Turkstaaten — Aserbaidschan


Aserbaidschan AzerbaijanAserbaidschan Streitkräfte Azerbaijan Armed Forces

Mil­itärische Ein­bindun­gen:
Nach dem Zer­fall der Sow­je­tu­nion waren die GUS-Nach­folges­taat­en mit den auf dem jew­eili­gen Ter­ri­to­ri­um verbliebe­nen Waf­fen­sys­tem aus­ges­tat­tet.
Diese — oft des­o­lat und schlecht gewartet — wur­den im Krieg mit Arme­nien erhe­blich reduziert. Aser­baid­schan ver­fügte zunächst nur über magere, ver­al­tete Waf­fenbestände der Sowjetzeit.

Im Krieg gegen Afghanistan wurde Baku allerd­ings als Zwis­chen­lan­de­platz für amerikanis­che Inter­ven­tion­strup­pen genutzt. Es wird berichtet, ein (geringer) Teil der Waf­fen­ladun­gen habe sein­erzeit auch seinen Weg zu den aser­baid­sch­a­nis­chen Stre­itkräften gefun­den, zumal die USA im Jahre 2001 das Ver­bot, Aser­baid­schan Mil­itärhil­fe zu leis­ten, aufge­hoben haben.

Nach­dem die aser­baid­sch­a­nis­che Marine beim Zer­fall der Sow­je­tu­nion lediglich zwei Lan­dungss­chiffe der POL­NOC­NY-Klasse und zehn kleinere, über­wiegend ältere, mit leicht­en Rohrwaf­fen bestück­te Patrouil­len­boote zum Küsten­schutz erhal­ten hat­te wird derzeit die Marine aufgew­ertet. 
Zusät­zlich zum let­zten FK-S-Boot der OSA II Klasse (mit Seeziel FK SS-N-28 Styx bewaffnet) erhält Aser­bei­d­schan von den USA ein neues Patrouil­len­boot, zugle­ich wer­den auf Kosten der USA zwei weit­ere, vorhan­dene Schiffe instand geset­zt — und sich­er auch mod­ernisiert. Damit soll Aser­baid­schan in die Lage ver­set­zt wer­den, die — auch von US-Fir­men aus­ge­beuteten und weit­er erschließbaren — Ölvorkom­men zu sich­ern (Marine­fo­rum 04/2003).
Ins­beson­dere Iran, mit dessen Schif­f­en es im Gebi­et südöstlich von Baku schon zu mehreren Zwis­chen­fällen kam, aber auch Rus­s­land sind von dieser Stärkung der Aser­baid­sch­a­nis­chen Marinekräfte nicht begeistert.

Der Jahresabrüs­tungs­bericht 2001 der Bun­desregierung führt zu den Stre­itkräften Aser­bei­d­schans aus (Zitat):
“Die Stre­itkräfte Aser­baid­schans ver­fü­gen über 60.200 Sol­dat­en bei ein­er gegenüber dem Vor­jahr um 2.000 ange­hobe­nen Soll-Stärke von 72.000 Sol­dat­en. Der Per­son­albe­stand der Seestre­itkräfte beträgt ca. 2.200 Sol­dat­en und liegt damit weit hin­ter der Zielset­zung von 5.000. Die Land­stre­itkräfte umfassen etwa 50.000, die Luft­stre­itkräfte annäh­ernd 8.000 Sol­dat­en. Die Trup­pen des Innern und die Gren­ztrup­pen haben einen Umfang von etwa 7.000 bzw. 5.000 Sol­dat­en. Die Wehr­di­en­st­dauer beträgt zurzeit grund­sät­zlich 15 Monate. Die Stre­itkräfte unternehmen vor allem mit inten­siv­er türkisch­er Unter­stützung vielfältige Anstren­gun­gen, um die Leis­tungs­fähigkeit zu erhöhen. “
Die Aseris betreiben eine Annäherung an die Türkei, der sich auch in einem langjähri­gen Trend zur Annäherung an die NATO auswirkt. So berichtete RIA-Novosti am 1.12.2006, dass sich die Eli­teein­heit der aser­baid­sch­a­nis­chen Nation­alarmee, als “Baku-Korps” bekan­nt, auf die Nato-Stan­dards umstellt. “Baku scheint offen­bar gut zu begreifen, dass der Nato-Beitritt Georgiens bere­its eine beschlossene Sache ist. Dies würde eine Aus­bre­itung des Ein­flusses der Nato auf den gesamten Süd­kauka­sus und eventuell weit­er auf Zen­tralasien nach sich ziehen. Danach wird eine Wieder­her­stel­lung des mil­itär­poli­tis­chen Ein­flusses Rus­s­lands an der Süd­flanke des post­sow­jetis­chen Raums kaum mehr reell erscheinen. Moskau wird die Hand­lun­gen von Baku ohne Begeis­terung aufnehmen. In Aser­baid­schan ist man sich aber dessen gut bewusst, dass der Kreml diese Entwick­lung nicht behin­dern kann. Man kann annehmen, dass die weit­ere Entwick­lung der mil­itärischen Beziehun­gen zur Nato und der Wirtschafts­beziehun­gen mit Rus­s­land für Aser­baid­schan zu einem starken Trumpf bei weit­eren Diskus­sio­nen über den Sta­tus von Berg-Karabach wird. Arme­nien sieht das aber sehr wohl und untern­immt nun alles, um nicht zu ver­lieren. Bei Beibehal­tung des strate­gis­chen mil­itär­poli­tis­chen Bünd­niss­es mit Moskau ver­sucht Jere­wan nun, seine Beziehun­gen und Kon­tak­te mit Brüs­sel zwar vor­sichtig, dafür aber kon­tinuier­lich zu fes­ti­gen.“
Quelle: http://de.rian.ru/world/20061201/56300087.html  

