Geschichte:
Argentinien gehört zur „westlichen Zone“, die den südamerikanischen Kontinent zwischen spanischer (im Westen) und portugiesischer (im Osten) Kolonialherrschaft teilte.
Die Grenze zwischen beiden Kolonialreichen erreichte das Meer so weit im Süden, dass nur dort ‑unmittelbar an der Mündung des großen Flusses – für die von der Sonne verwöhnten Spanier ein erträgliches Leben möglich schien. Hier gründeten die Kolonialherren die Hafenstadt „Buenos Aires“, die zum Herz des neuen Landes werden sollte. In blutigen Kriegen wurden die einheimischen Indios – wie in Nordamerika auch – zurückgedrängt und praktisch vernichtet.
Heute geht die argentinische Bevölkerung zu rund 90 % auf spanische oder italienische Vorfahren zurück, sie ist also sehr homogen und unterscheidet sich damit vom nördlichen brasilianischen Nachbarn und den Andenstaaten im Osten. Auch viele arbeitssuchende Deutschen kamen in Folge der Wirtschaftskrise 1923 nach Südamerika – so auch nach Argentinien.
Bildung eines argentinischen Nationalgefühls:
Obwohl Argentinien rings um von Staaten umgeben ist, deren Bevölkerung in Vielem von einer vergleichbarer kultureller Herkunft geprägt wurde, war der Staat immer wieder nahe daran, in kriegerische Konflikte einbezogen zu werden – und zuletzt sogar in einen massiven Konflikt mit Großbritannien verwickelt.
Diesen „Konflikten mit Nachbarn“ steht innenpolitisch eine nationale Identitätsfigur gegenüber, die wesentlich zur Bildung einer eigenständigen argentinischen Nation beigetragen hat.
Chaco-Krieg:
Der Schauplatz des sog. Chaco-Kriegs (1932–35) zwischen Bolivien und Paraguay war ein unter dem Namen Gran Chaco, bekanntes Gebiet, das etwa zur Hälfte auf argentinischem Territorium liegt. Als Ölvorkommen dort vermutet wurden, kam es zum Krieg, in dem die Großmächte und Nachbarstaaten ebenfalls versuchten ihre Interessen zu wahren. Dennoch konnte der Krieg auf die beiden Nachbarstaaten Bolivien und Paraguay begrenzt werden. Obwohl die Armee Paraguays wesentlich kleiner war, besiegte sie nach vier Jahren Bolivien. Im Friedensvertrag wurde der Gran Chaco dann auch Paraguay zugesprochen. Einige Hunderttausend Mann fielen auf beiden Seiten.
Grenzkonflikt mit Chile:
Seit 1945 besteht zwischen beiden Staaten im Süden des Kontinents ein Streit um die Grenzziehung in den unzugänglichen Bergketten der Anden. Der latente Konflikt zwischen Argentinien und Chile um den Grenzverlauf in den Anden dauert an. Er wird allerdings von beiden Seiten weder thematisiert noch als Hindernis für die Verbesserungen der bilateralen Beziehungen betrachtet.
Perón – Vater des Peronismus:
Perón (1946 bis 1955 argentinischer Präsident erließ eine Reihe sozialpolitischer Gesetze, mit denen er sich eine Massenbasis in der Arbeiterschaft sicherte. Er förderte einerseits die Gewerkschaften, praktizierte eine Politik der Umverteilung von Reichtümern und verstaatlichte einige Unternehmen. Andererseits band er die Gewerkschaften aber in ein von oben gesteuertes, korporatives System ein und säuberte sie auf höchst repressive Art von allen sozialistischen, anarchistischen und kommunistischen Einflüssen. Da Argentinien ökonomisch vom fernab ausgetragenen Zweiten Weltkrieg stark profitiert hatte, funktionierte das peronistische Umverteilungsmodell in jener Zeit, ohne der Oberschicht allzu große Konzessionen abzuverlangen. Als dann die wirtschaftliche Lage in den 50er Jahren schwieriger wurde und Perón zu Steuererhöhungen zwang, war der peronistische Traum schnell zu Ende und der Oberst mußte ins Exil. Was weiterlebte, war die Legende, Perón und seine erste Frau Evita hätten die Interessen der Armen vertreten. Auf Grund dieser populistischen Mischung von Sozialpolitik und Autoritarismus wurde Perón zu Lebzeiten sowohl von der linken peronistischen Jugend als auch von stramm rechten Gewerkschaftsfunktionären zum Hoffnungsträger stilisiert.
