“Förderung von Investitionen in Zentralchina”
Das chinesische Handelsministerium plant, in den kommenden drei Jahren rund 10.000 Unternehmen aus Ostchina und dem Ausland zu Investitionen in Zentral- und Westchina zu ermutigen.
Die sechs zentralchinesischen Provinzen Hunan, Anhui, Jiangxi, Shanxi, Henan und Hubei erstrecken sich über eine Gesamtfläche von rund 1 Million Quadratkilometer und sind reich an Bodenschätzen. Das Handelsministerium will Städte in Zentralchina wie Ganzhou, Chenzhou und Wuhan zu Zentren der verarbeitenden Industrie entwickeln.”
(Quelle: China.org.cn, 28. September 2006)
“Zwölf Provinzen vom südchinesischen Meer bis zur Wüste Gobi gehören zu den von der Zentralregierung besonders geförderten Regionen in Westchina: Neben Chonquing und Sichuan sind dies Xinjiang, Tibet, Gansu, Quinghai auf dem westlichen Bergplateau, Ningxia und die Innere Mongolei im Norden sowie Yunnan mit der Hauptstadt Kunming, Guizhou und Guangxi im Süden. Viele dieser Regionen sind noch sehr unterentwickelt. Guizhui gilt als Armenhaus des Landes. Zu den neuen Investitionszielen im Hinterland zählt ebenfalls die alte Kaiserstadt Xiàn, wo sich viele Unternehmen insbesondere aus der Telekommunikationsbranche und der Luftfahrtindustrie angesiedelt haben.”
(Quelle: WirtschaftsWoche Global, 1/2012)
Die sechs zentralchinesischen Provinzen kooperieren, um gemeinsam mit Unterstützung der Zentralregierung den Wirtschaftsaufschwung aus den Küstenprovinzen auch in den zentralchinesischen Provinzen zu etablieren. Dazu gehören regelmäßige Ausstellungen, die auch ausländischen Investoren — vor allem auch aus dem Tourismus- und Automobilsektor — die Vorteile der zentralen Provinzen “schmackhaft zu machen”. In Zukunft sollen vor allem die staatliche Rüstungsindustrie, aber auch andere Industriebranchen aus den östlichen Regionen ihren Schwerpunkt auf Mittel- und Westchina legen. In Westchina leben mehrMenschen als in den USA — rund 70 % des chinesischen Territoriums gehören zu diesem Gebiet, aber weniger als 20 % der chinesischen Wirtschaftsleistung wurden (2009) in Westchina erbracht.
Noch konzentrieren sich die ausländischen Investoren auf die Küstenprovinzen — wo die Kosten steigen und gute Mitarbeiter immer seltener werden.
Bemerkenswert ist, dass die Anziehungskraft der Städte in Zentral- und Westchina gegenüber den Küstenstädten auch für ausländische Investoren immer stärker wird. Das real genutzte auswärtige Kapital in Westchina ist im ersten Halbjahr 2007 Vergleich zum gleichen Vorjahreszeitraum um 52 Prozent gestiegen. Diese Wachstumsrate ist damit rund 40 Pronzent höher als das durchschnittliche Niveau in ganz China. Unter den ersten 20 einer Liste der chinesischen Städte, die für internationale Unternehmen das größte Potential für Investitionen bergen, waren (Stand Sept. 2006) überwiegen Städte in Zentralchina. Grund dafür ist, dass im Vergleich zum Osten die Arbeitskosten in Städten in Zentralchina niedriger sind, die Infrastruktur besser wird und allmählich vollständige Produktionsketten entstehen. In China ist derzeit (2006) noch etwa die Hälfte der Bevölkerung in der Landwirtschaft tätig. Das Pro Kopf Einkommen der ländlichen Haushalte erreicht aber im Schnitt nur etwa die Hälfte der städtischen Haushalte. Aus den armen und schwachen Gebieten — insbesondere aus dem ländlichen Bereich — sind deshalb im Jahre 