Lateinamerika — Brasilien (Brazil)


Brasilien Brazil

e) Staat­shaushalt:
Das Staats­de­fiz­it sank in der Zeit Lulas von über auf nun­mehr (August 2004) 2,1 Prozent des BIP. Vom Dezem­ber 2003 bis zum Juli sind die Staatss­chulden von knapp 60 % auf 56 % des BIP gefall­en. Brasilien hat im Jahr 2003 13 Mil­liar­den Dol­lar Schulden (bei 100 Mil­liar­den Dol­lar Ein­nah­men) abge­baut — entsprechend 2,5 % des BIP. Inzwis­chen (Sep­tem­ber 2006) sind brasiliens Devisen­re­ser­ven höher als Brasiliens Staatss­chulden. Brasiliens linkspop­ulis­tis­che Regierung kon­nte es sich leis­ten, das Pro­gramm “Fome Zero” (Null Hnger) — das wahrschein­lich größte Sozial­hil­fe­pro­gramm der brasil­ian­is­chen Geschichte — aufzule­gen. Über 10 Mio. arme Haushalte par­tizip­ieren an dem Pro­gramm, das den armen Brasil­ian­ern einen Min­dest­stan­dard an sozialer Ver­sorgung gewährt.

Brasilien möchte inbeson­dere die Ein­nah­men aus seinen Ölvorkom­men für Investi­tio­nen im Lande nutzen, etwa um die Infra­struk­tur auszubauen oder Sozial­pro­jek­te zu finanzieren. Der Ölfund soll allen Brasil­ian­ern zugutekom­men — und nicht den Erdölkonz­er­nen. Dazu Präsi­dent Lula: “Wenn das Öl Brasilien gehört, wollen wir auch, dass 190 Mil­lio­nen Brasil­ian­er vom Ölgeld profitieren.”

Einige der Investi­tion­spro­gramme wur­den zur Durch­führung der Fußball-Welt­meis­ter­schaft 2014 aufgelegt. Dabei geht es nicht nur um den Bau einiger Sta­di­en, Hotels und Vergnü­gungsstät­ten für die aus aller Welt anreisenden Fußball­fans. Brasiliens Regierung möchte nach­haltiger investieren. So ist das Verkehrsnetz erbärm­lich, was die Wach­s­tums­dy­namik des Lan­des in den kom­menden Jahren bedro­ht. Von 2003 bis 2010 nahm die brasil­ian­is­che Pas­sagier­luft­fahrt um fast 120 % zu — und durch die Fußball-WM (2014) und die Olympiade (2016) wird ein weit­er­er mas­siv­er Zuwachs erwartet. Bis zur Welt­meis­ter­schaft wird alleine das Pas­sagier­aufkom­men im Luftverkehr jährlich voraus­sichtlich um acht Prozent und der Fracht­transprot sog­ar um 18 Prozent wach­sen. Andere Angaben erwarten einen Zuwachs von 130 Mio. Pas­sagieren (2011) auf 160 Mio. (2014). Der notwendi­ge Aus­bau der Flughäfen wird bis 2014 mit einem Finanzierungsvol­u­men von etwa 3,15 Mrd. Euro geschätzt. Auf die drei Flughäfen Brasil­ia, Camp­inas und Sao Paulo (Guarul­hos) fall­en alleine 30 % des brasil­ian­is­chen Pas­sagi­er- und 57 % des Luft­frach­taufkom­mens, was zu ein­er erhe­blichen Über­las­tung der Abfer­ti­gungska­paz­itäten vor allem in den jährlichen “Boomzeit­en” (Wei­h­nacht­en, Karneval, Ostern) führte. Das waren dann (mit Natal) auch die ersten Flughäfen, die von staatlich­er Ver­ant­wor­tung in eine “Pri­vate Pub­lic Part­ner­schip” (PPP) über­führt wurden.

