Korea heute:
Nach dem Abzug der Japaner galt vor allem der Norden als prosperierende Industrieregion, während der Süden — noch bis in die sechziger Jahre hinein — als Armenhaus, als bedürftige Agrarregion dastand.
Heute haben sich die Verhältnisse diametral umgekehrt.
a) Nordkorea:
Nordkorea erholte sich von den Kriegsschäden unter der Regierung King Il Sungs und seiner Partei nur langsam. Mit Hilfe der Sowjetunion wurden Stahlwerke gebaut und die von den Japanern zurück gelassene Industrie modernisiert. Kohle und Eisengruben wurden mit gewaltigen Subventionen in Betrieb gehalten.
Mit dem Ende des Kalten Krieges und dem Zusammenbruch der Sowjetunion verlor Nordkorea immer mehr an Bedeutung für den selbst gebeutelten russischen Nachfolgestaat.
Nordkorea, das sich seine Unabhängigkeit durch eine geschickte Schaukelpolitik zwischen den beiden kommunistischen Führungsmächten bewahren und beide gegeneinander ausspielen konnte, verlor damit einen wichtigen Mentor. Als drei Jahrehintereinander extreme Naturkatastrophen — Überschwemmungen und Dürre — das Land heimsuchten brach die nordkoreanische Wirtschaft zusammen. Ohne die Hilfe der Sowjets oder später der Russen war eine Revitalisierung praktisch nicht mehr möglich. Die hatten aber beim Zusammenbruch der Sowjetunion andere Probleme zu lösen, als dem paranoiden “Großen Führer” brüderlich unter die Arme zu greifen.
Nordkoreas Wert für die VR China liegt in der Existenz eines starken Pufferstaates zwischen dem westlich orientierten Südkorea und dem kommunistischen China. Diese Rolle wird mit der zunehmenden Öffnung Chinas immer unwichtiger.
Die Öffnung Chinas wird von der letzen stalinistischen Regierung als Verrat am Marxismus/Leninismus verstanden. Dies führt zu großen ideologischen Differenzen.
Es besteht zwar noch ein Beistandsabkommen; die Sicherheit Nordkoreas wird vertraglich durch die VR China garantiert und beide Staaten verpflichten sich zu gegenseitigem Beistand im Kriegsfall — dieses Abkommen wird allerdings von China sowohl im Hinblick auf die wirtschaftliche Prosperität (zu der Südkorea der potentere Partner ist) und einen drohenden Konflikt mit den USA, die ihrerseits ein Beistandsabkommen mit Südkorea haben, nicht besonders betont. China versucht vielmehr, mäßigend auf Nordkorea einzuwirken.
China hat hier insofern gute Möglichkeiten, als Nordkorea (mit den wirtschaftlichen Sanktionen der USA zunehmend) in wirtschaftliche Abhängigkeiten von China gerät. China ist mit fast 40 % (2005, 2001 waren es noch etwas übe 25 %) größter Handelspartner Nordkoreas. So werden inzwischen mehr als die Hälfte der benötigten Erdölprodukte, ca. 2/3 der Lebensmittel und fast 90 % aller benötigten Stahlprodukte von China geliefert — früher zu einen “Freundschaftspreis”, also unter den Weltmarktpreisen. womit die Unterstützung der niederliegenden Wirtschaft Nordkoreas eine zunehmende Belastung Chinas darstellte — China versuchte daher nicht nur, andere Staaten zu einer Lockerung der Sanktionen zu animieren und gleichzeitig, seinem nordkoreanischen Partner (mit minimalem Erfolg) die Vorteile einer wirtschaftlichen Öffnung vor Augen zu führen. Da Nordkoreas Regierung wenig “kooperationsbereit” war hat China die Preise für seine Lieferungen beständig erhöht. Die Ausgaben für chinesische Ölloeferungen sind von 1995 ab innerhalb von 10 Jahren um 2/3 gestiegen, owbwohl 1995 noch doppelt so viel Öl geliefert wurde als 2005.
Nordkorea versucht daher, sein Atomprogramm als Faustpfand für weitere — auch westliche — Öllieferungen zu verwenden. China hat mehrfach immer wieder betont, dass es ein atomwaffenfreies Korea wünscht. Dies gilt für die gesamte Halbinsel, und so versucht China seit Jahren, Nordkorea den Verzicht auf Atomwaffen und die Anerkennung des Atomwaffensperrvertrages schmackhaft zu machen.