2005 rund 150 bis 200 Millionen (!) Wanderarbeiter in die reichen Küstenprovinzen südlich von Peking und Tianjin gezogen. Auch hierdurch entsteht ein enormes Problem — und China bemüht sich, einerseits sowohl Arbeitsmöglichkeiten für dieses Heer zu schaffen, andererseits aber auch die zurückgebliebenen Provinzen zu industrialisieren und zu modernisieren, um die enorme Binnenwanderung auszutrocknen. In den letzten Jahrenwechselte jährlich etwa 1 % der arbeitenden Bevölkerung von der Landwirtschaft in den Industrie- und Dienstleistungsbereich. Im Industriesektor liegt die Arbeitsproduktivität durchschnittlich rund siebenmal höher als in der Landwirtschaft, im Dienstleistungsbereich erreicht die Arbeitsproduktivität immer noch den dreifachen Wert. Wenn es gelingt, für diese Massen auch Arbeitsplätze bereitzustellen, wird das Wachstum Chinas auch in den nächsten Jahren weiter gehen. Die Chancen dafür stehen gut:
während das Wachstum Chinas in der Vergangenheit vornehmlich durch Exporte getragen wurde — China als “Werkbank der Welt” — tritt zunehmend die Binnennachfrage der expandierenden Mittel- und Oberschicht als “Wachstumsmotor” auf.
Sichuan — die nächste Boomregion:
Von den Küstenstädten aus frisst sich der Boom in die abgelegeneren Provinzen — auch nach Sichuan, das im Norden, Westen und Osten von Gebirgsketten umgeben ist. Sichuan ist mit der Fläche von 485.000 Quadratkilometern etwa um 1/3 größer als Deutschland (360.000 Quadratkilometer). Die Region um Chengdu war der Kern einer dreitausend Jahre alten Kultur, der sogenannten Jinsha-Kultur. Diese frühe chinesischen Hochkultur ist vor allem durch ihre Gold- und Jadekunstwerke bekannt geworden und eines der Artefakte wurde auch zum Signet des chinesischen Kulturerbes. Die beiden Metropolen Chengdu und Chongqing rivalisieren um die größten Leistungen beim Aufbau der Region, die mit einer von Peking unterstützten Kampagne den inneren Landesteilen den Anschluss an die prosperierenden Küstenzonen ermöglichen soll. Den Kern der Industrieansiedlung bildete zum einen Betriebe der Schwerindustrie, die im Zweiten Weltkrieg die provisorisch ausgelagerte Regierung nach Chongquing begleiteten, und zum anderen Firmen aus dem militärisch-industriellen Komplex, die nach dem Bürgerkrieg aus der (von Taiwan bedrohten) Küstenregion nach Chengdu umgesiedelt worden waren.
Seit Peing zur Jahrtausendwende die „Go-West”-Kampagne verkündete, ist Chengdu zum administrativen Mittelpunkt disser Politik geworden. In fünf Jahren verzeichnete die Provinz ein Wirtschaftswachstum von durchschnittlich 10,7 Prozent, das hauptsächlich aus der Entwicklung im städtischen Bereich stammt. Chengdu hat (Stand 2011) vierzehn Millionen Einwohner, und damit innerhalb von acht Jahren einen Zuwachs von drei Millionen Einwohnern verkraftet. Bereits 1988 wurde die Chengdu-Hightech-Entwicklungszone gegründet. Die Provinzregierung fördert vor allem die IT- und Elektronik-Industrie. Bekannte Konzerne, die sich ansiedeln und damit die Region ebenfalls bekannt machen, erhalten Büros und Werkstätten mietfrei zur Verfügung gestellt. Der Softwarekonzern SAP (Deutschland) ist bereits im High-Tech Zentrum Chengdus vertreten. Foxconn, der Gerätelieferanten von Apple, hat sein größtes Werk (Stand 2011) in Chengdu errichtet. Mehr als die Hälfte aller weltweit produzierten iPads werden dort hergestellt.
