Arabisches Niltal — Ägypten


Ägypten Egypt

Anschluss an die Wel­telite der Wis­senschaft:
Mit der al-Azhar-Uni­ver­sität verknüpfen die meis­ten Ägypter ihr Selb­stver­ständ­nis als Mus­lime: man ist stolz auf die älteste und inter­na­tion­al ange­se­hen­ste Uni­ver­sität in der islamis­chen Welt, und auf die berühmten Gelehrten und The­olo­gen, die sie her­vorge­bracht hat. Die al-Azhar-Uni­ver­sität  wurde 1961 reformiert, so dass sie ihre Begren­zung auf die The­olo­giewis­senschaften und Ara­bis­tik auf­gab und sich allen Fäch­ern öffnete.

Neben der staatlich unter­stützten al-Azhar gibt es in Ägypten 12 staatliche Uni­ver­sitäten, von denen die meis­ten islamwis­senschaftlich- bzw. ori­en­tal­is­tik-rel­e­vante Stu­di­engänge anbi­eten. Die Cairo Uni­ver­si­ty, die Ain-Shams-Uni­ver­si­ty und die Alexan­dria Uni­ver­si­ty zählen zu den bekan­ntesten und größten dieser Uni­ver­sitäten. Tra­di­tionell wer­den vor allem Fäch­er wie Ara­bis­tik und Ori­en­tal­is­che Sprachen, islamis­ches Recht, islamis­che Philoso­phie, Geschichte und Kul­tur gelehrt.

Extern­er Link:
Islam- und ori­en­tal­is­tisch-rel­e­vante Wis­senschaften in Ägypten

Seit 1919 beste­ht zudem die „Amer­i­can Uni­ver­si­ty in Cairo“ (AUC), die den Anschluss an den Wis­sens­stand des West­ens gewährleis­ten soll. 

Ägypten bemüht sich, Anschluss an die wis­senschaftliche Wel­telite zu erhal­ten. Im Sep­tem­ber 2003 wei­ht­en der deutsche Bun­deskan­zler Ger­hard Schröder und Ägyptens Präsi­dent Hun­si Mubarak in der 16 Mil­lio­nen-Stadt Kairo eine ” Ger­man Uni­ver­si­ty in Cairo” (GUC) ein.
Unter Führung des in Deutsch­land habil­i­tierten Physik-Pro­fes­sors Aschraf Mansur wird in Koop­er­a­tion mit den Uni­ver­sitäten von Stuttgart und Ulm (und mit ein­er “Anschub­fi­nanzierung” von über ein­er hal­ben Mil­lion Euro des Deutschen-Akademis­chen Aus­tausch­di­en­stes) ein mod­ern­ern Lehrbe­trieb aufge­baut, der zunächst die Stu­di­engänge Infor­ma­tion­stech­nik, Medi­en­tech­nolo­gie, tech­nis­che Betrieb­swirtschaft, Biotech­nolo­gie und Phar­mazie sowie Mate­ri­al­wis­senschaften umfasst — also Natur‑, Inge­nieur- und Wirtschaftswis­senschaften auf höch­stem inter­na­tionalen Niveau und nach deutschem Mod­ell. Bis zum Jahre 2006 — drei Jahre nach der Ein­wei­hung — soll­ten Stu­di­engänge wie Solaren­ergie und Jour­nal­is­mus, aber auch Design hinzukom­men.
Rund 1000 Studierende sollen jedes Jahr aufgenom­men wer­den, der Antrag ist höher — von den 3.800 Antrag­stellern haben nur 700 die schwieri­gen Auf­nah­meprü­fun­gen für die ersten Semes­ter bestanden.
Die Grund­lage für diese wis­senschaftliche Anstren­gung bieten deutsche Schulen, das Goethe-Insti­tut, eine Vertre­tung des Deutschen Akademis­chen Aus­tausch­di­en­stes (DAD) wie auch eine zunehmende Vielzahl von Nieder­las­sun­gen deutsch­er Firmen.

Die andere Seite — Selb­st­mor­dan­schläge gerecht­fer­tigt:
Die höch­ste geistliche Instanz des sun­ni­tis­chen Islam, Sche­ich Mohammed Sayyed Tanta­wi, recht­fer­tigt am 6. April 2003 Selb­st­mor­dan­schläge gegen die von den USA ange­führte Mil­itärkoali­tion im Irak. Der­ar­tige Atten­tate seien durch islamis­ches Recht autorisiert, betonte Tanta­wi von der Kairoer Al-Azhar-Hochschule nach der Mel­dung ein­er ägyp­tis­chen Nachricht­e­na­gen­tur. Er beze­ich­nete den Irak-Krieg als “ungerechte Aggres­sion” und die daran teil­nehmenden Sol­dat­en nan­nte er Ter­ror­is­ten. Gle­ichzeit­ig unter­strich Tanta­wi, dass es sich bei dem Krieg nicht um eine islamisch-christliche Auseinan­der­set­zung han­dle. Das hät­ten auch Papst Johannes Paul II. und nichtis­lamis­che Staats­führer immer wieder deut­lich gemacht.

Ägypten ist die Heimat der dort ver­bote­nen, aber im ver­bor­ge­nen blühen­den Mus­lim­brüder. Diese vor allem auch durch intellek­tuelle Elite aus medi­zinis­chen Berufen geprägte Opposi­ton stellt mit “unab­hängi­gen Kan­di­dat­en” inzwis­chen etwa ein Fün­fte der Abge­ord­neten des ägyp­tis­chen Par­la­ments.  Ihr Ein­fluss stammt vor allem aus dem umfan­gre­ichen Sozial- und Bil­dung­spro­gramm, das die Mus­lim­brüder als Einzelper­so­n­en mit verdeck­ter Unter­stützung der ver­bote­nen Partei aufge­baut haben. Obwohl die Geheim­polizei Ägyptens nahezu all­ge­gen­wär­tig ist — der Staat soll jährlich 1,5 Mrd. $ für etwa 1,4 Mio. Spitzel und den Sicher­heit­sap­pa­rat aus­geben — gelingt es Ägyptens Regierung nicht, die pop­uläre Bewe­gung unter Kon­trolle zu bekommen.