Doch als er dann 1973 aus dem Exil zurückkehrte, begannen schon wenige Monate später die ersten politischen Morde in den Reihen der Juventud Peronista und der peronistischen Guerilla Montoneros. Letztlich verfolgte Perón dieselbe Politik wie in den 40er Jahren: Einen paternalistischen Regierungsstil, bei gleichzeitiger Liquidierung aller linksradikalen Strömungen. Nur dass in den siebziger Jahren eine ganz neue Generation junger Aktivisten an dem Glauben zerbrach, ausgerechnet Perón würde im brodelnden Argentinien den revolutionären Umsturz anführen. Perón selbst starb wenig später am 1. Juli 1974, und seine zweite Frau Isabel führte mit einem reaktionären Beraterstab den schmutzigen Krieg gegen die linksgerichtete peronistische Jugend fort, bis im März 1976 die Militärs die Macht übernahmen. Nach der Machtübernahme durch die Militärjunta (General Videlia) wurde das Land systematisch mit Terror überzogen. Das Ergebnis waren 30.000 Verschwundene und Ermordete und unzählige Gefolterte — alleine in der Zeit der Militärdiktatur von 1976 bis 1983.
Krieg um die Falklands:
Der letzte Krieg, den Argentinien – damals noch unter einer Militärdiktatur – erlebt, war 1982 der Krieg um die Falkland-Inseln oder Malvinas, die von den Briten 1833 besetzt wurden und der Hauptstadt den Namen Port Stanley gaben. Wahrscheinlich sind die vermuteten Erdöl- und Erdgaslagerstätten im Umfeld der Inseln, vielleicht aber auch der Versuch der Argentinischen Militärs, von innenpolitischen Schwierigkeiten abzulenken, die Ursache für den Ausbruch des seit Jahrhunderten schwelenden Konflikts um die Inselherrschaft.
Nach einem Überraschungscoup, der den Argentinischen Streitkräften die Landherrschaft über die Inseln einbrachte, gelang es den Briten zunächst sehr schnell, die Seeverbindungen zum nahen Argentinien zu unterbrechen. Die frühzeitige Versenkung des Argentinischen Kreuzers „General Belgrano“ durch ein britisches Atom-U-Boot führte dazu, dass Argentinien seine Flotte – u.a. auch einen älteren Flugzeugträger – im Küstenbereich oder gar in den Marinehäfen beließ und den Briten damit die ungestörte Heranführung eigener Streitkräfte ermöglicht wurde.
Im anschließenden Kampfesgeschehen gelang es der britischen Marine mit den mitgeführten Senkrechtstartern vom Typ „Harrier“, die argentinischen Luftstreitkräfte soweit abzublocken, dass – trotz schwerer Verluste – nach erfolgreichen Landungsoperationen die Inseln sehr schnell wieder unter britische Kontrolle gebracht werden konnten.
Die Wiedereingliederung der 1833 von Großbritannien besetzten Inseln bleibt als nationale Aufgabe in der Verfassung Argentiniens festgeschrieben. Dennoch bemühen sich die Regierungen, die bilateralen Beziehungen zu die verbessern. Das bestätigt auch der Besuch des britischen Verteidigungsministers in Argentinien. Großbritannien ist einer der wichtigsten Auslandsinvestoren in Argentinien.
In den Jahren nach 2010 scheint sich der Konflikt aber wieder zu entwickeln. In der von Großbritannien beanspruchten 200-Meilenzone rund um die Inseln werden bis zu 60 Milliarden Barrel (1 Barrel = 159 Liter) Ölvorkommen vermutet. Damit würde sich um die Inseln eines der weltweit größten Ölreserven befinden. Dazu kommen noch Erdgasvorkommen. Die noch vor der Jahrtausendwende als “unwirtschaftlich” bezeichneten Reserven werden bei steigenden Preisen immer attraktiver. Deren Ausbeutung — nach dem Vorbild Brasiliens — würde auch der argentinischen Wirtschaft mehr als “gut tun”.