Der ländliche Bereich liegt dagegen noch sehr zurück. Um die Landflucht zu dämmen wird von der Stadt Chengdu mit großem Aufwand (über 5 Mrd. Euro alleine im Jahre 2010) in die Entwicklung des ländlichen Umlandes investiert. Seit 2003 ist der in den fünfzigern geborende Ge Honglin Bürgermeister von Chengdu. Er ist einer der inzwischen typischen chinesischen Funktionäre. Ge hat in Kanada und Schanghai studiert, und in Schanghai eine große Stahlholding geführt, die mit Thyssen ein Joint Venture aufgebaut hat.
2011 wuchs die Wirtschaftsleistung Chengdus um über 15 %. Mit zum Wirtschaftswachstum beigetragen hat auch hier die Automobilindustrie. FAW-VW produziert seit Spätsommer 2011 den Jetta und will bereits im Jahr 2012 eine Jahresleistung von 300.000 Fahrzeugen erreichen. Daneben sind auch Geely-Volvo und Toyota in Chengdu mit Produktionsstätten präsent — und Zubehörfirmen wie Bosch (Vereinbarung vom Februar 2012) folgen den Autoherstellern. Chengdu vermeidet aber einseitige Orientierungen, und setzt zusätzlich auf die IT- und Elektronikindustrie, die mit Alcatel-Lucent, Cisco, Ericsson, Foxconn (Taiwan), Microsoft, Nokia und SAP vertreten ist.
In Chonquing, der dreihundert Kilometer entfernten Millionenstadt, die früher Teil von Sichuan war, ehe sie 1997 als regierungsunmittelbare Kommune selbständig wurde, haben sich bereits Ford, Mazda und Suzuki niedergelassen, um mit neuen Werken — und den kurzen Wegen zum Stahlproduzenten Wuhan — vom Fahrzeugboom zu profitieren, der durch eine immer bessere Infrastruktur und die zunehmende Kaufkraft der Chinesen unterstützt wird. Die Stadt ist Anfang 2012 durch die westlichen Medien gegeistert — als Heimat des „Chongqing-Modells“, einer mehr sozialistischen Politik für China, mit dem Bo Xilai, der abgesetzte Parteichef der Stadt, in den Jahren davor eine alternative Ideologie, ein System im System installierte.
Auch Chonquing — in dem jedes dritte chinesische Motorrad hergestellt wird — will seine Autoindustrie stärken. So ist Ford mit seinem Partner Chonquing Changan Auto in der Großstadt vertreten. Und auch hier wird von Foxconn und Inventec (jeweils aus Taiwan) sowie Hewlett-Packard der IT- und Elektroniksektor bedient. Darüber hinaus siedelt sich hier auch die Chemieindustrie an — mit einer knappen Millarde Euro etwa errichtet BASF einen Produktionsstandort, der 2014 seinen Betrieb aufnehmen soll. Der Chemie-Konzern war bereits im Jahr 2012 mit 7.000 Beschäftigten nach Bayer (11.000 Beschäftigte) der zweitgrößte deutsche Chemiehersteller in China — und damit unter den “TOP 20” der größten deutsch-chinesischen Unternehmensfilialen im Lande.
