Wirtschaft:
Nur knapp 300.000 Staatsbürger hat dieses Land — halb so groß wie Hessen -, das auf einer der größten Erdgasvorkommen der Welt (North Field — insgesamt 14,3 % der Welterdgasreserve) zurückgreifen kann — die sich östlich der Halbinsel im Golf befinden. Zwei jeweils über 100 km lange Pipelines führen das geförderte Gas zum Festland. Erdgas deckt bereits heute über 1/5tel des weltweiten Energiebedarfs und wird bei zunehmender Knappheit des Erdöls immer mehr an Bedeutung gewinnen. Über langfristige Lieferverträge und gezielte Vermarktung ist es Quatar gelungen, zu einem der wirtschaftlich potentesten Golfemirate zu werden. Zugleich bemüht sich Russlands Gazprom, mit Katar und Saudi Arabien ein Erzeugerkartell für die Gasbranche zu bilden (Quelle). Bis Ende 2010 wird Quatar etwa ein knappes Drittel vom weltweit verkauften Flüssiggas LNG liefern. Im Jahr 2010 wird ein Wirtschaftswachstum von 18 % erwartet. Das Durchschnittseinkommen der 1,7 Mio. Bewohner liegt (Stand 2010) bei 80.000,- Dollar — und ein Ende des Reichtums ist nicht abzusehen.
Beim derzeitigen Tempo der Ausbeutung kann Katar noch für einige Jahrhunderte von seinem Reichtum zehren. Dazu werden von Katar Milliareden in neue Explorations- und Verarbeitungstechniken und den Kauf von Tankern zum Transport von Flüssiggas investiert. Eine halbe Autostunde nördlich der Hauptstadt Doha entsteht in Ras Laffan einer der größten Gasverflüssigungsanlagen und Tankerhäfen der Welt.
Die Kataris errichten für über 12 Mrd. $ einen neuen, riesigen Flughafen (New Doha International Airport — NDIA ) in Katar und denken daran, den — bisher nur ich China kommerziell genutzten Transrapid — als Verbindung zu Bahrain, vielleicht sogar Kuwait im Norden und den VAR im Süden zu erwerben. Der neue Flughafen mit einer Kapazität von 24 Mio. Passagieren jährlich wird nördlich des alten Flughafens (gebaut für 2 Mio. Passagiere, zuletzt mit einer Kapazität von 12 Mio. Fluggästen) auf einer Fläche von 22 qkm (2200 ha) errichtet, die zu 40 % mit über 60 Mio cbm Fels und Sand aus der Lagune aufgeschüttet wurde. Durch die Lagune werden auch alle Zufahrten zum Flughafen geführt — und die beiden neuen Start- und Landebahnen, 2 km voneinander entfernt, werden dann auch den neuesten Riesenflugzeugen vom Typ A 340 oder Boeing 777 genug Länge bieten, um voll beladen in der Wüstenhitze zu starten. Ob der alte Flughafen — wie ursprünglich vorgesehen — tatsächlich geschlossen wird, bleibt aber aufgrund der stürmischen Entwicklung des Passagierverkehrs erst noch abzuwarten.
Für gut 5 Mrd. $ soll eine Transrapid-Verbindung für täglich gut 80.000 Passagiere von der Hauptstadt Doha aus zum Inselstaat Bahrein geschaffen werden. Die Strecke ist Teil eines Projekts, das nach den Vorstellungen der Planer später einmal von den VAR im Süden bis nach Kuwait im Norden eine Magnet-Bahn Verbindung schaffen soll.
Bisher bestehen drei Industriezonen — Ras LAffan als Zentrum der Gasindustrie, Messaeed für petrochemische Produkte, Aluminium und Stahl und Quatar für die mittelständische Industrie, wobei inzwischen das für weitere Großprojekte nutzbare Land zur Mangelware geworden ist.
Trotz dieser “geringen Industrialisierung” hat sich das BIP Katars von 2003 bis 2006 verdreifacht. Um die Folgewirkung — eine auf fast 12 % gestiegende Inflationsrate — zu begrenzen hat die Regierung ein Moratorium beschlossen, wonach bis 2011 keine weiteren Großanlagen mehr errichtet werden sollen. Dennoch wird Quatar ab 2007 bis 2011 rimd 130 Milliarden $ Investitionen zulassen.
Katar steht mit seinen Plänen in enger Konkurrenz zu den Vereinigten Arabischen Emiraten (VAE oder VAR), sowohl was die Pläne für eine Verkehrsdrehscheibe am Golf wie auch was die Entwicklung der Touristik betrifft.