Während Kim Il Sung noch erfolgreich zwischen Russland und China taktieren konnte hat sein Sohn Kim Jong Il — der Nachfolger — nur mehr ein mäßig interessiertes China zur Seite. Nordkorea hat sich daher in den letzten Jahren notgedrungen zu einer Annäherung zu Südkorea und den USA treiben lassen. Auch die Akzeptanz des Atomwaffensperrvertrages, die Schließung eigener Atomkraftwerke und deren Kontrolle durch UN-Inspektoren (gegen amerikanische Öllieferungen) haben deutliche Anzeichen für eine Öffnung der bis vor wenigen Jahren noch sehr gespannten Situation gebracht.
In dieser Zeit der vorsichtigen Annäherung platzte die Bemerkung von Präsident Bush, Nordkorea gehöre zur “Achse des Bösen”. Eingedenk der Erfahrungen aus dem Koreakrieg wurde Nordkoreas Führung hellhörig — sollte Nordkorea eines der nächsten Ziele nach Afghanistan sein?
Nordkorea bemühte sich um eine “Nichtangriffserklärung der USA” — freilich mit völlig falschen Methoden, die sich nur aus der Abgeschiedenheit und Weltfremdheit einer nahezu völlig isolierten Regierung und der Unerfahrenheit von Kim Jong Il erklären lassen. Anstatt sich gleichzeitig um noch mehr Öffnung zu bemühen (und damit den Schritt Chinas nachzuvollziehen) versuchte Nordkorea, weitere wirtschaftliche Zugeständnisse zu erpressen. Dabei wurde die Einhaltung der international abgeschlossenen Verträge all zu leichtfertig aufs Spiel gesetzt. Diese Leichtfertigkeit spiegelt ein etwas anderes — asiatisches — Verständnis von Vertragstreue wieder. Der aus dem altrömischen Recht stammende Grundsatz des “pacta sunt servanda” (Verträge sind einzuhalten), der in der gesamten westlichen Welt zu einer elementaren Grundlage geworden ist, spielt im asiatischen Denken nicht diese überragende Rolle. Dort ist es nicht verwerflich, ungerecht empfundene Verträge “nachzuverhandeln”.
Nordkorea sieht sich einerseits zunehmend von den USA bedroht und andererseits von den traditionellen Verbündeten im Stich gelassen — und damit einer übermächtigen Bedrohung ausgesetzt. Die Bush-Aussage vom “Schurkenstaat” führt zu einer “sich selbst erfüllenden Prophezeiung”.
Nordkorea hat seit dem Koreakrieg nur eine funktionierende Industrie — die Waffenproduktion: und durch den Verkauf auch modernerer sowjetisch/russischer Waffen verfügt Nordkorea über starke, nicht zu unterschätzende Streitkräfte.
Der Waffenexport — sei es von selbst entwickelten Raketen oder auch anderen Produkten — ist eine der wenigen Möglichkeiten Nordkoreas, zu Devisen zu kommen. Diese Devisen werden aber derzeit kaum in die wirtschaftliche Entwicklung des Landes gesteckt. Vielmehr werden — gerade in Zeiten zunehmender Spannung — die eigenen Streitkräfte noch mehr gestärkt.
Dabei setzt Nordkoreas Truppe auf die bewährte Taktik des Koreakrieges. In einem offenen Konflikt sollen die Massen der Landstreitkräfte möglichst schnell den Süden überrennen, während die Luftwaffe und Marine die Aufgabe hätten, entsprechenden Entsatz durch Streitkräfte außerhalb der Halbinsel abzublocken und die (Flug-)Häfen zu blockieren.
Aufgrund des nordkoreanischen Atomprogramme hat die UNO ein Embargo gegen Nordkorea verhängt. Da die UNO allerdings keine “Weltregierung” ist, wurde dieses Embargo von den einzelnen Staaten in unterschiedlichster Form umgesetzt. So gehören Notebooks und Plasma-Fernseher zu den Waren, die von China nicht als “Luxusgüter” betrachtet und daher von dort auch nach Nordkorea exportiert werden. Dennoch gelangen nicht nur Luxuslimousinen bekannter deutscher Nobelmarken für die politische Elite ins Land:
- im September 2013 tauchten auf Bildern eines Fabrikbesuches durch Kim Jong-un Fotos von (wohl chinesischen) Rotationswalzen (Fließdrückmaschinen) auf, mit denen sich auch Raketenteile herstellen lassen,
- die Trümmer einer “Unha”-Langstreckenrakete enthielten über ein Dutzend ausländische Bauteile, darunter Kugellager, PC-Chips und Hockdruckpumpen (letztere über ein taiwanesisches Handelshaus geliefert) aus China, Großbritannien, Russland, der Schweiz und den USA;
- die achtachsigen Transportfahrzeuge für die nordkoreanischen KN-08 Interkontinental-Raketen stammen aus China — mit amerikanischem Motor und deutschen Getriebe versehen, wurden die Fahrzeuge als “Holztransporter für unwegsames Gelände” über eine Zwischenstation in Japan nach Nordkorea geliefert.
