Gezieltes Bevölkerungswachstum:
Bis 1960 stand hier kein einziges Hochhaus — aber als 1966 die ersten Erdölvorkommen erschlossen wurden, begann eine einzigartige wirtschaftliche Entwicklung. In Dubai wid dazu bis 2015 ein ganz neuer Stadtteil mit über 20 Mrd. US-$ Finanzvolumen entstehen. Entlang der 30 km langen Straße zwischen der Innenstadt und dem Hafen ist ein gigantischer Wald von Baukränen entstanden (2006). In der “Dubai Waterfront” sollen 2020 mehr Menschen leben als heute in Manhatten, und der von dort weit ins landesinnere ausgreifende künstliche Kanal, der fast den halben Staat umfasst, markiert die Grenzen derzeitiger Ausbauvisionen. Sechsspurige, palmengeschmückte Autobahnen sind kaum in der Lage, den Verkehr aufzunehmen — während zu Beginn der 70er Jahre erst wenige Kilometer Asphaltstraße zur Verfügung stand.
Dubai — mit inzwischen 1,5 Millionen Einwohnen (bis 2010 sollen es 10, bis 2015 dann 15 Millionen, bis 2020 sogar 20 Mio werden) und nicht einmal 4.000 Quadratkilometern ein kleines Fürstentum — hat sich ehrgeizige Ziele gesetzt. Duabi setzt gezielt auf die Zuwanderung vor allem einer arabischen Mittelklasse, die mit ihren Familien neue Unternehmen voranbringen. Während derzeit extrem teure Luxuswohnungen angeboten werden sollen bis 2008 weitere 270.000 Wohnungen der gehobenen Klasse und bis 2010 insgesamt 480.000 neue Wohnungen geschaffen werden. Dazu werden die Büroflächen — bis 3,7 Mio. qm werden von 2007 bis 2010 hinzu kommen — um knapp 40 % erhöht, um Arbeitsflächen für den Handels- und Finanzsektor zur Verfügung zu stellen.
Dubai profitiert dabei auch von den uralten, gewachsen Kontakten der alten Hafenstadt: der Anteil des Iran am Außenhandel des kleinen Staates liegt bei 20 %. Dubai hat sich zu einem der wichtigsten Zwischenhändler für die Iran etabliert, auch, weil die alten Händlerdynastien des arabischen Hafens vielfach verwandtschaftliche Beziehungen zur iranischen Gegenküste hat. Dubai profitiert auch von einem weiteren Ereignis: als Saddam Hussein das reiche Kuwait seinem Herrschaftsbereich einverleiben wollte, flohen viele reiche Kuwaitis nach Dubai. Dies hat vor allem dem Finanz- und Handelswesen sowie der Hotelindustrie enorme Wachstumsimpulse gegeben.
Der Tourismus ist eine der Schlüsselbereiche für die künftige Entwicklung der Wirtschaft Dubais. Auch in diesem Staat wetteifern heute Luxushotels um zahlungskräftige Gäste — wobei die Hotels derzeit (2007 mit 30.000 Zimmern) auf Monate hinaus ausgebucht sind. Dementsprechend werden an der künftigen “Hotelmeile >Badawi<” zwischen Dubailand (Freizeitpark) und dem neuen World Central International Airport auf rund 20 km² weitere über 30 großfläche Luxushotels mit über 30.000 Hotelzimmern aus dem Boden gestampft. Die Gäste Dubais sollen von 6,5 Mio. (2006) bis 2015 auf 15 Mio. Besucher zunehmen. Insgesamt 80.000 Zimmer sollen ab 2010 für Besucher des Emirates zur Verfügung stehen.
Der seit Ende 2005 in Bau befindliche “Burji-Dubai” (Turm von Dubai) — Wolkenkratzer soll mit Baukosten von rund über 1 Mrd. Euro und mindestens 805 m Höhe das höchste Gebäude der Welt werden, wie eine silberne Rakete aussehen und mit Büros, Restaurants, Einkaufsstraßen, einem Edel-Hotel (Armani, 180 Zimmer), einem über drei Stockwerke reichenden Aquarium und einer Eisbahn in Olympischer Größe bis 2010 fertig gestellt sein. Am 22. Juli 2007 wurde das erste Ziel erreicht, der 509 m hohen “Taipeh 101” übetroffen, der Turm von Dubai erreichte — noch 20 Geschosse von der Fertigstellung entfernt — die atemberaubende Höhe von 512 m. Im Jahre 2008 soll der “Burji Dubai”, das dann höchste Gebäude der Welt fertig gestellt werden. Um den Turm wird in “Downtown Dubai” mit einem Investitionsvolumen von gut 20 Mrd. $ ein neues Stadtviertel für rund 100.000 Bewohner aus der Wüste gestampft, mit der Dubai Mall, dem “größten Einkaufszentrum der Welt” und einem in traditionellem Baustil errichteten Wohngebiet (Old Town), künstlichen Seen und Parkanlagen. Damit wird sich der Schwerpunkt der Stadt, sein wirtschaftliches Herz, nach Südwesten ausdehnen.
