Wirtschaft:
Bahreins Wirtschaft basierte bis Anfang 1930 auf Perlenexporten. Ausgangslage für den Boom der Region — zwischen Kuwait und den Vereinigten Arabischen Emiraten (VAR) — war die Entdeckung von reichen Erdöleinnahmen. Zur Zeit werden zwei Drittel des Bruttosozialprodukts im Dienstleistungsbereich erwirtschaftet, während Öl und Gas zu 18% beteiligt sind, aber zwei Drittel der Regierungseinnahmen und damit des Budgets erwirtschaften.
Die Erdölreserven des Emirats sind sehr begrenzt und dürften bereits in wenigen Jahren — Experten schätzen etwa bis 2015 — erschöpft sein. Schon seit Jahren muss in der großen Raffinerie des Landes mit einer Kapazität von 250.000 Barrel/Tag und eigenem Seeterminal auch Öl aus Saudi-Arabien verarbeitet werden, um eine volle Auslastung zu sichern.
Mit dem Bahrain World Trade Center, kurz BWTC, hat Bahrein nicht nur beim Namen einen bedeutungsvollen Anspruch erhoben. Tatsächlich ist mit den 240 Metern hohen Doppeltürmen b- ei 50 Stockwerken (davon 34 für Büros) — ein weltweit einzigartiges Niedrigenergiehaus entstanden. Drei integrierte Windkraftanlagen, die sich in unterschiedlicher Höhe auf Brücken zwischen den beiden Türmen befinden, erzeugen so viel Windenergie, dass das Gebäude praktisch autark ist.
Durch den Aufbau eines modernen Dienstleistungssektors — Bahrein entwickelt sich dank einer (eigentlich aus militärischen Überlegungen angelegten) Autobahnverbindung nach Saudi Arabien zu einem “Wochenendziel” saudischer Touristen (4 Mio. Besucher jährlich). Bisher stammen 80 Prozent der Touristen aus Saudi-Arabien, Kuweit und Katar — dank der relativ offenen und für saudische Verhältnisse freizügigen Lebensart — und durch die Errichtung petrochemischer und metallerzeugender Betriebe hat sich Bahrain jedoch auf sein “Nachölzeitalter” vorbereitet.
Bahrain wird wegen seiner politischen und wirtschaftlichen Stabilität, seiner Steuervorteile, der gut entwickelten Infrastruktur und Telekommunikation, seiner niedrigen Energie- und Betriebskosten sowie seiner Nähe zu bedeutenden regionalen Märkten als ein attraktiver Wirtschaftsstandort eingeschätzt.
Öl — das “Schmiermittel in den Geldbeuteln der Scheichs” — spielt in Bahrain nur eine untergeordnete Rolle. Anfang 2009 förderte Bahrain nur knapp 190.000 Barrel (weniger als 30 Mio. Liter) täglich. Daher ist ein Nachfragerückgang mit den damit verbundenen Preissenkungen für Bahrain nicht von existentieller Bedeutung. Bahrain profitiert mehr von der Ölverarbeitung und Aluminiumindustrie.
Das Land verfügt heute über die größte und modernste Aluminiumindustrie der Regionmit einer Kapazität von 500.000 t/Jahr (3% Weltmarktanteil). Durch den Ausbau einer 6. Produktionslinie soll die Kapazität ab Juli 800.000 t/Jahr betragen.
Bahrain möchte sich — dank seiner reichen Petroleum-Vorkommen — zum „Singapur“ des arabischen Golfes entwickeln. Bei dieser Art der Industrialisierungspolitik ist Bahrain jedoch auf die Finanzkraft seiner ölreichen Nachbarn angewiesen. Das Emirat hat die Mitgliedschaft im 1981 gegründeten Golf-Kooperationsrat (GCC — das Ziel der GCC ist ein einheitlicher Markt und eine gemeinsame Währungspolitik nach dem Vorbild der EU) genutzt, um mehrere Großprojekte der arabischen Golfstaaten auf dem eigenen Territorium anzusiedeln.
Neues Bankenzentrum:
Bahrains Hauptstadt Manama möchte wie Dubai in den VAR zum wichtigen Finanzzentrum der Golfregion werden. Auf einem künstlich errichteten, 380.000 Quadratmeter großen Areal sollen bis 2012 rund 30 Großbauten entstehen. Bahrain ist bereits bisher mit knap 400 Finanzinstitutionen, darunter auch vielen, die “Islamic Banking” anbieten, das führende Finanzzentrum der Region. Auch zwei deutsche Großbanken sind mit Repräsentanzen ständig präsent. Dabei hat Bahrein — wie kaum ein anderes Land an der Golfküste — vom Bürgerkrieg im Libanon profitiert. Als der Libanon, die ehemalige “Schweiz des Nahen Ostens”, erschüttert wurde floh das Kapital aus der ehemaligen Bankenhauptstadt Arabiens — nach Manama. Bahrein hat aber noch von einem weiteren Ereignis profitiert: nach dem 11. September wurden mehr als 200 Mrd. $ aus den USA abgezogen, wohl aus Furcht vor einem Einfrieren der dort geparkten Petro-Dollars durch die US-Regierung, und die Petro-Dollar werden auch heute noch nicht mehr in den USA angelegt, sondern fließen zunächst in die eigenen Banken am Golf. Nur ein — immer kleinerer — Teil der “Petro-Dollar” landet inzwischen in den USA, um das Leistungsblanzdefizit der Amerikaner auszugleichen. Der Anteil des Dollar im “Währungskorb” der GCC-Staaten hat sich in den vergangenen Jahren auf 70 % reduziert. Bahrain ist eines der wenigen Länder am Golf, das noch eine feste Bindung seiner Währung — des Dinar — mit dem US-$ aufrecht erhält.