Auch Katar bemüht sich um zahlungskräftige Gäste. Ein rund 15 km langer, künstlicher Meerwasserkanal an der Grenze zu Saudi Arabien trennt nicht nur Katar und den großen Nachbarn – an diesem Kanal werden Bootshäfen und Luxusherbergen angelegt, und in der Hauptstadt des Emirats, in Doha entstand eines der – wenn nicht das prächtigste Hotel der Ritz-Hotel-Kette.
Mit “The Pearl” — einer gigantischen künstlichen Insel mit 400 ha Grundfläche — soll ein eigenes Touristen- und Wohnzentrum für 30.000 Menschen (bei nicht einmal 200.000 Staatsbürgern) in die Golfgewässer drapiert werden. Die weltweit bekanntesten Star-Architekten wurden gewonnen, um hochkarätige Museen und eine Nationalbibliothek zu errichten. Katars Wirtschaft wuchs 2005 um fast 30 Prozent — ein Wert, der sogar die boomenden asiatischen Wirtschaftsgiganten China und Indien in den Schatten stellt. Wasser und Strom werden vom Staat kostenlos zur Verfügung gestellt, der Stadt überträgt jedem erwachsenen Katari ein Grundstück, und nach einem abgeschlossenen Studium wird auch noch auf Staatskosten ein Haus darauf errichtet. Amerikanische Elite-Universiäten haben inzwischen eigene Fakultäten für Medizin, Design und Sozialwissenschaft errichtet, so dass die von der Regierung gesponserten Studentinnen und Studenten auch in Katar selbst US-Diplome erwerben können.
Auch Katar oder Quatar hat seinen Staatsfonds — Quatar Investment Authority (QIA). Der Fonds hat sich bisher (Stand 2010) mit 17 % an Volkswagen beteiligt und zudem eine Beteiligung an Credit Suisse übernommen. Ansonsten investiert der Fonds aber überwiegend in Immobilien, bisher vor allem auch in England (Harrods, Canary Warft, Sinsbury). Zunehmend folgen aber auch globale Immobilieninvestitionen. Bei einem Anlagevolumen von bis zu 30 Mrd. $ (2010) bzw. 50 Mrd. $ (2011) muss das Spektrum auch auf globale Kapitalanlagen ausgerichtet sein — und dabei ist mit den heimischen Rohstoffvoräten noch auf Jahrzehnte hin ein stabiles Einkommen gesichert.
Auf dem Territorium und dem Festlandsockel Katars wurden Erdgasvorräte von schätzungsweise 20 Billionen Kubikmeter ermittelt — die drittgrößten Gasreserven der Welt. Während die OPEC — die Organisation Erdöl exportierender Länder — unter Führung Saudi Arabiens den Ölmarkt kontrolliert, ist Katar dabei, ein Kartell der Erdgasexporteure zu gründen (Quelle). Mit Iran und Russland — Putin (Russland) und Ahmadinedschaf (Iran) haben sich am Rande des Präsidenten-Treffens der Shanghai Cooperation Organisation (SCO) 2006 verabredet, bei “der Preisgestaltung des Erdgases und der Plaung der wichtigen Gastransportege zusammen zu arbeiten” — würden bereits über die Hälfte der weltweit nutzbaren Gasreserven von diesem Kartell kontrolliert. Kasachstan, Turkeminstan und Usbekistan — ebenfalls Mitglieder der SCO — und Algerien, ein “arabischer Bruderstaat”, würden sich diesem Gas-Kartell sicher anschließen. Dabei sind Russland und Algerien die wichtigsten Gaslieferanten Westeuropas, während die zentralasiatischen Staaten, Iran und Katar auch für China interessante Lieferländer sind. Ein Gas-Kartell uner Beteiligung dieser wenigen Exportländer hätte also enorme Auswirkungen auf die Energieversorgung Europas und Chinas.
Das Emirat und Belgien haben inzwischen (Stand April 2007) vereinbart, dass künftig jährlich mindestens 88 Gastanker in Zeebrügge (einem Knotenpunkt europäischer Gasversorgung) anlanden sollen. 2/3 der Kapazitäten sollen dabei von Rasgas — der Vermarktungsfirma aus Katar — für den Bedarf in anderen europäischen Ländern vermarktet werden. Dazu ist ein weiterer Ausbau der Kapazitäten gedacht, so etwa eine Verdoppelung der bsiehr auf 9 Mrd. cbm Gas beschränkten Aufnahmemöglichkeiten.
Die Gasvorkommen des Landes — ein Geschenk Allah’s — wenn nicht die missgünstigen Nachbarn wären.