Die Mod­ernisierung der brasil­ian­is­chen Flughäfen ist ein typ­is­ches Beispiel für die Bün­delung pri­vater und staatlich­er Kräfte, um die ehrgeizigen Ziele zu erre­ichen. Dabei ver­steigert die staatliche Infraero 51 % der Anteile an pri­vate Kon­sor­tien. Diese “Ver­steigerung” der Betreiberkonzes­sion brachte knapp 14,5 Mrd. Dol­lar in die Kasse des Staates. Diese Mit­tel wer­den in einem Son­der­fonds (FNAC) geparkt, aus dem die Ren­voierung von 130 beste­hen­den und der Neubau von 80 neuen Region­alflughäfen finanziert wer­den soll.  Erwor­ben wur­den die Konzes­sio­nen — mit Ange­boten zwis­chen dem 2,6 und dem 7,7‑fachen des erforder­lichen Min­dest­ge­botes — von Kon­sor­tien, an denen staatliche Fonds zum Großteil beteiligt sind. So sind die Pen­sions­fonds von großen brasil­ian­is­chen Staatskonz­er­nen mit 90 % am Kon­sor­tium “Invepar” beteiligt, das die Konzes­sion von Sao Paulo erwor­ben hat. In Brasil­ia beste­ht das Kon­sor­tium Engevix/Corporación Améri­ca u.a. aus dem Kon­sor­tialführer Cor­po­ración Améri­ca (50%), dessen argeni­tis­che Mut­terge­sellschaft zu 15 % dem Staat gehört. Die kün­fti­gen Investi­tio­nen wer­den somit indi­rekt wieder aus staatlichen Mit­teln finanziert — und Brasiliens öffentliche Entwick­lungs­bank (BNDES) kann die nöti­gen Investi­tio­nen mit bis zu 80 % zins­gün­stig finanzieren. Der Staat verpflichtet sich auch direkt zur anteili­gen Mit­fi­nanzierung der nöti­gen Investi­tio­nen, und wird mit den späteren Betreibere­in­nah­men und ein­er Umsatz­beteili­gung zwis­chen 2 und 10 % auch an den steigen­den Ein­nah­men prof­i­tieren. Für die “pri­vat­en” Part­ner verbleiben den­noch Ren­di­teer­wartun­gen, die etwa beim Flughafen von Sao Paulo auf 8 bis 8,5 % angegeben werden.

Trotz der erwarteten Investi­ton­s­möglichkeit­en aus den Ölein­nah­men ächzen die brasil­ian­is­chen Betriebe unter ein­er außeror­dentlich hohen Steuer­last, die (2006) deut­lich über 35 % des BIP lag. Ursäch­lich ist die zur Infla­tions­bekämp­fung hohe Zins­be­las­tung — ein­er der weltweit höch­sten Realzins­be­las­tun­gen. Brasiliens Regierung muss mehr als ein Fün­f­tel der Steuere­in­nah­men für den Zin­sen­di­enst ausgeben.

Inzwis­chen gewin­nt aber auch der mil­itärische Bere­ich immer größere Bedeu­tung. Nach Jahren der Zurück­hal­tung ist Brasilien dabei, eine grundle­gende Erneuerung sein­er ver­al­teteten Waf­fen­sys­teme einzuleit­en. Im Jahr 2006 hat Brasilien nach Mel­dung de FTD knapp 22 Mrd. $ für sein Mil­itär aus­gegeben. 2008 ste­hen den Stre­itkräften alleine für Investi­tio­nen 5,6 Mrd. $ zur Ver­fü­gung, etwa 50 Prozent mehr als im Vor­jahr. Ins­ge­samt haben sich Brasiliens Mil­itäraus­gaben von 2004 bis 2011 ver­dop­pelt — von knapp 30 Mrd. Real auf 60 Mrd. Real.

Extern­er Link:
Uni Kas­sel —  Aus­bruch aus der Schulden­falle?

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