Arabische Halbinsel — Ölemirate — Vereinigte Arabische Emirate (VAE)


Vereinigte Arabische Emirate VAE

Als das Öl ver­siegte, hat Dubai Mil­liar­den investiert. Das Risiko hat sich gelohnt. Heute zieht das Emi­rat wie kaum eine Region Kar­ri­eris­ten, Kap­i­tal und Touris­ten aus aller Welt an.”

(FTD, Juli 2008)

DUBAI:
Dubai gilt unter den sieben Emi­rat­en als rich­tungsweisend für Ideen und Lib­er­al­ität. Es hat sich als Finanz- und Verkehrs­drehscheibe etabliert.

Noch vor weni­gen Jahrzehn­ten war Dubai haupt­säch­lich die Heimat von Dhaus, den typ­is­chen ara­bis­chen Segel­booten im ara­bis­chen Golf und indis­chen Ozean. Han­del und vor allem Per­len­tauch­er — das waren die Haupter­werb­squellen der ein­heimis­chen Bevölkerung.  Dann allerd­ings kam der Ölboom: 1967 gin­gen die ersten Förder­an­la­gen in Betrieb, und seit­dem spülen die Erdölpumpen zugle­ich auch eine immer mehr zunehmende Devisen­flut in das ursprünglich 45.000 Ein­wohn­er zäh­lende Land. 1985 trug die Förderung gut die Hälfte des BSP Dubais bei. Aber die Mit­tel sind begren­zt: bis zum Jahr 2015 sollen die Ölvorkom­men erschöpft sein. Sche­ich Mohammed Bin Rashid Al Mak­toum, der Führer der Herrscher­fam­i­lie, baut daher den Staat kräftig um. Dubai soll — nach dem Beispiel Sin­ga­purs — zur Drehscheibe für Han­del und Finanzen wer­den — zumin­d­est der Gol­fre­gion, zumin­d­est im Nahen Osten.  Der kleine Staat verzichtet auf direk­te Steuern (aus Einkom­men und Gewin­nen) und ken­nt nur wenige Reg­ulierungsvorhaben. Damit wird Dubai zu einem attrak­tivnn Investi­tion­s­stan­dort, der vor allem auf Investi­tio­nen im Bere­ich von Han­del, Touris­mus und Finanz­di­en­stleis­tun­gen baut. Dieser Umbau scheint zu gelin­gen: im Jahr 2006 betru­gen die Erdölein­nah­men nur noch knapp 6 % des Sozial­pro­duk­ts —  und schon heute (2005) erwirtschaftet das Emi­rat rund 2/3 seines BIP aus Han­del und Dien­stleis­tun­gen. 
Mit gewaltigem Aufwand — jed­er fün­fte weltweit tätige Baukran soll sich in Dubai drehen, und die Ergeb­nisse sind sog­ar aus dem Wel­traum zu sehen — wird ein gigan­tis­ches Dien­stleis­tungszen­trum, eine hyper­mod­erne Mil­lio­nen­stadt, aus dem Boden gestampft. Rund 30.000 Baukräne kreisen in der Golfmetro­pole. Von Jan­u­ar bis März 2006 sind 560 neue Gebäude errichtet wor­den. Die Frei­han­del­szone “Jebel Ali” mit Hafen (der — 2006 — Wel­tran­gliste nach Nr. 10) und Flughafen, der “Dubai Invest­ment Park”, “Jumeirah Golf Estates”, die “Media Citiy” — mit “Knowl­edge Vil­lage” und “Inter­net Citiy”, das “Dubai Inter­na­tion­al Finan­cial Cen­ter” (DIFC) am Fuß des Emi­rates Tow­ers, das “Dubai Design Cen­ter”, die “Inter­na­tion­al City” und dazu Wohn- und Erhol­ungs­ge­bi­ete wie “The Palm, Jebel Ali”, “The Palm, Kumeirah”, der Einkaufs- und Hotelkom­plex “Mar­i­nat Jumeirah” — direkt benach­bart der Ski­halle “Ski Dubai”, das Luxu­shotel “Burj al Arab” mit der Glob­al Vil­lage, davor im Meer “The World” — ein Inselkom­plex, der die Erde nach­bildet -, der Vergnü­gungspark “Dubai­land” und und und .… Das zum Jahre­sende 2007 bear­beit­ete Bau­vol­u­men addiert sich auf knapp 330 Mil­liar­den Dol­lar! Über 28 Branchen­cen­tren (“clus­ter”) sind in Dubai ent­standen oder im Bau, und bilden jew­eils eigene Stadt­teile mit immer neuen Ansätzen zur Wertschöp­fung — und immer län­geren Wertschöpfungsketten.