Libanesische Liberalität hat direkt im Vorgarten zwischen streng wahabitischer Koranauslegung Saudi-Arabiens und der Herrschaft der schiitischen Ayatollahs in Iran Einzu gehalten. Der Realitätssinn der seit Jahrtausenden mit dem Handel vertrauten Golfaraber und der phönizischer Kaufmannsgeist aus dem Libanon — das ist in dem kleinen Staat eine glückliche Verbindung eingegangen, die aus dem schwärmerisch-romantischen Arabertum aus dem syrischen oder ägyptischen Kaffehaus hervor sticht. Der vergleichsweise liberale Lebensstil hat viele Vertreter europäischer Firmen veranlasst, sich in dem Emirat niederzulassen und von dort aus Kunden in den anderen arabischen Golfstaaten zu betreuen. Luxusapartments und Freizeitanlagen, Golfplätze, Vergnügungsparks, Lagunen, künstliche Inseln in ausgefallenen Formationen und sogar ein Opernhaus — Bahrain möchte westlichen Geschäftsleuten und Touristen etwas bieten und ist dabei bemüht, sich als wichtiges Zentrum des Golf-Kooperationsrates zu etablieren.
Einheitliche Währung:
Ein einheitlicher Dinar soll die Währungen der sechs Staaten (Bahrein, Kuweit, Saudi-Arabien, Katar, die Vereinigten Arabischen Emirate und das Sultanat Oman) ersetzen, die im Golf-Kooperationsrat vertreten sind. Der Plan erhielt im April 2006 bei einem Treffen der Zentralbankchefs dieser Länder entscheidenden Auftrieb. Die Währungshüter beschlossen in einer Sondersitzung in Abu Dhabi, “sämtliche rechtlichen Hindernisse” für das Vorhaben aus dem Weg zu räumen und ihre Finanzpolitik enger als bisher abzustimmen. Es dürfte kaum überraschen, wenn Bahrein — das “Bankenzentrum am Golf” — im Zuge dieser Vereinheitlichung eine maßgebliche Rolle bei der Finanzpolitik der Golfstaaten zuwächst.
Die Staaten im Golf-Kooperationsrat (GCC) verfügen über immense Mittel. Nach Schätzung des “Institut for International Finance” (IIF) haben die 6 Mitglieder alleine im Jahr 2005 ein Kapitalvolumen von 167 Mrd. $ im Ausland angelegt, 2005 und 2007 sollen nach Schätzung des IIF weitere 450 Mrd. folgen .
Globale Finanzkrise 2008 — 2009:
Bahrain wird die globale Finanzkrise wohl deutlich besser verkraften als andere Länder des Golf-Kooperationsrates. Auch bei einer Halbierung des BSP-Wachstums wird immer noch ein Wachstum von etwa 3,5 % für 2009 erwartet.
Strategische Investitionen:
Die Golfstaaten sind ein herausragendes Beispiel für den Umgang arabischer Ölländer mit dem reichen $-Segen aus den Ölexporten. Die arabischen Länder haben alleine im Jahr 2006 (Schätzung des IWF) bis zu 500 Mrd. $ eingenommen, mit denen Vermögenswerte gekauft werden können. Arabische Investoren ziehen sich aus den USA zurück, und prüfen genau, ob eine Investition der amerikanischen Rechtsprechung unterliegt. Die Politik der USA wird — so die FAZ am 09. September 2006 — vielfach als bedrohlich angesehen, die wirtschaftliche Zukunft der USA gilt als unsicher. Die Einnahmen werden inzwischen im eigenen Immobilienmarkt (siehe unser Länderdossier zu den VAR) sowie an den nationalen Börsen angelegt. Dazu kommen enorme Investitionen nicht nur zur Entwicklung der eigenen Infrastruktur, sondern auch in strategische Investitionen, die auch nach dem Ende der Ölförderung dauerhaft weitere Einnahmen sichern sollen.
Arabische Scheichs kaufen Immobilien in Europa, und Aktienpakete europäischer Konzerne wie Daimler-Benz oder Ferrari.
Der Schwerpunkt aber liegt bei Investitionen in der arabischen Welt und in Asien, und hier vor allem in der Weiterentwicklung der eigenen Möglichkeiten. Während die VAR-Golfstaaten die Lage am Golf nutzen, um zu einer Drehscheibe für Tourismus und Handel zu werden, baut Saudi Arabien in China und Korea große Raffinerien, um bei der Vermarktung der eigenen Ölsquellen auch selbst eine entscheidende Rolle spielen (und mitverdienen) zu können, und investiert selbst in der Petrochemischen Industrie des eigenen Landes.