Und in Chonquing hat ein weiteres bemerkenswertes Unternehmen seinen Betrieb aufgenommen. Anlässlich des Erdbebens von Sichuan (Mai 2008) stellten sich erhebliche Transportprobleme bei der Katastrophenhilfe heraus. Eine der wichtigsten Hilfestellungen war eine auch für den Lufttransport geeginete mobile Klinik aus Deutschland mit 120 Betten, und “mit einem Ambulanzbereich, einem Operationssaal und einen Medikamentenraum, Entbindungs- und Röntgenstation und einer Wasseraufbereitungsanlage”, über deren Entsendung wir am 22. Mai im Forum berichteten. Inzwischen wurde in Chonquing mit Chonquing Endurance und Crossmobil aus Werdau (Sachseb) die Produktion von mobilen Krankenhäusern mit Modulen aus Containern und Zelten aufgenommen, die nicht nur (wie bisher) auf LKW verlastbar sondern auch für den Lufttransport mit Hubschraubern geeignet sind. Die Naturkatastrophe von 2008 hat den Chinesen den Wert von mobilen Hospitälern, Krankenwagen und LKW-Spzialaufbauten nochmals deutlich vor Augen geführt. Jetzt wurde die Produktion entsprechender Anlagen, die mit medizinischen Geräten aus China ausgestattet werden, in der damals betroffenen Erdbebenprovinz aufgenommen. Es ist dann eigentlich nur noch eine Frage des Anlasses, ob diese Hospitaler nach Naturkatastrophen oder als Feldlazarette im militärischen Einsatz verwendet werden.
Die Wirtschaft der Provinz wuchs trotz vieler Einschränkung zuletzt mit über 12 % — und damit noch schneller als die Wirtschaft des ganzen Landes. Hier siedeln sich auch Industrien an, die aufgrund des Fachkräftemangels in den Küstenprovinzen zu den “billigen Arbeitskräften” im Landesinneren ziehen. Die Provinz Sichuan (knapp 90 Mio. Einwohner) mit der Hauptstadt Chengdu — seit dem Bau des “3‑Schluchten-Dammes” ist die 10-Millionen-Stadt Chonquing auch für größere ozeangängige Schiffe erreichbar und die Provinz gut mit Energie versorgt — entwickelt sich zu einem neuen Zentrum der “High-Tech-Industrie”.
Die umgebenden Gebirge — die Provinz bildet einen gewaltigen Kessel, der ringsum von Bergmasiven mit engen und kurvigen Straßen umgeben ist — lassen die Region auch für die Hersteller von “Nischenprodukten” wie geländegängigen Fahrzeugen attraktiv erscheinen. Der österrreichische Hersteller Steyr-Daimler-Puch hatte etwa mit seinem “Pinzgauer” ein schmales Fahrzeug im Angebot, das gerade zur Erschließung der Dörfer in Sichuan und den benachbarten Provinzen — bis hin nach Tibet — ideal geeignet wäre. Entsprechende Fahrzeuge können jedenfalls preiswerter hergestellt werden als es der Straßenausbau in jedes entlegene Dorf wäre. Und auch der Unimog von Daimler-Benz wird aufgrund seiner Geländegängigkeit immer wieder als “ideales Fahrzeug” für die Provinz bezeichnet, die geographisch fast in der Mitte des Landes liegt und ihre Handelsinteressen immer mehr auch nach Westen (Tibet) und Süden (Yunnan, Vietnam, Laos, Myanmar) orientiert.
Auch das Drei-Schluchten-Stauseegebiet soll neue Wirtschaftszone werden. Dabei werden vor allem die durch den Staudamm verbesserte Energieversorgung sowie die Verbesserung der Schifffahrt als Argument für vermehrte Industrieansiedlungen gebraucht. Im Jahr 2007 hat denn auch das Frachtverkehrsvolumen durch den Drei-Schluchten-Damm gegenüber dem Vorjahr um 20 % auf 60,56 Millionen Tonnen zugenommen.
Ursprünglich von Bergbau (es gibt auch Erdgasvorkommen), Landwirtschaft und Tourismus (der zu einem ersten Ausbau der Infrastruktur beigetragen hat) geprägt, wird die Provinz nun zu einem neuen Zentrum für Wissenschaft, Technologie wie Telekommunikation, Mikroelektronik, Biomedizin und Maschinenbau, Fahrzeugbau, Handel und Finanzen. Die Technischen Universitäten der Provinz gehören zu den Eliteuniversitäten Chinas.