Microsoft, Cis­co, Ora­cle, Hewlett-Packard, Siemens und SAP haben bere­its Nieder­las­sun­gen  in der “Inter­net City” gegrün­det, einem Stadt­teil, der eine beina­he einzi­gar­tige Infra­struk­tur bietet. Zum Jahre­sende 2007 haben hier bere­its 35.000 Men­schen eine hoch qual­i­fizierte Beschäf­ti­gung gefun­den. In der benach­barten “Media City” hat sich mit dem Fernsehsender “al-Ara­bia” der schärf­ste Konkurent von “al-Djasira” dem Nachricht­ensender von Katar, etabliert. Auch inter­na­tionale Agen­turen wie die Nachricht­e­na­gen­tur Reuters haben sich eingemietet. Die Medi­en prof­i­tieren dabei von ein­er sehr lib­eralen Geset­zge­bung, die wesentlich freier ist als im benach­barten Sau­di Ara­bi­en oder dem nördlichen Kuwait. Es beste­ht ein fast uneingeschränk­ter Inter­net-Zugang, lediglich Seit­en pornographis­chen Inhalts — und mit Gewaltver­her­rlichung — sind gesperrt.

Dabei ist Dubai nicht nur auf aus­ländis­che Inve­storen  angewiesen, auch inländis­ches “Kap­i­tal” ist vorhan­den. Nach dem “World Wealth Report 2005” von Mer­rill Lynch und Capgem­i­ni gibt es zwis­chen­zeitlich über 50.000 Doller­mil­lionäre im Lande. Die neuen Stadt­teile sollen mit ein­er neuen U‑Bahn ver­bun­den wer­den, um die Verkehrsströme schnell und effizient zu lenken — und die Her­steller des deutschen “Tran­srapid” träu­men von ein­er Mag­net­bahn­lin­ie, die von Kuwait bis zu den Emi­rat­en im Golf führt.

Die geo­graphis­che Lage zwis­chen Europa, Indi­en und Aus­tralien — den auf­streben­den Mächt­en im Süden Asiens — bietet eine gute Aus­gangslage, um Drehscheibe für den inter­na­tionalen Han­del zu werden.

Der Per­sis­che Golf ist der einzige Ort, von dem aus nahezu alle Teile der Welt — zumin­d­est die bedeu­ten­den Wirtschaft­szen­tren — ohne Zwis­chen­lan­dun­gen erre­ichen kann. Inner­halb eines Radius von 6.400 km (entsprechend 8 Flugstun­den) lebt mehr als die Hälfte der Welt­bevölkerung, 3,5 Mrd. Men­schen.  Dubai — im geo­graphis­chen Zen­trum der Welt — entwick­elt sich zum Drehkreuz für Waren und Pas­sagiere. Obwohl das Emi­rat selb­st nur etwa über 1 Mio. Ein­wohn­er hat kön­nen 210 Des­ti­na­tio­nen durch knapp 120 regelmäßig verkehrende Lin­ien- und 30 Char­ter­flugge­sellschaften erre­icht wer­den (Stand 2007). Von 7 Mio. Pas­sagieren, die bis 1970 mit 9 Flugge­sellschaften aus 20 Zielorten einge­flo­gen wur­den, hat sich die jährliche Pas­sagierzahl auf über 30 Mio. im Jahr 2006 mehr als vervier­facht — und der alte inter­na­tionale Stadt­flughafen wird 2008 seine Kapaz­iäten mehr als verdoppeln.

Die eigene Flugge­sellschaft Emi­rates soll dabei einen großen Teil des inter­na­tionalen Pas­sagierverkehrs übernehmen. Mit einem Jahre­sum­satz von gut 20 Mrd. Euro, anerkan­nten Luxus bei der Gäste­be­treu­ung und dem spar­tanis­chen Ver­wal­tungsap­pa­rat eines Bil­ligfliegers kon­nte sich die Air­line von der Grün­dung 1985 bin­nen 20 Jahren zur weltweit an 19. Stelle liegen­den Branchen­größe entwick­eln — und dabei eine Net­toren­dite (2005) von 12 % erwirtschaften. Weit­ere Aus­bau­pläne — bis 2016 sind Wach­s­tum­srat­en von jährlich 20 % vorge­se­hen — bescheren auch den Flugzeug­bauern um Air­bus und Boe­ing gute Erträge. Bis Ende 2007 hat Emi­rates knapp 60 der neuen Großraum­jets Air­bus A 380 bestellt.
Der näch­ste Schritt ist nahezu logisch: Dubai Aero­space Enter­prise - 2006 gegrün­det — soll mit ein­er ersten “Anschbub­fi­nanzierung” von 11 Mrd. Euro von Pro­duk­tion und Leas­ing über Wartung und Betreu­ung von Flugzeu­gen (mit angeschlossen­er Uni­ver­sität) bis hin zu Auf­bau und Unter­halt von Flughäfen alles anbi­eten, was in der Welt des Fliegens gut — und teuer — ist. Anfang Sep­tem­ber 2006 gelang es Abu Dhabi und Dubai gemein­sam, für 1,3 Mrd. $ 90 % des Flug­wartung­sun­ternehmens SR Tech­nics aus der Schweiz zu erwer­ben. Damit ist ein erster Schritt zu ein­er eige­nen Luft- und Raum­fahrtin­dus­trie der Golf­s­taat­en gemacht. Neben Dubai Aero­space Enter­prise haben vor allem Mubadala Devel­op­ment Com­pa­ny (Abu Dhabi) sowie Isthit­mar (Dubai) — bei­des Invest­ment­fir­men mit nahezu unbe­gren­ztem Etat — die nöti­gen Mit­tel aufgebracht.

