Re-Islamisierung:
Nach der Sowjetzeit machte sich die Dynamik der jahrelang unterdrückten Religiosität des Volkes bemerkbar. Hatte es seinerzeit nur ein gutes Dutzend Moscheen gegeben, so soll sich die Zahl bis 1995 auf etwa zwei- bis dreitausend gesteigert haben. Dazu kommen Pilgerstätten wie die Gräber berühmter islamischer Heiliger, oder die Unterkünfte schiitisch-ismaelitischer Imame, die das Bergland zum Schutz vor ihren sunnitischen Verfolgern bereisten.
Rebellengebiete – Bürgerkriege und islamischer Fundamentalismus:
Als sich nach der Unabhängigkeit das Schwergewicht der Entwicklung eher den Islamischen Fundamentalisten (Nahda) als den aufklärerisch intellektuellen, „weltlichen“ Kräften zuneigte, rückten russische Infanterie- und Panzerverbände von Usbekistan aus die rund 50 km bis zur Tadschikischen Hauptstadt vor. In einer „Nacht des Grauens“ wurden wohl über 50.000 Menschen gelyncht.
Die Islamischen Fundamentalisten mussten sich in das zentrale Bergland und die Region des Pamir zurückziehen.
Tadschikistans „Wespentaille“ um das „Garm-Tal“, wo sich Kirgisistan und Afghanistan auf rund 100 km Luftlinie nahe kommen, ist nun das Zentrum einer Opposition von islamischen Freiheitskämpfern, die sich in der Vergangenheit auf Unterstützung der afghanischen Taliban-Milizen stützen konnten.
Gleichzeitig wurde die Nord-Allianz von Tadschikistans Regierung – in seltener Einmütigkeit mit‑, aber auch Rivalität zu Usbekistan, dessen Ziehsohn Dostom einer der Führer der Nord-Allianz war — schon seit langem in ihrem Kampf gegen die Islamisten in Kabul unterstützt.
Externe Links:
Friedenspolitischer Ratschlag / Uni Kassel:
Republik Tadschikistan — Beiträge zur Geschichte, Politik, Wirtschaft
Während 09/11 — ein sonniger Septembertag zu einem Symbol für die USA und ihrem Schrecken vor dem Islam wurde, steht ein anderer Tag, der 9. September 1991 — für die Freiheit Tadschikistans. An diesem Tag hatten die Depurtierten — begleitet von Massenprotesten unter grünen Fahnen — die Unabhängigkeit der Republik ausgerufen.
Von 1992 bis 1997 herrschte im Land ein blutiger Bürgerkrieg. Nach einem umfassenden Friedensabkommen hat sich eine grundsätzlich positive Entwicklung der innenpolitischen Lage ergeben. Diese hat sich seit dem Friedensvertrag 1997 langsam, aber stetig stabilisiert.
Die Regierung versucht seitdem, sowohl regionale Führer als auch Islamisten durch Machtbeteiligung in das Regime einzubinden. Die islamische Opposition, dank dem Friedensabkommen in die Regierung eingebunden, versucht mäßigend auf radikale Strömungen einzuwirken. Die Bevölkerung kann fundamentalistischen Ideen aus dem Ausland mehrheitlich wenig abgewinnen. Dennoch kam es im Sommer 2001 zu anhaltenden blutigen Gefechten mit Rebellengruppen, bei denen etwa 60 Menschen ums Leben kamen.
Es sind noch nicht alle Minenfelder aus dem Bürgerkrieg geräumt worden. Die afghanische Grenze ist ebenfalls vermint, wenngleich – mit Hilfe der Bundesrepublik Deutschland – die Trassen nach Afghanistan wieder befahrbar gemacht werden. Auch die usbekischen Streitkräfte haben entlang der Grenze zu Tadschikistan teilweise Minen gelegt.
Das östliche Gebiet Tadschikistans – das „Dach der Welt“ um das Gebirgsmassiv des Pamir gelegen und als „Autonomes Gebiet Berg-Badaschan“ bezeichnet -, das etwas über 40 % des Staatsgebietes ausmacht, entzieht sich faktisch der Kontrolle durch die Regierung.
Lediglich die Ismaeliten – ein islamischer Glaubenszweig, der vom „Aga Khan“ repräsentiert wird, und die ihren Glaubensbrüdern eine sehr effektive Entwicklungshilfe „zur Selbsthilfe“ zukommen lassen – stellen einen gewissen Ordnungsfaktor in diesem Gebiet dar. Die Ismaeliten leiten sich vom fünften schiitischen Imam Mohammed Baqr ab, der sich hier vor seinen sunnitischen Verfolgern verbarg. Der letzte der sieben Imame, den die Ismaeliten verehren, ist im Aga Khan personalisiert. Jeder Aga Khan stellt somit — ähnlich wie der Dalai Lama Tibets — ein immer wieder kehrendes “unsterbliches” religiöses Oberhaupt dar.