Die Hauptstadt-Region ‑Peking und Tianjin:
Tianjin — der 100 km entfernte “Hafen Pekings” und ein rund 150 km langer Streifen an der Bohai-Meeresbucht, die sogenannte “Sonderwirtschaftszone Binhai” soll nach dem Perlfluss- und Jangtze-Delta die dritte große Entwicklungsregion an Chinas Küste werden. Während Deng Hsiao Ping den Aufbau der Sonderwirtschaftszone Shenzhen zwischen Hongkong und Kanton vorantrieb und Jiang Zemin das alte Wirtschaftszentrum Shanghai wiederbelebte hat der in Tianjin geborene Premierminister Wen Jiabao nun (2007) diese Region für Förderwürdig erklärt. Von 1994 bis 2006 wurden schon Auslandsinvestitionen von etwa 16 Mrd. $ in der Region verbucht — in den nächsten vier Jahren bis 2010 sollen weitere 20 Mrd. $ dazu kommen.o, wie die Entwicklung entlang der Verkehrswege — insbesondere der Flüsse — in das “Hinterland” vordringt, so ziehen auch die Investoren entlang der Küste nach Norden. Fast 250.000 Privatunternehmen (Stand 2007) steigern die Wirtschaftskraft der Region.
Diese Region war bisher benachteiligt: obwohl in Tianjin (10 Mio. Einwohner) der größte Hafen Nordchinas besteht und sich bereits das größte Luftfrachtzentrum Chinas in der “Tianjin Economic-Technological Development Area” (TEDA) befindet, ist Nordchina mit den großen Handelsschiffen nur schwer erreichbar. Der aus dem Lößreichen Hinterland in den Golf von Chihli (Bo Hai) mündende “Gelbe Fluß” hat über Jahrtausende hinweg gigantische Schlammfrachten im Gelben Meer abgelagert. Den großen Containerfrachtern und Tankern, die für den Handelsverkehr immer wichtiger werden, ist die Hafenstadt bisher verschlossen. Sogar die “Kiew” — der ehemalige sowjetische Flugdeckkreuzer, der Kern eines militärischen Vergnügungsparks in Tianjin ist, konnte nur bei Hochwasser zu seinem neuen Liegeplatz geschleppt werden. Bis vor kurzem verfügte Tianjin noch über eine Aufnahmekapazität von lediglich 150.000 DWT. Im Jahr 2006 konnten dort 250 Millionen Tonnen Ladung und 5,9 Millionen TEU Container umgeschlagen werden. Allerdings bemüht sich China, diese “natürliche Behinderung” zu beseitigen. Mit einem Investitionsvolumen von 14 Millionen Yuan (69,2 Millionen Euro) wird der Bau eines befahrbaren Tiefwasserkanals mit einer Aufnahmekapazität von 250.000 DWT (Bruttotragfähigkeit) vorangetrieben. Bis zum Bauende — Ende 2007 — soll eine Wassertiefe von 19,5 Metern erreicht worden sein, um den Hafen von Tianjin als Hauptumschlagplatz für Waren aus Zentral- und Westchina zu etablieren. Bis 2010 soll eine Jahreskapazität von 300 Millionen Tonnen Ladung und 10 Millionen TEU Container erreicht werden. Das gesamte Investitionsvolumen für die Infrastruktur wird von 2007 bis 2010 rund 15 Mrd. $ umfassen.
