Shanghais Wiedergeburt:
Dem Erfolgsmodell “Shenzhen” gegenüber Hongkongs folgend wurde in Shanghai 1990 ebenfalls eine große internationale Wirtschaftszone (Pudong) errichtet, besonders, um kapital- und technologieintensive Investoren zu finden. Dabei wurde vor allem auf Joint-Ventures — also Kooperationsabkommen — zwischen den staatlichen Kombinaten und ausländischen Firmen gebaut. Shanghai bot sich als Zentrum für eine Modernisierung der Kraftfahrzeug, Maschinenbau, Werft- und Elektroindustrie für solche Kooperationsabkommen an.
Auf einer Fläche von fast 525 Quadratkilometern — der Größe Singapurs vergleichbar — wurden bis Ende 1998 über 5.600 Unternehmen wie General Motors, Siemens, Thyssen-Krupp, Alcatel, Intel, Hitachi, NEC und Sharp angesiedelt. Das weltgrößte Chemieunternehmen, die deutsche Bayer AG, investiert nach Meldungen vom Dezember 2003 rund 450 Mio. USD in eine Polycarbonat-Produktionsstätte im Caojing-Chemieindustriepark in Shanghai, um die wachsende Nachfrage auf dem asiatischen Markt zu befriedigen. Anfang November 2003 gab General Motors bekannt, dass das Unternehmen Cadillacs auf den chinesischen Markt zu bringen gedenkt. Eine bestimmte Anzahl soll dabei in Shanghai produziert werden. Dies wäre das erste Mal, dass Cadillacs außerhalb der USA produziert werden.
Das “Städtedreieck” zwischen Nanking, Shanghai und Hangzhou entwickelte sich zum größten und ertragreichsten Automobilstandort Chinas. Volkswagen kann ein Lied davon singen:
In den ersten neun Monaten 2003 wuchs der Autoabsatz der Volkswagen AG, auf dem boomenden chinesischen Automarkt rapide um 32,9% auf 490.279 Fahrzeuge. Einer Pressemeldung der Shanghai Morning Post zufolge spielt der chinesische Automarkt in den globalen Geschäften Volkswagens eine zunehmend wichtige Rolle, da der Autoabsatz VWs in China von Januar bis September 2003 einen Großteil des weltweiten Absatzes der Volkswagen AG ausmache.
“Goldman Sachs, eine der weltweit führenden US-Investmentbanken, verwies in einem in Beijing veröffentlichten Monatsbericht darauf, dass 80% der Gewinne der deutschen Volkswagen AG im ersten Halbjahr 2003 aus dem chinesischen Markt kamen.
Laut dem Bericht habe China zu einem Gewinn von 1,3 Euro pro Aktie der Volkswagen Gruppe beigetragen.
Dem Bericht zufolge entwickle sich der chinesische Automarkt schnell. Der Absatz sei um 70% gestiegen. Außerdem betonte der Bericht, dass China zu einem Schlüsselmarkt für fast alle Autoproduzenten geworden sei.
Mehr ausländische Autoproduzenten würden auf den chinesischen Automarkt kommen und die chinesischen Autohersteller würden mit Preisreduzierungen ihren Absatz fördern. Auf Grund dieser Prognose sei Goldman Sachs pessimistisch über Volkswagens Absatzaussicht im vierten Quartal diesen Jahres.”
(China Daily/Übersetzt von China.org.cn, 19. Dezember 2003)
Fast ein Drittel des chinesischen BSP wird in Shanghai (15 Mio. Einwohner — 2006) und den umliegenden Provinzen produziert. Rund 600.000 Privatunternehmen haben sich (Stand: 2007) in der Region, d.h. in Shanhai und den angrenzenden Provinzen, niedergelassen. Der Umschlag des Hafens hat im Containerverkehr Wachstumsraten von 25 % jährlich — kein Wunder, dass China etwas südlich vor der Küste einen völlig neuen Containerhafen errichtet.