Pläne für eine west­liche Luft­waf­fen­ba­sis in Baku sind bish­er offiziell noch nicht bestätigt wor­den. Wenn sie ver­wirk­licht wer­den soll­ten, wäre dies für Baku ein großer Erfolg, denn inof­fiziell war ein NATO- oder US-Stützpunkt in den ver­gan­genen Jahren immer als Wun­schziel betra­chtet wor­den. Eine US-Präsenz im Lande gilt als Garantie für Sicher­heit und Stabilität. 

Tat­säch­lich erfol­gt ein mas­siv­er Aus­bau der früheren sow­jetis­chen Luft­waf­fen­ba­sis Nas­sos­ny mit amerikanis­ch­er Hil­fe, und im August 2003 haben aser­baid­sch­a­nis­che Stre­itkräfte gemein­sam mit US-Trup­pen „Anti-Ter­ror-Übun­gen“ abge­hal­ten. 
Der Staatschef Ali­jew – seit 1945 Mit­glied der KPdSU, KGB-Boss, KP-Chef und 1982 in das Polit­büro der KPdSU aufgestiegene spätere Präsi­dent – ist auch kräftig dabei, seinen südlichen Nach­barn gehörig zu verprellen.

Kon­flik­t­po­ten­tial zum Iran:
Obwohl die von Arme­nien umk­lam­merte Exklave Nachitschewan nur über eine schmale Anbindung an die Türkei ver­fügt und anson­sten auf die Verkehrsverbindun­gen durch den Iran angewiesen ist, fördert der Allein­herrsch­er mit seinem Geheim­di­en­stchef und der Unter­stützung der CIA eine „Südaser­baid­sch­a­nis­che Befreiungs­be­we­gung“, mit der die etwa 16 Mil­lio­nen Aseris im Nordi­ran (um die unruhige Uni­ver­sitätsstaat Täbris) zum Sturz des Mul­lah-Regimes im Iran aufge­fordert wer­den. 
Aser­baid­schan mit ein­er Ein­wohn­erzahl (Population):rund 3,809 Mio. hält also nur ein Bruchteil des in einem großen­teils zusam­men­hän­gen­den Sied­lungs­ge­bi­et leben­den Staatsvolkes in seinen Gren­zen. 
Ali­jew leis­tet sich sog­ar die Entsendung von Frieden­strup­pen in den Irak, zur Unter­stützung der USA, die als „strate­gis­che Ver­bün­dete“ beze­ich­net wer­den. 
Bei­de Staat­en machen sich auch diverse Fis­chereirechte und Ölvorkom­men des kaspis­chen Meeres stre­it­ig. Der Iran ver­trieb im Som­mer 2001 mit Mil­itärein­satz ein Schiff aus Aser­bei­d­schan, dass für den Ölkonz­ern BP-Amo­co in einem Meeres­ge­bi­et nach Öl bohrte, das vom Iran als Hoheits­gewäss­er beansprucht wird. Diese Auseinan­der­set­zung hat ihre Ursache darin, dass bis­lang der inter­na­tionale Sta­tus des über 370.000 Quadratk­ilo­me­ter großen Kaspis­chen Meeres ist noch immer umstrit­ten ist. Während Kasach­stan und Aser­baid­schan auf der Def­i­n­i­tion „See“ behar­ren (dies würde eine sek­torale Aufteilung und damit die Aus­beu­tung der Boden­schätze in nationaler Regie bedeuten), beste­hen sowohl Rus­s­land als auch Turk­menistan und der Iran auf „Meer“ (dies würde eine gemein­same Aus­beu­tung aller fünf Anrain­er­staat­en außer­halb der nationalen Küsten­zo­nen mit sich brin­gen). Aser­bei­d­schan geste­ht daher dem Iran nur 12,5 % Meeres­fläche zu.
Der nach lan­gen Sow­jet-Jahren „weltliche Schi­is­mus“ in Aser­baid­schan fürchtet dazu ein Über­schwap­pen der iranis­chen „Mul­lah — kratie“, zumal die iranis­chstäm­mi­gen Talyschen, die an der Gren­ze zum Iran siedeln, als oppo­si­tionelle Gruppe gel­ten. Um dies zu ver­hin­dern wird – trotz der Geg­n­er­schaft zum christlichen Arme­nien — sog­ar Papst Johannes Paul II. „einges­pan­nt“, der im Mai 2002 während seines ein­tägi­gen Besuchs im über­wiegend islamis­chen Aser­baid­schan Moslems, Chris­ten und Juden zu Tol­er­anz auf­fordert und sich bei einem Tre­f­fen mit Präsi­dent Hej­dar Ali­jew und religiösen Führern in der aser­baid­sch­a­nis­chen Haupt­stadt Baku gegen jede Form von Fun­da­men­tal­is­mus wendet.