Bereits jetzt ist es den Chinesen gelungen, knapp 4000 ausländische Investoren in die Sonderwirtschaftszone TEDA zu locken. Toyota, Motorola, Samsung und VW sind etwa vertreten. Mit der “Neuen Zone Binhai” — 200 km südöstlich der chinesischen Haupstadt am Meer — hat die Region zwischen Peking und der Hafenstadt Tianjin am flachen Golf ein neues, fast 2.300 qkm großes Entwicklungszentrum erhalten. Mit fast 2300 km² Fläche, Auslandsinvestitionen von über 6 Mrd. € (2006), einem BIP (2006) von 19,6 Mrd. Euro und einem Exportvolumen von mehr als 22,5 Mrd. US-$ hat die Region Zuwachsraten von jeweils mehr als 20 % gegenüber 2005 erzielt — und sogar die Steuereinnahmen in der Region im gleichen Zeitraum über über 30 % auf fast 4 Mrd. € wachsen lassen. Durch eine Halbierung der Steuersätze werden vor allem High-Tech Firmen, die in China nach Standorten suchen, in die Region gelockt.
Die Verkehrsanbindung soll vor allem durch den Ausbau der Flugplätze (Airbus wird ab August 2008 den A 320 montieren lassen — Quelle: Airbus kicks off construction of China plant — (www.sinodaily.com) und die Produktion ab 2010 ab 4 Flugzeuge monatlich ausbauen, so dass bereits 2016 de Auslieferung von 300 Flugzeugen erreicht wird) und der Eisenbahn (um die Hochgeschwindigkeitsbahnrivaliseren Japans Shinkansen, der deutsche ICE und der französische TGV) sowie den Bau weiterer Autobahnen verbessert werden. China legt größten Wert darauf, mit den besten Produkten der Welt versorgt zu werden.
Daran krankt auch das Engament von Daimler in der Region. Der deutsche Fahrzeugkonzern hat mit der Produktion eines veralteten LKW-Typs begonnen und bis zum Sommer 2006 lediglich 700 Mercedes Actros und 1200 Transporter der japanischen Tochter Fusco (früher Mitsubishi) verkauft. Dabei hätte Daimler mit dem UNIMOG ein Fahrzeugprogramm im Angebot, das vor allem für die Landwirtschaft und Kommunen im Norden und Westen des Landes ideal geeignet wäre, und gute Exportchancen nach Süd- und Südostasien hätte. China und Indien gelten zudem als die größten Wachstumsmärkte für Nutzfahrzeuge. Für beide Länder wird ein Marktvolumen von rund 380.000 mittelschweren und schweren Lakstkraftwagen angegeben, dem Markt der EU vergleichbar. Daimlers Engagement ist allerdings auf eine Hürde gestoßen: kein ausländischer Hersteller darf im Nutzfahrzeugbereich mehr als zwei Gemeinschaftsunternehmen mit chinesischen Partnern gründen. Daimler ist bereits im Busbereich mit dem wenig erfolgreichen Joint Venture Yaxing Benz und im Transporterbereich gebunden. Wenn diese Partnerschaften nicht ausgeweitet werden, muss scih Daimler andere Wege suchen, um in den lukrativen Markt vorzustoßen. Eine Möglichkeit wäre, eine namhafte Aktienbeteiligung an einem chinesischen Lastwagenhersteller zu erwerben. Hier kam das chinesische Unternehmen Foton ins Gespräch, an dem die chinesischen Bejing Automotive Industry Holding Company (BAIC) — mit der Daimler bereits PKWs fertigt — mit 34 % beteiligt ist. Foton produziert aber auch im Marktsegement der kleineren Nutzfahrzeuge — und würde da mit der Daimler-Tochterfirma Fusco in Konkurrenz kommen.
China möchte an die Spitze der Weltwirtschaft, und legt deshalb größten Wert darauf, auch Zugang zum besten technischen know-how der Welt zu erhalten. Dann — so haben bereits unzählige Firmen erfahren — lässt sich auch in China “richtig Geld verdienen”. Und das Geld soll in der Region bleiben: Tianjin und Peking wetteifern darin, zum Finanzzentrum der Region zu werden.