China (das als einer der letzten Staaten mit etwas Einfluss auf Nordkorea gilt, und großes Interesse am Aufkauf der Bodenschätze des Landes hat), Japan (mit seiner koreanischen Minderheit) und Russland sind die Staaten, die immer wieder in Bezug zu Embargo-Verletzungen genannt werden. Gerade die immer weiter ausgebauten Grenzübergänge nach China und Russland entziehen sich auch einer entsprechenden UN-Kontrolle — und sind daher die Einfallstore für Waren, die eigentlich auf nationalen Embargo-Listen für Nordkorea stehen, aber sowohl nach China als auch nach Russland verkauft werden dürfen.
Im “Globaldefence-net-Forum” haben wir die Seestreitkräfte Nordkoreas besprochen. Wir dürfen hier aus der Diskussionen zitieren:
“Abgesehen von den Fregatten der Najin- und Soho-Klassen und den FK-Schnellbooten sind die nordkoreanischen U‑Boote der Romeo-Klasse die einzigen Fahrzeuge der nordkoreanischen Marine, die sich in einem Konflikt zur See bewähren könnten. Der Rest (z.B. Korvetten der Sariwon-/Tral-Klasse, Wachboote der Shanghai-Klasse) taugt weitaus eher für die Grenzsicherung und den Truppentransport. Nordkorea hat zwar die größte Binnenmarine der Welt, könnte damit aber im Kriegsfall wenig ausrichten. Eine moderne U‑Boot-Abwehr-Komponente (um einmal zurück zu den südkoreanischen U‑Booten zu kommen) ist bei dieser Marine etwa so gut wie gar nicht vorhanden.
Wir sollten bei der Gelegenheit auch daran erinnern, dass Nordkorea neben den Romeo- und Whiskey-Booten über eine große Zahl kleinerer “Infiltrations-U-Boote” verfügt, die von den Südkoreanern eigentlich nur entdeckt werden, wenn sie mal wieder wo auflaufen und dann festsitzen .…
Ich vermute mal, dass die nicht nur Agenten absetzen und Aufnehmen (vielleicht laufen die ja auch als Einkaufstrupps durch die Supermärkte ;)) sondern wohl sehr intensiv die Küstengewässer vor Südkorea erkundigen und kartographierein — also den Einsatz der größeren Boote mit vorbereiten.
Daneben könnten die kleinen „Dinger“ durchaus auch als Minenleger (z.B. als Deckslast) u.ä. in Frage kommen.
Nordkorea ist schwer einzuschätzen. Der Rüstungswettlauf mit dem Süden (dokumentiert z.B. in der Luftwaffe) kostet jeden Cent, das Land ist nicht nur “am Rande des Ruins” sondern steht mit einem Bein schon über dem Abgrund. ”
Allerdings kommen sich die beiden koreanischen Staaten langsam — im Schneckentempo — näher. Im Mittelpunkt des südkoreanischen Engagements stehen dabei zwei Dinge — die Förderung von Industrieregionen und der Ausbau der Infrastruktur im Norden. Rund 55 Mrd. Dollar sollen in den Ausbau bzw. die Sanierung von Häfen, Bahnlinien und Straßen des Nordens investiert werden. Daneben spielen auch Wiederaufforstungsprojekte und die Erschließung touristischer Sehenswürdigkeiten eine Rolle bei den Überlegungen südkoreanischer Unternehmen.