Knapp ausser­halb der Haupt­stadt entste­ht eine neue Frei­han­del­szone “Jebel Ali Free Zone”, zwis­chen dem großen Hafen (dem größten von Men­schen gebaut­en) mit kilo­me­ter­lan­gen Umschlagflächen für Con­tain­er und dem neuen Flughafen “Dubai World”, die bis 2010 der wichtig­ste Umschlag­platz für die Seeschif­fahrt (nicht nur) am Golf wer­den soll. Inner­halb von zwei Dekaden hat sich die Zahl der im Hafen und der Frei­han­del­szone täti­gen Unternehmen von 4 auf 6.300 gesteigert. Dubai-Ports-World (DB-World) mit dem Sitz in Dubai — am weltweit zehnt­größten Umschlaghafen (2006) — ist inzwis­chen (2006) zum viert­größten Hafen­be­treiber der Welt gewor­den — mit Depen­dan­cen auf dem gesamten Globus und Neubau­plä­nen in den auf­streben­den Schwellen­staat­en — Chi­na, Indi­en und Südameri­ka. Dubai World mit den Dubai Dry­docks investiert darüber hin­aus weltweit in der Werftin­dus­trie. Die Pan-Unit­ed Marine und Labroy Marine Werften in Sin­ga­pur / Indone­sien wur­den 2007 erwor­ben. An ein­er chi­ne­sis­chen Werft sollen über 50 % erwor­ben wer­den, auf der indone­sis­chen Insel Batan wer­den ab 2009 — gemein­sam mit dem in Dubai ansäs­si­gen Stahl-Her­steller Fabtech — rund 300 Mio. US-$ investiert. Gespräche über Wertf­beteili­gun­gen in Thai­land und Viet­nam run­den das südost­si­atis­che Investi­tion­sseg­ment ab. Indi­en — und sog­ar Südafri­ka — sollen als weit­ere Zielorte für ein weltweites Engage­ment im Werftensek­tor im Gespräch sein.

Obwohl ein leis­tungskräftiger Flughafen zur Ver­fü­gung ste­ht, soll ein neuer Hub (Dubai World Cen­ter Air­port) in Jebel Ali mit der dop­pel­ten Kapaz­ität auf 140 km² (“der größte Flughafen der Welt”) und sechs Start- und Lan­de­bah­nen (vier davon gle­ichzeit­ig nutzbar) entste­hen — bis zu 150 Mio. Pas­sagiere (vor­wiegend Char­ter- und Bil­ligflüge) und 12 Mio. t. Fracht wer­den ab 2008 jährlich in Dubais neuem Air­port erwartet. Die erste Start- und Lan­de­bahn wurde im Dezem­ber 2007 fer­tig gestellt, der erste Ter­mi­nal soll 2008 in Betrieb gehen — nur 40 km vom jet­zi­gen Hub ent­fer­nt. Und bis 2018 wird um den Flughafen eine neue “Air­port City” entstehen.