“Die Binhai-Wirtschftszone im nördlichen Stadtgebiet von Tianjin entwickelt sich überaus dynamisch. Bis Ende August 2006 beliefen sich die gesamten ausländischen Investitionen in der Tianjin Economic-Technological Development Area (TEDA) auf 3,58 Milliarden US-Dollar, das in Verträgen zugesicherte Kapital auf 2,27 Milliarden US-Dollar und die verwirklichten Investitionen auf 1,05 Milliarden US-Dollar. Das in Verträgen zugesicherte Kapital und die verwirklichten Investitionen sind somit im Vergleichszeitraum des Vorjahres um jeweils 29,28 beziehungsweise 28,33 Prozent gestiegen. Elektrotechnik, Maschinen- und Automobilbau, Pharma‑, Chemie- sowie Lebensmittel- und Getränkeindustrie bilden die wichtigsten Branchen in der TEDA. Der industrielle gesamte Produktionswert in den ersten acht Monaten des Jahres 2ßß6 betrug 191,2 Milliarden Yuan (24,2 Milliarden US-Dollar), davon wurden 186,8 Milliarden Yuan (23,6 US-Dollar) von Unternehmen mit ausländischer Kapitalbeteiligung erwirtschaftet, was einer Zunahme von 33,3 Prozent entspricht.”
(Quelle: China.org.cn, Xinhua, 28. September 2006) Die Region gilt als eine der wirtschaftlich aktivsten Regionen Chinas. Die Binhai-Wirtschaftszone soll ab 2010 eine Führungsrolle bei der weiteren wirtschaftlichen Entwicklung Chinas einnehmen.
Die Region profitiert auch zunehmend von den Ölvorkommen, die in der Bohai-Bucht zwischen Tianjin, Dalian und Shandong gefunden werden und eine langfristig gesicherte Energieversorgung erwarten lassen. Russlands Staatsfirma ROSNEFT und die chinesischen Ölgesellschaft CNPC errichten in Tianjin eine Raffinerie mit einer Jahresleistung von 15 Millionen Tonnen Ölverarbeitung. Der Plan ist wohl Teil eines Abkommens von 2006, durch das die Zusammenarbeit zwischen China und Russland bei der Gas- und Ölproduktion ausgebaut werden soll. Darüber hinaus ist wohl die Verarbeitung von Rohöl aus Russland vorgesehen. China und Russland hatten im Februar 2009 ein Übereinkommen unterzeichnet, wonach die russischen Ölfelder in Ostsibirien über eine Pipeline für die nordöstlichen Regionen Chinas erschlossen werden sollen.
Darüber hinaus nimmt die Bohai-Bucht seit November 2007 Chinas erstes Offshore-Windkraftwerk mit einer Jahreskapazität von 4,4 Millionen Kilowattstunden Strom auf — wobei die Chinesen zunächst vor allem die Stromversorgung von Erdöl- und Erdgasplattformen auf dem Meer sicher stellen wollen. Der Schritt, überschüssige Energien auf dem Festland zu nutzen, wird aber schnell zurück gelegt.
Welchen Aufschwung die Region genommen hat zeigt eine Meldung von XINHUA vom Oktober 2010: “China plant bis zum Jahresende den Bau eines hochkarätigen Yachthafens in … Tianjin, der es den Superreichen des Landes erlaubt, ihre Luxusboote in einem Hafen nahe der Hauptstadt Bejing anzulegen…”
Bejing (Peking) wird allerdings hinter Tianjin nicht zurück stehen. Alleine in den Ausbau des Pekinger Flughafens werden nach dem neuesten, im September 2006 veröffentlichen 5‑Jahresplan der Regierung über 2,5 Mrd. € investiert, um den Flughafen bis 2015 zu einem Verkehrsknotenpunkt mit einer jährlichen Kapazität von 90 Millionen Passagieren und 9 Millionen Tonnen Frachtgut auszubauen. Die Beijinger Regierung hat zudem die Wirtschaftszone um den Flughafen in ihren 11. Fünfjahresplan aufgenommen. Die Freihandelszone in der Nähe des Flughafens wurde inzwischen genehmigt. Auch das Beijinger Konferenzzentrum befindet sich in der Nähe des Flughafens.