Der Turm wird allerdings nicht lange den Titel des “weltgrößten Gebäudes” tragen. Die Pläne für einen mindestens 1.200 m hohen Turm “Al Burj” sind bereits im Entstehen. Der vom Nakheel Konzern (unter der Leitung von Sultan Ahmed bin Sulayem) errichtete “Nakheel-Tower” soll mit 200 Stockwerken mindestens 1000 m hoch werden, und das Zentrum des “New Dubai” Stadtviertels zwischen den beiden künstlichen Palminseln werden. Mit 40 weiteren Wolkenkratzern, die bis zu 90 Etagen aufweisen werden, wird das Stadtbild von Manhatten schon alleine durch den zentralen Wüstenturm in den Schatten gestellt werden.
Im Wettlauf mit den Potentaten der Nachbarstaaten errichtete Dubais Scheich das “Burji Al-Arab-Hotel” (Turm Arabiens). Das 321 Meter hohe — weltweit einzige — Sieben-Sterne-Hotel “Burj Al-Arab ” mit 2.500 Angestellten für fast 400 Suiten oder Zimmerm und 15 Restaurants ist nur eine der bekanntesten Luxus-Herbergen.
Auf einer künstlichen Insel wurde — optisch an ein gigantisches Segelschiff erinnernd — unter Verwendung der edelsten und teuersten Materialien ein gigantisch kühnes, futuristisch anmutendes Projekt verwirklicht; ein Weltwunder des Luxustourismus. Blauer Granit aus Brasilien, schneeweißer Carrara-Marmor, edelste Hölzer aus Kanada und über 8.000 qm Gold — die Regenten ließen es sich etwas kosten, eine vom Ölreichtum unabhängiges Einkommensquelle zu öffnen. So teuer wie die Materialien, so teuer sind auch die Übernachtungskosten, die bis zu 15.000 Euro für eine Nacht betragen können. Hier ist eine Edelunterkunft für die Reichsten der Reichen entstanden.
Direkt daneben liegt ein weiteres “Hochhaushotel”. Mit 26 Etagen und 600 Zimmern wetteifert das “Jumeriah Beach-Hotel” mit dem Turm Arabiens um Kunden; Wasserfälle, Palmen und ein See mit einer Insel — auch hier war nichts zu teuer, um betuchten Gästen ein standesgemäßes Ambiente zu bieten — im Herbst 2008 hat das “Hotel Atlantis The Palm ” mit über 1500 Hotelzimmern, seinen Betrieb aufgenommen — mit Aussicht auf (künstliche) Korallenriffe und die Fischwelt des Golfes. Die beiden Unterwassersuiten sind Luxusdomizile, die über drei Etagen reichen und an ein Riesen-Aquarium mit elf Millionen Liter Wasser Inhalt grenzen, in denen sich 65 000 Fische, Haie und Delfine tummeln. Demnächst wird wohl “Hydropolis”, das erste Unterwasser-Hotel der Welt mit über 200 Hotelzimmern folgen. Dazu sind bereits die nächsten touristischen Großprojekte im Entstehen.
Die nächste Touristenattraktion ist nicht weit weg. Wer in Dubai — dem Scheichtum am Arabischen Golf — Sehnsucht nach Wintersport bekommt, braucht nur am Südrand der Stadt ein Wintersportzentrum besuchen, das nicht nur ein Eislaufstadion sondern auch noch eine kleine Schneepiste mit über 300 m Länge und einem Höhenunterschied von 70 m aufweist. 22.500 qm Schneelandschaft mit 5 Pisten, Rodelbahnen, Sessellift und Hütten im Alpenstil — “Almöhi” würde sich hier zuhause fühlen. Im Jahre 1991 kamen gerade 700.000 Besucher in die langsam aus dem Wüstenschlaf erwachende Küstenstadt, im Jahr 2002 waren es schon 5 Millionen, die ihre “schönsten Wochen des Jahres” (auch wenn es nur einige Tage waren) in der Wüstenmetropole verbrachten — und bis 2015 sollen schon 10 bis 15 Millionen Besucher ihre Devisen im Staat lassen. Neben Arabern ist Dubai auch für einen Zwischenstop auf dem Weg zwischen Europa und Südasien / Australien von Interesse.
