Geschichte:
Praktisch zeitgleich mit den frühen Hochkulturen in Vorderasien — vor ca. 4.000 Jahren — haben sich in den Anden die ersten Hochkulturen Südamerikas entwickelt. Über Jahrhunderte hin bildeten friedliche Baumwollpflanzer in den Flussoasen an der Küste ein weiteres Handelsnetz, das die Küstenfischer und die Hochlandbauern einbezog.
Große Reichsgründungen — so die Kultur von Tiahuanaco am Titicacasee um 1000 n. Christus — führten zu Staatenbildungen, die sich mit den antiken europäischen Kulturen vergleichen lassen. In der Zeit der größten Ausdehnung hatte Tiahuanaco Einfluß bis in den äußersten Süden Perus und bis ins nordchilenische Atacamagebiet. Im Südosten reichte der Einfluß bis zur Halbinsel Cochabamba und bis nach Nordwest-Argentinien.
Im 15. Jahrhundert errichteten die Inka von Cuzco, der alten Andenstadt aus, ein Reich, das die gesamte Andenregion von Ecuador im Norden bis weit in den chilenischen Süden umfasste. Ein umfangreiches Straßennetz durchzog das Land, das es in seiner Ausdehnung mit dem römischen Imperium zu dessen Glanzzeiten aufnehmen konnte. Durch radikale Umsiedlungen wurden die zahlreichen Stämme vereinheitlicht — Quechua, die Sprachen der Inkakultur und Aymara — die Sprache der Vorgänger am Titicacasee — wurden die wichtigsten und fast ausschließlich gesprochenen Indio-Sprachen.
Das Inka-Reich war das Land des Goldes. Gold — als Sinnbild der Sonne verstanden — wurde in Unmengen gewonnen und in Kunstschätzen verarbeitet.
1531 brach der Spanier Francisco Pizarro mit 180 Glücksrittern auf und eroberte das Inkareich. Der letzte Inka-Herrscher — Tupac Amaru — wurde 1572 von den Spaniern öffentlich geköpft. Damit begannen Jahrhunderte der Ausbeutung und Unterdrückung der indigenen Bevölkerung. Während die Spanischen Kolonialherren — 1542 wurde das “Vizekönigreich Peru” gegründet — in der klimatisch günstiger gelegenen neuen Hauptstadt Lima residierten und als dünne Oberschicht das Land beherrschten, versank die Mehrheit der Urbevölkerung in Armut, wirtschaftlicher Depression und Lethargie. Die überlebenden Angehörigen der Inka-Fürsten zogen sich vor den Spaniern in unzugänglichen Bergfestungen wie dem touristischen Anziehungspunkt Machu Picchu zurück, bis Krankheiten diese Städte leerten oder die Abstumpfung dazu führte, dass die alten Inka-Festungen wie normale Bergdörfer in das spanische Kolonialreich “integriert” wurden. Integriert — das heißt für die indigene Urbevölkerung, dass sich eine “Parallelgesellschaft” entwickelte, in der Indios und Nachfahren der europäische Bevölkerung nebeneinander lebten.
Auch der Aufstand von Tupac Katari (1781), einem in Ayo Ayo — 90 km südlich von La Paz, Bolivien — geborene Indio-Führer und angeblichen Nachfahren der Inka-Herrscherschicht, konnte das Schicksal der Bevölkerungsmehrheit nicht wenden. Obwohl tausende Spanier seinem Indianerheer zum Opfer fielen und La Paz über 100 Tage lang belagert wurde — am Ende gelang es den Kolonialherren noch einmal, die Oberhand zu behalten — und die Indios hatten einen neuen Martyrer.
Noch im Jahre 2002 wurde eine “neue” Inka-Stadt in der Nähe von Machu Picchu entdeckt.
Nachfolger der Inka
Quechua wird heute noch von zehn bis zwanzig Millionen Menschen gesprochen und ist damit die meistgesprochene indianische Sprache Südamerikas. Seine größte Verbreitung erlangte die Sprache zwischen 1500 und 1700, als sie zwischen Zentralargentinien und dem nördlichen Kolumbien im gesamten Andenraum gesprochen wurde. Die Verbreitung reicht heute von Peru über die angrenzenden Andenstaaten Ecuador und Bolivien bis nach Kolumbien, Chile und Argentinien. Quechua war Staatssprache im Inka-Reich und ist neben Spanisch und Aymara offizielle Staatssprache in Peru und in Bolivien.