Im Westen nördlich der vier Kilometer tiefen Demarkationslinie auf nordkoreanischem Gebiet und 60 km nödlich von Seoul arbeiten inzwischen (Stand Mai 2007) 12.000 bzw. (Stand September) 17.000 Nordkoreaner zu Niedrigstlöhnen in der Industrieone Kaesong beim Bau neuer Fabriken für fast 30 südkoreanische und chinesische Firmen — und in den Fabriken selbst. Die Industriezone ist inzwischen nicht nur mit einer neuen Bahnlinie mit dem Süden verbunden, sondern bezieht von dort aus Strom — ein großer Pluspunkt in dem von Energiekrisen geschütttelten Norden. Südkoreas Konzerne profitieren von den niedrigen Löhnen — etwa 10 % des Lohnniveaus im Süden stellen für Nordkoreas Verhältnisse Spitzenverdienste dar — und dem Fleiß und Ehrgeiz der so geköderten nordkoreanischen Geschwister. Die Sonderwirtschaftszone entspricht dabei in Grundzügen der chinesichen Sonderwirtschaftszone Shenzhen bei Hongkong, mit deren Aufbau das chinesische Wirtschaftswunder begannund die von Kim Anfang 2006 visitiert wurde. Die Weiterentwicklung dieser Industriezone ist (Stand 2007) mit einem Investitionsvolumen von 2,5 Mrd. $ geplant — und bis 2012 sollen 2000 Firmen hier Arbeitsplätze für 350.000 Nordkoreaner vorhalten.
Eine weitere Sonderwirtschaftszone ist für 5 Mrd. $ in der Hafenstadt Haeju mit einem Hafenausbau für 300 Mio. $ geplant.
In den Hafenstädten Anbyeon und Nampo sollen Werften für die prosperierenden Schiffsbaukonzerne des Südens errichtet werden. So prüft die Daewoo-Gruppe den Bau einer Werft für etwa 50 Mio. $. Eine Kooperation im Gesundheitswesen, in der Landwirtschaft, dem Umweltschutz und bei grenzüberschreitenden Verkehrsprojekten ist vereinbart.
Im Mai 2007 wurde probeweise ein südkoreanischer Zug in den Norden geschickt. Die nach über 50jähriger Trennung wieder befahrbare Strecke ist Teil der Kyongul-Eisenbahn, mit der der südkoranische Industriehafen Busan über Seoul über Pjöngjang bis China verbunden wäre. Südkorea, das für jeden Export auf die Luft- und Seefracht angewiesen ist, bemüht sich seit dem Jahre 2000 um die Wiedereröffnung der Strecke. China ist inzwischen der wichtigste Handelspartner Südkoreas. Trotz der neuen Flug- und Seehäfen stößt die Wirtschaft immer wieder auf Engpässe. Eine Bahnverbindung nach China würde nicht nur Südkoreas Wirtschaft fördern sondern auch Nordkorea als Transitland in den globalisierten Wirtschaftsaustausch einbinden.
Eine weitere — ebenfalls im Mai 2007 probeweise befahrene — Strecke verbindet an der Ostküste Jejin im Süden mit der nordkoreanischen Stadt Kumgang. Dieses — seit Jahren für südkoreanische Touristen geöffnete — Gebiet mit seinen touristisch interessanten Bergen und buddhistischen Tempeln würde durch eine Bahnlinie noch mehr Touristen aufnehmen können und damit direkt Devisen in die Kassen der klammen nordkoreanischen Regierung spülen.
Ein dritter wesentlicher Aspekt ist die Revitalisierung der transkoreanischen Bahnlinie zum russischen Wladiwostok und zur Transsib. Für rund 2 1/2 Mrd. US-$ soll eine 55 Kilometer lange Eisenbahnlinie von der russischen Grenzstadt Chasan bis zum nordkoreanischen Hafen Nadschin (Rajin) “runderneuert” und an die Transsib angeschlossen werden. Dabei werden auch Gütertransporte und die Probefahrt von Containerzügen auf der Strecke zwischen dem Hafen Pusan in Südkorea, dem nordkoreanischen Hafen Nadschin und der russischen Bahnstation Hassan besprochen. Zudem gibt es Überlegungen, den nordkoreanischen Hafen für den internationalen Schiffsverkehr zu öffnen. Hierdurch liese sich die Transportzeit zwischen Südkorea und Westeuropa auf etwa 1/4 oder gute 10 Tage verkürzen, was vor allem für Südkorea und Japan eine enorme Verbesserung der Verbindungswege bedeuten würde. Auf nordkoreanischer Seite existiert bereits seit längerer Zeit eine Freihandelszone, die aber aufgrund der geringen Bevölkerungszahlen an der Grenze zur Russland nciht recht “vom Fleck kommmt”.