Schwarzes Meer
Eine wieder völlig andere Welt findet sich am östlichen Ufer des Schwarzen Meeres – dort, wo früher die westliche Welt zu Ende ging und der Eiserne Vorhang das antike Kolchos (Georgien) verriegelte.
Die Schwarzmeerküste reicht von Thrakien im Westen im europäischen Teil, wo die Gebirge nur 600 m Höhe erreichen, bis zu den Höhen des pontischen Gebirges, das sich über die gesamte Küste mit einer Breite von etwa 100 km erstreckt, steil zur Küste abfällt und im Osten von 3500 m Höhe erreicht.
Nur wenige Buchten sind daher hier zu finden und somit nur wenige natürliche Schutzhäfen. Bekannte Städte sind Trabzon, Samsun und Sinop.. Meist werden Kirschen‑, Haselnüsse und bei Rize Tee angebaut ! Auch Tabak und Zitrusfrüchte finden sich hier. Fast fünf Meter Niederschläge im Jahr, warme Temperaturen und ein – durch die See ausgeglichenes Klima – führen zu einer fast tropisch anmutenden, wuchernden Vegetation, mit Teeplantagen und dampfenden Wäldern (der berühmte pontische Mischwald ist hier zu finden), über denen sich die Berge erheben, die an den Gipfeln über 2.000 Meter Seehöhe erreichen und (z.B. am Kermeli Kac´kar) an die Hochgebirge der Dolomiten erinnern.
Hier thronen uralte Klöster wie Adlerhorste in den Felsenwänden, während kleine Ortschaften und Dörfer – wie Ayder – unterhalb der saftigen Almen den türkischen Rentnern einen geruhsamen Altersruhestand ermöglichen. Der Tourismus spielt dagegen kaum eine Rolle.
Bei Zonguldak im Westen befindet sich auch ein Kohlerevier mit Stahlwerk.
Ägäis und Mittelmeerküste
Ganz anders präsentiert sich die Mittelmeerküste: vom Marmarameer nach Süden erstreckt sich – beginnend mit Troja bis vor die Küsten von Rhodos – die „Gegenküsten Griechenlands“ an der Ägäis.
Das pontische Gebirge und das Taurusgebirge der Türkei finden hier zusammen und bilden besonders im Südwesten eine bergige Küstenkulisse, die steil zum Meer abfällt. Zahllose Buchten finden sich hier im Westen. Vor der Küste sind zahllose griechische Inseln. Bekannte historische Städten befinden sich hier an der Küste Kleinasiens. Meist versandeten die Flüsse, so daß die historischen Städte meist kilometerweit vom Mittelmeer entfernt liegen.
Schon früh haben hier griechische Städte, griechische Kultur und Zivilisation geblüht. Die eindrucksvollen Tempelruinen von Side (Internetfoto: http://home.arcor.de/uwe_strelau/side/apollo.jpg), die Ruinen von Ephesus, Pergamon und Troja zeugen von einer uralten Einbindung in die antike und christliche Welt des Abendlandes.
Noch während der Osmanenzeit war das „Gegenufer“ gegenüber Griechenlands auf der asiatischen Seite der Ägäis von Hellenen bewohnt – wieso sollten Griechen auch aus ihrer angestammten, schon in der Antike besiedelten Heimat nach Europa ziehen, das doch (bis 1830) auch unter der Herrschaft des Sultans stand?
Als Kriegsverlierer musste sich das Osmanische Reich 1920 einen Friedensvertrag diktieren lassen, der das Staatsgebiet auf die von Türken bewohnten Kernzonen (mit Ausnahme der Siedlungsgebiete der Kurden und Armenier) reduzierte. Die arabisch bewohnten Gebiete wurden europäische Protektorate, die Gebiete auf dem Europäischen Kontinent den erwachenden Nationalstaaten zugeschlagen. Dieser Verlust erschütterte den „Kranken Mann am Bosporus“.
Heimatvertreibung am Mittelmeer:
„1922 versuchte Griechenland, die Siedlungsgebiete an der östlichen Ägäisküste, in Ostthrakien und Konstantinopel an sich zu reißen. Mit Zustimmung Englands und Frankreichs marschierten griechische Truppen Richtung Ankara und wurden vor der türkischen Hauptstadt von Kemal Atatürk vernichtend geschlagen, nachdem die Alliierten ihre Waffenlieferungen eingestellt hatten. Die griechischen Siedlungsgebiete in Ionien und Ostthrakien wurden von türkischen Truppen erobert. Hunderttausende, überwiegend Zivilisten, verloren ihr Leben. Im Vertrag von Lausanne wurde — auch durch britischen Druck — die Vertreibung von 1,5 Millionen Griechisch-Orthodoxen aus der Türkei sanktioniert. Sie wurden in Nordgriechenland angesiedelt. Gleichzeitig mussten über 500.000 Muslime – unter ihnen Türken, Albaner, Pomaken und Roma – Nordgriechenland verlassen. Die Schrecken von Flucht, Vertreibung und Völkermord werden seither als beispielhafter “Bevölkerungsaustausch” umschrieben. Nur die muslimischen Minderheiten Westthrakiens wurden, geschützt durch ein Sonderstatut, ebenso von der Umsiedlung ausgenommen wie 250.000 Griechen in Konstantinopel/Istanbul und auf den Inseln Imbros und Tenedos.“
Zitiert aus Gesellschaft für bedrohte Völker: “Nationalitätenkonflikt mit langer Geschichte“
1923 wurde die Republik ausgerufen – und der erste säkulare und nationale Staat der Türken entstand. Aus dem Osmanischen Reich war die Türkei geworden.
Doch zu welchem Preis?
Bekannteste Städte sind Izmir und Bodrum, die heute völlig türkisch geprägt sind.
Hier im Westen lebt man vom Tourismus und von der Landwirtschaft. 70 % ist Kulturland mit Zitrusfrüchten, Tabak, Weizen, Baumwolle. Mangan‑, Blei- und Quecksilbervorkommen sind hier zu finden.
Industrie (Textilien, Leder und Papier) gibt es vor allem rund um Izmir. Die drittgrößte Stadt der Türkei lockt mit 19 Industriezonen und einer Freizone, in der sich über 200 Unternehmen niedergelassen haben. Alleine die Tochterfirmen deutscher Unternehmen beschäftigen dort fast 5.000 MitarbeiterInnen. Die “Ägäis-Freizone” in Izmir hat ein ehrgeiziges Ziel: sie ist nicht nur der wichtigste Standort für die vearbeitende Industrie sondern will zu einem Zentrum für den Luft- und Raumfahrtsektor werden.
Die Ostküste des Mittelmeeres:
Der Taurus grenzt Anatolien vom Mittelmeer ab. Diese schwer überwindbare Gebirgskette (bis 3000 m) lässt an den Buchten des Mittelmeeres ausgedehnte Buchten und Sandküsten zu.
Städte wie Antalya und Anlanya können sich heute vor Besuchern kaum retten. Der Küstensaum ist breit und wird zum Anbau von Zitrusfrüchten, Bananen, Oliven, Wein, Obst und Pistazien genutzt. Die wenigen Industriebetriebe sind Nahrungsmittelverarbeiter – ansonsten boomt die „weisse Industrie“. Die Mittelmeerküste wird zunehmend zum Urlaubsland gestresster Mitteleuropäer.