Shanghai soll zu einem Verkehrsknotenpunkt für Ostchina ausgebaut werden. “Die Stadt Shanghai, die einzige Stadt Chinas die über zwei internationale Flughäfen verfügt, plant bis 2015 den Bau eines integrierten Verkehrsknotenpunktes mit einer Kapazität von 110 Millionen Passagieren. Am Flughafen Hongqiao werden die Beijing-Shanghai Hochgeschwindigkeitseisenbahnstrecke, die Shanghai-Hangzhou Transrapid-Strecke und der Terminal der Jangtse-Delta Region zusammenlaufen, sobald der zweite Terminal des Flughafens Pudong im Jahr 2008 fertig und in Dienst gestellt sei, sagt Wu Nianzu, Vorsitzender und Präsident des Shanghaier Flughafenamtes. Im Umfeld des Guangzhouer Flughafens Baiyun solle eine 100 Quadratkilometer große Wirtschaftszone entstehen, mit Bereichen für Industrie, Logistik und Handel, erklärt Liu Zijing, Präsident der Guangdong Airport Management Corporation. Über ein Netz von Autobahnen können vom Flughafen aus viele der Großstädte im Perlflußdelta innerhalb weniger Stunden erreicht werden” (China.org.cn, Xinhua, 15. September 2006).
Der Großraum Shanghai reicht von der alten südlichen Hauptstadt Nanjing am Jangtse über Hangzhou — der aufstrebenden Millionstadt am Westsee, in der SIEMENS bereits zwei Fertigungsstättem unterhält — bis Ningbo. Inzwischen herrscht hier — wie im Perlfussdelta — ein enormer Mangel an Arbeitskräften. Die hohen Wettbewerbslöhne locken auch Wanderarbeiter in das Gebiet, die selbst als “ungelernte Kräfte” mehr verdienen als in der Landwirtschaft in den rückständigen Provinzen Chinas.
Dies fordert zweierlei — einmal eine Umstrukturierung Shanghais, das im Rahmen der bisherigen Entwicklung “die Grenzen des Wachstums” erreicht hat. Aus dem Produktionsstandort Shanghai muss zunehmend ein Dienstleistungsstandort werden. Shanghai hat hier ehrgeizige Ziele. NAch dem im November 2006 vorgestelltenFünfjahresplan will die Stadt bis 2010 mindestens 25 % der Finanzgeschäfte Chinas bewältigen — einschließlich der Aktien und Obligationen. Shanghai möchte sich also zum internationalen Finanzzentrum Chinas mit einer großen Aktien- und Obligationenbörse entwickeln. (Quelle: Shanghai stellt neuen Finanzplan vor — (www.china.org.cn))
Eine weitere Notwendigkeit besteht in der verstärkten Entwicklung der ländlichen Regionen. Die Landflucht der Wanderarbeiter stellt nicht nur einen Quell der Arbeitskraftbeschaffung dar, sondern die Städte auch vor gewaltige Probleme. Selbst wenn Schul- und Sozialleistungen nur in den Herkunftsorten gewährt werden — eine unüberschaubare Anzahl von Zuwanderern stellt für jede Stadt gewaltige Anforderungen im Bereich der Infrastruktur. Auch die Heimatgemeinden geraten “aus den Fugen”, wenn die Dörfer nur mehr von den Alten und Kranken sowie von Kindern bewohnt werden. Die Landflucht kann aber nur gedämpft werden, wenn auch auf dem Land eine Perspektive möglich ist, die ein “Verbleiben” erlaubt. Auch hier hat der chinesische Staatsrat im November 2006 ein massives “Gegensteuern” beschlossen, mit dem die Wirtschaftsentwicklung auf dem Land beschleunigt werden soll.
Quelle: http://www.china.org.cn/german/277706.htm
Shanghai entwickelt sich zudem immer mehr zum Innovationsmotor des ganzen Landes. Nachdem mit dem Transrapid (MAGLEV) bereits in ausserodentlich schnelles öffentliches Verkehrsmittel in Betrieb ist — demnächst sollen die beiden Flughäfen über das EXPO-Gelände und den Südbahnhof miteinander verbunden sein — wird Shanghai auch für die im Aufbau befindliche zivilie Luftfahrtindustrie des Landes als Standort genannt (Quelle: China wird eigenes Großflugzeug entwickeln — (www.china.org)). Zugleich wird Shanghai gezielt zu einem Finanzzentrum für zumindest ganz Ostchina ausgebaut.
