Korea — historisch enger Verbündeter Chinas:
Dennoch war Korea in der Vergangenheit dem chinesischen Kaiserreich mehrfach als Vasallenstaat eng verbunden. Diese Verbindung führte soweit, dass Korea unter dem Einfluss der Han-Kolonie Lelang (108 v. Chr. bis 313 n. Chr.) die chinesische Schrift übernahm, 372 n. Chr. eine staatliche konfuzianische Akademie gründete und im Jahr 382 n. Chr. offiziell den Buddhismus einführte. Vom 6. Jh. (Drei Reiche) bis zum Ende der Koryo-Dynastie im Jahr 1392 war der Buddhismus Staatsreligion. Das Königreich Paekche im Südwesten der Halbinsel unterhielt Seeverbindungen mit Südchina und Japan und brachte die Lehre mit buddhistischen Schriften und Bildnissen 552 nach Japan. Durch politische Unruhen gelangten zudem zwischen dem 5. und 9. Jh. zahlreiche Koreaner und Chinesen ins japanische Yamato-Reich. Der früheste bekannte buddhistische Bildhauer Japans, Tori, war ein Enkel eines chinesischen Einwanderers von der koreanischen Halbinsel. An der Südspitze Koreas hatte sich der kleine Staat Kaya lange die Unabhängigkeit von den grösseren Nachbarn Shilla und Paekche bewahrt.
Im Jahr 668 wurde die Halbinsel nach Eroberungsfeldzügen unter der Führung Shillas politisch geeint. Aus der Verschmelzung verschiedener ethnischer Elemente und regionaler Traditionen entstand die Basis für die Entwicklung einer einheitlichen koreanischen Sprache, Kunst und Kultur. Die Koryo-Dynastie pflegten Kontakte sowohl zu den chinesischen Nord-Song (960‑1127) wie auch zu dem weiter nördlich in der heutigen Mandschurei gelegenen Khitan-Reich der Liao (937‑1125). Als die Jurchen zuerst die Liao und dann die Song verdrängten und im Norden Chinas die Jin-Dynastie gründeten, nahm die Koryo-Dynastie auch zum neuen mächtigen Nachbar diplomatische Beziehungen auf. In den Jahren 1271 und 1281 zwang Kublai Khan das Koryo-Reich zur Teilnahme an seinen Feldzügen gegen Japan. Auch nach deren Misserfolg blieb ein militärischer Stützpunkt auf koreanischem boden bestehen. Koreas Eigenständigkeit wurde auf ein Minimum beschränkt. Koreanische Könige wurden mit mongolischen Prinzessinnen verheiratet. Der erste “Mischlingskönig” auf dem koreanischen Thron war Ch’ungson-wang. Er war der Sohn einer Tochter von Kublai Khan und regierte 1298 sowie 1308–1313.
Der Koryo-Befehlshaber Yi Song-gye (1335–1408) erhob sich gegen den eigenen König gründete 1392 die Choson-Dynastie, die bis 1910 an der Macht blieb. Choson bedeutet “Land der Morgenfrische”. Der Name taucht schon in Han-zeitlichen Texten auf und wird heute noch von Nordkorea benutzt. Träger von Politik und Kultur wurde nun eine puritanische, konfuzianische Beamtenschaft. Spätestens seit Ende des 2. Jh. nach Christus waren die konfuzianischen Lehren im Zusammenhang mit der Errichtung einer chinesischen Kolonie im nordwestlichen Teil der Halbinsel nach Korea gelangt. Zunächst prägte die konfuzianische Ethik vor allem das staatliche Verwaltungssystem, ehe mit dem Beginn der Choson-Dynastie der Neo-Konfuzianismus zur geistigen und moralischen Richtlinie für das Herrscherhaus und die Gesellschaft wurde. Auf staatlicher wie familiärer Ebene erhielt der chinesische Ahnenkult eine besondere Bedeutung.
Anders als in China rekrutierte sich in Korea allerdings die zu den Examina zugelassene Elite nur aus der Aristokratie. Die Choson-Gelehrten, obwohl der chinesischen Schriftsprache verbunden, entwickelten zwischen 1443 und 1446 das koreanische Alphabet.