Dabei bietet eigentlich schon der jet­zige, 1959 mit nur ein­er 1800 m Start- und Lan­de­bahn eröffnete Flughafen (Dubai Inter­na­tion­al Air­port) mit seinen bei­den Start- und Lan­de­bah­nen alles, was das Herz reich­er Kon­sumenten bege­hert. Die Pas­sagi­er-Bere­iche sind ein gigan­tis­ches Erleb­niszen­trum mit Einkauf­szen­ter, mit einem Basar, der die üblichen “Duty free shops” in den Großflughäfn der Welt wie Frank­furt oder München nur als Kramer­lä­den erscheinen lässt. Mit zwei zusät­zlichen Ter­mi­nals und einem Koste­naufwand von 4,5 Mrd. $ wird die Kapaz­ität des jet­zi­gen Stadt­flughafens bis Ende 2007 auf jährlich 75 Mio. Pas­sagiere aus­ge­baut, nach­dem bere­its im Jahr 2006 die Pas­sagierzahl von 30 Mio. die rech­ner­ische Kapaz­itäts­gren­ze von knapp 20 Mio. Pas­sagieren um ein gutes Drit­tel über­steigt. Dubai Inter­na­tion­al Air­port arbeit­et seit Jahren weit über seinen Kapaz­itäts­gren­zen. Rund 64 Starts und Lan­dun­gen sind derzeit (Stand 2007) stündlich möglich, und mit dem mod­eren Ter­mi­nal Conocurse 2 und dem unterirdisch unter Vor­feld und Roll­we­gen beste­hen­den Ter­mi­nal 3 — die im Mai 2008 in Betrieb gehen wer­den — kann auch die entsprechende Anzahl von Pas­sagieren durch den Flughafen geschleust wer­den. Con­course 3 soll im Jahr 2010 fol­gen — mit 20 Flug­steigen, wovon alleine 18 für den Air­bus A 380 aus­gelegt wer­den müssen. Dann soll auch ein weit­eres 300 Zim­mer Hotel seinen Betrieb aufnehmen.

Einkaufs-Mals — z.T. mit mehreren hun­dert Läden, Lokalen und Kiosken — war­ben im Som­mer 2006 zusät­zlich um zahlungskräftige Käufer.  Und noch mehr Pro­jek­te sind in Planung.

Finanzkrise 2008 — 2009:

Dubai ist unter allen Mit­gliedsstaat­en des Golfko­op­er­a­tionsrates von der inter­na­tionalen Finanzkrise am meis­ten betrof­fen. Die Investi­tio­nen im Immo­bilien­bere­ich waren bzw. sind über­wiegend durch Kred­ite finanziert. Europäis­che und andere inter­na­tionale Banken hat­ten viele auf Dol­lar lau­t­ende Ver­mö­genswerte erwor­ben, die sie rou­tinemäßig im Inter­banken­han­del refi­nanzierten. Als dieser Markt “aus­trock­nete” brach auch die Finanzierungs­grund­lage viel­er Immo­bilien­speku­lanten in Dubai zusam­men. Dies führte zu ein­er deut­lichen Reduzierung der Investi­tion­sleis­tun­gen — und damit zur Rück­kehr zehn­tausender Bauar­beit­er aus Dubai in ihre Heimatländer.

Da auch die Nach­frage nach Immo­bilien zusam­men­brach — auch hier macht sich die Schwierigkeit, aus­re­ichende Kred­ite zu beschaf­fen, bemerk­bar — brachen die Immo­bilien­preise in Dubai von Sep­tem­ber 2008 bis Jan­u­ar 2009 um etwa ein Vier­tel ein.

Ana­lysten gehen aber davon aus, dass Dubai durch entsprechende finanzielle Unter­stützung, ins­beson­dere aus Abu Dhabi, Katar und Sau­di Ara­bi­en in die Lage ver­set­zt wird, die wichtig­sten Inves­tion­spro­jek­te — ggf. zeitverzögert und gestreckt — weit­er zu führen. Ein Zusam­men­bruch des Mark­tes in Dubai kön­nte näm­lich auch die Wirtschaft der benach­barten Staat­en in Bedräng­nis brin­gen — und deshalb haben die Mit­glieder des Golfko­op­er­a­tionsrates, die sog­ar an ein­er gemein­samen Währung arbeit­en, großes Inter­esse, auch Dubai’s Wirtschaft über die Finanzkrise zu helfen.

Die Nach­barschaft zum Iran hil­ft Dubai, die Krise zu über­winden. Dubai hat sich zu einem bedeu­ten­den Güterum­schlag­platz entwick­elt — und ein Teil der Re-Exporte dürfte auch ins nahe Ban­dar-Abbas, der iranis­chen Hafen­stadt, fließen. Dubai kommt dabei die enge famil­iäre Bindung zwis­chen den Fam­i­lien auf bei­den Seit­en der Straße von Hor­mus zu Gute. Etwas 400.000 der sechs Mio. Ein­wohn­er Dubais sind Iran­er, und ein großer Teil der Staats­bürg­er hat iranis­che Wurzeln. Das fördert die Kon­tak­te — und so hat prak­tisch jede größere Han­deslge­sellschaft des Iran eine Nieder­las­sung in Dubai. Rund 8.000 iranis­che Gesellschaften sind in Dubai reg­is­tert (Stand Som­mer 2010) — und auch die iranis­chen Rev­o­lu­ton­s­gar­den sollen an eini­gen dieser Unternehmen beteiligt sein und über Bankkon­ten in Dubai verfügen.