Schon heute hat der Tourismus die Einnahmen aus den Bodenschätzen im Bruttosozialprodukt (BSP) weit überholt. Während die Verkäufe von Erdöl und Erdgas nur noch 6 % ausmachen, liegt der Erlös aus der “weißen Industrie” beim 2 ½ fachen — bereits 16 % des BSPs von Dubai werden durch den Tourismus erzielt. Kein Visum, keine Impfungen — aber das ganze Jahr über Sonne und die besten Verbindungen mit dem besten Service: so soll der Tourismus eine neue Dollar-Schwemme auslösen.
Wenn die derzeit in Bau befindlichen Objekte fertig gestellt sind, wird die Tourismusindustrie einen weiteren Schub erhalten. Mit seiner Luftlinie – den Emirates Airlines – soll auch der Transport der Gäste bereits Dollars in die Kassen des Staates spülen. Da die meisten Einwohner körperlich harte Arbeit ablehnen kommt die Mehrheit der Bauarbeiter aus ärmeren Staaten wie Pakistan, den Philippinen und Indien. Von den 1,5 Millionen Einwohnern Dubais sind gut eine Million ausländische Hilfskräfte, die als Hilfsarbeiter, Taxifahrer, Zimmermädchen und Haushaltshilfen das “Wirtschaftswunder” schmieren. Allerdings: die Löhne sinken. Während die Tagelöhner früher in wenigen Jahren das Startkapital für eine berufliche Existenz in der Heimat erwerben konnten werden heute monatlich im Schnitt nur noch knapp 200 US-$ verdient. Das entspricht auch dem Verdienst, den ein Arbeiter in Indien selbst erhalten würde. Dies hat bereits zu ersten wilden Streiks im Land geführt. Brennende Autos, Baumaschinen und Büros, splitternde Fenster — der durch die minimale Bezahlung und unzumutbaren Arbeitsbedingungen motivierte Bauarbeiter-Aufstand am “Buj Dubai” brachte den Bau zum erliegen — und zeigte auch den Emiraten “die Grenzen des Wachstums”. Nach einem Tobsuchtsanfall des Scheichs — so wird kolportiert — sei die Baufirma verpfichtet worden, über 7 Millionen Dollar ausstehende Gehälter innerhalb von 24 Studen zu zahlen.
Kürzlich wurde ein neues Projekt erstellt, das sogar von der Erdumlaufbahn aus gesehen werden kann. Im Golf wurde mit rund 80 Millionen Kubikmeter Steinen, Fels und Sand und einem Aufwand von knapp 6 Milliarden US-Dollar ein gigantisches Landaufschüttungsprojekt “The Palm” errichtet, eine künstliche Halbinsel in Form einer Palme, die sich sechs Kilometer weit ins Meer erstreckt und 40 Edel-Hotels, rund 2000 Bungalows, 3000 Apartments, einen Golfplatz und einen Jachthäfen aufnehmen soll. Alle Villen und Apartments waren verkauft, als die Eröffnung erfolgte — so dass sich Dubai bereits mit einem weiteren Projekt dieser Art trug — und dann auch im Sommer 2003 mit dem Baubeginn gestartet hat. “The Palm, Jebel-Ali” und “The Palm, Deira” werden das erste Projekt dieser Art, “The Palm Jumeirah” noch in der Größe übertreffen. Diesmal soll bis zur Fertigstellung im Jahre 2008 eine neue 150.000 Einwohner Stadt aus Sand und Wüste gestampft werden. Für 1,8 Milliarden Dollar wird zudem “The World” — eine sogar aus dem Weltraum sichtbare Inselmetropole — aus 250 (künstlichen) Inseln errichtet, wobei diesmal nichts weniger als der Globus auf einer Fläche von 5,6 Quadratkilometern nachgebildet werden soll.
Dubai wird in den nächsten Jahren weitere Milliarden in riesige künstliche Inseln und andere Megaprojekte investieren, um das Land zu einem Ganzjahres-Ziel für betuchte Touristen zu machen.
