8, der Gruppe der wichtigsten Weltwirtschaftsstaaten mit den USA, das Vereinigte Königreich, Kanada, Japan, Frankreich, Deutschland und Italien (G7) sowie Russland (1998 — 2014) zu Konsultationen eingeladen wurde.
Diese Entwicklung zeigt das Potential des Landes, das sich seiner Bedeutung immer mehr bewusst wird. Mit dem “Instituo Lula” will sich Brasilien als Führungsmacht nicht nur in Lateinamerika, sondern auch jenseits des Südatlantiks in Afrika etablieren.