Nakhichevan (Nachitschewan) — Aser­baid­sch­a­nis­che Enklave in Arme­nien:
Im Feb­ru­ar 1828 — zwei Monate vor ein­er Kriegserk­lärung Rus­s­lands an das Osman­is­che Reich — wur­den die Khanate Erivan (Arme­nien) und Nakhichevan als Folge eines rus­sisch-per­sis­chen Friedensver­trages (und in Vor­bere­itung des rus­sis­chen Feldzuges gegen die Osma­n­en) dem rus­sis­chen Zaren­re­ich angegliedert.
Die heutige aser­baid­sch­a­nis­che Enklave Nakhichevan zwis­chen Arme­nien und Iran — mit einem schmalen Gren­züber­gang zur Türkei — mit ihren etwa 300.000 Ein­wohn­ern ist über­wiegend von Aseris, also eigentlich von Türken, bewohnt, die über die iranis­che Nord­prov­inz um Täbris bis nach Aser­baid­schan ein rel­a­tiv geschlossenes Sied­lungs­ge­bi­et haben. Auf seinen Reisen durch die zer­fal­l­ende Sow­jet-Union kon­nte Peter Scholl-Latour (Quelle: “DEN GOTTLOSEN DIE HÖLLE”) fest­stellen, dass in allen Dör­fern schi­i­itsche Moscheen restau­ri­ert oder neu erbaut wur­den. Im Jan­u­ar 1990 hat­ten sich — mit deeskalieren­der Zurück­hal­tung sow­jetis­ch­er Elite-Ein­heien — die Bewohn­er bei­der Seit­en am Gren­zfluss zum Iran, dem Arax, ver­brüdert und die Vere­ini­gung mit dem Iran bzw. mit der Türkei gefordert.

Die Unter­stützung der Türkei und die lange (auch für Schmug­gler inter­es­sante) Gren­ze zu Iran führte dazu, dass diese Enklave durch die armenis­che Block­ade anlässlich des Krieges um Berg-Karabach rel­a­tiv “unbeschadet” blieb.
Dies wird genutzt, um den Touris­mus in dieser Region anzukurbeln. 
Wer im Inter­net bei „Google“ unter dem Stich­wort „Nachitschewan“ nach Dateien sucht, wird von ein­er Fülle von Reiseange­boten regel­recht „erschla­gen.“ 

Zu Aser­bei­d­schan gehören weit­ere drei kleine Gebi­et­steile inner­halb Armenis­chen Staats­ge­bi­etes. im Nor­dosten Arme­niens die Enklaven Azata­mut und Ask­ipara sowie etwas nördlich der aser­baid­sch­a­nis­chen Exklave Nachitschewan die Enklave Kar­ki, die jet­zt Tigranashen heißt. Diese Gebi­ete wur­den in Folge der Kriegshand­lun­gen um Nagorny-Karabach von Arme­nien annek­tiert und die Bewohn­er vertrieben.

Externe Links:
Auswär­tiges Amt — (www.auswaertiges-amt.de)
Der Kampf um das Öl am Kaspis­chen Meer — (www.uni-kassel.de) 

Uni Ham­burg – Fach­bere­ich Sozial­wis­senschaften:
Nagornyj-Karabach — (www.sozialwiss.uni-hamburg.de)