Dazu kommen die Vorteile eines gewachsenen Industriestandortes mit geschulten Arbeitskräften — und die Nähe zu den Eliteuniversiäten Pekings, die tausende hervorragend ausgebildete und engagierte Akademiker auf den Markt entlassen. Dies lockt Investoren an.
So wird das größte Motorenwerk des Landes — eine Kooperation des Beijinger Autoherstellers Beiqi Foton und des weltweit größte Motorenherstellers Cummins — künftig in Beijing stehen. Nach Investitionen in Höhe von insgesamt 2,7 Milliarden Yuan (244 Millionen Euro) sollen ab Sepember 2008 in einem 170.000 Quadratmeter großen Gelände rund 400.000 Motoren jährlich produziert werden.
Shandong:
Gegenüber von Dalian — auf der “anderen Seite” der Bohai-Bucht — findet sich die Shandong-Provinz, mit der alten deutschen Kolonie und Hafenstadt “Tsingtau”, die heute vor allem durch ihr Bier in China bekannt ist. Shandong ist aber auch Sitz der Weichai-Holding, mit der die deutsche Firma MAN einen intensiven Kontakt Pflegt. Weichai ist der größte Hersteller von Dieselmotoren, Getrieben Nutzfahrzeugen und schweren Schiffsmotoren. Mit der Weichai-Holding soll die gemeinsame Fertigung von Lastwagen, LKW-Motoren und Schiffsdieseln aufgenommen werden.
Hainan:
Ein Geheimtip — das war über lange Jahre hin die Insel Hainan, die für chinesische Touristen das ist, was Florida für die USA darstellt: ein Urlaubsparadies. Neben einem buddhistischen Tempelpark, einer pittoresken Felsenlandschaft und “Eingeborenendörfern” locken vor allem die für chinesische Verhältnisse angenehm warmen Temperaturen auf die subtropische Insel. Selbst im Winter werden noch Temperaturen um die 20 ° gemessen — ein Erholungswert pur für den reich werdenden chinesischen Mittelstand etwa aus dem über drei Flugstunden entfernten, eisigem Peking. Spätestens seit die chinesische Regierung im Dezember 2009 verkündet hat, die Insel gezielt auch auf dem internationalen Immobilienmarkt anzubieten, ist es mit der Bescheidenheit vorbei. Für die Bürger von über 25 Staaten — darunter auch Deutschland — wurde die Visumpflicht erleichtert. Seither ist die Visum freie Ein- und Ausreise nach China über Hainan möglich. Der Umsatz der Touristik-Industrie soll von 21 Mrd. Yuan (2009) auf fast 55 Mrd. Yuan (2005) und dann sogar auf mehr als 120 Mrd. Yuan (ab 2020) erhöhen. Die — ohnehin schon hohen — Immobilienpreise sind im Jahre 2010 regelrecht explodiert. Schon jetzt (2010) sind — vor allem zu den innerchinesischen Reisezeiten vor dem Frühlingsfest — die Hotels überfüllt. Im Badeort Sanya (nahe eines bekannten neuen Marinestützpunktes) werden dann Überachtungspreise von 10.000 Yuan (etwa 1.100 Euro) und mehr gefordert — und bezahlt.
Die staatlichen Investitonen fließen vor allem in die Infrastruktur. Der Flughafen von Sanya, Eisenbahnlinien auf der Insel und die Straßen sollen für mindestens 100 Mrd. Yuan (11,5 MRd. Euro) “auf Vordermann gebracht” werden. Dazu kommt der Plan, die Insel über eine Brücke oder einen Tunnel für etwa 20 Mrd. Euro mit dem Festland zu verbinden.