Das höchste Gebäude der Welt — das erste Unterwasser-Hotel der Welt — die erste Ganzjahres-Skipiste unter Wüstensonne — Dubais Herrscher wollen mit Superlativen protzen um — schon jetzt mit Erfolg — eine neue Erwerbsquelle zu erschließen.
Dubais Elite — im Westen ausgebildet wie die Wirtschaftsministerien der VAE, Lubna al-Quasimi — versucht, die Emirate zum Vorreiter der Region zu machen. Das ist gar nicht so einfach in einer Region, in der vor Jahrzehnten die meisten Bewohner noch Analphabeten waren. Auch heute noch werden nur etwa 1 % aller Arbeitsplätze im privaten Bereich mit Einheimischen besetzt. Technische und medizinische Berufe — wie auch Handwerker — können praktisch nur mit ausländischen Fachkräften besetzt werden. Die Regierung sieht das Problem und versucht, die Bildung der breiten Bevölkerung zu verbessern. Dabei setzt die Elite — aufgeschreckt durch den “Arab Human Development Report” der Vereinten Nationen — durchaus auch auf massive Bildung, und den Anschluss an die Weltelite des Wissens.
In “Dubai Knowledge Village” in der Innenstadt sollen die großen und bekannten Elite-Universitäten der Welt mit Forschungs- und Lehrinstituten einziehen. Seit Oktober 2006 hat die Université Paris-Sorbonne-Abou Dhabi mit zunächst 170 Studierenden — überwiegend Studentinnen — den Vorlesungsbetrieb in Geschichte, Geographie, Kunstgeschichte und Literatur eröffnet, und die Elite-Hochschule Ecole Normale Supérieure soll mit einem handfesten Ingenieursstudium folgen. Mehr als ein Dutzend internationale Universitäten haben bis Anfang 2008 Niederlassungen eröffnet. Darunter sind neben Frankreich auch Universiäten aus England und Belgien, aus Australien und (mit der Michigan State University) auch eine Eliteuni aus den USA. Die Zahl der Studierenden hat sich seit 2003 innerhalb von 5 Jahren auf 10.000 Studenten verfünffacht. Die meisten der neu eröffneten Studiengänge orientieren sich auf den profitorientierten Wirtschaftsbereich. Die Bachelorprogramme werden zu einem Großteil von örtlichen Invstoren finanziert.
Eine weitere Universitätssiedlung enteht in “Dubai International Academic City” (DIAC). Über 35.00 Studenten sollen dort in 40 Hochschulen, mit Wohnheimen und Sportanlagen akademisches know how erhalten. Es ist ein gigantisches “Investitionsprogramm in die Zukunft”. Alleine die staatliche Zayed-Hochschule hat über 100 Mio. Euro Investitionskosten verschlungen, und auch hier sind ausländische Hochschulen vertreten. So hat die schottische Heriot-Watt University hier inzwischen eine Niederlassung.
Dubai will die Zahl der Hochschulabsolventen von 2008 bis 2018 — innerhalb von 10 Jahren — auf jährlich 24.000 Personen vervierfahcen. Der Nachwuchs soll in eigenen Gymnasien heranwachsen — so einer Filiale des französischen Elite-Gymnasiums Louis le Grand aus Paris. In Dubai und Abu Dhabi können Bücher von Autoren wie dem Syrer Bassam Tibi (Professor für internationale Beziehungen an de Universität Göttingen) erworben werden, die in den großen arabischen Staaten — Ägypten oder Syrien — auf dem Index stehen. Diese Bildugnsinvestitionen ziehen auch Gaststudenten aus anderen Ländern an. Neben den Nachbarstaaten und anderen arabischen Ländern kommen immer mehr Studenten aus Afrika und Asien in die Emirate.
Grenzen des Wachstums — die Frage stellt sich auch hinsichtlich der künftigen Energieversorgung, wenn die Resourcen des eigenen Landes zur Neigung gehen. Immerhin soll die Wirtschaft in den wenigen Jahren bis zum Ende des Ölreichtums noch jährlich um weitere 8 % wachsen. Hier wittern Konzerne wie SIEMENS ihre Chancen. Die Emirates CMS Power Company betreibt ein gigantisches Kraftwerk mit Meerwasserentsaltzungsanlage — auf halbem Weg nach Abu Dhabi gelegen — plant fünf neue Kraftwerke.