Inzwischen bemüht sich der Software-Konzern Microsoft, das Betriebssystem Windows und die Office-Programme auch in Quechua anzubieten. Auch wenn damit zunächst ein weiterer Absatzmarkt anvisiert ist — die Möglichkeit der indigenen Urbevölkerung, moderne Kommunikationsmittel zu nutzen, wird die Entwicklung dieser Bevölkerungsschicht fördern.
Nachfolger des Reiches von Tiahuanaco:
Aymara wird heute von etwas über 2 Mio. Menschen gesprochen, die zum Volke der Aymara gehören. Die Mehrzahl der Sprecher lebt auf dem Altiplano in den bolivianischen Departamentos La Paz und Oruro sowie im peruanischen Regions Puno, Moquegua und Tacna. Daneben gibt es weitere Sprecher in anderen Teilen Boliviens und Perus sowie im Norden Chiles.
“Nicht stehlen, nicht lügen, nicht faulenzen” — “Ama sua, ama Ilulla, ama kella” — das sind die traditionellen Grundgesetze der Aymara, die auch heute noch das Leben östlich des Titicacasee über La Paz bis weit in das Hinterland bestimmt.
Externer Link:
Übersicht über die geschichtliche Entwicklung Perus bis in die Neuzeit, mit eigenen Seiten über die Vorgeschichte und Prähispanische Zeit. www.geocities.com
Nachkoloniale Entwicklung:
Peru wurde am 28. Juli 1821 unabhängig. Nach Jahrzehnten relativer Stabilität — in der die indigene Urbevölkerung weiterhin von der politischen Teilhabe ausgeschlossen war — stürzte im 20. Jahrhundert eine Reihe von Militärputschen und Regierungskrisen das Land ins Chaos.
Von 1980 bis 2000 war Peru der blutigsten Zerreißprobe seiner Geschichte ausgesetzt. Staatlicher Terror (Präsident Fujimori) durhc Polizei und Militär sowie paramilitärische Gruppen und der Terror der maoistischen Guerilla-Truppe “Sendero Luminosa” heizten sich gegenseitig an — vor allem die ländliche, indigene Bevölkerung litt unter Terror und Gegenterror. Über 70 000 Menschen wurden ermordet, hunderttausende wurden vertrieben oder flüchteten.
Obwohl der Abschlußbericht einer “Kommission für Wahrheit und Versöhnung” seit August 2003 vorliegt, weigert sich die Regierung unter Präsident Alejandra Toledo Manrique, die erforderlichen Konsequenzen zu ziehen.
Während die Terrorverantwortlichen von Militär und Polizei nach wie vor die Aufdeckung eigener Schandtaten und damit eine nachhaltige Aussöhnung mit den Opfern verhindern, durchzieht das Krebsgeschwür der Korruption weite Teile der Verwaltung.
Boliviens nachkoloniale Geschichte ist durch eine Verkettung von Kriegen mit den Nachbarstaaten bestimmt, durch die Bolivien jeweils Teile seines Hoheitsgebietes verlor. Besonders schmerzlich ist der “Salpeterkrieg”, mit dem Bolivien seinen Zugang zum Pazifik einbüsste.
Starke indigene Kräfte.
In Peru und Bolivien hat die “Europäisierung” nie das ganze Land erreicht. Die Indios — Quechua und Aymara — leben seit Jahrhunderten in ihrer eigenen Welt, mit ihren eigenen Zusammenkünften und Führern — den Kaziken und nach ihren eigenen “basisdemokratischen” Regeln und Gesetzen.
Die staatliche Bürokratie ist der indigenen Urbevölkerung “übergestülpt”.
Inzwischen regt sich erneut der Widerstand gegen die europäische Bevölkerung und deren nach wie vor fremde Kultur. Indioführer aus der indianischen Bauerngewerkschaft und einer Partei “Indianische Bewegung Pachakuti” (Pachakuti = Aymara: “die Rückkehr der Zeit”) träumen von einem sozialistischen Indiostaat der Bolivien und Peru umfasst und bis nach Ecuador reicht.