Die koreanische Lautschrift Hangul — kulturelle Abkehr vom chinesischen Vorbild
Am 9. Oktober wird in Korea immer noch der Tag gefeiert, an dem König Sechong im Jahre 1446 das sogenannte Hangul — Alphabet einführte. Koreanisch wird im Norden und Süden mit einem phonetischen Alphabet von vierundzwanzig Buchstaben (zehn Vokalen und vierzehn Konsonanten) geschrieben. Ein königliches Amt für Philologie arbeitete zwanzig Jahre an der Entwicklung des Alphabets.
Im Unterschied zu den meisten anderen Schriftformen ist Hangul nicht historisch evolutionär entstanden, sondern die neue Schrift wurde geplant, bewußt und systematisch geschaffen, um die Lernenden und die Lehrenden von der Last der Tausenden chinesischen Schriftzeichen zu befreien, die bis dahin auch für das Koreanische verwendet wurden. Hangul ist im Gegensatz zur chinesischen “Bilderschrift” keine Symbolschrift, sondern — wie die europäischen Schriftarten — eine “Lautschrift”. Mit dieser revolutionären Entscheidung war eine kulturelle Abkoppelung und Unabhängigkeit vom “Reich der Mitte” verbunden. Nicht mehr wenigen “Schriftgelehrten”, sondern dem gesamten Volk sollte es möglich ein, eine einfache Lautschrift zu erlernen und zu lesen.
Die eigenständige koreanische Schrift Hangul erlaubte Korea, sich sowohl von China als auch von Japan abzugrenzen und eine eigene kulturelle Identität zu entwickeln. Hangul ist “der Schlüssel zur Kultur und Geschichte Koreas”. Korea hat dennoch eine enge, aber auch die Unabhängigkeit wahrende Beziehung zu China geübt. Chinesisch ist auch das “Latein Koreas” geblieben, und für Inserate, Schlagzeilen in Zeitungen und öffentliche Aufschriften werden in Südkorea immer noch gelegentlich einzelne chinesische Zeichen benutzt.
Korea unter zunehmendem Druck Japans:
Die Beziehungen Japans zu Korea reichen weit zurück; schon im 4. Jahrhundert, während der “Zeit der Drei Reiche” Koreas, konnte sich das spätere japanische Kaiserreich (noch als kleine Lokalmacht “Yamato”) an der Südspitze der koreanischen Halbinsel eine Machtbasis schaffen. Bis in die Neuzeit fand, unterbrochen von längeren Phasen, ein Austausch mit Japan statt. Dieser gestaltete sich zumindest in kultureller Hinsicht weitestgehend einseitig, vom hochentwickelten Korea zum noch rückständigen, aber äußerst lernwilligen Japan: nahezu die ganze chinesische Kultur und Wissenschaft erreichte Japan zunächst über koreanische Mönche, Gelehrte, Handwerker und Künstler.
Gegen Ende des 16. Jahrhunderts drangen die Japaner in zwei gegen China gerichteten Feldzügen auf die Halbinsel vor. Der chinesische Vasallenstaat Korea wurde weitgehend zerstört und die Handwerker nach Japan verschleppt, wo sie der dortigen Keramik zur Blüte verhalfen. Seither bemühte sich Japan immer mehr um die Oberherrschaft auf der Halbinsel, bis es Korea zunächst 1905 als Protektorat vereinnahmte und schließlich 1910 vollständig annektierte. Koreanische Regimenter, die im 2. Weltkrieg mit den Japanern kämpfte, zeichneten sich durch brutale Härte aus. Sie waren bei den Kriegsgegnern gefürchteter als die japanischen Truppen.
Die Niederlage Japans im zweiten Weltkrieg führte zur Wiedererrichtung der koreanischen Selbständigkeit — allerdings so, dass sich die Sieger (wie in Deutschland auch) den “Kuchen teilten”. Die Sowjetunion und das kommunistische China auf der einen Seite, die USA auf der anderen Seite teilten das befreite Land und setzten jeweils eigene Regierungen ein, die das befreite Gebiet verwalteten und in die Selbstständigkeit führen sollten. Die geplanten und von den Vereinten Nationen beaufsichtigten Wahlen wurden 1948 nur im Süden des Landes durchgeführt.