Der Wiederaufstieg Shanghais scheint im Rahmen des gesamten Aufschwungs Chinas unaufhaltsam — und Shanghai bleibt ein Antriebsmotor für die chinesische Wirtschaft. Die Region hat in der ersten Jahreshälfte 2007 ein Wachstum seines Bruttoinlandsproduktes (BIP) von 13 Prozent und einen Anstieg der Anlageinvestitionen um 9,6 Prozent verzeichnet. Der Dienstleistungssektor hat in dieser Zeit mehr als 50 Prozent zum BIP der Stadt beigetragen.
Shanghai ist dabei auch ein Sinnbild für die gesamte boomende Küstenregion, die die ostchinesischen Provinz Jiangsu sowie die nördlich anschließende Provinz Shandong umfasst.
Externer Link:
SPIEGEL-Dossier: Shanghai — Die Stadt der Zukunft
Shanghais Hinterland:
Shanghai verfügt mit dem Jangtse eine ausgezeichnete Verbindung in die Tiefe Chinas. Der Jangtse und die Nutzung des bis Peking reichenden “Kaiserkanals” ermöglichen den kostengünstigen Transport von Massenfrachten in die Kernbereiche Chinas.
Das “Hinterland” Shanghais das bis Wuhan, dem größten (noch mit Überseeschiffen anlaufbaren) Binnenhafen Chinas reicht, ermöglicht eine einzigartige Prosperität, die sich auch mit entsprechenden Industrieansiedlungen im “Hinterland Shanghais” bemerkbar macht.
Nankingoder Nanjing entwickelt sich durch die Investitionen von BASF mit seinem chinesischen Partner Sinopec zum Chemiezentrumam Jangtse. Mit Investitionen von jeweils 250 Mio. $ soll die Jahreskapazität der Etyhlen-Produktion bereitsein Jahr nach Eröffnung des neuen Werkes (2005), in dem von beiden Partnernfast 3 Mrd. $ investiert wurden, von 600 000 Tonnen auf 750 000 erhöht werden. Ethylen ist ein Grundstoff für die Erzeugung von Plastik und Gummi und damit ein wichtiger Ausgangsstoff für die Atomobilindustrie.
In Wuhan (dem Standort eines großen Stahlkombinats und einer der Hauptwerften für chinesische U‑Boote) hat sich inzwischen ein weiterer Autohersteller niedergelassen, der auf den rasch wachsenden chinesischen Markt setzt.
“Der japanische Autokonzern Nissan Motor Co. teilte mit, dass die Dongfeng Motor Co., das von Nissan mit dem chinesischen Autoproduzenten Dongfeng Motor Corp. gegründete 50–50 Joint-Venture (JV), seinen Absatz von 300.000 Fahrzeugen in diesem Jahr auf 620.000 Fahrzeuge 2007 zu verdoppeln plant.
Im Rahmen eines Vierjahresplans will Dongfeng Motor, sein Absatzvolumen von gegenwärtigen 17 Mrd. Yuan (2,06 Mrd. USD) auf 80 Mrd. Yuan (9,7 Mrd. USD) im Jahre 2007 erhöhen.
Das Joint Venture werde in China bis 2006 sechs neue PKW-Modelle von Nissan, darunter das bereits im Juli 2003 vorgestellte Modell Sunny, einführen, so Nissan.
Die sich in Wuhan, der Hauptstadt der zentralchinesischen Provinz Hubei, befindende Dongfeng Motor Co. begann im Juli 2003 mit einer Investition von etwa 2 Mrd. USD die Produktion.
Laut Nissan ist die Dongfeng Motor Co. das erste von einem chinesischen Unternehmen und einer ausländischen Firma gegründete Auto-Joint-Venture in China, dessen Sortiment LKWs, Busse, leichte Nutzfahrzeuge und PKWs enthält.”
(China Daily/Übersetzt von China.org.cn, 12. Dezember 2003)